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BUNDESTAG/5833: Heute im Bundestag Nr. 347 - 08.06.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 347
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 08. Juni 2016, Redaktionsschluss: 17.46 Uhr

1. Weise: Zahl der Arbeitslosen sinkt weiter
2. Medizinische Versorgung für Flüchtlinge
3. Grünen-Antrag zu Burundi gescheitert
4. Vermittlung in Burundi


1. Weise: Zahl der Arbeitslosen sinkt weiter

Haushalt/Ausschuss

Berlin: (hib/MIK) "Die Flüchtlingsmigration ist nicht die gewünschte Lösung für die Probleme am Arbeitsmarkt." Dies erklärte der Vorstandsvorsitzende der Agentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, am Mittwochnachmittag im Haushaltsausschuss. Die Integration der Flüchtlinge am Arbeitsmarkt würde oft zehn bis fünfzehn Jahre dauern und sei sehr kostspielig. Trotzdem sei eine Zuwanderung auf den deutschen Arbeitsmarkt insgesamt sinnvoll und notwendig.

Weise berichtete den Abgeordneten über die Finanzentwicklung der Bundesagentur für Arbeit in diesem Jahr und über den mittelfristigen Zeitraum bis zum Jahr 2020. Danach ist die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vorjahr um rund 100.000 auf 2,66 Millionen Menschen gefallen. Insgesamt erwarte er für dieses Jahr im Schnitt 2,8 Millionen Arbeitslose.

Demgegenüber sei die Zahl der Erwerbstätigen "stark" angestiegen, so seien rund 31,2 Millionen Menschen zurzeit in sozialversicherungspflichtigen Jobs tätig. Es gebe auch mehr offene Stellen. Weise geht davon aus, dass auch diese Entwicklung anhalten wird. "Es läuft gut in allen Bundesländern und in allen Branchen", sagte er. Dies sei vor allem auf eine "sehr stabile" Binnenwirtschaft zurückzuführen, zudem laufe der Export in die USA und in einige Teile der EU gut.

Die Abgeordneten aller Fraktionen bezeichneten die Lage als sehr gut. Die Linke wies darauf hin, dass sich die Lage für viele Langzeitarbeitslose gefestigt habe, auf der anderen Seite sei ein Facharbeitermangel zu beobachten.

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2. Medizinische Versorgung für Flüchtlinge

Gesundheit/Anhörung

Berlin: (hib/PK) Gesundheitsexperten befürworten für Asylbewerber einen unbürokratischen und bundesweit einheitlichen Zugang zu medizinischen Leistungen. Anlässlich einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses am Mittwoch im Bundestag kritisierten Sachverständige die teilweise komplizierte und unzureichende ärztliche Versorgung der Flüchtlinge nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Vor allem hinsichtlich der psychologischen und psychiatrischen Betreuung traumatisierter Flüchtlinge, aber auch bei Bagatellfällen forderten die Fachleute einfache und rasche Hilfen für die Betroffenen, wie auch aus den schriftlichen Stellungnahmen hervorgeht.

Thema der Anhörung waren Anträge der Opposition mit dem Ziel, die medizinische Versorgung der Flüchtlinge zu verbessern. Die Fraktion Die Linke erinnerte daran, dass Asylbewerber in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthaltes in Deutschland nur eine eingeschränkte Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, konkret medizinische Hilfe nur bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft. Diese Beschränkung verletze das Menschenrecht auf Gesundheit, heißt es im Antrag (18/7413) der Fraktion. Die Linke spricht sich dafür aus, alle Asylleistungsberechtigten in die Versicherungspflicht einzubeziehen und Gesundheitskarten an alle Asylbewerber auszugeben. Die Leistungseinschränkungen sollten gestrichen werden.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zielt mit ihrem Antrag (18/6067) auf eine bessere psychotherapeutische und psychosoziale Versorgung der Flüchtlinge. Rund 40 Prozent aller Flüchtlinge seien traumatisiert, darunter viele Frauen und Kinder. Die dringend benötigte Behandlung erhielten psychisch kranke Flüchtlinge nur im Einzelfall, zudem würden Dolmetscher von den Krankenkassen nicht finanziert. Die Abgeordneten verlangen, allen Berechtigten nach dem AsylbLG die kompletten Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu gewähren und ihnen hierzu eine Gesundheitskarte zur Verfügung zu stellen.

