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BUNDESTAG/8391: Heute im Bundestag Nr. 531 - 09.05.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 531
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 9. Mai 2019, Redaktionsschluss: 11.02 Uhr

1. Lage religiöser Minderheiten in China
2. FDP-Fraktion fordert Digitalministerium
3. Hilfe für angehende Psychotherapeuten
4. Ansprüche von Bergleuten anerkennen
5. Verbesserungen für Ehrenamtliche
6. Kindergeldzahlungen ins Ausland
7. Geplante Belastungen für Aktionäre
8. Linke fragt nach Cyber-Fähigkeiten


1. Lage religiöser Minderheiten in China

Menschenrechte/Anhörung

Berlin: (hib/AHE) Experten zeigen sich besorgt über die Lage religiöser Minderheiten in China. In einer öffentlichen Anhörung des Menschenrechtsausschusses stand am Mittwochnachmittag unter anderem die Situation in der Provinz Xinjiang im Mittelpunkt, in der nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen mindestens eine Million Angehörige der uigurischen Bevölkerung in Umerziehungslagern inhaftiert seien und dort mit der Han-chinesischen Mehrheitskultur indoktriniert würden.

Ulrich Delius (Gesellschaft für bedrohte Völker) wertete das Vorgehen gegen muslimische Minderheiten wie Uiguren, Kasachen und Kirgisen in Xinjiang, aber auch gegen buddhistische Tibeter sowie gegen Christen in anderen Landesteilen, als Politik eines Staates, der "Religion aus dem Alltag verbannen und ihre Anziehungskraft schmälern" wolle. Die Führung der KP Chinas folge hier dem Motto zu zerschlagen, was sie nicht vollends kontrollieren könne. Die Menschen suchten angesichts der Verwerfungen im Zuge der Modernisierung Chinas nach Spiritualität und einem Kompass in ihrem Leben, und das sei offenbar eine Dimension, die der chinesische Staat mit der KP an der Spitze nicht bieten könne.

Dolkun Isa, Präsident des Weltkongresses der Uiguren, berichtete über die Zustände in den Umerziehungslagern in Xinjiang. In den vergangenen zwei Jahren seien Millionen Menschen, in der Mehrzahl Uiguren, in solchen Lagern inhaftiert worden oder noch immer inhaftiert. Jeder Uigure kenne eines oder mehrere Familienmitglieder, die in einem solchen Camp gefangen gehalten würden. Die Inhaftierten hätten dort keinerlei Rechtsbeistand, keinen Kontakt zur Außenwelt. Die Absicht sei, sie "total zu assimilieren" und ihr Bekenntnis zur Loyalität zur chinesischen Führung zu erzwingen.

Wenzel Michalski (Human Rights Watch Deutschland) berichtete über das Ausmaß der digital assistierten Überwachung in der Provinz Xinjiang: Mittels einer App würden Polizeibeamte auf ihrem Smartphone über "Verdächtige" in ihrer Umgebung informiert, wobei als "verdächtig" bereits gelte, wer sein Smartphone häufig ausschalte, ein fremdes Auto betanke oder sein Haus durch den Hintereingang betrete. All dies reiche bereits aus, um in einem Umerziehungslager zu landen. In einer weiteren absurden Volte enthalte der chinesische Staat den Inhaftierten den Rechtsbeistand vor mit der Begründung, dass sie schließlich gegen kein Gesetz verstoßen hätten.

Frank N. Pieke (Mercator Institute for China Studies) betonte, dass die chinesischen Führung mit solchen Methoden nicht nur fundamental gegen Menschenrechte verstoße, sondern auch gegen eigene Rechtsgrundätze. "Umerziehungslager", in denen Menschen ohne Anklage einer Staatsanwaltschaft gefangen gehalten werden, seien nach chinesischem Recht schlicht illegal. Die Führung der KP, die ihr Vorgehen in Xinjiang mit Terrorabwehr und drohenden Separatismus begründe, stelle die von ihr definierten Interessen des Staates über das Recht.

