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BUNDESTAG/5824: Heute im Bundestag Nr. 338 - 08.06.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 338
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 08. Juni 2016, Redaktionsschluss: 09.30 Uhr

1. 115.800 Personen im PKV-Notlagentarif
2. Strafverfahren gegen Jan Böhmermann
3. Syrische Flüchtlinge in der Türkei
4. Beziehungen zwischen Ankara und Baku
5. Vermittlungen im Bergkarabach-Konflikt


1. 115.800 Personen im PKV-Notlagentarif

Gesundheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PK) Knapp 116.000 Frauen und Männer waren im vergangenen Jahr in der Privaten Krankenversicherung (PKV) auf den Notlagentarif angewiesen. Laut PKV-Verband waren auch 8.300 Beamte, Pensionäre oder Angehörige von Beamten mit Beihilfeanspruch im Notlagentarif versichert, wie aus der Antwort (18/8590) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (18/8441) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervorgeht.

Der durchschnittliche Beitrag der Versicherten im Notlagentarif liegt nach einer Abfrage des Bundesgesundheitsministeriums unter den Versicherungen zwischen 76 und 102 Euro im Monat. Wer in der PKV über mehrere Monate die Beiträge nicht zahlen kann, kommt in den Notlagentarif mit stark eingeschränkten Leistungen. Sobald die ausstehenden Beiträge, Säumniszuschläge und Mahnkosten abbezahlt sind, kann der Versicherte wieder in den alten Tarif wechseln.

Nach Auskunft des PKV-Verbandes sei die Zahl der Versicherten im Notlagentarif seit 2014 relativ stabil, jedoch mit "dynamischen" Ab- und Zugängen. So seien 2015 rund 40 Prozent der Versicherten aus dem Notlagentarif ausgeschieden, im Schnitt nach 9,5 Monaten. Die meisten Versicherten seien in ihren Ursprungstarif zurückgekehrt.

Die PKV bietet daneben noch zwei weitere Sozialtarife an für Versicherte, die ihre regulären Beiträge nicht bezahlen können: den besonders günstigen Standardtarif für Mitglieder, die schon vor 2009 in der PKV versichert waren und den Basistarif, der zum 1. Januar 2009 neu eingeführt wurde und einen Annahmezwang beinhaltet. Es darf also niemand zurückgewiesen werden, der ein Recht hat, sich in diesem Tarif zu versichern.

Beide Tarife entsprechen etwa dem Leistungsangebot der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Den Angaben zufolge waren im vergangenen Jahr 45.800 Personen im Standardtarif und 29.400 im Basistarif der PKV versichert. 2009 waren es 38.400 im Standardtarif und 13.500 im Basistarif.

Wie es in der Antwort der Regierung weiter heißt, haben Mitglieder der PKV verschiedene Möglichkeiten, etwas gegen steigende Beiträge zu unternehmen. Oft könne schon ein Tarifwechsel innerhalb der Krankenkasse zu geringeren Kosten führen, weil die Versicherer oft neue Verträge auflegten. Die Versicherer seien auch verpflichtet, ihren Kunden auf Anfrage den für sie günstigsten Tarif zu nennen. Zudem bestehe die Möglichkeit eines Wechsels in den Basis- oder Standardtarif.

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2. Strafverfahren gegen Jan Böhmermann

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/EB) Die Bundesregierung verneint, dass die türkische Regierung in ihrer Kritik an Beiträgen des Satirikers Jan Böhmermann auf das Flüchtlingsabkommen zwischen der Europäischer Union und der Türkei verwiesen hat. Das schreibt sie in einer Antwort (18/8594) auf eine Kleine Anfrage (18/8372) der Fraktion Die Linke.

Zu konkreten Inhalten vertraulicher Gespräche der Bundeskanzlerin mit Vertretern ausländischer Regierungen äußere sie sich nicht, führt die Bundesregierung aus. Die Abgeordneten hatten gefragt, ob Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das "Schmähgedicht" Jan Böhmermanns in einem Telefonat mit dem türkischen Ministerpräsidenten am 3. April 2016 "auf Nachfrage oder von sich aus" als "bewusst verletzend" eingeordnet habe.

Weiterhin informiert die Bundesregierung über ihre Beratungen zum "Schmähgedicht" und begründet, warum sie dem Strafverlangen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan stattgegeben und eine strafrechtliche Verfolgung Böhmermanns nach Paragraph 103 des Strafgesetzbuches (StGB) ermöglicht hat. Die Entscheidung über eine Strafbarkeit liege bei den deutschen Gerichten, argumentiert die Bundesregierung. Juristen des Auswärtigen Amtes und des Bundesjustizministerium hätten bei einer kurzfristigen Prüfung festgestellt, dass die Straftatbestände "Beleidigung" und "Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten" (Paragraphen 185 und 103 StGB) infrage kämen. Ab dem 11. April hätten zudem Vertreter des Auswärtigen Amtes, des Bundesjustizministeriums, des Bundesinnenministeriums sowie des Bundeskanzleramtes über den Inhalt des türkischen Strafverlangens vom 8. April und das weitere Vorgehen beraten.

Die Fragesteller hatten sich außerdem nach strafrechtlichen Nachteilen erkundigt, die Böhmermann laut Medienberichten durch die Zulassung eines Verfahrens nach Paragraph 103 entstehen könnten. Rechtliche Einschätzungen, die in Medien diskutiert werden, kommentiere sie nicht, schreibt die Bundesregierung dazu. Im Falle einer Verurteilung gälten die üblichen Grundlagen der Strafzumessung.

