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BUNDESTAG/6100: Heute im Bundestag Nr. 614 - 20.10.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 614
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 20. Oktober 2016, Redaktionsschluss: 12.11 Uhr

1. Erhöhung des Kindergeldes begrüßt
2. Leistungssätze für Asylbewerber
3. Linke sieht Lage in Brasilien kritisch
4. Linke fordert neues Teilhaberecht


1. Erhöhung des Kindergeldes begrüßt

Finanzen/Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Die von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD jetzt auf den Weg gebrachte Anhebung des Kindergeldes und des steuerlichen Kinderfreibetrages sind von der Bundessteuerberaterkammer begrüßt worden. Es sei sinnvoll, die für 2017 und 2018 geplanten Anhebungen schon jetzt zu beschließen und nicht rückwirkend auf den Weg zu bringen, erklärte die Organisation in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses. Damit werde unnötiger Verwaltungsaufwand vermieden.

Die Koalitionsfraktionen haben einen Änderungsantrag zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen (18/9536) mit dem Titel "Anhebung des Kinderfreibetrages, des Kindergeldes, des Kinderzuschlags, des Unterhaltshöchstbetrages und zum Ausgleich der Kalten Progression" vorgelegt, der Thema der öffentlichen Anhörung war. Damit soll der steuerliche Freibetrag für das sächliche Existenzminimum eines Kindes gemäß den sich abzeichnenden Ergebnissen des 11. Existenzminimumberichts von jetzt 4.608 Euro um 108 Euro auf 4.716 Euro (2017) und um weitere 72 Euro auf 4.788 Euro (2018) steigen. Vorgesehen ist weiter eine Anhebung des monatlichen Kindergeldes um jeweils zwei Euro in den Jahren 2017 und 2018. Der Kinderzuschlag soll zum 1. Januar 2017 um monatlich 10 Euro von 160 Euro auf 170 Euro je Kind angehoben werden.

Außerdem sieht der Änderungsantrag eine Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrags von jetzt 8.652 Euro um 168 Euro auf 8.820 Euro (2017) und um weitere 180 Euro auf 9.000 Euro (2018) vor. Entsprechend erhöht werden soll auch der Unterhaltshöchstbetrags (Paragraf 33a Einkommensteuergesetz). Vorgesehen ist weiter ein Ausgleich der "kalten Progression" durch Verschiebung der übrigen Tarifeckwerte im Jahr 2017 um die geschätzte Inflationsrate des Jahres 2016 (0,73 Prozent) und in 2018 um die geschätzte Inflationsrate des Jahres 2017 (1,65 Prozent) nach rechts.

Zur Anhebung des steuerlichen Existenzminimums erklärte der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine, dies sei keine Wohltat, sondern aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Dass die Erhöhung rechtzeitig erfolge, wurde von dem Verband begrüßt.

Thomas Eigenthaler (Deutsche Steuergewerkschaft) erklärte, die geplanten Änderungen zur Verringerung des Effekts der "kalten Progression" seien verfassungsrechtlich nicht geboten. Sie würden aber Milliardenkosten verursachen, und nur wenig werde beim Steuerzahler ankommen. Daher schlug er vor, die für 2018 vorgesehenen Leistungen für Kinder bereits auf 2017 vorzuziehen und die Maßnahmen gegen die "kalte Progression" erst 2018 wirksam werden zu lassen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wies darauf hin, dass sich der steuerliche Kinderfreibetrag nur bei höheren Einkommen auswirke und dann stärker als das Kindergeld. Dem Staat müsse jedoch jedes Kind gleich viel wert sein. Daher empfahl der DGB, den steuerlichen Kinderfreibetrag abzuschaffen und das Kindergeld ab 2017 mit den dann zur Verfügung stehenden Mitteln statt um zwei um 20 Euro zu erhöhen. Auf die vom DGB geschilderten Probleme durch die Verknüpfung von Steuerrecht (Freibetrag) und Sozialleistung (Kindergeld) wies auch die Diakonie Deutschland hin.

