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BUNDESTAG/6565: Heute im Bundestag Nr. 318 - 17.05.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 318
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 17. Mai 2017, Redaktionsschluss: 16.35 Uhr

1. Steuerabkommen mit Panama gebilligt
2. Streit um eigenwirtschaftliche Verkehre
3. Apotheken streiten über Versandhandel
4. Rechtsextreme Veranstaltungen
5. Mit Schusswaffen gegen Asylunterkünfte
6. Sprengstoffanschläge auf Asylunterkünfte


1. Steuerabkommen mit Panama gebilligt

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat zwei Steuerabkommen mit Panama und Mazedonien zugestimmt. In der Sitzung am Mittwoch stimmte der Ausschuss dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 21. November 2016 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Panama zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen betreffend den Betrieb von Seeschiffen oder Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr (18/11878) zu. Für den Entwurf stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD, während die Fraktion Die Linke den Entwurf ablehnte und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sich enthielt. Wie die Bundesregierung erläutert, soll mit dem Abkommen geregelt werden, dass im internationalen Verkehr tätige deutsche Schiff- und Luftfahrtunternehmen ihre Einkünfte ausschließlich in Deutschland versteuern.

Auf Fragen der Fraktion Die Linke, warum mit Panama ein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen werde, ohne dass es zu einem automatischen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten komme, erklärte die Regierung, dieses Abkommen sei für die deutschen Unternehmen wichtig. Über ein Doppelbesteuerungsabkommen für die anderen Bereiche werde noch verhandelt. Ziel der Bundesregierung sei es, darin einen automatischen Informationsausgleich zu vereinbaren. Die CDU/CSU-Fraktion äußerte die Erwartung, dass es zu einer Regelung für alle Bereiche kommen werde, und die SPD-Fraktion schloss sich dieser Auffassung an. Die Linksfraktion lehnte das Abkommen ab, weil deutlich geworden sei, dass Panama nicht kooperativ sei. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen äußerte sich kritisch. Es sei nicht klar, ob es zu dem automatischen Informationsaustausch kommen werde.

Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD bei Stimmenthaltung von Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stimmte der Finanzausschuss dem Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 14. November 2016 zur Änderung des Abkommens vom 13. Juli 2006 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der mazedonischen Regierung zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (18/11869) zu. Nach Angaben der Regierung ist das bisher geltende Abkommen hinsichtlich der Regeln zum Informationsaustausch veraltet. Das neue Abkommen sei an die neuen Standards des OECD-Musterabkommens angepasst worden.

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2. Streit um eigenwirtschaftliche Verkehre

Verkehr und digitale Infrastruktur/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Aus Sicht der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sowie des Deutschen Städtetages hat sich der im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) geregelte Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre bei der Vergabe von Leistungen des Öffentlichen Personennahverkehrs nicht bewährt. Das machten Verdi-Vertreterin Mira Ball und Thomas Kiel vom Deutschen Städtetag am Mittwoch während eines Expertengespräches im Verkehrsausschuss deutlich. Private Verkehrsunternehmen würden durch die Regelung eingeladen, kommunale Verkehre zu erobern, beklagte Kiel. Ball warnte vor einem unfairen Wettbewerb auf Kosten der Beschäftigten und der sozialen Sicherungssysteme durch Sozialdumping.

Sozialstandards würden bei eigenwirtschaftlichen Anträgen keine Rolle spielen, kritisierte auch Michael Schäfer vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen. Dem entgegen sprach Christiane Leonhard vom Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer von vorgeschobenen Argumenten, um die Marktabschottung der Kommunalunternehmen zuungunsten der mittelständischen Verkehrsunternehmen voranzutreiben.

Verdi gehe es um den Beschäftigtenschutz nicht nur bei kommunalen sondern auch bei privaten Unternehmen, betonte Gewerkschaftsvertreterin Ball. Eigenwirtschaftliche Anträge zur Erbringung der Verkehrsdienstleistung, die nur möglich würden, in dem die Personalkosten extrem niedrig kalkuliert werden, lehne Verdi ab. "Eigenwirtschaftlichkeit darf nicht ermöglicht werden, in dem man den Beschäftigten Geld wegnimmt", sagte Ball. Nicht akzeptabel sei auch, dass die Kommunen in Sachen Beschäftigungsschutz nichts mehr steuern könnten.

Städtetag-Vertreter Kiel sprach sich für eine Bundesratsinitiative aus, mit der sichergestellt werden soll, dass Aufgabenträger verkehrliche, soziale und umweltbezogene Anforderungen wirksam definieren können, die dann auch von einem Unternehmer, der die Verkehrsleistung eigenwirtschaftlich erbringen möchte, umfassend und für die gesamte Genehmigungsdauer erfüllt werden müssen. Was soziale und ökologische Standards angeht, so sind die nach Ansicht Kiels "deutlich besser in einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag angesiedelt als bei einem Eigenwirtschaftler".