Der GKV-Spitzenverband merkte an, dass für die Umsetzung der Leistungsansprüche die Länder zuständig seien. Die Leistungsgewährung werde sodann "wesentlich in das Ermessen der kommunalen Leistungsträger gestellt". So bestünden derzeit in acht Ländern Vereinbarungen zur Ausgabe der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) an Flüchtlinge, jedoch hänge die Umsetzung vom Verhalten der Kommunen ab. In Nordrhein-Westfalen etwa seien nur 20 von 400 Gemeinden der Landesvereinbarung beigetreten. Andere Länder hätten sich "gegen die Option der auftragsweisen Einbindung der Krankenkassen ausgesprochen".

Angesichts der föderalen Rahmenbedingungen bestehe ein einheitlicher Zugang zu Gesundheitsleistungen für Asylbewerber in den ersten 15 Monaten nicht. Die Flüchtlinge hätten jedoch Anspruch auf eine "einheitliche und angemessene medizinische Versorgung". Es liege im Ermessen des Gesetzgebers, die erforderlichen Leistungen zu bestimmen sowie die von den Krankenkassen auftragsweise Betreuten. Entscheidend sei, "dass ein bundesweit einheitlicher Zugang" zu Leistungen sichergestellt werde. Der Spitzenverband bezweifelte zugleich Darstellungen, wonach rund die Hälfte der Flüchtlinge traumatisiert ist. Es gehe oft wohl eher um soziale Betreuungsangebote. Eine psychische Erkrankung sei davon "eindeutig abzugrenzen". Eine "verallgemeinernde Pathologisierung aller Flüchtlinge" entspreche weder der Realität, noch helfe dies bei der Integration.

In der Anhörung machten mehrere Sachverständige deutlich, dass verlässliche Angaben über die Zahl der Flüchtlinge, die unter einer psychischen Störung leiden, derzeit nicht möglich sind.

Nach Ansicht der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) ist das Gesundheitssystem nicht auf eine bedarfsgerechte Versorgung psychisch kranker Flüchtlinge in hoher Anzahl eingestellt. Nur wenige der psychisch belasteten oder kranken Geflüchteten erhielten eine angemessene Versorgung. Das gelte vor allem für die psychotherapeutische Behandlung. Grund seien die eingeschränkten gesetzlichen Leistungen. Flüchtlinge dürften aber nicht wie Patienten zweiter Klasse behandelt werden. Die Einschränkungen sollten daher aufgehoben werden. Zudem seien Dolmetscher für die Psychotherapie nötig, die in jedem Fall mitfinanziert werden müssten. Die Integration einschließlich des Erlernens der deutschen Sprache sei bei den Flüchtlingen mit psychischen Störungen nur nach einer erfolgreichen Therapie möglich, sagte eine Verbandssprecherin in der Anhörung.

Die Bundesärztekammer (BÄK) sprach sich dafür aus, den Flüchtlingen eine vollwertige Krankenversicherungskarte auszuhändigen und sie in die GKV-Regelversorgung zu übernehmen. Die gesetzlich vorgesehenen Leistungseinschränkungen für Asylbewerber sollten aufgehoben werden. Zudem müsse der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) personell besser ausgestattet werden, um die Flüchtlingsbetreuung zu verbessern.

Auch Helmut Middeke von der "Flüchtlingsambulanz" des Klinikums Lippe sieht den 15-Monate-Zeitraum bis zur GKV-Regelversorgung für Flüchtlinge kritisch. Der stark reglementierte Leistungsumfang führe im Endeffekt zu höheren Kosten, die bürokratische Regelung über Sozialämter zu verschleppten Behandlungen. Da es oft keine zentrale medizinische Anlaufstelle für Flüchtlinge gebe, würden die Notaufnahmen der Krankenhäuser mit der Behandlung von Bagatellfällen blockiert. Das sollte als Folge der Flüchtlingswelle nicht unterschätzt werden, sagte Middeke in der Anhörung. Nach Ansicht des Mediziners könnte die "medizinische Unter-, Über- oder Fehlversorgung" der Flüchtlinge deutlich reduziert werden.

In der Anhörung äußerten sich viele Fachleute, die mit der praktischen Flüchtlingsarbeit zu tun haben. Nach ihrer übereinstimmenden Ansicht kann die Gesundheitsversorgung der Asylbewerber noch deutlich verbessert werden.

