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BUNDESTAG/6646: Heute im Bundestag Nr. 399 - 26.06.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 399
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 26. Juni 2017, Redaktionsschluss: 16.27 Uhr

1. Vorbehalte gegen neue WLAN-Regelungen
2. Engagement im Bevölkerungsschutz
3. Votum zum Koko-Untersuchungsausschuss
4. Bahnverkehr im westlichen Bodenseeraum


1. Vorbehalte gegen neue WLAN-Regelungen

Wirtschaft und Energie/Anhörung

Berlin: (hib/fla) Auf massive Kritik von Strafverfolgern und Urheberrechte-Inhabern ist der Vorstoß der Bundesregierung zum unkomplizierten Zugang zu öffentlichen WLAN-Angeboten gestoßen. Auch grundsätzlicher Zuspruch ging durchweg mit kritischen Anmerkungen einher. Dies war am Montag das Bild bei einer Anhörung von Sachverständigen im Ausschuss für Wirtschaft und Energie unter der Leitung des stellvertretenden Vorsitzenden Klaus Barthel (SPD).

Es ging dabei um den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes (18/12202; 18/12496), mit dem der Umfang der Haftungsbeschränkung für Internetzugangsanbieter geregelt werden soll. Sie sollen ihre Dienste Dritten anbieten können, ohne befürchten zu müssen, für Rechtsverstöße von Nutzern abgemahnt oder haftbar gemacht werden zu können.

Florian Drücke vom Bundesverband Musikindustrie meinte namens des "Forums der Rechteinhaber", die vorgesehenen Regelungen seien "kaum vertretbar, da sie zu erheblichen gesellschaftlichen und rechtlichen Kollisionen sowie zu wirtschaftlichen Schäden führen". Es werde etwa mit Blick auf Hass-Äußerungen "die Verantwortungslosigkeit im digitalen Raum" gefördert. "Beseitigt" werde "die Möglichkeit zur außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen der Rechteinhaber". Er beklagte einen "Durchsetzungs-Leerraum": "Gegen wen sollen wir uns wenden?"

Andreas May von der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt am Main strich heraus, die Überwachung der Telekommunikation (TKÜ) sei ein "wesentlicher Eckpfeiler effektiver Strafverfolgung". WLAN-Hotspots ermöglichten aber einem Nutzer "nicht nur einen Internet-Zugang an beliebigen Orten, sondern auch die Möglichkeit, über diese zu telefonieren (Wifi-Calling)". Sei die Nutzung ohne Zugangsdaten möglich, führe dies "zu einer vollständigen Anonymisierung des Nutzers", befand May als Vertreter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT). Er setzte sich für eine "verifizierbare Registrierung im WLAN und eine zeitweise Speicherung der Nutzungsdaten durch den WLAN-Betreiber ein, um so Täter identifizieren zu können. Dies seien "die einzig erfolgversprechenden Maßnahmen, das Problem des Missbrauchs einzudämmen".

Tobias Keber von Hochschule der Medien (HdM) sagte: "Gesetzlicher Handlungsbedarf ist da." Was der Gesetzentwurf vorsehe, sei "insgesamt schon geeignet", um die Probleme in den Griff zu bekommen. Der Interessensausgleich zwischen den Beteiligten werde "fair" gelöst.

Stephan Tromp (Handelsverband Deutschland /HDE) hob den "Wegfall des Großteils der Ansprüche im Zusammenhang mit der Rechtsverfolgung und -durchsetzung der Urheberrechteinhaber" hervor. Damit verbesserten sich die Rahmenbedingungen der Internet-Anbieter "insbesondere durch eine Reduzierung der finanziellen Risiken". Entgegen den Vorgaben im Gesetzentwurf sollte ausgeschlossen werden, dass eine gerichtliche Anordnung von Passwort- und Registrierungspflichten möglich bleibt. Doch insgesamt bewertete Tromp den Gesetzentwurf als "eine gute Grundlage für einen Kompromiss aller Beteiligten".