Aus Sicht von Christiane Leonhard existieren derzeit mit der EU-Verordnung 1370 und dem PBefG im Grunde gute Rahmenbedingungen für Verkehrsunternehmen. Tatsächlich werde jedoch durch die Möglichkeit der Direktvergabe an kommunale Unternehmen, die nach Aussage Leonhards in der EU-Verordnung als Ausnahmefall vorgesehen ist, in Deutschland aber in 85 bis 90 Prozent der Vergaben praktiziert werde, der Markt faktisch geschlossen. Was das Thema Tariftreue angeht, so warf die Vertreterin des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmer Ländern und Kommunen Versäumnisse bei Kontrollen und Sanktionen vor. Nicht nachvollziehbar ist aus Sicht Leonhards die Angst der kommunalen Unternehmen vor einer "Privatisierungswelle". Im Zeitraum von 2013 bis 2016 habe es 100 Direktvergaben an kommunale Unternehmen gegeben. Lediglich zwei beabsichtigte Direktvergaben an kommunale Unternehmen seien durch konkurrierende eigenwirtschaftliche Anträge nicht realisiert worden.

Michael Schäfer vom Verband deutscher Verkehrsunternehmen machte darauf aufmerksam, dass mehrere eigenwirtschaftliche Anträge in der jüngeren Vergangenheit zwar abgelehnt worden seien, aber "noch vor Gericht hängen". Dies sorge für eine sehr unklare Situation bei den Handelnden vor Ort. Nach Ansicht Schäfers sei daher "ein kurz entschlossener Schnitt des Gesetzgebers" eine Möglichkeit, eine Perspektive für die nächsten Jahre zu schaffen.

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3. Apotheken streiten über Versandhandel

Gesundheit/Anhörung

Berlin: (hib/PK) Das vom Bundesgesundheitsministerium angestrebte Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel sorgt auch unter Apothekern für Streit. Während die Präsenzapotheken das Verbot als Reaktion auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 19. Oktober 2016 selbst vehement einfordern, werben die deutschen Versandapotheken für eine Liberalisierung des Marktes und verweisen dabei auf die Vorteile etwa für chronisch Kranke.

Die Gesundheitsexperten äußerten sich, auch in schriftlichen Stellungnahmen, anlässlich einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses am Mittwoch über Anträge der Fraktionen von Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen zum Versandhandel.

Der EuGH hatte entschieden, dass die in Deutschland geltende Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente die ausländischen Versandapotheken benachteiligt und daher gegen EU-Recht verstößt. So werde ausländischen Apotheken über die Festpreise der Zugang zum deutschen Markt erschwert. Dieses Handelshemmnis sei nicht gerechtfertigt. Eine mögliche Konsequenz aus dem Urteil wäre neben einem Versandhandelsverbot die Aufhebung der Preisbindung auch für rezeptpflichtige Arzneimittel. Während die Union für ein Versandhandelsverbot plädiert, um Rabattaktionen ausländischer Versandapotheken auf Kosten deutscher Präsenzapotheken zu verhindern, ist die SPD mit Blick auf chronische kranke Patienten gegen ein solches Totalverbot und für einen Interessenausgleich.

Nach Ansicht der Linksfraktion müssen die deutschen Apotheken vor der Billigkonkurrenz ausländischer Versandapotheken geschützt werden. In einem Antrag (18/10561) fordern sie, in Deutschland den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln zu verbieten. Ein Preiskampf würde weder zu einer besseren Qualität, noch zu einer Stärkung von Apotheken in strukturschwachen Regionen führen, heißt es darin.

In einem weiteren Antrag der Linksfraktion (18/12090), der in der Anhörung ebenfalls zur Debatte stand, fordern die Abgeordneten die Abschaffung der Zuzahlungen bei Medikamenten. Derzeit dürften ausländische Versandapotheken den Patienten Rabatte auf die Zuzahlungen bei Arzneimitteln gewähren, inländische Apotheken hingegen nicht. Die Abschaffung der Zuzahlungen auf Arzneimittel würde in Ergänzung zu einem Versandhandelsverbot alle Patienten finanziell entlasten.

Die Grünen halten ein Versandhandelsverbot für den falschen Weg. In ihrem Antrag (18/11607) schlagen sie stattdessen vor, die Festpreisbindung in eine Höchstpreisbindung umzuwandeln, von der Apotheken nur nach unten abweichen könnten. Ergänzend dazu sollten Rabatte und Boni nur in einem bestimmten Rahmen zugelassen werden. So könnten Boni auf einen Wert von bis zu einem Euro begrenzt werden.

Der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) erklärte, der Medikamenten-Versandhandel sei bei bestimmten Erkrankungen wie Mukoviszidose unverzichtbar. Patienten bezögen über Versandapotheken viele Spezialrezepturen, die sie in einer herkömmlichen Apotheke nicht bekommen könnten. Zudem gehe die Zahl der Präsenzapotheken struktur- und altersbedingt zurück. Der online-Versandhandel sei überdies barrierefrei.