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3. Grünen-Antrag zu Burundi gescheitert

Menschenrechte/Ausschuss

Berlin: (hib/JOH) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist am Mittwochnachmittag im Menschenrechtsausschuss mit einem Antrag (18/6883) gescheitert, in dem sie die Bundesregierung aufgefordert hatte, weitere Menschenrechtsverletzungen in dem ostafrikanischen Staat zu verhindern. Union, SPD und Linksfraktion stimmten gegen die Initiative, in der die Grünen unter anderem die Ausarbeitung einer Strategie zur institutionellen und programmatischen Verankerung der Schutzverantwortung auf nationaler Ebene vorschlagen. Außerdem drängen sie die Koalition darauf zu prüfen, inwiefern eine Version des amerikanischen "Atrocities Prevention Board" (APB) auch für Deutschland in Frage käme. Durch die Arbeit des von Präsident Barack Obama etablierten Gremiums sollen politische Entscheidungsträger in den USA bessere Informationen sowie Handlungsalternativen zur Verhinderung von Gräueltaten erhalten.

Die Grünen zeigten sich im Ausschuss enttäuscht darüber, dass CDU/CSU und SPD sich einem gemeinsamen Antrag verwehrt und stattdessen einen eigenen Antrag (18/8706) vorgelegt hätten, obwohl man sich in der Intention einig sei. Die deutsche Außenpolitik müsse mit Blick auf Burundi konkreter werden, um Katastrophen zu verhindern, betonte ein Vertreter der Fraktion.

Ein Mitglied der Unionsfraktion betonte, der Grünen-Antrag führe Maßnahmen auf, die von der Bundesregierung längst umgesetzt würden. Außerdem schließe man sich der Forderung nach der Schaffung eines Gremiums nach Vorbild des "Atrocieties Prevention Boards" nicht an.

Die Koalitionsfraktionen fordern in ihrem Antrag wie auch die Grünen, das Engagement für die Ausgestaltung des Konzeptes der Schutzverantwortung auf internationaler Ebene aktiv fortzusetzen und dabei der Stärkung ihrer präventiven Säule weiterhin besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Alle drei Fraktionen sind in großer Sorge um die Lage in Burundi. Die Grünen warnen, dass die derzeitige Lage viele der allgemeinen Kriterien erfülle, die der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für die Verhinderung von Völkermord als übliche Warnsignale für drohende Verbrechen gegen die Menschlichkeit identifiziert habe. Nach Ansicht der Koalitionsfraktionen birgt der Konflikt eine "hohe Sprengkraft für die gesamte Region", da eine Ethnisierung der bislang auf der politischen Ebene geführten Auseinandersetzungen nach wie vor nicht auszuschließen sei.

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4. Vermittlung in Burundi

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD betrachten mit Sorge die Entwicklung im ostafrikanischen Burundi. Nach der Ankündigung des burundischen Staatspräsidenten Pierre Nkurunziza im April 2015, entgegen der Verfassung für eine dritte Amtszeit kandidieren zu wollen, habe sich eine politische Krise entwickelt, in deren Folge sich nicht nur die Wirtschaftslage und die Sicherheit das Landes, sondern insbesondere die Situation der Menschenrechte zunehmend verschlechtert hat, konstatieren die Abgeordneten in einem Antrag (18/8706), der am morgigen Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Die positiven gesellschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Jahre, wie etwa die Herausbildung einer aktiven Zivilgesellschaft, eine beginnende Pressefreiheit und ein Ausgleich der ethnischen Gegensätze, seien stark gefährdet. Zur weiteren Verschärfung der Situation habe im Mai 2015 ein Militärputsch beigetragen, der jedoch gescheitert sei.

Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung auf, einerseits "weiterhin gegenüber der burundischen Regierung auf Rechtsstaatlichkeit sowie der Einhaltung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts zu dringen" und andererseits sich auch nach der Aussetzung regierungsnaher Programme der Entwicklungszusammenarbeit "sowohl bilateral als auch im EU-Kontext für die weitere Unterstützung der Zivilgesellschaft durch bevölkerungsnahe und grundbedürfnisbefriedigende Projekte einzusetzen". Gegenüber der burundischen Regierung solle auf der Einhaltung ihrer internationalen Verpflichtungen im Rahmen des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte bestanden werden, zu denen insbesondere die Achtung der Grundfreiheiten und die Freiheit der Meinungsäußerung sowie die Pressefreiheit zählen würden. Zudem solle sich die Bundesregierung für einen "innerburundischen inklusiven politischen Dialog unter internationaler Vermittlung" einsetzen und weiterhin die in die Nachbarländer geflohenen Menschen unterstützen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 347 - 8. Juni 2016 - 17.46 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juni 2016

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