Dieter Frey (FREY Rechtsanwälte Partnerschaft) verwies auf den "Sperranspruch", der in das Gesetz aufgenommen werden soll. Auf richterliche Anordnung kann eine Nutzungssperre verhängt werden, wenn eine Verletzung von Rechten am geistigen Eigentum festgestellt wurde. Dieser Passus führe zu einer "Rechtsunsicherheit", meinte Frey. Nicht zuletzt deswegen bestehe die Gefahr, dass die geplante Gesetzesänderung ihr Ziel verfehle, offenes WLAN weiter zu stärken.

Volker Tripp (Digitale Gesellschaft) sagte, er glaube nicht an einen Anstieg von Wettbewerbsverletzungen. Jedenfalls habe er für einen solchen Befund "keine sachliche Grundlage gesehen". Beim Gesetzesvorhaben hielt er "Nachbesserungen für notwendig", um das nötige Maß an Rechtssicherheit herzustellen. So werde "der Umfang der Haftungsbeschränkung für Internetzugangsanbieter mit dem Entwurf nicht hinreichend klar geregelt". Auch sollte "die Hintertür für behördlich angeordnete temporäre Einstellungen des WLAN-Zugangs geschlossen werden".

Für Reto Mantz, Richter am Landgericht Frankfurt am Main, ist "angesichts der gegenwärtigen Rechtssprechungslage" eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes "zwingend erforderlich". Die angepeilte "Neuregelung der Haftungsprivilegierung für Anbieter von öffentlich zugänglichen WLANs" sei mithin "grundsätzlich begrüßenswert". Freilich verblieben "aufgrund gesetzestechnischer Mängel Unklarheiten, die der beabsichtigten Rechtssicherheit im Wege stehen könnten".

Mit der dritten Änderung des Telemediengesetzes reagiert die Bundesregierung auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Der Gesetzentwurf sieht vor, dass WLAN-Betreiber von Behörden nicht verpflichtet werden können, Nutzer zu registrieren oder ein Passwort für die Nutzung zu verlangen. Dies sei aber auf freiwilliger Basis weiter möglich, so die Regierung.

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2. Engagement im Bevölkerungsschutz

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dringt auf eine Stärkung des ehrenamtlichen Engagements im Bevölkerungsschutz und der Katastrophenhilfe. Das von rund 1,7 Millionen Männern und Frauen ausgeübte ehrenamtliche und freiwillige Engagement in Hilfsorganisationen, Rettungs- und Sanitätsdiensten, den Freiwilligen Feuerwehren oder dem Technischen Hilfswerk sei "die tragende Säule des Bevölkerungsschutzes, der Katastrophenhilfe und der inneren Sicherheit", schreibt die Fraktion in einem Antrag (18/12802), der am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Danach haben die unterschiedlichen Organisationen oftmals mit massiven Nachwuchsproblemen zu kämpfen. Der demographische Wandel sowie der Bevölkerungsrückgang in den ländlichen Regionen drohten diese Entwicklung zusätzlich zu verschärfen. Auch seien Unternehmen immer weniger bereit, Beschäftigte im Katastrophenfall von der Erwerbsarbeit freizustellen.

Die Bundesregierung wird in dem Antrag aufgefordert, die Anstrengungen zur Förderung des freiwilligen Engagements im Bevölkerungsschutz und der Katastrophenhilfe zu verstärken. Dabei soll sie laut Vorlage gemeinsam mit den sogenannten Blaulichtorganisationen Forschungsvorhaben entwickeln und finanziell fördern, die darauf abzielen, "den Anteil von Frauen in den Organisationen und deren Führungspositionen zu erhöhen" sowie "die Organisationen dafür zu öffnen, Menschen mit Migrationshintergrund einzubeziehen". Auch soll die Regierung nach dem Willen der Abgeordneten unter anderem "für eine bessere Vereinbarkeit von freiwilligen und bürgerschaftlichem Engagement mit Tätigkeit für Familie, Beruf, Ausbildung, Schule und Studium" sorgen.

