Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


BUNDESTAG/5424: Heute im Bundestag Nr. 624 - 26.11.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 624
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 26. November 2015, Redaktionsschluss: 14.43 Uhr

1. Flüchtlingsamt half BND
2. WLAN-Angebote werden erleichtert
3. Möglichkeiten zum Energiesparen
4. Förderung von Kohleprojekten
5. Bundesrat hält an KWK-Ziel fest
6. Mittel für jüdische Verfolgte


1. Flüchtlingsamt half BND
1. Untersuchungsausschuss (NSA)/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Eine leitende Mitarbeiterin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat dem 1. Untersuchungsausschuss ("NSA") über die Kooperation ihrer Behörde mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) berichtet. Nach ihrer Schätzung habe das Bundesamt dem Geheimdienst jährlich etwa 300 bis 400 Asylbewerber zur Befragung vermittelt, sagte Renate Leistner-Rocca in ihrer Vernehmung am Donnerstag. Die 62-jährige Juristin ist nach eigenen Angaben seit drei Jahrzehnten in der Nürnberger Behörde tätig und leitete dort von 2002 bis 2013 die Gruppe 43, zuständig für Querschnittsaufgaben und Sicherheitsfragen. Heute steht sie an der Spitze des Forschungzentrums des BAMF. Der BND unterhielt bis zum Sommer 2014 eine getarnte "Hauptstelle für das Befragungswesen" (HBW), deren Aufgabe es war, Asylbewerber nach nachrichtendienstlich verwertbaren Informationen aus ihren Heimatländern auszuforschen. In der HBW arbeiteten deutsche Geheimdienstler mit Agenten der Defense Intelligence Agency (DIA), des Militärgeheimdienstes der USA, zusammen. Wie die letzte Leiterin der HBW dem Ausschuss vor einigen Wochen berichtete, kam es dabei gelegentlich auch vor, dass DIA-Agenten allein, ohne Anwesenheit eines deutschen Kollegen, Flüchtlinge befragten. Dass Mitarbeiter eines ausländischen Nachrichtendienstes bei den Befragungen zugegen waren, geschweige denn, dass sie dabei gelegentlich sogar allei n agierten, davon habe sie keine Ahnung gehabt, betonte die Zeugin. Den Entscheidern in den Außenstellen des BAMF lag ein zwei- bis dreiseitiger, in Stichworten kurz gefasster Kriterienkatalog des BND vor. Wenn in der Anhörung eines Flüchtlings Begriffe aus diesem Katalog fielen, etwa zu Themen wie Drogenhandel, Terrorismus, Organisierter Kriminalität, schickte der Sachbearbeiter das Anhörungsprotokoll an das Sicherheitsreferat in Nürnberg, das der von Leistner-Rocca geführten Gruppe unterstellt war. Dort seien die Unterlagen geprüft und, wenn sich Hinweise auf nachrichtendienstlich relevante Aspekte erhärteten, der Kontaktperson des BND beim BAMF übergeben worden. Ihre Behörde habe der HBW dann vier Wochen eingeräumt, um zu entscheiden, ob ein Flüchtling für sie von Interesse war. In dieser Zeit habe das jeweilige Asylverfahren geruht, sagte Leistner-Rocca. Die Zeugin betonte, dass die HBW in keinem Fall Einfluss auf den Verlauf eines Asylverfahrens genommen habe. Gelegentlich hätten die Geheimdienstler Ungeduld geäußerte, wenn das Verfahren eines Bewerbers, an dem sie interessiert waren, sich in die Länge zog. Ihre eiserne Devise sei jedoch gewesen. "Erst müssen wir anhören." Das BAMF habe zum Teil ja auch andere Prioritäten gehabt: "Die HBW musste sich gedulden." Neben dem Kriterienkatalog habe es als Grundlage für die Kandidatenauswahl auch die sogenannten "Montagslisten" gegeben. Dabei habe es sich um ein Verzeichnis angehörter Asylbewerber aus bestimmten, den Geheimdienst besonders interessierenden Herkunftsländern gehandelt. Das Statistikreferat habe die Listen jeweils zu Wochenbeginn aktualisiert, daher der Name. Als Rechtsgrundlage der Kooperation nannte die Zeugin Paragraph 8, Absatz 3 des BND-Gesetzes, das den Geheimdienst ermächtige, von anderen Behörden auch personenbezogene Auskünfte einzuholen, und diese Behörden zugleich verpflichte, die Auskünfte zu gewähren. Dass Thema sei im BAMF mehrfach zur Sprache gekommen, aber immer mit dem Ergebnis, dass die Datenübermittlung "rechtlich einwandfrei" sei, betonte Leistner-Rocca.

