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BUNDESTAG/8162: Heute im Bundestag Nr. 297 - 20.03.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 297
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 20. März 2019, Redaktionsschluss: 13.18 Uhr

1. Zwei Anhörungen beschlossen
2. Experten debattieren über Wohnungsnot
3. Expertengespräch über Gesundheits-Apps
4. Stellenverlagerung aus Großbritannien
5. Bau und Kosten von Bundesbauten


1. Zwei Anhörungen beschlossen

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch die Durchführung von zwei öffentlichen Anhörungen beschlossen. Bei der öffentlichen Anhörung am Montag, den 1. April, geht es um die Stromsteuer. Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung von Stromsteuerbefreiungen sowie zur Änderung energiesteuerrechtlicher Vorschriften (19/8037) eingebracht. Damit soll das Gesetz an EU-Beihilfevorschriften angepasst werden. Außerdem sollen die Sachverständigen zum Antrag der FDP-Fraktion (19/8268) "Stromsteuer senken - Bürger entlasten" Stellung nehmen. Die Stromsteuer und soll nach Vorstellungen der FDP-Fraktion ab 2021 auf das europäische Mindestmaß abgesenkt werden. Die Finanzierung könne durch steigende Einnahmen aus dem Emissionshandel, insbesondere aufgrund einer Ausweitung des Handels auf die Sektoren Verkehr und Wärme, erfolgen. Nach Angaben der FDP-Fraktion ist Strom für private Haushalte in knapp 20 Jahren um 70 Prozent teurer geworden.

Eine zweite öffentliche Anhörung ist am Montag, den 8. April, vorgesehen. Grundlage ist der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Ausführung der EU-Prospektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen (19/8005), mit dem die Deckungsfähigkeit von deutschen Pfandbriefen auch nach dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union mit britischen Werten möglich bleiben soll. Das Vereinigte Königreich soll daher in den Kreis von Drittstaaten aufgenommen werden, in denen Deckungswerte möglich sind, um den Pfandbriefbanken weiterhin eine bessere Diversifizierung der Deckungsmasse zu ermöglichen. Zu diesen Drittländern gehören unter anderem Japan, Kanada, die Schweiz und die USA.

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2. Experten debattieren über Wohnungsnot

Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen/Ausschuss

Berlin: (hib/fla) Die aktuelle Befassung des Bundestags mit Maßnahmen gegen die stark zunehmende Wohnungs- und Obdachlosigkeit ist von Sachverständigen einhellig begrüßt worden. Das zeigte sich bei einer Anhörung des Ausschusses für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen unter der Leitung von Mechthild Heil (CDU). Die Experten beurteilten Oppositionsvorschläge zur Behebung der Probleme positiv, wenn auch nicht immer ausreichend. Einer der zentralen Punkte: Fristlose Kündigungen wegen Mietschulden könnten durch Zahlung der Rückstände "geheilt" werden, die oft zeitgleich ausgesprochene fristgerechte Kündigung eben wegen der ausstehenden Miete aber nicht.

Job-Center lehnten die Übernahme von Mietkosten zur Abwendung der außerordentlichen Kündigung bisweilen ab - mit dem Hinweis, dass ja ohnehin die ordentliche Kündigung anstehe. Darauf wies unter anderem Professor Volker Busch-Geertsema (Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung - GISS) hin. Er sprach auch spezifische Barrieren an, die Wohnungslosen selbst in entspannten Wohnungsmärkten den Zugang zu normalem Wohnraum extrem verschärften - etwa Bonitätsauskünfte oder Vorvermieterbescheinigungen. Die Betroffenen müssten gezielt Zugänge zur Normalmietverhältnissen erhalten, zudem - bei Bedarf - mit wohnbegleitender Hilfe. Beides werde in Finnland als einzigem Land in der EU praktiziert. Dort sei eine kontinuierliche Reduzierung der Zahl der Wohnungslosen erreicht worden.

Lars Andre Ehm vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen beschrieb die Vorreiterrolle seines Hauses bei der Erstellung einer Wohnungslosenstatistik. Sie ermögliche es, zielgerichtete Maßnahmen etwa für Frauen mit Kindern oder Betroffene aus Südosteuropa zu ergreifen. Die meisten Sachverständigen sprachen sich für eine solche bundeseinheitliche Statistik aus.

