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BUNDESTAG/6038: Heute im Bundestag Nr. 552 - 28.09.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 552
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 28. September 2016, Redaktionsschluss: 12.38 Uhr

1. Expertenanhörung über Demenzforschung
2. Forschungshaushalt soll Zukunft gestalten
3. Digitale Verwaltung
4. Linke will schärfere Regeln bei Leiharbeit
5. Grüne verlangen volle Teilhabe
6. Keine Nachteile für Behinderte
7. Schutz vor Nadelstichverletzungen


1. Expertenanhörung über Demenzforschung

Gesundheit/Ausschuss

Berlin: (hib/PK) Der Gesundheitsausschuss hat die seit Monaten umstrittene Arzneimittelreform am Mittwoch in geänderter Fassung mehrheitlich gebilligt, zugleich aber eine getrennte parlamentarische Befassung zu dem Passus der geplanten Forschung an nicht einwilligungsfähigen Patienten auf den Weg gebracht. Der Bundestag soll nun voraussichtlich im November und nach einer Expertenanhörung zu drei fraktionsübergreifenden Änderungsanträgen über den gesamten Gesetzentwurf abstimmen.

Formal geht es bei dem "vierten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften" (18/8034) um die Umsetzung einer EU-Verordnung (Nr. 536/2014). Die Novelle sieht in der Ursprungsfassung mehr Möglichkeiten zur Medikamentenforschung vor. Konkret sollen klinische Arzneimittelstudien an nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen (zum Beispiel Demenzkranken) auch dann zulässig sein, wenn sie nur gruppennützig sind, den Betroffenen selbst also keine Vorteile mehr bringen. Das ist bisher nicht erlaubt.

Dieser Passus hatte heftigen Widerspruch ausgelöst bei Ethikern, Kirchen und Behindertenverbänden. Auch im Parlament ist diese Regelung stark umstritten, weshalb die Vorlage vor der Sommerpause mehrfach von der Tagesordnung des Plenums genommen wurde. Inzwischen liegen zu dem Streitthema drei fraktionsübergreifende Gruppenanträge vor, die als Änderungsanträge zunächst bei einer Expertenanhörung des Gesundheitsausschusses am 19. Oktober behandelt werden sollen.

Die Abgeordneten verständigten sich darauf, die Anhörung auf 120 Minuten anzusetzen und maximal neun Sachverständige einzuladen, jeweils drei für jeden Antrag. Dieses Verfahren ist auch umstritten, weil sich zwei Änderungsanträge nur geringfügig unterscheiden. Dem Vernehmen nach sieht ein Antrag vor, es bei der bisherigen, restriktiven Regelung zu belassen. In den beiden anderen Anträgen würde die rein gruppennützige Forschung mit einer Probandenverfügung gestattet, in einem Fall mit verpflichtender ärztlicher Beratung, in dem anderen Fall mit optionaler ärztlicher Beratung.

Der rund 60 Seiten starke Gesetzentwurf beinhaltet Regelungen zu ganz unterschiedlichen Bereichen, der umstrittene Passus zur Demenzforschung ist nur ein Teil dieser Vorlage. Der Ausschuss billigte am Mittwoch 17 Änderungsanträge zur der Vorlage, die dann, mit der einen Einschränkung, mehrheitlich beschlossen wurde. Die Fraktion Die Grünen votierte gegen die Novelle, Die Linke enthielt sich.

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2. Forschungshaushalt soll Zukunft gestalten

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Ausschuss

Berlin: (hib/ROL) "Der Haushalt hat trotz der notwendigen Haushaltskonsolidierung einen hohen Aufwuchs und die richtige Struktur." Das sagte der Vertreter der CDU/CSU vor dem Ausschuss für Bildung und Forschung am Mittwochvormittag in Berlin, wo der Entwurf für den Haushalt zu Bildung und Forschung 2017 (18/9200) beraten wurde. Der Bildungs- und Forschungshaushalt, Einzelplan 30, steigt auf rund 17,6 Milliarden Euro. In ihrem Entschließungsantrag legen die Fraktionen CDU/CSU und SPD einen Schwerpunkt auf den digitalen Wandel. Die notwendigen Fähigkeiten mit digitalen Technologien umzugehen und sie zu gestalten müssten in allen Abschnitten der Bildungskette vermittelt werden. Deshalb sollen verschiedene Initiativen wie das "Haus der kleinen Forscher" und "regionale Kompetenzzentren" diesen Ansatz begleiten. Ferner legten die Fraktionen in ihrem Entschließungsantrag, der von den Stimmen der CDU/CSU und SPD angenommen wurde, Wert auf die weitere Stärkung der beruflichen Bildung. Anders als die Opposition sah der Vertreter der CDU/CSU keinen Handlungsbedarf beim Thema Bildungsgerechtigkeit. Dem widersprach vor allem der Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen heftig.

