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BUNDESTAG/8583: Heute im Bundestag Nr. 726 - 26.06.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 726
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 26. Juni 2019, Redaktionsschluss: 17.33 Uhr

1. Mehr Steuern auf baureife Grundstücke
2. Grundsteuer wird neu geregelt
3. FDP will gegen Clankriminalität vorgehen
4. Koalition will Waldumbau vorantreiben
5. Linke will Vielfalt beim Waldumbau
6. Abladeoptimierung Mittelrhein
7. FDP will nationale Küstenwache schaffen


1. Mehr Steuern auf baureife Grundstücke

Finanzen/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/HLE) Städte und Gemeinden sollen im Zusammenhang mit der Reform der Grundsteuer die Möglichkeit der Festlegung eines erhöhten, einheitlichen Hebesatzes auf baureife Grundstücke erhalten. Die sieht der von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung (19/11086) vor. Mit dem erhöhten Satz könne über die Grundsteuer ein finanzieller Anreiz geschaffen werden, baureife Grundstücke einer sachgerechten und sinnvollen Nutzung durch Bebauung zuzuführen, heißt es in dem Gesetzentwurf.

Darin wird auch auf den erheblichen Wohnungsmangel insbesondere in Ballungsgebieten hingewiesen. "Die damit verbundene Wertentwicklung von Grundstücken wird vermehrt dazu genutzt, baureife Grundstücke als Spekulationsobjekt zu halten. Diese Grundstücke werden nur aufgekauft, um eine Wertsteigerung abzuwarten und die Grundstücke anschließend gewinnbringend wieder zu veräußern. Einer sachgerechten und sinnvollen Nutzung werden diese Grundstücke nicht zugeführt. Trotz des damit vorhandenen Baulands wird der erforderliche Wohnungsbau ausgebremst", heißt es in dem Gesetzentwurf. Mit der zusätzlichen grundsteuerlichen Belastung von baureifen, aber brachliegenden Grundstücken gebe es künftig ein wichtiges Instrument, um einerseits Spekulationen zu begegnen und andererseits Bauland für die Bebauung zu mobilisieren. So könnten wichtige Impulse für die Innenentwicklung der Städte und Gemeinden gegeben werden, wird erwartet.

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2. Grundsteuer wird neu geregelt

Finanzen/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/HLE) Die Grundsteuer in Deutschland wird umfassend reformiert. Dieses Ziel verfolgt der von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (19/11085). Für die Erhebung der Steuer soll in Zukunft nicht mehr auf den Bodenwert zurückgegriffen werden, sondern es sollen auch Erträge wie Mieteinnahmen berücksichtigt werden. Für die Bundesländer ist eine Öffnungsklausel vorgesehen, damit sie die Grundsteuer mit einem abgeänderten Bewertungsverfahren erheben können. Dafür soll mit einem gesonderten Gesetz das Grundgesetz geändert werden.

Die bisherige Bemessungsgrundlage der Grundsteuer, die an die Einheitswerte anknüpfte, war vom Bundesverfassungsgericht verworfen worden. In Zukunft soll für die Berechnung der Steuer der Wert eines unbebauten Grundstücks anhand der Bodenrichtwerte ermittelt werden, die regelmäßig von unabhängigen Gutachterausschüssen ermittelt werden. Ist das Grundstück bebaut, werden außerdem Erträge wie Mieten zur Berechnung der Steuer herangezogen. Zur Vereinfachung des Verfahrens wird für Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum ein vorgegebener durchschnittlicher Sollertrag in Form einer Nettokaltmiete je Quadratmeter in Abhängigkeit der Lage des Grundstücks typisierend angenommen. Als erster Hauptfeststellungszeitpunkt für die Feststellung der Grundsteuerwerte nach den neuen Bewertungsregeln ist der 1. Januar 2022 vorgesehen.

Die Besteuerung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe soll in Zukunft durch eine standardisierte Bewertung der Flächen und der Hofstellen mittels einer weitgehenden Automation des Bewertungs- und Besteuerungsverfahrens erfolgen. Dies führe zugleich zu einer erheblichen Vereinfachung der Bewertungssystematik, wird erwartet.

In der Begründung des Gesetzentwurfs wird die Grundsteuer als für die kommunalen Haushalte besonders bedeutsam bezeichnet. Nach der Gewerbesteuer und dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer stelle die Grundsteuer die drittgrößte Einnahmequelle der Kommunen dar. Das weitgehend stabile Gesamtaufkommen der Grundsteuer habe im Jahr 2017 rund 14 Milliarden Euro betragen.

Auch in Zukunft werden die Gemeinden die Höhe der Grundsteuer mit örtlichen Hebesätzen bestimmen können. In der Begründung heißt es, durch die Änderungen könne es zu einer nicht beabsichtigten strukturellen Erhöhung des Grundsteueraufkommens kommen. "An die Gemeinden wird daher appelliert, die aus der Neubewertung des Grundbesitzes resultierenden Belastungsverschiebungen durch eine gegebenenfalls erforderliche Anpassung des Hebesatzes auszugleichen, um ein konstantes Grundsteueraufkommen zu sichern", heißt es im Entwurf.