Birgit Fix vom Deutschen Caritasverband bezeichnete die angepeilte Wohngeld-Reform als "zu kurz gesprungen". Das Wohngeld müsse dynamisiert werden, lautete übereinstimmende Forderung. Fix beklagte, dass das Menschenrecht auf Wohnung nicht mehr allen gewährt werde. Sie machte sich stark für eine bundesweite Infrastruktur zur Hilfe auch schon bei drohender Wohnungslosigkeit - Fachstellen, Notversorgung, Beratungsangebote.

Uwe Lübking vom Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) führte die Zunahme der Zahl von Wohnungslosen unter anderem auf eine nicht unerhebliche Zahl von anerkannten Asylbewerbern zurück, die noch in Gemeinschaftsunterkünften wohnten, da es in den Regionen an finanzierbaren Wohnungen fehle. Abhilfe hätte hier eine bundesweite begrenzte Wohnsitzauflage schaffen können, meinte er. Zudem verwies er auf immer mehr Menschen aus dem EU-Ausland ohne Unterkunft. Dies liege auch daran, dass sie mit vermeintlich lukrativen Arbeitsangeboten angelockt worden seien. Er begrüßte die angekündigten Bemühungen der Bundesregierung, gezielte Maßnahmen gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch zu ergreifen.

Sonja Rexhäuser von der Stadt Karlsruhe meinte, wenn Wohnungslosigkeit nicht verhindert werden könne, habe die Vermittlung von Wohnraum Vorrang vor einer ordnungsrechtlichen Unterbringung. Dies spare den Kommunen auch Kosten, beispielsweise im Vergleich mit der Unterbringung im Hotel. Sie hielt eine Erhöhung der Bundes-Förderung für den sozialen Wohnungsbau für dringend notwendig. Dadurch könne preiswerter Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten erhalten und neu gebaut werden. Werena Rosenke (Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe) sah in einer Wohnungsnotfallstatistik auf Bundesebene auch den Nutzen, dass die Öffentlichkeit zu informiert und so die politische Dringlichkeit der Problematik aufgezeigt werde. Sie verwies auf die Möglichkeit, im Rahmen von Kooperationsverträgen zwischen Kommunen und Unternehmen der Wohnungswirtschaft Gewährleistungen vorzusehen, um die Vermietung von Wohnungen an Wohnungslose zu fördern.

Lukas Siebenkotten vom Deutschen Mieterbund (DMB) legte dar, dass in Deutschland jedes Jahr 80.000 bis 100.000 Sozialwohnungen gebaut werden müssten, um wenigsten die bisherige Anzahl halten zu können. Tatsächlich würden aber nur 26.000 gebaut. Die Maßnahmen, die die Bundesregierung beschlossen oder angekündigt habe, reichten mithin bei weitem nicht aus oder hätten bisher jedenfalls nicht gegriffen. Er mahnte eine nationale Wohnungsbauoffensive an, an der sich alle drei staatlichen Ebenen in gleicher Weise beteiligen müssten.

Robert Veltmann (GEBEWO - Soziale Dienste - Berlin) gab sich überzeugt, der Bund könne mit Blick auf den Wohnungsbau, speziell auf die Wohnraumversorgung benachteiligter Bevölkerungsgruppen, und auch mit Blick auf die Sozialgesetzgebung "bessere und wirksamere Rahmenbedingungen setzen".

Die Linksfraktion schlägt in ihrem Antrag (19/7459) mit dem Titel "Wohnungs- und Obdachlosigkeit bekämpfen, Zwangsräumungen verhindern" ein öffentliches Wohnungsbauprogramm im Umfang von zehn Milliarden Euro vor. Das Wohngeld solle regelmäßig und bedarfsgerecht angepasst, Leistungen für die Kosten der Unterkunft müssten deutlich erhöht und Sanktionen für sozial Schwache im Bereich der Wohnungspolitik gestrichen werden.

Die Grünen fordern in ihrem Antrag (19/7734) unter dem Titel "Menschenrecht auf Wohnen dauerhaft sicherstellen - Wohnungs- und Obdachlosigkeit konsequent bekämpfen" ein nationales Aktionsprogramm, um bis 2030 Obdachlosigkeit in Deutschland zu beseitigen und ihre Entstehung zu vermeiden. Neben dem Ausbau der Daten- und Forschungsgrundlage geht es um mehr Geld, mehr sozialen Wohnungsbau und die Wiedereinführung von Gemeinnützigkeit im Wohnungsbaubereich.