Der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine erklärte zur Anhebung des Grundfreibetrages und der Anpassung des Steuertarifs, es komme zu einem Anstieg des Grenzsteuersatzes. Dadurch verstärke sich der Effekt des "Tarifknicks", der auch als "Mittelstandsbauch" bezeichnet werde. Dies wurde von dem Verband und auch von der Bundessteuerberaterkammer kritisch beurteilt. Die Politik sollte sich bald auch grundlegend mit dem Tarifverlauf befassen und dafür sorgen, dass die höchste Progressionsstufe nicht bereits beim Eineinhalbfachen eines Facharbeitergehalts beginne, empfahl die Bundessteuerberaterkammer. Für die Beseitigung dieses "Mittelstandsbauchs" müssen nach Einschätzung des Bundesverbandes der deutschen Industrie jedoch ganz andere Summen in die Hand genommen werden als die 6,3 Milliarden Euro Kosten des Änderungsantrags.

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2. Leistungssätze für Asylbewerber

Arbeit und Soziales/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/CHE) Die Leistungen für Asylbewerber werden ab kommendem Jahr auf Grundlage der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) für 2013 angepasst. Das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/9985) zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) vor, der am 21. Oktober in erster Lesung vom Bundestag beraten wird. Bestandteil des Entwurfs ist auch eine Neustrukturierung der Bedarfsstufen. So sollen die Bedarfe für Strom und Wohnungsinstandhaltung aus dem Leistungssatz ausgegliedert und, wie bereits der Hausrat, gesondert als Sachleistung erbracht werden. Außerdem wird eine neue Bedarfsstufe für erwachsene Leistungsberechtigte in Sammelunterkünften festgelegt. Für Einnahmen aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit soll es einen Freibetrag geben, der nicht auf die Leistungen nach dem AsylbLG angerechnet wird.

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3. Linke sieht Lage in Brasilien kritisch

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/EB) Die politische Situation in Brasilien nach der Amtsenthebung von Präsidentin Dilma Rousseff im August 2016 betrachtet die Fraktion Die Linke mit Sorge. Der Vorgang belaste den lateinamerikanischen Integrationsprozess schwer, heißt es in einem Antrag (18/10013), der am heutigen Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Zugleich "stellt die Absetzung soziale Errungenschaften der vergangenen Jahre in Frage, droht einen Schlussstrich unter die Aufarbeitung politischer Korruption zu ziehen und stellt sich als Bedrohung für die Menschenrechte in Brasilien dar", heißt es weiter. Die Abgeordneten führen an, dass die Nachfolgeregierung von Michel Temer einen Politikwechsel vollziehe, der auf Privatisierung und die Beschneidung von Arbeitnehmerrechten ziele.

Die Bundesregierung soll nach Willen der Linken gegenüber der Regierung Temer darauf drängen, dass sie die brasilianischen Wähler über den künftigen politischen Kurs befragt sowie Menschenrechte, das Diskriminierungsverbot und die Gleichstellung von Mann und Frau einhält. Zudem solle sich Deutschland in der Europäischen Union dafür einsetzen, dass die Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten solange ausgesetzt werden, "bis es eine neue vom Volk gewählte Regierung in Brasilien gibt". Weitere Forderungen beziehen sich auf die Anerkennung der venezolanischen Regierung, die Unterstützung des kolumbianischen Friedensprozesses sowie das bilaterale Abkommen mit Kuba.

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4. Linke fordert neues Teilhaberecht

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (18/10014) eine grundlegende Reform des Teilhaberechts für behinderte Menschen. Sie kritisiert darin deutlich das geplante Bundesteilhabegesetz (BTHG), mit dem die Bundesregierung ab kommendem Jahr die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen neu organisieren möchte. Der Gesetzentwurf schränke den leistungsberechtigten Personenkreis ein und entgegen der Ankündigung der Regierung würden sich die Neuregelungen weiter im alten Fürsorgesystem der Sozialhilfe bewegen. "Der Gesetzentwurf muss im Licht der UN-Behindertenrechtskonvention als Rückschritt bewertet werden", schreibt Die Linke.

Sie fordert einen Gesetzentwurf, der die vielen Schnittstellen zwischen den Sozialgesetzbüchern besser ausgestaltet. Die unterschiedlichen Teilhabeleistungen sollen dabei bedarfsgerecht und unabhängig von Einkommen und Vermögen in einem neuen Neunten Buch Sozialgesetzbuch gleichrangig untereinander festgeschrieben werden. Teilhabeleistungen sollen außerdem gleichrangig zu einer weiterzuentwickelnden Pflegeversicherung ausgestaltet und als vorrangig gegenüber der Hilfe zur Pflege behandelt werden

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 614 - 20. Oktober 2016 - 12.11 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Oktober 2016

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