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3. FDP will gegen Clankriminalität vorgehen

Inneres und Heimat/Antrag

Berlin: (hib/suk) Immer wieder gibt es aufsehenerregende Medienberichte über die Aktivitäten krimineller Familienclans in Deutschland. Die FDP hat zu diesem Thema einen Antrag (19/11105) vorgelegt, der 27. Juni 2019 erstmals im Deutschen Bundestag debattiert wird.

In dem Antrag heißt es, welchen Umfang Delikte aus dem Bereich der Clankriminalität bundesweit einnehmen, sei "unklar", weil es keine Erfassung in einem eigenen Lagebild, der polizeilichen Kriminalitätsstatistik oder einem periodischen Sicherheitsbericht gebe. Clankriminalität, die kriminalistisch nicht einheitlich definiert sei, zeichne sich durch eine "patriarchalisch geprägte Familienstruktur, mangelnde Integration in Verbindung mit räumlicher Konzentration, Eskalationstendenz und eine Ablehnung des Rechtsstaates und seiner Vertreter" aus. Die Straftaten, die von Angehörigen der Clans begangen werden, seien schwerwiegend und beschränkten sich nicht nur auf Raub-, Drogen, Körperverletzungs- und Tötungsdelikte; vielmehr seien die Aktivitäten in "vielfältige Geschäftsbereiche" ausgedehnt - etwa zum Zweck der Geldwäsche. Durch ihre offene Ablehnung des Rechtsstaates trügen die kriminellen Angehörigen der Familienclans dazu bei, "dass das Sicherheitsempfinden in der Bevölkerung zurückgeht und das Vertrauen in den Staat und seine Durchsetzungsfähigkeit schaden nimmt".

Die Liberalen fordern eine bundeseinehtliche Strategie, um dem Phänomen Herr zu werden. Das Bundeskriminalamt müsse seiner "Zentralstellenfunktion im Bereich Clankriminalität nachkommen" und die Landeskriminalämter bei der Bekämpfung lokaler Clanstrukturen unterstützen. Zudem bedürfe es einer effektiven Koordinierung verschiedener Behörden wie Zoll, Ausländerbehörden, Gewerbeaufsicht und Polizei, "um den vielfältigen Betätigungsfeldern der Clans gleichzeitig begegnen zu können".

Die Liberalen sprechen sich zudem dafür aus, dass Polizei, Staatsanwaltschaften udn Justiz mit dem nötigen Personal und Mitteln ausgestattet werden, um Ermittlungsfahren führen und Prozesse schnell zu eine Ende bringen zu können, gleichzeitig sollen Jugendstaatsanwälte und -richter verstärkt für das Thema sensibilisiert werden. Zudem sollen Jugendämter dazu angehalten werden, bei Vorliegen krimineller Familienstrukturen Maßnahmen einzuleiten, um Kindern ein "Aufwachsen frei von Gewalt" zu ermöglichen - das Aufwachsen in kriminellen Clans erhöhe das Risiko junger Menschen, später selbst straffällig zu werden.

In dem Antrag fordert die FDP ein "jährliches Bundeslagebild Clankriminalität" erstellen zu lassen, mit den Ländern auf Aussteigerprogramme hinzuwirken. Die Regierung soll zudem darauf hinwirken, dass "die durch Clanangehörige betrügerisch erlangten Aufenthaltstitel durch die zuständigen Ausländerbehörden der Länder und Kommunen aberkannt werden" und die Ausreise der Clanmitglieder vollzogen wird.

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4. Koalition will Waldumbau vorantreiben

Ernährung und Landwirtschaft/Antrag

Berlin: (hib/EIS) CDU/CSU und SPD haben einen Antrag mit dem Titel "Unser Wald braucht Hilfe - Waldumbau vorantreiben" (19/11093) vorgelegt. Unter anderem soll geprüft werden, ob die Mittel für die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe zur Förderung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) erhöht werden können, um die Folgen von Extremwetterereignissen für den Wald zu bewältigen. In der EU solle sich die Regierung dafür einsetzen, dass die Rahmenregelung für forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse im Beihilferecht auch für Krisenfälle neu geregelt wird. Über den Waldklimafonds und die Einbeziehung weiterer klimarelevanter Titel aus allen Einzelplänen des Bundeshaushalts sei der Waldumbau mit dem Ziel zu forcieren, den Wald und seine Ökosystemfunktionen gegenüber dem Klimawandel widerstandsfähiger zu machen und mit klimatoleranten Baumarten gesunde Mischwälder zu schaffen.