Die Anträge der Linken thematisieren unter anderem die Erhöhung des BAföG für Schüler und Studenten, die Aufstockung des Hochschulpaktes 2020 und die vollständige Streichung des Titels "Exzellenzinitiative Spitzenförderung von Hochschulen" zugunsten "Strategien zur Durchsetzung von Chancengerechtigkeit für Frauen in Bildung und Forschung". Die Anträge wurden von der CDU/CSU, wie von der SPD als auch von Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt. Der Vertreter des SPD bezeichnete sie als "populistisch" und sagte: "Wenn sie auf den Haushaltsentwurf mal eben 50 Prozent oben drauf packen, leben sie in einer anderen Welt." Der Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen sprach von einem "Wolkenkuckucksheim". Besonders kritisierte er, dass die Linke "von jetzt auf gleich" den ganzen Titel Exzellenzinitiative auf null setze. Die Linke wehrte sich gegen den Vorwurf, sie wolle durch die Abschaffung der Exzellenzinitiative "nur noch Mittelmaß" fördern und Spitzenforschung abschaffen. Die Vertreterin der Linken unterstrich, dass es ihr vielmehr darum gehe "etwas neues zu schaffen" und Spitzenleistungen an allen Universitäten möglich zu machen.

Der Vertreter der SPD lobte den Haushalt genauso wie der Vertreter der CDU/CSU und begründete den Entschließungsantrag der CDU/CSU und SPD damit, dass sie ihre parlamentarische Arbeit ernst nehmen würden und alle Verhandlungsergebnisse bis zur Einbringung des Haushaltes für 2017 miteinfließen lassen wollen. Er unterstrich, dass es bei der digitalen Bildung darum gehe, früh im Leben zu beginnen. Bei der beruflichen Bildung hob er unter anderem die Stärkung der Berufsbildungsforschung hervor. Bei einer weiteren Förderrunde der Qualitätsoffensive Lehrerbildung müsse auf die Stärkung der Berufsschullehrerausbildung ein besonderes Augenmerk gerichtet werden.

Der Bundestagsabgeordnete der Grünen stellte drei Entschließungsanträge vor, die allesamt mit den Stimmen der CDU/CSU und SPD abgelehnt wurden. Zum einen fordern die Grünen eine höhere Grundfinanzierung der Hochschulen und ein Modernisierungsprogramm für Schulen sowie stärkere Investitionen in die Modernisierung der Infrastruktur des Wissens. Universitäten, Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen bräuchten zeitgemäße und zukunftsfähige Bauten. Obwohl die Länder auch mit Unterstützung des Bundes Milliarden in Sanierung, Erweiterung und Neubau gesteckt hätten, sei bundesweit ein Investitionsstau entstanden. Es drohe die Leistungsfähigkeit der Hochschulen und damit die Zukunftsfähigkeit Deutschlands insgesamt beeinträchtigt zu werden, heißt es im Antrag.

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3. Digitale Verwaltung

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) "Innovativer Staat - Potenziale einer digitalen Verwaltung nutzen und elektronische Verwaltungsdienstleistungen ausbauen" lautet der Titel eines Antrags der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD (18/9788), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, auf allen Verwaltungsebenen "attraktive und serviceorientierte sowie barrierefreie elektronische Bürgerdienste und unternehmensfreundliche Verwaltungsdienstleistungen medienbruchfrei anzubieten", den Rechtsrahmen für e-Government fortlaufend zu evaluieren und fortzuentwickeln und "auf der Basis eines Gesetzes mit allen ihren Behörden Vorreiter für die Bereitstellung offener Daten, sofern dagegen keine Ausnahmetatbestände sprechen, in einheitlichen maschinenlesbaren Formaten und unter freien Lizenzbedingungen zu sein". Auch soll die Regierung laut Vorlage den Kulturwandel hin zu einer Digitalen Verwaltung aktiv betreiben und dafür die Kompetenzen der Verwaltungsmitarbeiter im Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnik stärken.