*

2. WLAN-Angebote werden erleichtert

Wirtschaft und Energie/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/HLE) Der Zugang zum Internet über Funknetze (WLAN) soll in Zukunft einfacher angeboten werden können. Die Bundesregierung hat dazu den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes (18/6745) eingebracht. Die Regierung will mit der Änderung die Voraussetzungen schaffen, dass mobiles Internet über WLAN für jeden verfügbar ist. Bisher sei das Angebot von WLAN in Deutschland weniger ausgeprägt als in anderen Ländern, schreibt die Bundesregierung. Grund hierfür sei das Haftungsrisiko, dem Betriebe, Cafes, Restaurants, Hotels, Einzelhändler, aber auch öffentliche Einrichtungen ausgesetzt seien. Denn die Kunden könnten über den Hotspot zum Beispiel Rechtsverletzungen (Verstöße gegen Urheberrecht durch zum Beispiel illegale Downloads) begehen. WLAN-Betreiber würden Gefahr laufen, insbesondere mit Abmahnungen von Urheberrechteinhabern konfrontiert zu werden. Die Rechteinhaber würden sich besonders auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs stützen, aufgrund dessen der Endnutzer für Rechtsverletzungen Dritter als Störer verantwortlich ist, wenn er seinen WLAN-Zugang nicht gegen Nutzung durch Dritte sichert. Das Urteil habe zu einer starken Verunsicherung und in vielen Fällen zum Verzicht auf WLAN-Angebote geführt. Jetzt wird klargestellt, dass WLAN-Betreiber Zugangsanbieter im Sinne von Paragraf 8 des Telemediengesetzes sind. Diese Anbieter sind für den Inhalt übermittelter fremder Informationen nicht verantwortlich. "Daneben wird der bereits von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz kodifiziert, dass WLAN-Anschlussinhaber nicht als Störer haften, wenn sie zumutbare Pflichten erfüllt haben, um Rechtsverletzungen zu verhindern", schreibt die Bundesregierung in der Begründung. Diese zumutbaren Pflichten sind nach dem Gesetzentwurf insbesondere dann erfüllt, "wenn der Diensteanbieter 1. angemessene Sicherungsmaßnahmen gegen den unberechtigten Zugriff auf das drahtlose Netzwerk ergriffen hat und 2. Zugang zum Internet nur dem Nutzer gewährt, der erklärt hat, im Rahmen der Nutzung keine Rechtsverletzungen zu begehen". Die im Gesetz genannten Vorgaben seien von den WLAN-Betreibern in der Regel erfüllbar, teilt die Regierung mit. Außerdem soll mit der Änderung klargestellt werden, dass sich Betreiber von Plattformen (Host-Provider) deren Geschäftsmodell im Wesentlichen auf der Verletzung von Urheberrechten beruht, nicht auf das Haftungsprivileg für Host-Provider berufen können. Nach EU-Recht haftet ein Host-Provider nicht, wenn er "keine tatsächliche Kenntnis" von der Rechtsverletzung durch Nutzer hat. Von Kenntnis sei insbesondere dann auszugehen, wenn das Geschäftsmodell weit überwiegend auf der Verletzung von Urheberrechten aufbaue. Der Bundesrat verlangt in seiner Stellungnahme unter anderem klarstellende Formulierungen zum Haftungsausschluss von WLAN-Betreibern wegen illegaler Downloads durch Nutzer der Zugänge. Der Gesetzentwurf bringe keine Verbesserung zur jetzigen Rechtslage, kritisieren die Länder. Die Bundesregierung bestreitet dies in ihrer Gegenäußerung.