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3. Expertengespräch über Gesundheits-Apps

Gesundheit/Ausschuss

Berlin: (hib/PK) Der Gesundheitsausschuss des Bundestages hat sich in einem Expertengespräch mit Gesundheits-Apps befasst. Dabei machten die Fachleute am Mittwoch deutlich, dass digitale Anwendungen einen großen Nutzen für Patienten haben könnten, etwa in der Prävention. Zugleich wiesen IT-Fachleute auf Risiken hin, falls die Apps nicht ausreichend gesichert seien und sensible Gesundheitsdaten ausgelesen werden könnten. Einig waren sich die Fachleute darin, dass die Chancen der Digitalisierung im Gesundheitsbereich auf jeden Fall genutzt werden sollten. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber sagte, die Digitalisierung im Gesundheitsbereich biete viele Vorteile. Inzwischen gebe es international mehr als eine Million Anwendungen, nicht immer in der nötigen Qualität und Sicherheit. Das Vertrauen der Patienten in die Anwendungen sei jedoch Voraussetzung für das Gelingen. Die Daten müssten in den richtigen Händen bleiben. Tatsächlich sei derzeit in vielen Fällen unklar, ob und wie Gesundheitsdaten weiter verwendet würden, etwa zum Profiling. Intransparenz erschwere die Durchsetzung von Patienteninteressen.

Auch Ursula Kramer von der Bewertungsplattform HealthOn stellte die Interessen der Nutzer in den Vordergrund. Die Erwartung in die Gesundheits-Apps sei groß, allerdings sei Transparenz eine riesige Herausforderung. Es handele sich um einen weitgehend unregulierten Markt. Nötig seien ein pragmatisches Prüfsystem und eine Stärkung der digitalen Kompetenzen der Verbraucher. Nutzer müssten in die Lage versetzt werden, Apps kompetent auszuwählen. Bislang sei es schwer, an Informationen zu kommen, zudem kämen die weitaus meisten Apps aus dem Ausland.

Der Sicherheitsanalytiker Martin Tschirsich von der Firma Modzero sagte, er habe zahlreiche Gesundheits-Apps geprüft und in den meisten Fällen teils erhebliche Schwachstellen gefunden. Einige Plattformen könnten unterwandert und die Daten ausgelesen werden. Hersteller sollten daher zu mehr Sicherheit verpflichtet werden, zudem wäre eine Produkthaftung sinnvoll. Tschirsich betonte, in der Abwägung gehe es nicht um sicher oder unsicher, sondern um Risiken und Restrisiken. Dass eine hundertprozentige Sicherheit nicht möglich ist, merkte auch Sebastian Zilch vom Bundesverband Gesundheits-IT (bvitg) an. Die Frage sei vielmehr, wo die Gesellschaft digital überhaupt hinwolle und wie mit den Daten umgegangen werde. Nötig sei ein klares Zielbild.

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4. Stellenverlagerung aus Großbritannien

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Wie viele britische Finanzinstitute im Zusammenhang mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU Arbeitsplätze nach Deutschland und in andere EU-Länder verlagern wollen, will die FDP Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/8313) von der Bundesregierung erfahren. Die Abgeordneten wollen unter anderem wissen, ob die Bundesregierung Presseangaben bestätigen kann, wonach acht große Finanzinstitute 4.550 Arbeitsplätze aus Großbritannien in die EU verlagern wollen, zum Beispiel JP Morgan 400 von insgesamt 16.000 Arbeitsplätzen in Großbritannien. Außerdem wird gefragt, welche Vermögenswerte nach Deutschland übertragen werden sollen.

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5. Bau und Kosten von Bundesbauten

Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PEZ) Die FDP-Fraktion erkundigt sich nach einer Geschäftsbilanz des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR). Die Abgeordneten fragen nach der Zahl der Projekte, mit denen das Amt seit 1990 beauftragt worden ist und nach der Gesamtsumme dieser Vorhaben. Sie möchten auch wissen, wie hoch die Differenz zwischen tatsächlichen und prognostizierten Kosten war. In der Kleinen Anfrage (19/8403) verweisen sie auf einen Medienbericht, nach dem das BBR überfordert sei. Zugleich solle das Amt mit der Erweiterung des Kanzleramts betraut worden sein, einem Projekt, das nach derzeitigen Schätzungen 460 Millionen Euro kosten soll.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 297 - 20. März 2019 - 13.18 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
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Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2019

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