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) lehnt ein pauschales Versandhandelsverbot gleichfalls ab. Im Zeitalter der Digitalisierung und angesichts der Förderung von E-Health-Projekten im Gesundheitswesen sei dies unzeitgemäß. Ein solches Verbot würde im Übrigen ausländische wie inländische Apotheken treffen, wobei aus Sicht der Patienten ein Bedarf an Versandapotheken bestehe. Aus dem geringen Anteil des Versandhandels lasse sich schwerlich eine Bestandsgefahr für Präsenzapotheken ableiten. Wenn ausländische Versandapotheken "substanzielle Boni" gewähren könnten, müsse auch die hiesige Vergütungshöhe hinterfragt werden, argumentierte der GKV-Spitzenverband und befürwortete das alternative Höchstpreismodell der Grünen als eine mögliche Lösung.

Nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe bringt der Versandhandel für chronisch Kranke deutliche finanzielle Vorteile. Zudem könnten Präsenzapotheken das Angebot der Spezialversender nicht abdecken. Betroffen wären unter anderem Mukoviszidose-Patienten. Besondere Versorgungsformen müssten somit weiter möglich sein. Im Fall eines Versandhandelsverbots sollten die örtlichen Apotheken dazu verpflichtet werden, in bestimmten Fällen Medikamente per Botendienst zuzustellen.

Die Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände (ABDA) warnte nachdrücklich vor der Eröffnung eines Preiswettbewerbs für Medikamente auf der Abgabeebene und erinnerte an die wichtigen Steuerungsfunktionen des jetzigen Systems. So würden Patienten vor Übervorteilung geschützt und Apotheker vor einem ruinösen Wettbewerb. An das Preisbildungssystem knüpften überdies wichtige Regulierungen innerhalb der GKV an wie die Zuzahlungen, die Festbeträge und die Regelungen zur Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung. Die aus dem System resultierende Transparenz der Preisbildung sei Voraussetzung für die Kostendämpfung.

Der Gesundheitsökonom Uwe May sagte in der Anhörung, ein Preiswettbewerb könnte gerade für Apotheken im ländlichen Raum gravierende Folgen haben. Auch ein begrenzter Rabatt von einem Euro pro verkaufter Packung wäre alles andere als ein sanfter Wettbewerb, sondern könnte dazu führen, dass "Solitär"-Apotheken dicht machen, weil sich der Betrieb nicht mehr ausreichend lohne. Auch eine kleine Preisreduzierung habe eine große Hebelwirkung.

Ein Vertreter der ABDA ergänzte, bei einem Preiswettbewerb müssten Präsenzapotheken mit einem reduzierten Betriebsergebnis zwischen 20 und 50 Prozent rechnen. Auch ein Sicherstellungszuschlag könnte dieses Problem nicht beseitigen. Bei einem schwachen Betriebsergebnis wäre der Anreiz zur Selbständigkeit "auf null reduziert". Ein Sprecher der Versandapotheken erwiderte, manche Häuser hätten sich auf rezeptpflichtige Medikamente spezialisiert. Ein Verbot des Versandhandels käme in den Fällen einer Enteignung gleich.

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4. Rechtsextreme Veranstaltungen

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Im ersten Quartal dieses Jahres ist es bundesweit zu 16 Veranstaltungen von Rechtsextremisten mit überregionaler Teilnehmermobilisierung gekommen, die der Bundesregierung bekannt geworden sind. Dies geht aus einer Antwort der Regierung (18/12268) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/12033) hervor. Die angegebenen Teilnehmerzahlen schwanken zwischen 25 und 700.

Weiterhin registrierten die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder den Angaben zufolge im genannten Zeitraum 32 Kundgebungen "gegen eine vermeintliche Islamisierung Deutschlands, bei denen eine überwiegend rechtsextremistische Einflussnahme beziehungsweise Steuerung erkennbar war". Hier bewegten sich die Teilnehmerzahlen laut Vorlage zwischen 25 und 100.

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5. Mit Schusswaffen gegen Asylunterkünfte

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Im vergangenen Jahr sind in Deutschland 53 politisch motivierte Straftaten gegen Asylunterkünfte registriert worden, bei denen Schusswaffen als Tatmittel eingesetzt wurden. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (18/12267) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/11898) hervor. Abzüglich des Unterthemas "gegen Asylunterkünfte" wurden danach im Jahr 2016 insgesamt 26 Straftaten "gegen Asylbewerber/Flüchtlinge" mit Schusswaffen als Tatmittel verzeichnet.

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6. Sprengstoffanschläge auf Asylunterkünfte

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Straftaten gegen Asylunterkünfte unter Verwendung von Sprengmitteln sind ein Thema der Antwort der Bundesregierung (18/12266) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/11908). Danach wurden im Rahmen des "Kriminalpolizeilichen Meldedienstes - Politisch motivierte Kriminalität" (KPMD-PMK) im vergangenen Jahr zum Themenfeld "gegen Asylunterkünfte" insgesamt 16 "Sachverhalte im Zusammenhang mit Vergehen gegen das Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe" beziehungsweise dem Paragrafen 308 des Strafgesetzbuches ("Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion") gemeldet. Abzüglich der zum Unterthema "gegen Asylunterkünfte" gemeldeten Delikte wurden im Jahr 2016 den Angaben zufolge zum Unterthema "gegen Asylbewerber/Flüchtlinge" zwei entsprechende Sachverhalte registriert.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 318 - 17. Mai 2017 - 16.35 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Mai 2017

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