*

3. Möglichkeiten zum Energiesparen

Wirtschaft und Energie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Was die Bundesregierung unternimmt, um die Energieversorgung einkommensschwacher Haushalte zu sichern und ihnen Energiesparmöglichkeiten aufzuzeigen, will die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (18/6728) wissen. Die Bundesregierung soll angeben, wie stark die Strompreise in den Grundversorgungstarifen in den vergangenen zehn Jahren gestiegen sind und wie es mit Beratungsangeboten zum Einsparen von Energie aussieht. In der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage stellen die Abgeordneten fest, der beste Schutz gegen hohe Strom- und Heizkostenabrechnungen sei ein geringer Energieverbrauch.

*

4. Förderung von Kohleprojekten

Wirtschaft und Energie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Nach der Förderung von internationalen Kohleprojekten erkundigt sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (18/6636). So soll die Bundesregierung mitteilen, für welche Projekte Anfragen, Voranfragen oder Anträge auf Bürgschaften für Kohlekraftwerke, Kohleminen oder Kohleinfrastruktur abgelehnt, zurückgezogen oder bewilligt worden sind. Weiter wird danach gefragt, an welchen Projekten die staatliche KfW mitwirkt.

*

5. Bundesrat hält an KWK-Ziel fest

Wirtschaft und Energie/Unterrichtung

Berlin: (hib/HLE) Der Bundesrat hat die Bundesregierung aufgefordert, am bisherigen Ausbauziel der Kraft-Wärme-Kopplung festzuhalten. In der von der Bundesregierung als Unterrichtung (18/6746) vorgelegten Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (18/6419) heißt es, es müsse beim Ausbauziel von 25 Prozent KWK an der gesamten Nettostromerzeugung bleiben. Der von der Bundesregierung genannte Wert von 25 Prozent KWK an der regelbaren Stromerzeugung würde bedeuten, "dass praktisch kein Ausbauspielraum für die Kraft-Wärme-Kopplung mehr verbleibt". Auch die von der Bundesregierung geplante Schlechterstellung der Förderung von selbst erzeugtem KWK-Strom will der Bundesrat nicht akzeptieren. Die geplante Förderung gasbetriebener KWK-Anlagen soll nach dem Willen der Länder zwei Cent pro Kilowattstunde betragen. Die Bundesregierung hat 1,5 Cent pro Kilowattstunde vorgesehen. Die Bundesregierung schreibt in ihrer Gegenäußerung, sie wolle statt dessen an dem Ausbauziel von 25 Prozent KWK an der regelbaren Stromerzeugung festhalten. Damit werde das Verhältnis der KWK-Stromerzeugung auf Basis erneuerbarer Energien wie auch zur übrigen konventionellen Erzeugung geklärt. Den meisten anderen Vorschlägen der Länder werden abgelehnt.

*

6. Mittel für jüdische Verfolgte

Finanzen/Unterrichtung

Berlin: (hib/HLE) Aufgrund eines zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und der Jewish Claims Conference 1992 geschlossenen und 2012 neu gefassten Abkommens sind bisher rund 866 Millionen Euro an die Jewish Claims Conference gezahlt worden. Wie die Bundesregierung in einer Unterrichtung (18/6735) mitteilt, kommen die bereitgestellten Mittel jüdischen Verfolgten des NS-Regimes zugute. Die Verteilung der von der deutschen Seite zur Verfügung gestellten Mittel sei der Jewish Claims Conference übertragen worden.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 624 - 26. November 2015 - 14.43 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. November 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang