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BUNDESTAG/7980: Heute im Bundestag Nr. 114 - 30.01.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 114
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 30. Januar 2019, Redaktionsschluss: 16.55 Uhr

1. Maßgabebeschluss zu Risikokosten
2. Oppositionsanträge gescheitert
3. Anhörung zu Befragungen im Bundestag
4. Datenschutz im Arzneimittelversandhandel


1. Maßgabebeschluss zu Risikokosten

Haushalt/Ausschuss

Berlin: (hib/SCR) Die Bundesregierung soll künftig bei vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen im Straßenbaubereich die von privaten Auftragnehmern zu tragenden Risikokosten zu 100 Prozent ansetzen. Die Risikokosten sollen dazu im Rahmen eines Risikoworkshops ermittelt werden. Dies sieht ein von CDU/CSU und SPD eingebrachter Maßgabebeschluss vor, den der Haushaltsausschuss am Mittwochnachmittag mit Stimmen der Koalition annahm. Die AfD stimmte gegen den Beschluss, FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich. Der Haushaltsausschuss fordert die Bundesregierung mit dem Beschluss zudem weiter auf, "aus den verfügbaren Daten eine Datengrundlage zu schaffen, um künftige Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bezüglich der Risikobewertung auf realen Erfahrungswerten aufzubauen".

Hintergrund des verabschiedeten Maßgabebeschlusses ist die Diskussion um das ÖPP-Projekt "A 49 AK Kassel-West - Anschluss A 5" und einen Bericht des Bundesrechnungshofes (BRH) zum Umgang des Bundesverkehrsministeriums mit einem früheren Maßgabebeschluss des Haushaltsausschusses. Der Ausschuss hatte im Juni 2017 in Reaktion auf einen früheren BRH-Bericht zur vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung eine qualifizierte Sperre der Mittel für das Projekt mit unter anderem der Maßgabe aufgehoben, "die vom privaten Auftragnehmer zu tragenden Risikokosten vollständig im Kostenvergleich zu berücksichtigen". Diese und andere Vorgaben sieht der Rechnungshof in seinem Bericht aus dem Oktober 2018 als nicht erfüllt an.

Neben dem künftigen Umgang mit Risikokosten greift der Maßgabebeschluss der Koalition zudem eine Forderung des Bundesrechnungshofes zur abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für das A-49-Projekt auf. Bei der abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung soll die Bundesregierung demnach "die durch die Gründung der Infrastrukturgesellschaft des Bundes für Autobahnen und andere Bundesstraßen geänderten Rahmenbedingungen bei der Eigenrealisierung" berücksichtigen, heißt es in dem Beschluss.

Einen von der FDP-Fraktion eingebrachten Maßgabebeschluss lehnte der Ausschuss mit Stimmen aller übrigen Fraktionen hingegen ab. In diesem hatte die Fraktion neben der vollständigen Berücksichtigung der Risikokosten im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei ÖPP-Projekten unter anderem auch gefordert, im Zuge einer grundlegenden Überarbeitung der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen Vorhalte- und Verwaltungskosten bei der Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen und andere Bundesfernstraßen "und weitere im Zusammenhang mit der Eigenrealisierung stehenden Belastungen des Haushalts nachvollziehbar und in voller Höhe zu berücksichtigen".

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2. Oppositionsanträge gescheitert

Menschenrechte/Ausschuss

Berlin: (hib/AHE) Die Oppositionsfraktionen von FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen sind mit ihren jeweiligen Anträgen zum 70. Jahrestag der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gescheitert. Drei Entschließungsanträge (19/6455, 19/6456, 19/6457) fanden am Mittwoch im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe jeweils keine Mehrheit. Die FDP-Fraktion hatte die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, die Rolle eines Vorreiters bei der Fortentwicklung der Menschenrechte im digitalen Zeitalter einzunehmen. Die Linksfraktion setzte sich unter anderem dafür ein, die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte auch in Deutschland besser zu schützen. Die Forderungen der Grünen zielten unter anderem auf eine Stärkung des Internationalen Strafgerichtshofs und des UN-Menschenrechtsrats.

Eine Vertreterin der FDP-Fraktion sagte, dass Lauschangriffe und anlasslose Überwachung durch Staaten heute leider "bittere Realität" seien. Es müsse darum gehen, den Schutz der Privatheit auch im digitalen Zeitalter zu bewahren. Eine Vertreterin der Linksfraktion warb dafür, für das Menschenrecht auf Frieden weltweit zu streiten - dies gehe nur in kritischer Position gegenüber der Nato-Mitgliedschaft Deutschlands und nicht, wenn weiter Waffen in Länder wie Saudi-Arabien exportiert werden. Die Fraktion der Grünen machte sich für eine Weiterentwicklung des multilateralen Menschenrechtssystems stark: So müssten neben dem Klimaschutz auch das Recht auf eine sauberer und lebenswerte Umwelt in den Fokus genommen werden.