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3. Votum zum Koko-Untersuchungsausschuss

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Der Bundestag soll nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die im Mai 1994 vom damaligen 1. Untersuchungsausschuss des Bundestages (MfS/KoKo) beschlossene Einstufung des abweichenden Berichts der Abgeordneten Ingrid Köppe (Bündnis 90/Die Grünen) als "Verschlusssache-Geheim" aufheben. Soweit dafür erforderlich, soll die Bundesregierung "etwa noch gültige Einstufungen" aller in dem Bericht erwähnten beziehungsweise verwendeten Unterlagen als Verschlusssachen nunmehr aufheben beziehungsweise auf 'offen' herabstufen, fordert die Fraktion in einem Antrag (18/12821), der in dieser Woche erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht.

Wie die Fraktion in der Begründung ausführt, setzte der Bundestag 1991 einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss "zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte (Ministerium für Staatssicherheit [MfS], Bereich Kommerzielle Koordinierung [KoKo] des Alexander Schalck-Golodkowski) sowie zum Verhalten westdeutscher Stellen hierzu" ein. Die damalige Berichterstatterin der Gruppe Bündnis 90/Die Grünen, Ingrid Köppe, habe 1994 einen vom Mehrheitsbericht (12/7600) abweichenden Bericht (12/7725) vorgelegt. Diesen habe der Untersuchungsausschuss als "Verschlusssache-Geheim" eingestuft und dessen Hinterlegung in der Geheimschutzstelle des Bundestages verfügt. "Dort liegt der Bericht offenbar bis heute", heißt es in der Vorlage weiter.

Köppes Bericht enthalte gemäß ihrer Schilderung "umfangreiche Darstellungen - auch aus Verschlusssachen VS-Vertraulich und VS-Geheim - zum frühzeitigen Wissen des BND über eigene Quellen von Machenschaften des MfS sowie von Embargo-Verstößen der KoKo-Firmen auch im Zusammenwirken mit westlichen Unternehmen", schreiben die Abgeordneten ferner. Diese Unterlagen "seien jedoch schon 1994 nicht mehr schutzbedürftig gewesen, weil die DDR nicht mehr bestand und die Quellen entweder schon tot waren oder sich selbst enttarnt hatten". 23 Jahre später bestehe solches Bedürfnis nach Quellenschutz sowie nach Geheimhaltung erst recht nicht mehr. Zudem sei der Bericht seit Jahrzehnten im Internet frei zugänglich.

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4. Bahnverkehr im westlichen Bodenseeraum

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Für die derzeitige Situation und die Perspektiven des Bahnverkehrs im westlichen Bodenseeraum interessiert sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. In einer Kleinen Anfrage (18/12757) machen die Abgeordneten darauf aufmerksam, dass die Bodenseegürtelbahn und die Hochrheinstrecke sowie die Gäubahn aufgrund ihrer überwiegenden beziehungsweise teilweisen Eingleisigkeit und nicht durchgehenden Elektrifizierung (Bodenseegürtelbahn und Hochrheinbahn) als störanfällig gelten. Hinzu kämen Klagen über marodes Wagenmaterial, das durch die DB Regio eingesetzt werde.

Die Grünen wollen von der Bundesregierung wissen, wie sich die Fahrgastzahlen und die Pünktlichkeitswerte auf den Strecken der Bodenseegürtelbahn auf dem Abschnitt Friedrichshafen-Radolfzell, der Gäubahn (Stuttgart-Zürich), der Hochrheinbahn nach Basel sowie der Strecken zwischen Konstanz und Singen sowie Radolfzell und Stockach in den einzelnen Jahren seit 1994 jeweils entwickelt haben. Gefragt wird auch, welche der sechs Eisenbahnbrücken entlang der Gäubahn und der sich südlich daran anschließenden Strecke mit der Strecken-Nummer 4250 zwischen Hattingen und Singen, die sich in der Zustandskategorie 4 (dringend sanierungsbedürftig) befinden, in den kommenden Jahren nach Kenntnis der Bundesregierung voraussichtlich auf Grundlage der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV II) saniert oder ersetzt werden, und welche Auswirkungen dies auf den Bahnverkehr hat.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 399 - 26. Juni 2017 - 16.27 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juni 2017

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