Ferner soll die Bundesregierung nach dem Willen der Koalitionsfraktionen in der Kommunikation zwischen Verwaltungseinheiten und den Bürgern sowie der Wirtschaft den Einsatz einfacher, sicherer sowie standardisierter elektronischer Verfahren gewährleisten, Schriftformerfordernisse und Pflichten zum persönlichen Erscheinen abbauen sowie die Entwicklung und Bereitstellung von "in höchstem Maße nutzerfreundlichen Verwaltungsdienstleistungen" auf kommunaler sowie Länder- und Bundesebene fördern, "die die Bürger einfach und sicher online mit der eID des Personalausweises nutzen sollen".

Des weiteren soll die Bundesregierung dem Antrag zufolge in der Bundesverwaltung darauf hinwirken, dass Akten vollständig elektronisch geführt werden, um medienbruchfreie Verwaltungsverfahren zu ermöglichen und mobiles Arbeiten zu vereinfachen. Auch soll sie "eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen über den IT-Planungsrat zur Verbesserung der Informationssicherheit in der IT der Verwaltung" pflegen, verbindliche Maßnahmen zur gemeinsamen Abwehr von Angriffen und Minimierung von Risiken ergreifen sowie sichere Verschlüsselungsverfahren sowie deren Implementierung und einfache Handhabbarkeit fördern und unterstützen.

Darüber hinaus zählt zu dem umfangreichen Forderungskatalog des Antrags unter anderem, "IT-Sicherheit und die Rückgewinnung der technologischen Souveränität zu einem Schwerpunktprojekt" zwischen Bund und Ländern zu machen sowie "die Transparenz politischer Prozesse und die Beteiligungsmöglichkeiten deutlich auszubauen und bei wichtigen Gesetzgebungsverfahren stärker auf internetbasierten Plattformen zur Beteiligung zu setzen".

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4. Linke will schärfere Regeln bei Leiharbeit

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Die Linke fordert eine strikte Begrenzung von Leiharbeit und eine wirksame Verhinderung des Missbrauchs von Werkverträgen. In einem Antrag (18/9664) kritisiert die Fraktion, dass der von der Bundesregierung dazu vorgelegte Gesetzentwurf dem Problem "in keiner Weise" gerecht werde.

Die Linke verlangt deshalb, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz an verschiedenen Stellen zu ändern. So soll unter anderem das Prinzip "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" bereits ab dem ersten Einsatztag ohne Ausnahme gelten. Die dauerhafte Besetzung von Arbeitsplätzen mit Leiharbeitnehmern soll verboten werden. Der vorübergehende Einsatz von Leiharbeitern soll auf drei Monate begrenzt werden. Ferner sollen sie aufgrund ihrer hohen Flexibilität einen "Flexibilitätsausgleich" in Höhe von zehn Prozent ihres Bruttolohnes erhalten. Zur Verhinderung von Scheinwerkverträgen soll unter anderem die Beweislast, dass ein Werkvertrag rechtmäßig ist, dem Auftraggeber zugewiesen und Sozialstandards für Werkverträge festgelegt werden. Betriebs- und Personalräte sollen ein "zwingendes Mitbestimmungsrecht" bei Werkverträgen und Leiharbeit haben, heißt es in dem Antrag weiter.

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5. Grüne verlangen volle Teilhabe

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert die Bundesregierung auf, das von ihr geplante Bundesteilhabegesetz (BTHG) grundlegend zu überarbeiten. In einem Antrag (18/9672) schreiben die Grünen, das BTHG in seiner jetzigen Form werde dem Anspruch nicht gerecht, die Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht umzugestalten.