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3. Syrische Flüchtlinge in der Türkei

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Nach Angaben der türkischen Katastrophenschutzbehörde (AFAD) haben sich mit dem Stand von Anfang Mai insgesamt knapp 2,75 Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei aufgehalten. Wie die Bundesregierung in der Antwort (18/8602) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/8344) weiter schreibt, seien den 26 staatlichen Flüchtlingslagern der Türkei derzeit mehr als 260.000 syrische Flüchtlinge untergebracht. Darüber hinaus gebe es eine nicht bekannte Anzahl kommunaler Lager insbesondere im Südosten der Türkei.

"Die türkische Bevölkerung zeigt sich auch im sechsten Jahr der Flüchtlingskrise ganz überwiegend tolerant gegenüber syrischen Flüchtlingen", schreibt die Bundesregierung. Vereinzelte Proteste von ethnischen oder religiösen Minderheiten gegen den Bau von Flüchtlingslagern in den von ihnen bewohnten Gegenden deuteten aber darauf hin, dass es ein gewisses Spannungspotential gebe, wenn die türkische Regierung bei der Verteilung von Flüchtlingen im Land nicht den örtlichen demografischen Verhältnissen Rechnung trage.

Die EU und die Bundesregierung hätten grundsätzlich keine Möglichkeit, auf die regionale Verteilung der Flüchtlingslager innerhalb der Türkei Einfluss auszuüben. Allerdings würden die Mittel in Höhe von drei Milliarden Euro und die in Aussicht gestellten weiteren drei Milliarden Euro für die EU-Türkei-Flüchtlingsfazilität von der Europäischen Kommission verwaltet. Diese entscheide über einzelne Projekte und wähle die Durchführungsorganisationen aus. "Bei den zugesagten Mitteln handelt es sich nicht um pauschale Zahlungen an die türkische Regierung, vielmehr setzt die Europäische Kommission in Abstimmung mit der Türkei sukzessive Projekte um, die im Einklang mit den Zielen des EU-Türkei-Aktionsplans stehen." Seit März 2016 würden Projekte im Bereich der humanitären Grundversorgung und Schulbildung für Flüchtlinge in der Türkei finanziert. Projekte in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Infrastruktur, Lebensmittelversorgung und sonstige Lebenshaltungskosten sollen laut Antwort folgen.

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4. Beziehungen zwischen Ankara und Baku

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Die Bundesregierung verfügt nach eigenen Angaben über keine eigenen Erkenntnisse über die Umstände, die die gewaltsame Auseinandersetzung zwischen der Republik Armenien und der Republik Aserbaidschan Anfang April 2016 ausgelöst haben. "Diese Frage ist Gegenstand gegenseitiger Vorwürfe der Konfliktparteien", heißt es in der Antwort (18/6632) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/8173). Auch zu einer mutmaßlichen Rolle der Türkei verfüge man über keine eigenen Erkenntnisse.

Während zwischen Armenien und der Türkei keine diplomatischen Beziehungen bestehen würden, unterhalte die Türkei mit Aserbaidschan gute und mit dem Iran belastbare politische Beziehungen. Im Rahmen des aktuellen Konflikts um Bergkarabach habe der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan laut Medienberichten Aserbaidschan verbal Unterstützung zugesagt. Auf der anderen Seite bestünden zwischen Armenien und Iran bestehen traditionell gute Beziehungen, die sich nach Beobachtungen der Bundesregierung in den vergangenen Monaten intensiviert hätten.

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5. Vermittlungen im Bergkarabach-Konflikt

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Bei den Kampfhandlungen im Bergkarabach-Konflikt im April dieses Jahres sind nach Angaben der Konfliktparteien 152 Soldaten ums Leben gekommen, davon 68 Soldaten aus der Republik Aserbaidschan. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/8633) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/8389) weiter ausführt, seien "122 Soldaten aus den armenischen Streitkräfte beziehungsweise aus den 'Selbstverteidigungskräften' der sogenannten Republik Bergkarabach" verletzt worden. Zur Zahl der verletzten aserbaidschanischen Soldaten lägen keine Informationen vor. Eine Anfang April zwischen den Generalstabschefs beider Seiten vereinbarte Waffenruhe habe den Angaben zufolge zunächst nicht gehalten. Erst nach einem Treffen der Staatspräsidenten Mitte Mai in Wien habe sich die Lage der Kontaktlinie beruhigt.

Bei diesem Treffen Ko-Vorsitzländer der sogenannte Minsker Gruppe (Frankreich, Russland und die USA) auf Ebene der Außenminister mit den Staatspräsidenten von Armenien und Aserbaidschan hätten die Seiten sich unter anderem auf eine Erhöhung der Anzahl der Beobachter im Büro des Persönlichen Beauftragten des amtierenden OSZE-Vorsitzenden, Botschafter Andrzej Kasprzyk, verständigt, was ein häufigeres Monitoring an der Kontaktlinie erlauben würde. Im Rahmen des deutschen OSZE-Vorsitzes unterstützt die Bundesregierung das Sekretariat der OSZE in Wien bei der Umsetzung des Vorschlags.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 338 - 8. Juni 2016 - 09.30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juni 2016

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