Ein Vertreter der Unionsfraktion unterstrich, dass es dem Anlass - 70 Jahre Menschenrechtserklärung - angemessen sei, im Bundestag die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund zu stellen, und nicht die jeweiligen Parteistandpunkte. Aus diesem Grund hätte seine Fraktion dafür geworben, keine Entschließungen einzubringen. Aus der SPD-Fraktion kam der Hinweis auf die bevorstehenden 70. Jahrestage des Europarates und der Europäischen Menschenrechtskonvention: Auch dieses Daten werde man nutzen, um auf Rückschritte bei den Menschenrechten aufmerksam zu machen. Ein Sprecher der AfD-Fraktion sagte mit Blick auf die Forderungen von FDP, Linken und Grünen, dass es dem Ei des Kolumbus gleiche, der Menschenrechtserklärung aus dem Jahr 1949 - "diesem großen Dokument" - noch etwas hinzufügen.

Die Entschließungsanträge der FDP und der Linken scheiterten an den Gegenstimmen aller jeweils anderen Fraktionen. Für den Entschließungsantrag der Grünen votierte die Linke. Union, SPD, AfD und Liberale lehnten ihn ab.

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3. Anhörung zu Befragungen im Bundestag

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung/Anhörung

Berlin: (hib/fla) Die angepeilte größere Attraktivität von Fragestunden und Regierungsbefragung im Bundestag ist im Grundsatz auf Zustimmung der juristischen Sachverständigen gestoßen. Freilich fielen die Bewertungen der Anträge der Fraktionen zu Änderungen der Geschäftsordnung des Bundestags unterschiedlich aus. Dies ergab heute (30. Januar 2018) eine Anhörung im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung unter dem Vorsitz von Patrick Sensburg (CDU).

Die Koalitionsfraktionen wollen die Fragestunden von 180 auf 90 Minuten kürzen, dafür die Regierungsbefragung von 30 auf 60 Minuten verlängern. Ihr soll - bei Anwesenheit mindestens eines Ministers - kein Thema vorgegeben werden. Dreimal jährlich, vor Ostern, vor der Sommerpause und vor Weihnachten, soll die Bundeskanzlerin befragt werden. Die Anträge der Opposition drängen vor allem auf eine deutliche Ausweitung der Regierungsbefragung.

Ein Schwerpunkt der Anhörung war die unterschiedlich beantwortete Frage, ob oder in welchem Umfang der Bundestag die Bundesregierung zu seiner Gestaltung der Befragung verpflichten kann. Der frühere Bundestagsdirektor Prof. Wolfgang Zeh meinte als einer der Sachverständigen: Wenn bei der Diskussion über das neue Format juristisch alle Möglichkeiten in Betracht gezogen würden, dann sei es "schon vorbei".

Für Professor Jelena von Achenbach (Justus-Liebig-Universität Gießen) ist die "direkte politische Interaktion zwischen verantwortlicher Regierung und parlamentarischer Opposition" ein "wichtiger Aspekt des offenen Wettbewerbs der unterschiedlichen politischen Kräfte, den das Demokratieprinzip fordert". Sie verwies darauf, dass sich die Opposition in der direkten Auseinandersetzung mit Regierungsmitgliedern "sinnfällig und öffentlichkeitswirksam als Alternative zur politischen Regierungsmehrheit zeigen" könne. "Mit Blick auf die Wirkung der Regierungsbefragung in der Öffentlichkeit" könnten sich die Regierungsmitglieder auch nicht durch Parlamentarische Staatssekretäre vertreten lassen.

Professor Klaus Ferdinand Gärditz (Universität Bonn) verwies darauf, dass den einzelnen Abgeordneten außerhalb der Regierungsbefragung "bereits anderweitig Fragerechte zur Verfügung stehen" - Interpellationsrecht, Kleine Anfrage, Große Anfrage. Bei einer Fortentwicklung der Modalitäten für die Regierungsbefragung gehe es "in erster Linie um die - durchaus wichtige - öffentliche Darstellung parlamentarischer Arbeit".

Professor Ann-Katrin Kaufhold (Ludwig-Maximilians-Universität München) stellte fest: "Regierungsbefragung und Fragestunden tragen in ihrer jetzigen Form wenig bis nichts zur politischen Debatte bei." Sie seien "dringend reformbedürftig". Die Anträge der Fraktionen zur entsprechenden Änderung der Geschäftsordnung begegneten keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Freilich könne der Bundestag dabei die Regierung "nicht auf eine bestimmte Form der Regierungsbefragung verpflichten". Die Geschäftsordnung binde nur Bundestagsabgeordnete.

