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BUNDESTAG/6152: Heute im Bundestag Nr. 666 - 10.11.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 666
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 10. November 2016, Redaktionsschluss: 12.11 Uhr

1. Wettbewerbsrecht erfasst Digitalisierung
2. Parlament soll statt Minister entscheiden
3. Grüne: Existenzminimum besser absichern


1. Wettbewerbsrecht erfasst Digitalisierung

Wirtschaft und Energie/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/HLE) Die zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft soll Konsequenzen für das Wettbewerbsrecht haben, dessen Bestimmungen in Zukunft auch auf sogenannte Startups ausgeweitet werden sollen. "Das digitale Zeitalter stellt mit seinen rasanten technologischen Entwicklungen neue Herausforderungen auch an die Wettbewerbspolitik", begründet die Bundesregierung ihren Vorstoß in dem Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (18/10207). Außerdem werden mit der GWB-Novelle den wirtschaftlich bedrängten Presseverlagen kartellrechtliche Ausnahmen gewährt.

Zu den Herausforderungen durch das digitale Zeitalter heißt es, junge innovative Unternehmen, so genannte Startups, könnten durch große etablierte Unternehmen übernommen werden, ohne dass eine Kontrolle durch Kartellbehörden stattfinden könne. Grund sei, dass die Fusionskontrolle nur Zusammenschlüsse von Unternehmen über einem gewissen Schwellenwert bei den Umsätzen erfasse. Viele Startups würden unterhalb dieser Werte bleiben. "Dennoch können ihre Geschäftsideen ein hohes Marktpotenzial und eine große wirtschaftliche Bedeutung für den Werber haben", verdeutlicht die Bundesregierung, die bei solchen Übernahmen die Gefahr "einer gesamtwirtschaftlich unerwünschten Marktbeherrschung oder erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs" sieht. Daher soll die Fusionskontrolle ausgeweitet werden und auch Fälle erfassen, in denen der Kaufpreis mit über 400 Millionen Euro besonders hoch ist, obwohl das erworbene Unternehmen keine oder nur geringe Umsätze vorweisen kann.

Für Kooperationen von Presseverlagen sollen Ausnahmen vom Kartellverbot geschaffen werden. Waren schon mit der 8. GWB-Novelle Fusionen erleichtert worden, so sollen jetzt Kooperationen im Anzeigen- und Werbegeschäft, beim Vertrieb, der Zustellung und der Herstellung von Zeitungen und Zeitschriften einfacher möglich werden. "Der Rückgang insbesondere des Anzeigenaufkommens und der Werbeerlöse im Printbereich hält an, während Finanzierungsmodelle für Presseprodukte im Online-Bereich noch nicht durchgehend erfolgreich sind", begründet die Bundesregierung ihr Vorhaben.

Verbessert werden soll mit der 9. GWB-Novelle die Möglichkeit zu Schadenersatzklagen von Verbrauchern und Unternehmen. Deren Schadenersatzansprüche sollen effektiver durchgesetzt werden können, wenn sie durch einen Kartellverstoß einen Schaden erlitten haben. So wird der Zugang zu Beweismitteln für Geschädigte erleichtert und Verjährungsfristen werden verlängert.

Zudem soll eine Regelungslücke geschlossen werden. So hatte ein Fall Aufsehen erregt, in dem sich Kartellbeteiligte in einem Wurstkartell durch Umstrukturierungen in Unternehmen der Haftung für ein verhängtes Bußgeld in dreistelliger Millionenhöhe entziehen konnten. Mit dem Gesetzentwurf werden Konsequenzen gezogen. So sollen Geldbußen wegen Kartellrechtsverstößen nicht nur gegen die handelnde Tochtergesellschaft, sondern auch gegen die lenkende Konzernmutter verhängt werden können. Bei Rechtsnachfolge oder wirtschaftlicher Nachfolge könne das Bußgeld auch gegen die nachfolgenden Unternehmen verhängt werden.

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2. Parlament soll statt Minister entscheiden

Wirtschaft und Energie/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Das bisherige Prinzip der Ministererlaubnis im Kartellrecht soll abgeschafft und durch eine Parlamentsentscheidung ersetzt werden. Dies fordert die Fraktion Die Linke in einem Antrag (18/10240). Wie die Fraktion schreibt, sieht das Kartellrecht zu Recht neben der Beurteilung und gegebenenfalls dem Verbot von Unternehmenszusammenschlüssen durch die Kartellbehörden die Möglichkeit der politischen Überprüfung dieser Entscheidung vor. Dies sei auch notwendig, da das Bundeskartellamt bei seinen Beschlüssen keine Gemeinwohlinteressen wie Beschäftigungssicherung oder Verbraucherschutz berücksichtige. Das Verfahren um den Zusammenschluss von Edeka und Kaiser's Tengelmann habe einmal mehr verdeutlicht, dass die jetzige Ministererlaubnis der politischen Tragweite von Großfusionen nicht gerecht werde. Daher dürfe die Entscheidung nicht allein der Person des Wirtschaftsministers überlassen werden.

Daher fordert die Fraktion die Einführung einer "Parlamentserlaubnis" an Stelle der bisherigen Ministererlaubnis. Wenn ein Antrag auf Erlaubnis einer zuvor vom Bundeskartellamt untersagten Fusion gestellt werde, müsse dieser in Zukunft vom Parlament beraten und beschlossen werden. Außerdem soll das überragende Interesse der Allgemeinheit an einer Fusion gesetzlich definiert werden. Genannt werden neben Tarifbindung und Betriebsratsstrukturen der Erhalt von Arbeitsplätzen und die Versorgungssicherheit besonders im ländlichen Raum.

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3. Grüne: Existenzminimum besser absichern

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Das Existenzminimum soll nach Ansicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen anders ermittelt werden als bisher. Das verlangen die Abgeordneten in einem Antrag (18/10250). Sie kritisieren darin einen kürzlich von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Neuberechnung der Regelsätze im Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB II und SGB XII), weil dieser "das Existenzminimum von Alleinstehenden und Familien auf eine zweifelhafte und höchst kritikwürdige Art und Weise" ermittle. So würden die Regelsätze auf Grundlage der Ausgaben von Gruppen berechnet, die teilweise über noch weniger Geld verfügen als Personen, die Grundsicherungsleistungen beziehen, wie zum Beispiel verdeckt Arme. Außerdem würden zahlreiche Ausgaben als nicht regelbedarfsrelevant eingestuft und dadurch der Regelsatz weiter erheblich gekürzt.

Die Grünen verlangen von der Bundesregierung, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der dafür sorgt, das Existenzminimum "verlässlich und in ausreichender Höhe" abzusichern. Dazu sollen unter anderem verdeckt Arme, Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und Aufstocker aus der Vergleichsgruppe herausgenommen werden. Außerdem soll ein Teil der Bedarfe zielgenauer durch Leistungen außerhalb des Regelsatzes abgedeckt werden (Stromkostenpauschale, einmalige Anschaffungen wie Waschmaschinen). Außerdem wollen die Grünen das Bildungs- und Teilhabepaket abschaffen. Die Höhe dieser Leistungen soll statt dessen den tatsächlichen Bedarfen entsprechend angehoben und durch einen Anspruch auf kostenlose Sachleistungen, durch eine verbesserte Infrastruktur und zum Teil über den Regelsatz gewährt werden. Der Gesetzentwurf soll außerdem die Regelsätze für Erwachsene, die nicht in einer Paargemeinschaft zusammenleben, einheitlich gestalten und die Regelbedarfsstufe 3 abschaffen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 666 - 10. November 2016 - 12.11 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. November 2016

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