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BUNDESTAG/5475: Heute im Bundestag Nr. 675 - 18.12.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 675
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 18. Dezember 2015, Redaktionsschluss: 13.12 Uhr

1. Rechtmäßigkeit von Drohnen als Waffen
2. Fortbildungen im dualen System
3. Grüne wollen Klimaforschung stärken
4. Herkunft soll nicht über Zukunft bestimmen
5. Insolvenzen von Lebensversicherungen


1. Rechtmäßigkeit von Drohnen als Waffen

1. Untersuchungsausschuss (NSA)/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Nach Ansicht des Völkerrechtsberaters der Bundesregierung ist deren Haltung zum Drohnenkrieg der USA weniger eine rechtliche als eine politische Frage. Im Auswärtigen Amt sei dafür deswegen auch nicht die von ihm geleitete Rechtsabteilung, sondern die Politische Abteilung zuständig, sagte Ministerialdirektor Michael Koch am Donnerstagabend in seiner Vernehmung durch den 1. Untersuchungsausschusses ("NSA"). Der 60-jährige Jurist war in jungen Jahren Assistent am Institut für Internationales Recht der Universität Kiel und gehört seit fast drei Jahrzehnten dem Auswärtigen Dienst an. Er war zwölf Jahre lang in verschiedenen Funktionen mit den Krisenstaaten Afghanistan und Pakistan befasst, unter anderem von 2008 bis 2012 als Botschafter in Islamabad.

Koch machte deutlich, dass ein politisches Motiv, nämlich die Rücksicht auf die Stimmung im eigenen Land, für die Bundesregierung ausschlaggebend ist, um sich für die Drohneneinsätze der USA zu interessieren und in diesem Zusammenhang für die Rolle des US-Luftwaffenstützpunkts im rheinland-pfälzischen Ramstein. Drohnen seien nun einmal als Waffentypus "in großen Teilen der Bevölkerung hoch umstritten". Aus diesem Grund sei die Bundesregierung, vertreten durch das Verteidigungsministerium, seit zwei Jahren darüber mit den USA "laufend im Gespräch". Dabei habe die Gegenseite wiederholt versichert, dass von Ramstein aus Drohnen "weder gesteuert noch geflogen" würden.

Völkerrechtlich verbindlich sei eine solche Erklärung nicht, räumte der Zeuge ein. Abgesehen davon habe die Bundesregierung aber auch keinen Anlass, an ihrem Wahrheitsgehalt zu zweifeln: "Wir haben keine Erkenntnis, dass das nicht so sei, insofern gehen wir davon aus, dass dieser Zusage so entsprochen wird." Auch das Verwaltungsgericht Köln habe in einem erstinstanzlichen Urteil in einem Verfahren wegen angeblicher deutscher Verwicklung in den Drohnenkrieg die Darstellung der US-Regierung als wahr unterstellt. Dies gelte auch, wenn Ramstein, wie kompetente Zeugen berichten, als Relaisstation zur Übermittlung von Daten aus dem Mittleren Osten und aus Afrika genutzt würde: "Wenn es eine Relaisstation gäbe, wäre das dennoch kompatibel mit der amerikanischen Zusage", die ja lediglich laute, dass von Ramstein aus Drohnen weder gesteuert noch geflogen würden.

Koch betonte, dass Drohnen als Waffentypus im Prinzip nicht völkerrechtswidrig seien. Sie unterlägen anders als Chemiewaffen, Streubomben oder Laser keiner Ächtung durch die Staatengemeinschaft. Die Drohne sei keine Waffe, die "bei bestimmungsmäßigen Gebrauch regelmäßig zu völkerrechtswidrigen Ergebnissen" führe. Die Rechtmäßigkeit von Drohnenattacken sei daher immer nur im Einzelfall zu beurteilen. Wenn der Einsatz im Rahmen eines bewaffneten Konflikts erfolge und sich nicht gegen illegitime Ziele wie Zivilisten richte, sei aus völkerrechtlicher Sicht nichts einzuwenden. Auch zivile Opfer seien hinzunehmen, wenn gemessen am militärischen Ziel die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibe.

Koch zitierte eine Stellungnahme des Generalbundesanwalts zum Tod des deutschen Staatsbürgers Bünyamin Erdogan, der im Oktober 2010 im Nordwesten Pakistans einer US-Drohne zum Opfer gefallen war. Demnach gab es in der Region einen bewaffneten Konflikt, an dem die USA berechtigt waren, teilzunehmen. Die beiden Opfer seien bewaffnete Freischärler, also legitime Ziele gewesen. Freilich, so Koch, gebe es keine verbindliche Definition des bewaffneten Konflikts: "Jeder Rechtsanwender stellt das selber für sich fest."

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2. Fortbildungen im dualen System

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/ROL) Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (18/7055) mit dem Ziel vorgelegt, durch Leistungsverbesserungen, durch die Erweiterung der Fördermöglichkeiten und durch strukturelle Modernisierungen im Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) berufliche Aufstiegsfortbildungen noch attraktiver zu machen. Mögliche Hemmschwellen bei der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit, der Vereinbarkeit von Fortbildung, Beruf und Familie oder der Finanzierung sollen dadurch abgebaut werden. So sollen noch mehr Menschen für anspruchsvolle Aufstiegsfortbildungen im dualen System beruflicher Bildung gewonnen werden. Zugleich soll ein wichtiger Beitrag zur Sicherung des Fach- und Führungskräftenachwuchses aus dem dualen System für Wirtschaft und Gesellschaft geleistet werden.