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5. Linke will Vielfalt beim Waldumbau

Ernährung und Landwirtschaft/Antrag

Berlin: (hib/EIS) Für eine naturgemäße Waldbewirtschaftung im Interesse des Waldes und der Forstleute setzt sich die Fraktion Die Linke in einem entsprechenden Antrag (19/11104) ein. Die Bundesregierung soll demnach den Waldumbau im Hinblick auf eine Vielfalt heimischer Baumarten und durchmischten Altersstrukturen beschleunigen und Rahmenbedingungen schaffen, um die naturgemäße Waldbewirtschaftung umzusetzen.

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6. Abladeoptimierung Mittelrhein

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antrag

Berlin: (hib/HAU) Die FDP-Fraktion hat einen Antrag mit dem Titel: "Abladeoptimierung Mittel- und Niederrhein mittels Maßnahmengesetz schneller vorantreiben" (19/11111) vorgelegt, der am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestages steht. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, gemäß des im Mai 2019 von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vorgestellten Masterplans Binnenschifffahrt gemeinsam mit der Wirtschaft zügig ein Handlungsprogramm zur Erhöhung der Zuverlässigkeit des Rheins als Verkehrsweg vorzulegen. Außerdem solle die Regierung für die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) ein belastbares Personalkonzept für die Jahre ab 2020 vorlegen, das eine beschleunigte Realisierung der Abladeoptimierung Mittelrhein und der Abladeverbesserung Niederrhein sicherstellt.

Das Projekt Abladeoptimierung Mittelrhein sei im Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) mit einem Kosten-Nutzen-Verhältnis von 30,7 angegeben und in die höchste Kategorie der neuen Projekte ("vordringlicher Bedarf - Engpassbeseitigung") eingestuft worden. Damit zähle es unter verkehrswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu den wichtigsten Verkehrsprojekten in Deutschland, die bis 2030 umgesetzt werden sollen. Zudem sei die Abladeoptimierung Mittelrhein mit dem im Dezember 2016 in Kraft getretenen Bundeswasserstraßenausbaugesetz beschlossen worden, schreiben die Liberalen. Ebenfalls darin enthalten sei die Abladeoptimierung Niederrhein.

Der vom Bund bisher skizzierte Zeitplan, der von einer Fertigstellung des Vorhabens im Jahr 2030 ausgeht, sei in erster Linie von der personellen Ausstattung des Projekts abhängig, "die nach jetzigem Stand nicht ausreicht, um das zeitliche Ziel einzuhalten", heißt es in dem Antrag. Ohne zusätzliches Planungspersonal und eindeutige Prioritätensetzung des Bundes bei den Ausbauprojekten werde sich der von der WSV zu verantwortende Planungs- und Baubeginn weiter massiv verzögern. Die Bundesregierung, so verlangen die Abgeordneten, müsse schnellstmöglich ein Vorschaltgesetz auf den Weg bringen, in dem die Projekte für spätere Maßnahmengesetze identifiziert werden, "und hierbei die Abladeoptimierung Mittelrhein einbeziehen".

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7. FDP will nationale Küstenwache schaffen

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antrag

Berlin: (hib/HAU) Für die Einrichtung einer nationalen Küstenwache plädiert die FDP-Fraktion. In einem Antrag (19/11117), der am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestages steht, wird die Bundesregierung aufgefordert, dies in drei Schritten zu realisieren. So müssten zuerst alle Bundeszuständigkeiten zusammengefasst werden. Dem müsse die "Wahrnehmung der bisher von Landesbehörden wahrgenommenen Aufgaben des Bundes durch Bundesbehörden" folgen. Schließlich müsse es zu einer Übertragung der entsprechenden Landeskompetenzen auf den Bund durch eine Grundgesetzänderung kommen.

Bereits im Jahr 1998 nach der Havarie der "Pallas" sei durch eine Expertenkommission gefordert worden, eine Seewache unter Zusammenschluss der auf See tätigen Dienste des Bundes einzurichten, schreiben die Liberalen in der Begründung ihres Antrages. Die erfolgte Einrichtung eines Havariekommandos sei ein erster und grundsätzlich zu begrüßender Schritt gewesen, urteilen sie. Das entstandene Havariekommando sei jedoch nicht das, "was die Expertenkommission als Seewache gefordert hat".

Bis heute habe es die Bundesregierung nicht geschafft, bei Notsituationen auf See eine Organisationsstruktur mit Hilfe des Havariekommandos zu etablieren, die mit transparenten Einsatzplänen für alle Akteure die Einsatzleitung übernimmt, kritisieren die Abgeordneten. Auch die Havarie des Frachtschiffes "Glory Amsterdam" am 29. Oktober 2017 vor der Insel Langeoog lege diesen Schluss nahe. Bei einem Austreten des Schweröl-Vorrates wäre es der Vorlage zufolge beinahe zu einer Naturkatastrophe im UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer gekommen, "die nur aufgrund der günstigen Havarieumstände nicht stattgefunden hat".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 726 - 26. Juni 2019 - 17.33 Uhr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juni 2019

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