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BUNDESTAG/5238: Heute im Bundestag Nr. 438 - 07.09.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 438
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 07. September 2015, Redaktionsschluss: 11.55 Uhr

1. Anhörung zur Pflegereform Teil zwei
2. Sichere Entsorgung von Atommüll
3. Politische Bedeutung im Fall Netzpolitik
4. Regierung verteidigt Vergabeverfahren


1. Anhörung zur Pflegereform Teil zwei

Gesundheit/Ausschuss

Berlin: (hib/PK) Zum Entwurf des sogenannten zweiten Pflegestärkungsgesetzes soll es am 30. September im Bundestag eine öffentliche Expertenanhörung geben. Einen entsprechenden Beschluss fasste am Montag der Gesundheitsausschuss in Berlin in einer Sondersitzung vorbehaltlich der Überweisung der Gesetzesvorlage durch das Parlament.

Im vergangenen Jahr hatte der Bundestag bereits den ersten Teil der Pflegereform mit umfassenden Leistungsverbesserungen gebilligt. Im zweiten Teil der Reform geht es vor allem um den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff.

Künftig soll die Pflegebedürftigkeit genauer ermittelt werden können, unabhängig davon, ob Pflegebedürftige körperliche Einschränkungen haben oder unter Demenz leiden. Dazu werden die bisher drei Pflegestufen zu fünf Pflegegraden ausgebaut. Mit bis zu 500.000 neuen Anspruchsberechtigten wird in den nächsten Jahren gerechnet.

Finanziert wird die Reform durch eine Anhebung des Pflegeversicherungsbeitrags um weitere 0,2 Prozentpunkte auf 2,55 Prozent (2,8 Prozent für Kinderlose) zum Jahresbeginn 2017. Dann sollen insgesamt fünf Milliarden Euro zusätzlich für die Pflege bereitstehen.

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2. Sichere Entsorgung von Atommüll

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/JOH) Die Bundesregierung will die im Juli 2011 von der Europäischen Union beschlossene Richtlinie für die verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle umsetzen. Dafür will sie das Atomgesetz durch Vorschriften ergänzen, die der Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie dienen, heißt es in einem entsprechenden Gesetzentwurf (18/5865). Unter anderem würden gesetzliche Regelungen zur Aufstellung des Nationalen Entsorgungsprogramms aufgenommen. Außerdem solle für die Betreiber von Atomanlagen eine Pflicht zur regelmäßigen Sicherheitsüberprüfung eingeführt werden.

Das Nationale Entsorgungsprogramm (NaPro) wurde nach den Vorgaben der Richtlinie erstmals erstellt und am 12. August 2015 vom Bundeskabinett beschlossen. Darin festgelegt ist die deutsche Strategie für die sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle. Wegen der laufenden Beratungen der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe ("Endlager-Kommission") steht das Programm jedoch explizit unter Revisionsvorbehalt.

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3. Politische Bedeutung im Fall Netzpolitik

Recht und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/SCR) Nach Ansicht der Bundesregierung haben die inzwischen eingestellten Ermittlungen gegen zwei Journalisten des Blogs Netzpolitik.org wegen Landesverrats erst durch die Diskussion in den Medien "politische Bedeutung" erlangt. Dies geht aus einer Antwort (18/5859) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/5739) hervor. Die Abgeordneten hatten unter anderem Auskunft darüber verlangt, wann und wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) über die Strafanzeigen des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) informiert wurde. Anlass für die insgesamt drei Strafanzeigen gegen unbekannt waren Veröffentlichungen von als Verschlusssachen eingestuften Dokumente auf Netzpolitik.org und in der "Süddeutschen Zeitung" (SZ).

Laut Darstellung der Bundesregierung ist der Minister erst nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen die beiden Journalisten Ende Juli über den Vorgang informiert worden. In Hinblick auf die Veröffentlichung bei Netzpolitik.org vom 25. Februar 2015 und 15. April 2015 habe das BfV jeweils die zuständige Fachabteilung und die Sicherheitsstaatssekretärin des Bundesinnenministeriums (BMI) über die Absicht informiert, Anzeige zu stellen. Über die am 9. Juni 2015 eingereichte Anzeige gegen unbekannt im Zuge einer Veröffentlichung in der SZ sei die Sicherheitsstaatssekretärin am 16. Juni informiert worden.

