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BUNDESTAG/8494: Heute im Bundestag Nr. 637 - 03.06.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 637
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 3. Juni 2019, Redaktionsschluss: 15.53 Uhr

1. Experten für schärfere Ausreiseregeln
2. Stärkung der Kinderrechte
3. Einsamkeitsquote leicht gestiegen
4. Vernetzung klinischer Studien
5. Fragen zur genetischen Ahnenforschung
6. Betrug durch Umsatzsteuerkarusselle
7. Umweltleistungen bei EU-Agrarförderung


1. Experten für schärfere Ausreiseregeln

Inneres und Heimat/Anhörung

Berlin: (hib/wid) Die von Bundesregierung beabsichtigte Verschärfung der Maßnahmen, um abgelehnte Asylbewerber zur Ausreise zu bewegen, stößt unter Fachleuten überwiegend auf Zustimmung. In einer Anhörung des Innenausschusses am Montag mahnten Wortführer kommunaler Spitzenverbände in Einzelpunkten sogar noch strengere Regelungen an. Grundsätzliche Vorbehalte äußerten Vertreter des Paritätischen Wohlfahrtverbandes und des Deutschen Anwaltvereins. Mit dem Zweiten Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht (19/10047), dessen Entwurf der Anhörung zugrunde lag, möchte die Bundesregierung unter anderem die Möglichkeiten der Abschiebehaft und der Kürzung von Sozialleistungen ausweiten, um Ausreisepflichtige zur Mitwirkung etwa bei der Passbeschaffung zu veranlassen. Amtsträger, die Betroffene vor Abschiebungen warnen, will sie künftig strafrechtlich verfolgen.

Für den Deutschen Städte- und Gemeindebund nannte der zuständige Referatsleiter Marc Elxnat das Instrument der Rückführung einen "unverzichtbaren Baustein der Migrationspolitik": "Menschen, deren Asylantrag abgelehnt ist, müssen Deutschland zeitnah verlassen. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir alle Maßnahmen, die dazu beitragen können." Elxnat erinnerte daran, dass 2018 in Deutschland 225.000 Menschen lebten, die das Land eigentlich verlassen müssten, unter ihnen 57.000 "sofort vollziehbar" Ausreisepflichtige. Erstmals seien im vorigen Jahr mehr Rückführungen gescheitert als gelungen. Wesentliche Gründe seien fehlende Reisedokumente und Unklarheit über die Identität der Betroffenen. Angesichts dessen sei es "dringend notwendig", das Verfahren "besser und rechtssicherer" zu gestalten.

Der Leiter des bayerischen Landesamtes für Asyl und Rückführungen, Thomas Hampel, betonte, dass es Ausreisepflichtigen selbst zwingend obliege, die Dokumente zu beschaffen, die ihre Abschiebung ermöglichen, und befürwortete für Nachbesserungen des Entwurfs. Von einem eklatanten "Vollzugsdefizit", dem das neue Gesetz abhelfen könne, sprach der Leiter der Berliner Ausländerbehörde, Engelhard Mazanke. Nach seinen Worten lebten Ende 2013 in Berlin 5557 Asylsuchende und 4803 Ausreisepflichtige. Im vorigen Jahr habe sich die Zahl der Asylbewerber auf 4628 verringert, die der Ausreisespflichtigen aber auf 12.605 vervielfacht. Das Verhältnis zwischen freiwilligen Ausreisen und Abschiebungen betrage eins zu drei. Überdies scheitere jede zweite Abschiebung daran, dass die Polizei Ausreisepflichtige nicht zu Hause antreffe.

Für den Deutschen Landkreistag nannte dessen Referent für Verwaltungsrecht, Klaus Ritgen, die Ausreise abgelehnter Asylbewerber eine selbstverständliche Rechtspflicht. Am Entwurf bemängelte er unter anderem die Regelung, die es Betroffene ermöglicht, durch eidestattliche Versicherung glaubhaft zu machen, dass sie sich ernsthaft um Passersatzpapiere bemüht haben. Wer sich einer drohenden Abschiebung gegenübersehe, von dem sei anzunehmen, dass er sich nicht durch "große Rechtstreue" auszeichne, sonst wäre er ja längst freiwillig ausgereist, argumentierte Ritgen. Von solchen Personen seien zutreffende Erklärungen nicht zu erwarten. Ebenfalls positiv über den Entwurf äußerten sich die juristischen Sachverständigen, die Konstanzer Professoren für Öffentliches Recht und Europarecht, Marcel Kau und Daniel Thym.

Entschiedenen Widerspruch formulierte dagegen die Vertreterin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Kerstin Becker. Nach ihren Erkenntnissen verlassen die meisten abgelehnten Asylbewerber Deutschland freiwillig, und es bestehe auch kein Zusammenhang zwischen der Zahl der Fälle von Abschiebehaft und erfolgreich durchgesetzten Ausreisen. Es bedürfe daher keiner Ausweitung von Zwangsmitteln. Statt auf "noch mehr Ausgrenzung, Haft und Sanktionen" zu setzen, solle die Bundesregierung es den Betroffenen ermöglichen, "selbstbestimmt und in Würde Deutschland zu verlassen". Für den Deutschen Anwaltsverein wies Rolf Stahmann auf die vielfach diskrimierende Behandlung hin, die Asylbewerber in Botschaften ihrer Heimatländer zuteil werde. In der Regel sei es ihnen also nicht persönlich zuzurechnen, wenn die Beschaffung von Reisedokumente scheitere.

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2. Stärkung der Kinderrechte

Recht und Verbraucherschutz/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/mwo) Eine Stärkung der Rechte von Kindern ist das Ziel eines Gesetzentwurfs (19/10552) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Der Entwurf sieht die Fortentwicklung von Artikel 6 des Grundgesetzes durch ausdrückliche Gewährleistung des Schutzes der Kinder, ihres Rechts auf Förderung ihrer Entwicklung, ihres Rechts auf Beteiligung und des Vorrangs des Kindeswohls vor. Hintergrund ist den Abgeordneten zufolge, dass Kinder in Artikel 6 ausschließlich im Zusammenhang des Elternrechts und der Elternpflicht zur Pflege und Erziehung der Kinder und dem Wächteramt der staatlichen Gemeinschaft behandelt würden. Es fehle eine ausdrückliche Gewährleistungsverantwortung und -pflicht des Staates betreffend den besonderen Schutz der Kinder. Auch das Kindeswohl werde im Grundgesetz nicht erwähnt, sei aber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts oberste Richtschnur der Elternverantwortung.

Ebenfalls fehlten im Grundgesetz eine Vorgabe, dass die zunehmende Selbstbestimmungs- und Beteiligungsfähigkeit der Kinder und Jugendlichen zu beachten ist, sowie ein ausdrückliches Recht des Kindes auf Förderung seiner Entwicklung. Damit bleibe das Grundgesetz sowohl hinter den Standards der UN-Kinderrechtskonvention als auch der EU-Grundrechtecharta zurück. Über die Vorlage sowie einen Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke zum selben Thema debattiert das Plenum laut Tagesordnung erstmalig am 6. Juni.

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3. Einsamkeitsquote leicht gestiegen

Gesundheit/Antwort

Berlin: (hib/PK) Einsamkeit betrifft nach Angaben der Bundesregierung als Phänomen alle Bevölkerungsgruppen von der Kindheit bis ins hohe Erwachsenenalter. Aus Sicht der Wissenschaft handele es sich bei Einsamkeit um das subjektive Gefühl des Alleinseins, heißt es in der Antwort (19/10456) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/9880) der FDP-Fraktion.

Anders sei die Sachlage bei Personen, die objektiv einsam und damit sozial isoliert seien. Befänden sich die Betroffenen in einer prekären sozialen oder wirtschaftlichen Lage, könne sich die Frage nach der Notwendigkeit einer staatlichen Unterstützung stellen. Wissenschaftliche Befunde hätten gezeigt, dass dies auf über 80-Jährige besonders zutreffe.

Die Einsamkeitsquote (45 bis 84 Jahre) ist den Angaben zufolge in den Jahren zwischen 2008 und 2017 leicht gestiegen, von 8,6 auf 9,2 Prozent. Die höchste Quote entfiel 2017 mit 11,0 Prozent auf die Altersspanne 45-54 Jahre.

In einer Studie (KiGGS) des Robert-Koch-Instituts (RKI) hätten zudem 4,2 Prozent der 11- bis 17-Jährigen angegeben, sich oft oder immer einsam zu fühlen, 27,6 Prozent fühlten sich manchmal oder selten einsam, 68,1 Prozent niemals. Einsamkeitsgefühle würden häufiger von Mädchen als von Jungen erlebt und nähmen mit dem Alter zu.

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4. Vernetzung klinischer Studien

Gesundheit/Antwort

Berlin: (hib/PK) Die Richtlinien zur Förderung klinischer Studien tragen nach Einschätzung der Bundesregierung zur Vernetzung der Forschungseinrichtungen bei. Dazu gehörten beispielsweise die Richtlinien des Bundesforschungsministeriums zur Förderung klinischer Studien mit hoher Relevanz für die Patientenversorgung oder zur Förderung praxisverändernder Studien zur Prävention, Diagnose und Therapie von Krebserkrankungen, heißt es in der Antwort (19/10489) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/10028) der AfD-Fraktion.

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5. Fragen zur genetischen Ahnenforschung

Gesundheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PK) Die Linksfraktion befasst sich in einer Kleinen Anfrage (19/10491) mit datenschutzrechtlichen Problemen bei der genetischen Ahnenforschung. Vor allem in den USA sei es beliebt, anhand von eingesendeter DNA nach Verwandten zu suchen oder die Abstammungsgeschichte nachvollziehen zu können.

Die Abgeordneten wollen wissen, wie die Bundesregierung den Sachverhalt beurteilt und welche Anforderungen an Unternehmen gestellt werden, die solche Dienstleistungen auf dem deutschen Markt anbieten.

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6. Betrug durch Umsatzsteuerkarusselle

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Nach Betrugsfällen durch sogenannte Umsatzsteuerkarusselle erkundigt sich die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (19/10449). Die Bundesregierung soll den Schaden durch diese Art von Steuerbetrug in der Europäischen Union beziffern und außerdem mitteilen, welche Produkte beziehungsweise Waren für Umsatzsteuerkarusselle genutzt werden.

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7. Umweltleistungen bei EU-Agrarförderung

Ernährung und Landwirtschaft/Kleine Anfrage

Berlin: (hibEIS) Die Wirkung des sogenannten Greenings im Rahmen der gemeinsamen EU-Agrarförderung (GAP) im Jahr 2018 steht im Mittelpunkt einer Kleinen Anfrage (19/10503) der Fraktion Die Linke. Mit dem Greening sind Direktzahlungen der GAP mit dem Ziel einer klima- und umweltfreundlicheren Landbewirtschaftung verbunden. Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung deshalb wissen, wie sich das Greening im Hinblick auf die Anbaudiversifizierung bis Ende 2018 auf die biologische Vielfalt in der Agrarlandschaft ausgewirkt hat.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 637 - 3. Juni 2019 - 15.53 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juni 2019

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