Die Durchlässigkeit aus der akademischen Bildung in die berufliche Aufstiegsfortbildung soll durch die Öffnung der AFBG-Förderung für Hochschulabsolventen mit einem Bachelorabschluss als höchstem Hochschulabschluss ausgebaut werden. Darüber hinaus soll durch den Gesetzentwurf die Gleichwertigkeit des beruflichen Qualifizierungsweges gestärkt werden.

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3. Grüne wollen Klimaforschung stärken

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Seit Jahrzehnten wird in Deutschland Klimaforschung auf internationalem Spitzenniveau betrieben. Eine führende Rolle beim Klimaschutz hat Deutschland dennoch längst eingebüßt. Das schreibt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (18/7048).

Damit Deutschland in der Klimapolitik wieder eine führende Rolle einnehmen könne, müsse es neben einer aktiven und wirkungsvollen Politik zur Minderung der Treibhausgasemissionen auch die Klimaforschung als zentralen Bestandteil der Klimapolitik und einer auf Nachhaltigkeit setzenden Forschungsstrategie ausbauen, fordert die Fraktion. Deutschland brauche deshalb ein eigenständiges Forschungsrahmenprogramm zur Klima- und Klimafolgenforschung, das ressortübergreifend alle Förderaktivitäten der Bundesregierung im Bereich der Klima- und Klimafolgenforschung miteinander verknüpft. Es soll Bereiche von offenem Forschungsbedarf identifizieren, um Wissenslücken zu schließen, Gegen-und Anpassungsstrategien entwickeln und dadurch Folgen beherrschbar machen.

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4. Herkunft soll nicht über Zukunft bestimmen

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert die Bundesregierung auf, eine bundesweite Bildungsoffensive zu starten, um für bessere Bildungschancen und mehr soziale Durchlässigkeit im deutschen Bildungssystem zu sorgen. Aufstieg durch Bildung bleibe für viele junge Menschen in Deutschland ein nicht eingelöstes Versprechen. Dies zeigten auch der jüngst vorgestellte OECD-Bericht "Bildung auf einen Blick", der Nationale Bildungsbericht 2014 sowie die Bildungsgipfelbilanz des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), schreiben die Grünen in einem Antrag (18/7049).

Bildungsungerechtigkeit sei nach wie vor die Schwachstelle des deutschen Bildungssystems. Der so genannte Integrationsindikatorenbericht der Bundesregierung zeige, dass dabei nicht der Migrationshintergrund, sondern der soziale Status und die Sprachkompetenz die entscheidenden Faktoren seien. Weil niedriger sozialer Status, eine unzureichende Sprachkompetenz und ein Migrationshintergrund oft miteinander einhergingen, seien starke Bildungsinstitutionen vor allem für Kinder und Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte wichtig. Deshalb soll nach Ansicht der Grünen die Sprachbildung stärker unterstützt werden und in allen Bildungsphasen verankert werden.

Gut ein Drittel der unter 6-Jährigen in Deutschland habe eine Zuwanderungsgeschichte, in manchen Regionen heute auch schon die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen. Die deutschen Bildungsinstitutionen bildeten Querschnitt aber nicht ab, weder darin, wer unterrichte, noch wie oder was unterrichtet werde, schreiben die Grünen. Oft falle die Sprachbildung nach der Grundschule weg, dabei sei sie für das Entwickeln der Fachsprache bis in die Berufsschule und die Hochschule hinein wichtig. Oft fehle zudem die Förderung der Herkunftssprache. Interkulturelle Bildung für alle sei noch längst nicht verwirklicht. Sprache sei mehr als der Schlüssel zur Bildung. Sie sei Ausdruck von Denken, sozialem Miteinander und von Kultur. Um die Vielfalt der Gesellschaft auch in Kita, Schule, Berufsschule und an den Hochschulen besser als bisher abzubilden, sollen Menschen mit Migrationshintergrund als Kulturmittler gezielt für die pädagogischen Berufe geworben werden.

Alle Bildungseinrichtungen müssten dabei unterstützt werden, nicht nur Institutionen der, sondern auch Institutionen für die Einwanderungsgesellschaft zu sein. Bildungspolitik komme die Aufgabe zu, die Kompetenz der Teams an Kitas und Schulen zu stärken, damit sie mit den unterschiedlichen Lebensrealitäten und Bedürfnissen der ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen besser umgehen können.

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5. Insolvenzen von Lebensversicherungen

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Um Kürzungen von Ansprüchen von Lebensversicherten geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/6964). Die Bundesregierung soll angeben, ob Ansprüche der Kunden nach Übertragung der Versicherungen auf den Sicherungsfonds unter bestimmten Bedingungen um fünf Prozent oder mehr gekürzt werden können. Gefragt wird auch, ob die Versicherungen die Kunden vor Vertragsabschluss auf die Möglichkeit von Kürzungen hinweisen müssen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 675 - 18. Dezember 2015 - 13.12 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Dezember 2015

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