Professor Christoph Möllers, (Humboldt-Universität zu Berlin) hält von den Veränderungsvorschlägen der Fraktionen jene für "besonders umsetzungswürdig", die "die Regierungsbefragung zeitlich ausdehnen, die Teilnahme der Regierungsmitglieder und insbesondere der Kanzlerin obligatorisch machen und das Hin und Her der Rede möglichst wenig reglementieren, um so Raum für den politischen Wettbewerb zu lassen". Die Regierungsbefragung diene dann "nicht nur der Information des Bundestages durch die Mitglieder der Bundesregierung", sondern mache "das parlamentarische Regierungssystem sicht- und hörbar". Mithin: "Es könnte sich als wirklich relevanter Beitrag zur Verbesserung einer in die Defensive geratenen Regierungsform erweisen."

Professor Martin Morlok (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) sieht "das Hauptproblem einer Regelung der Regierungsbefragung in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags" darin, "dass auf dieser Grundlage keine Verpflichtung für die Mitglieder der Bundesregierung an einer solchen Veranstaltung begründet werden kann". Deshalb müsse "nach einer konsensuellen Regelung gesucht werden, welche von den Mitgliedern der Bundesregierung freiwillig befolgt wird".

Professor Michael Sachs (Universität zu Köln) wies darauf hin, dass das Grundgesetz keine "ausdrückliche Festlegung" dazu enthalte, "wie der Bundestag sein Verlangen nach Anwesenheit eines Regierungsmitglieds zum Ausdruck zu bringen hat". Sollte es Raum dafür lassen, "für die Dauer der Legislaturperiode von allen Mitgliedern der Bundesregierung zu verlangen, dass sie zu bestimmten Zeiten oder Anlässen im Plenum anwesend sind, könnte es unschädlich sein, wenn ein solches Verlagen auf diese Weise in der Geschäftsordnung ausgesprochen würde". Sachs: "Die Zulässigkeit einer solchen Anwesenheitsverpflichtung ist allerdings zu bezweifeln."

Professor Christoph Schönberger (Universität Konstanz) befand, die Vorschläge von CDU/CSU und SPD "verfehlen das Ziel, die Regierungsbefragung so zu reformieren, dass sie eine wirksamere und lebendigere Kontrolle der Bundesregierung durch den Deutschen Bundestag ermöglichen". Für ihn liegt "der Schlüssel für eine stärkere und lebendigere Regierungsbefragung" in "der Anwesenheit der Mitglieder der Bundesregierung bei der Befragung". Sollte bei Mindestanwesenheit nur eines Ministers die Fragen auch von Parlamentarischen Staatssekretären beantwortet werden können, würde der Unterschied zwischen Fragestunde und Regierungsbefragung "weitgehend eingeebnet". Dabei sei der "Kern der Regierungsbefragung" die "mündliche und persönliche Interaktion zwischen Abgeordneten und Regierungsmitgliedern, wodurch deren politische Verantwortlichkeit unmittelbar und im parlamentarischen Verfahren konkret sichtbar in Erscheinung tritt".

Für Zeh verspricht eine Festlegung von drei Kanzler-Befragungen auf den Beginn der Oster-, Sommer- und Weihnachtspause "keine neue Attraktivität" der Regierungsbefragung: "Bestenfalls entsteht eine Art Regierungserklärung mit kurzer Aussprache." Wegen der dann folgenden Sitzungspausen könne dabei "nicht der Eindruck entstehen, als wirke der Bundestag aktiv auf anstehende Vorhaben und Orientierungen der Bundesregierung ein". Nach seiner Einschätzung könnte "bei ungünstiger Aufnahme seitens der Medien" eine solche Befragung als "Hochamt des Kanzlers vor Weihnachten" oder als dessen "Entlassung des Parlaments in die Sommerferien" karikiert werden.

(Grundlagen der Sitzung: Vorschlag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD (A-Drs. 19-G-7), Vorschlag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD (A-Drs. 19-G-15), Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE. (BT-Drs. 19/7), Antrag der Fraktion DIE LINKE. (A-Drs. 19-G-12), Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (BT-Drs. 19/240), Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (A-Drs. 19-G-10), Antrag der Fraktion der FDP (A-Drs. 19-G-13), Antrag der Fraktion der FDP (A-Drs. 19-G-14).

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4. Datenschutz im Arzneimittelversandhandel

Gesundheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PK) Die Fraktion Die Linke befasst sich in einer Kleinen Anfrage (19/7367) mit dem Datenschutz im Versandhandel von Arzneimitteln. Die Bestellung von Arzneimitteln im Internet sei besonders sensibel, zumal Gesundheits- und andere Sozialdaten dabei übermittelt würden. Versandapotheken gäben Daten zu Zwecken der Werbung und des Marketing an große Internetfirmen weiter, wobei unklar sei, welche Daten genau weitergegeben würden und ob Rückschlüsse auf bestimmte Erkrankungen möglich seien.

Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung nun erfahren, welche datenschutzrechtlichen Vorschriften im Einzelnen für Versandapotheken gelten.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 114 - 30. Januar 2019 - 16.55 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Februar 2019

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