Die Abgeordneten verlangen eine Reihe von Änderungen an dem Gesetz. So soll unter anderem die Eingliederungshilfe unabhängig davon gewährt werden, in wie vielen Lebensbereichen die betreffende Person eingeschränkt ist. Auch Ausländer ohne gesicherten Aufenthaltsstatus und Asylsuchende mit Behinderungen sollen Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten, fordern die Grünen. Ferner sollen die bisher im Gesetzentwurf enthaltenen Unterschiede zwischen als ambulant und stationär geltenden Leistungen abgeschafft werden. Leistungserbringern müssten Vergütungen erhalten, die der Qualität ihrer Leistungen entsprechen. Das BTHG dürfe keine Vorgaben enthalten, die Leistungserbringer in eine Preisspirale nach unten zwinge, heißt es in dem Antrag. Außerdem sollen Leistungen zur Teilhabe nach dem Willen der Grünen unabhängig vom Vermögen und Einkommen der Leistungsberechtigten gewährt werden.

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6. Keine Nachteile für Behinderte

Arbeit und Soziales/Antwort

Berlin: (hib/VT) Die Zielsetzungen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) entsprechen nach Ansicht der Bundesregierung den Vorgaben der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK). Das schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (18/9618) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/9346). Diese hatte auf Verbände, Vereine und Organisationen verwiesen, die das geplante BTHG teilweise scharf kritisieren. Die Bundesregierung gibt an, dass diese Kritik bereits bei der Erarbeitung des Regierungsentwurfes berücksichtigt worden sei und dass daraus deshalb kein Handlungsbedarf mehr erwachse.

Der Gesetzentwurf habe das Ziel, "die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen zu verbessern". Möglichen Leistungsverschlechterungen für bisher Leistungsberechtigte solle "insbesondere mit einer Evidenzbeobachtung, Besitzstandsregelung und einer Umsetzungsbegleitung" begegnet werden.

Das BTHG sehe einige Übergangsregelungen vor, die laut Bundesregierung "im Einzelfall auch als Bestandschutz wirken könnten". So sollen beispielsweise "Personen, die Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten und deren ambulante Betreuung am 26. Juni 1996 sichergestellt war" weiterhin ambulante Leistungen erhalten. Ferner solle unter anderem gewährleistet werden, dass es "keine Veränderung bei der Höhe der anzuerkennenden Bedarfe für Unterkunft und Heizung gibt". Auch wirken sich die Rechtsänderungen nach Angaben der Bundesregierung nicht auf die bestehenden Wohnverhältnisse aus.

Eine Neuerung, die das Gesetz hervorbringe, sei, dass "Menschen mit Behinderungen entsprechend ihrer Individualität differenziert betrachtet" werden, um die Leistungsberechtigung für Eingliederungshilfe zu beurteilen. Trotzdem solle der leistungsberechtigte Personenkreis unverändert bleiben, wenn nicht sogar ausgeweitet werden, heißt es in der Antwort der Bundesregierung.

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7. Schutz vor Nadelstichverletzungen

Arbeit und Soziales/Antwort

Berlin: (hib/VT) Die Anzahl meldepflichtiger Arbeitsunfälle durch stechende und schneidende ärztliche Werkzeuge wie beispielsweise Messer, Klingen und Spritzen ist in den letzten Jahren stark gesunken. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung (18/9654) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/9394) hervor. Demnach wurden im Jahr 2014 1.162 Arbeitsunfälle durch Nadelstichverletzung verzeichnet, im Gegensatz zu 3.959 Arbeitsunfällen im Jahr 2007. Die Abgeordneten hatten darauf verwiesen, dass derartige Verletzungen zu den häufigsten Arbeitsunfällen im Gesundheitswesen und in der Pflege gehören.

Es gebe jedoch einen Anstieg der Fälle, bei denen Arbeitsunfähigkeit auf eine Nadelstichverletzung folgte: 2007 waren es 242 Fälle, 2014 waren 415 Personen betroffen, im Jahr 2015 391 Personen. Die Zahl der Beschäftigten, die sich durch Nadelstichverletzungen mit HIV oder Hepatitis B oder C angesteckt haben, lässt sich nach Aussage der Bundesregierung nicht ermitteln. "Aus der Statistik der anerkannten Berufskrankheiten sind allerdings Fallzahlen ersichtlich, bei denen es durch eine berufliche (versicherte) Tätigkeit zur Infektion mit den genannten Krankheiten gekommen ist", heißt es in der Antwort der Bundesregierung weiter.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 552 - 28. September 2016 - 12.38 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. September 2016

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