Zur Einordnung der Anzeigen vor dem Bekanntwerden der Ermittlungen schreibt die Bundesregierung, dass Gegenstand der Unterrichtungen an das BMI die Absicht gewesen sei, "einen offenkundig strafbaren Sachverhalt (Weitergabe von Verschlusssachen an Medien) zur Anzeige zu bringen und dadurch die Strafverfolgungsbehörden in der rechtsstaatlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben, die unabhängig von der Anzeige bestehen, zu unterstützen". Weiter heißt es, die "gebotene Strafverfolgung des Täters beziehungsweise der Täter hat erst durch die Mediendiskussion eine politische Bedeutung erlangt, die zudem eine Unterrichtung des Ministers persönlich veranlasste".

Das Bundeskanzleramt sei weder von den Beteiligten im BMI noch im Bundesjustizministerium in der Angelegenheit kontaktiert worden. In Hinblick auf die von den Grünen-Abgeordneten aufgeworfene Frage, ob dies aufgrund der politischen Bedeutsamkeit der Angelegenheit nicht gemäß Gemeinsamer Geschäftsordnung der Bundesministerien hätte geschehen müssen, verweist die Bundesregierung darauf, dass die Einschätzung der Bedeutsamkeit im Einzelfall den Ministerien obliege. Mitarbeiter des Bundeskanzleramts seien am 21. April "am Rande einer Besprechung" vom Präsidenten des BfV über die ersten beiden Anzeigen in "allgemeiner Form" informiert worden. Weitere Einzelheiten über den Gesamtvorgang seien dem Bundeskanzleramt vor den Presseveröffentlichungen vom 30. Juli 2015 nicht bekannt gewesen.

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4. Regierung verteidigt Vergabeverfahren

Gesundheit/Antwort

Berlin: (hib/PK) Die Bundesregierung kann bei der Vergabe für die gesetzliche Patientenberatung keine Verfahrensfehler erkennen. Wie und in welchem Stadium des Vergabeverfahrens der wissenschaftliche Beirat zu beteiligen ist, sei nicht gesetzlich vorgeschrieben. Im aktuellen Vergabeverfahren sei der Beirat frühzeitig eingebunden gewesen. Ein Verfahrensfehler sei somit nicht festzustellen, heißt es in der Antwort (18/5857) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (18/5753) der Fraktion Die Linke.

Nach Darstellung der Linksfraktion haben Mitglieder des Beirats der Unabhängigen Patientenberatung Deutschlands (UPD) das Verfahren kritisiert und seien "entsetzt" über die Entscheidung, die erfolgreiche Arbeit der UPD zu beenden. Die Professoren hätten dargelegt, dass nach ihrer Ansicht die Vergabe des Auftrags an das Callcenter-Unternehmen Sanvartis eine Fehlentscheidung sei.

Seit 2006 erbringt die gemeinnützige Gesellschaft UPD, eine Bietergemeinschaft aus Sozial- und Verbraucherverbänden, an 21 regionalen Stationen in Deutschland den kostenlosen Beratungsservice. Das Angebot wird so intensiv genutzt, dass die Regierung eine Ausweitung der Leistung beschlossen hat. Die Förderphase wurde gesetzlich von fünf auf sieben Jahre verlängert, die Fördermittel von 5,2 auf neun Millionen Euro jährlich erhöht.

Die aktuelle Förderphase endet am 31. Dezember 2015. Wer den Zuschlag für die insgesamt 63 Millionen Euro in der neuen Förderperiode ab 2016 bekommt, ist angeblich noch nicht entschieden. Vergeben werden die Fördermittel vom GKV-Spitzenverband im Einvernehmen mit dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung.

In der Presse war gemutmaßt worden, die Firma Sanvartis, die in Duisburg ein Callcenter betreibt, könnte den Zuschlag erhalten. Das wird von Gesundheitsexperten kritisch gesehen, da die Firma offenkundig auch Aufträge von Krankenkassen und Pharmakonzernen bekommt. Eine unabhängige Beratung von Patienten wäre so nicht gewährleistet, hieß es.

Wie es in der Antwort weiter heißt, war der Patientenbeauftragte umfassend über die vom Beirat vorgebrachten Hinweise und Argumente informiert. Dem Patientenbeauftragten sei es im gesamten Verfahren wichtig gewesen, die Expertise des Beirats einzubeziehen. Die finalen Angebote aus der Ausschreibung seien dem Beirat nicht zur weitergehenden Lektüre überlassen worden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 438 - 7. September 2015 - 11.55 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. September 2015

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