Kelsang Gyaltsen, ehemaliger Sondergesandter des Dalai Lama in Europa, äußerte die große Sorge, dass die junge Generation der Tibeter zur Gewalt greifen könnte, wenn der besänftigende Einfluss ihres geistlichen Oberhaupts eines Tages mit dessen Ableben wegfalle. Die Tatsache, dass die Regierung in Peking den Nachfolger entgegen der Tradition der tibetischen Buddhisten selbst aussuchen wolle, zeige, wie sehr China religiöse Grundrechte missachte und verletze. Peking wolle die authentische Kultur und Religion der Tibeter durch eine künstliche und staatlich kontrollierte ersetzen.

David Li (China Organ Harvest Research Center) legte dar, dass nach Recherchen seiner Organisation in China mit dem Zweck des Organraubs staatlich organisiert getötet werde. Opfer seien vor allem Anhänger der Falun Gong-Bewegung. Die Zahl der Transplantationen in China werde offiziell mit rund 10.000 bis 15.000 pro Jahr angegeben, Spender seien Freiwillige oder zum Tode Verurteilte. Li bezweifelte diese Angaben: Allein mehr als 1.000 Krankenhäuser hätten sich in China auf Transplantationen spezialisiert, die Wartezeiten für ein Spendenorgan würde in Tagen und Wochen gemessen und nicht wie üblicherweise in Jahren. Es gebe ein "stream without a source", also ein Angebot an Organen, für das China keine glaubwürdige Quelle benennen könnte.

Helwig Schmidt-Glintzer (China Centrum Tübingen, CCT) sprach von einer rigorosen Parteipolitik, die Religionsgemeinschaften bedränge. Er sprach sich jedoch dafür aus, diese Entwicklung in einen historischen Kontext zu stellen. China habe sich in seiner Geschichte mehrfach von außen bedroht gefühlt. Die Sowjetunion etwa habe nach dem Bruch mit China versucht, die Uiguren gegen Peking zu instrumentalisieren. Die chinesische Regierung verfolge im Augenblick eine nationalistische Strategie der "Sinisierung". Es müsse darum gehen, mit jenen Kräften im Land ins Gespräch zu kommen, "die das differenzierter sehen".

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2. FDP-Fraktion fordert Digitalministerium

Ausschuss Digitale Agenda/Antrag

Berlin: (hib/SCR) Die FDP-Fraktion hat ihre Forderung nach einem Bundesministerium für Digitales erneuert. In einem Antrag (19/9929) argumentiert die Fraktion, dass mit einem Ministerium als einer "treibenden und zugleich koordinierenden Kraft" die "digitale Transformation der Politik deutlich an Tempo gewinnen und zur digitalen Transformation von Gesellschaft und Wirtschaft aufschließen" könne.

Ein Digitalministerium soll nach Auffassung der Liberalen dabei auf drei Sälen fußen: Die erste Säule umfasst demnach die Zuständigkeit für Kernvorhaben der Digitalisierung und die zweite Säule die Koordinierung der Fachvorhaben der anderen Ressorts im Rahmen einer Gesamtstrategie. Die dritte Säule soll laut Antrag ein "Think-Tank für digitale Innovationen" sein. Damit sollen "Trends und Entwicklungen im Digitalbereich" früher erkannt werden, "damit schneller gehandelt werden kann", schreibt die Fraktion.

Der Antrag soll als Zusatzpunkt zu TOP 22 in der Nacht zum Freitag beraten werden.

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3. Hilfe für angehende Psychotherapeuten

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Die Linksfraktion fordert in einem Antrag Ergänzungen zur Reform der Psychotherapeutenausbildung. So müssten die prekären Verhältnisse der Psychotherapeuten in Ausbildung (PiA) schnellstmöglich beendet werden, heißt es in einem Antrag (19/9912) der Fraktion. Ein Nebeneinander von unbezahlten und bezahlten PiA in den Aus- und Weiterbildungsinstituten müsse verhindert werden.

Ferner fordern die Abgeordneten, den Entwurf der Approbationsordnung zusammen mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zu beraten. In der Approbationsordnung sollte für die Studenten die freie Wahl zwischen anerkannten Verfahren vorgesehen werden.

Lehrinhalt eines Studiums sollten nicht nur die bereits anerkannten, sondern auch die Breite der in der Forschung diskutierten Verfahren und Methoden sein. Ferner sollte ein Praxissemester im Anschluss an die theoretische Ausbildung vor Voraussetzung für die Approbation gemacht werden.

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4. Ansprüche von Bergleuten anerkennen

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Ehemalige Bergleute der Braunkohleveredelung der DDR sollen nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eine bessere Rente erhalten. Die Grünen verweisen in einem entsprechenden Antrag (19/9949) auf die besonderen gesundheitlichen Belastungen, denen diese Bergleute ausgesetzt waren und wofür sie nach DDR-Recht besondere Ansprüche auf eine Altersversorgung erworben hatten. Diese Ansprüche wurden jedoch im Zuge der Rentenüberleitung nach 1990 nur für jene Bergleute anerkannt, die bis zum 31. Dezember 1996 in Rente gegangen sind. Die Grünen verlangen, die Anerkennung der Ansprüche auch über das Jahr 1996 hinaus und die Einrichtung eines Härtefallfonds, um die Ansprüche der Bergleute entsprechend zu berücksichtigen.

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5. Verbesserungen für Ehrenamtliche

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Der Bundesregierung sind keine bürokratischen Hürden für unentgeltlich ausgeübte ehrenamtliche Tätigkeiten bekannt. Dies teilt sie in einer Antwort (19/9579) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/9006) mit. Bei entgeltlicher Ausübung ehrenamtlicher Tätigkeiten würden zahlreiche Erleichterungen wie der sogenannte Übungsleiterfreibetrag bestehen. Es sei beabsichtigt, eine Gesetzesinitiative zur Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Erleichterungen für das ehrenamtliche Engagement und für die ehrenamtlich Engagierten in dieser Legislaturperiode vorzulegen, heißt es in der Antwort weiter.

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6. Kindergeldzahlungen ins Ausland

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Die AfD-Fraktion macht Kindergeldzahlungen zum Thema einer Kleinen Anfrage (19/9839). Gefragt wird, wie viele Kindergeldberechtigte in den Jahren 2010 bis 2019 ihren Wohnsitz in Deutschland beziehungsweise im Ausland hatten oder haben. Wissen wollen die Abgeordneten, für wie viele Kinder, die aktuell in Deutschland beziehungsweise im Ausland leben, Kindergeld gezahlt wird. In der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage heißt es, für 284 000 Kinder mit Wohnsitz im Ausland sei 2018 Kindergeld gezahlt worden.

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7. Geplante Belastungen für Aktionäre

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Um die Finanztransaktionssteuer und die mögliche Belastung von Kleinaktionären geht es in einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion (19/9496). Wie es in der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage heißt, soll die Finanztransaktionssteuer mindestens 0,2 Prozent auf den Erwerb von Aktien von Unternehmen, die eine Marktkapitalisierung über eine Milliarde Euro aufweisen, betragen. Die Bundesregierung soll begründen, inwieweit die Einführung einer solchen Steuer die Stabilität an den Finanzmärkten erhöhen kann. Außerdem soll die Bundesregierung die Frage beantworten, ob die Einführung einer Finanztransaktionssteuer nach dem diskutierten Vorschlag eine Beteiligung durch Aktien an den betroffenen Unternehmen unattraktiver macht und ob die Gefahr besteht, dass durch die Finanztransaktionssteuer Anleger vermehrt in ausländische Unternehmen investieren, die nicht einer solchen Steuer unterliegen. Weitere Fragen richten sich unter anderem auf die Auswirkungen der Steuer auf die Altersvorsorge und ob der Anreiz für Kleinanleger, Aktien zu kaufen, sinken könnte.

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8. Linke fragt nach Cyber-Fähigkeiten

Verteidigung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Die Linke verlangt Auskunft über die Fähigkeiten der Bundeswehr im Cyber-Raum. In einer Kleinen Anfrage (19/9592) will sie unter anderem wissen, welche Kräfte innerhalb des Kommandos Cyber- und Informationsraum (CIR) für die kontinuierliche Lagebild-Aufklärung zuständig sind, welche anderen Einheiten der Bundeswehr an der Lagebild-Aufklärung beteiligt sind, und ob auch in Friedenszeiten beziehungsweise außerhalb bewaffneter Konflikte auch fremde IT-Systeme analysiert werden. Zudem möchte die Linksfraktion erfahren, welche Kooperationen zwischen IT-Kräften der Bundeswehr und anderen staatlichen Stellen existieren.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 531 - 09. Mai 2019 - 11.02 Uhr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Mai 2019

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