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BUNDESTAG/5144: Heute im Bundestag Nr. 345 - 01.07.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 345
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 01. Juli 2015, Redaktionsschluss: 17.12 Uhr

1. Lage von Flüchtlingen in Griechenland
2. Umfassende Sicherheit für Industrie 4.0
3. Lob für Entwurf zur Bankenabwicklung
4. Mehr Qualität in Krankenhäusern
5. Nachrichtendienste und Privatwirtschaft
6. Beschaffung von Kampfdrohnen


1. Lage von Flüchtlingen in Griechenland

Menschenrechte/Sitzung

Berlin: (hib/JOH) Seit Jahresbeginn sind rund 60.000 Flüchtlinge über das östliche Mittelmeer nach Griechenland gekommen, zehn Mal mehr als im Vorjahreszeitraum. Ihre Situation sei ernst, berichtete ein Vertreter des Auswärtigen Amtes am Mittwochnachmittag im Menschenrechtsausschuss. So gebe es auf den Inseln, auf denen die meisten Flüchtlinge das Land erreichten, keine oder nur unzureichend ausgestattete Aufnahmeeinrichtungen. Die drei existierenden Aufnahmelager seien nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfwerks überfüllt, es fehle an Wasser und Nahrungsmitteln. Aufgrund der schwierigen humanitären Lage vor Ort schicke Deutschland weiterhin keine Flüchtlinge nach Griechenland zurück. An dem Befund des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2011, dass in Griechenland die Einhaltung der Grundrechte nicht gewährleistet sei, habe sich nichts geändert.

Das Land benötige dringend Unterstützung, betonte der Regierungsvertreter. Die neue Regierung in Athen habe zwar angekündigt, die Auffanglager zu schließen und dezentrale, offene Lager für Flüchtlinge einzurichten, jedoch gestalte sich die Umsetzung schwierig. So seien zugesagte EU-Mittel in Höhe von 400 Millionen Euro bisher nicht abgerufen worden. Sie sollen von 2014 bis 2020 fließen, um ein Asylsystem nach europäischen Standards aufzubauen. Auf Nachfrage von Abgeordneten der SPD und Linksfraktion erklärte der Regierungsvertreter, die Ursache dafür sei nicht politischer Natur. Verantwortlich seien vielmehr mangelhafte administrative Strukturen und fehlende Erfahrungen beim Abrufen von Fördergeldern.

Eine Abgeordnete der Linksfraktion wies darauf hin, dass der Beauftragte der Bundesregierung für Griechenland, Hans-Joachim Fuchtel (CDU), sich seit längerem für den Aufbau entsprechender Strukturen einsetze. Es sei wichtig, die Ergebnisse dieser Bemühungen zu evaluieren. Ein Vertreter der Grünen-Fraktion erinnerte daran, dass die regierende Syriza-Partei im Wahlkampf Verbesserungen in der Asylpolitik versprochen habe. Ihr Koalitionspartner Anel hingegen habe Forderungen aufgestellt, die eher eine Verschlechterung der Lage von Flüchtlingen zur Folge hätten. Die Frage sei jetzt, welchen Weg die Koalition einschlage.

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2. Umfassende Sicherheit für Industrie 4.0

Ausschuss Digitale Agenda/Sitzung

Berlin: (hib/HAU) Ein funktionierendes Konzept der umfassenden Sicherheit ist Voraussetzung für den Erfolg von Industrie 4.0. Das machte Professor Peter Liggesmeyer, Leiter des Frauenhofer-Instituts für Experimentelles Software Engineering und Präsident der Gesellschaft für Informatik am Mittwoch vor dem Ausschuss Digitale Agenda deutlich. Bislang seien die Datensicherheit (Security) - der Schutz der Systeme vor Personen, wie etwa Hackern und die Betriebssicherheit (Safety) - also die Gefahr der Bedrohung der Menschen durch System völlig getrennt geregelt, sagte Liggesmeyer. "Sowohl Safety-Analytik als auch Security-Analytik funktionieren für sich genommen in Deutschland sehr gut", so der Experte. Die jeweiligen Lösungen passten jedoch nicht zusammen. "Das muss anders werden", forderte er.

Der Präsident der Gesellschaft für Informatik (GI) stellte den Abgeordneten die Handlungsempfehlungen der auf Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und unter Mitwirkung der GI gekürten "digitalen Köpfe Deutschlands" vor. Kernpunkt dessen ist nach Ansicht des IT-Experten das Konzept der umfassenden Sicherheit. "Gerade für Deutschland mit seiner Autoindustrie sowie dem Maschinen und Anlagenbau ist umfassende Sicherheit sehr wichtig", sagte Liggesmeyer und verwies dazu auf das Thema des autonomen Fahrens. Die Idee von Industrie 4.0 erlaube es nicht, Daten und Anlagen abzuschotten. Dadurch seien diese jedoch auch von außen angreifbar.

Daher lautete das Fazit des Experten: "Reiner Datenzugriffsschutz war gestern. Die Zukunft gehört der Datennutzungskontrolle." Gebraucht würden intelligente Konzepte, "die die Daten schützen, zugleich aber Geschäfte mit der Nutzung der Daten nicht ad absurdum führen". Umfassende Sicherheit sei daher das neue zentrale Thema für die digitalisierte Wirtschaft. "Wir bekommen die Daten aus den Produktionsprozessen nicht mehr heraus und deshalb müssen wir sie in unsere Analysen inkludieren und brauchen dafür integrierte Lösungen", sagte er. Beherrsche man die umfassende Sicherheit, so der Präsident der Gesellschaft für Informatik, könne man die gefunden Lösungen auch international anbieten. Nicht zuletzt deshalb sei eine Trennung von Safety und Security in Förderprogrammen nicht zielführend, befand er.

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3. Lob für Entwurf zur Bankenabwicklung

Finanzen/Anhörung

Berlin: (hib/FLA) Die hochkomplexe Neujustierung des nationalen Räderwerks bei der Abwicklung maroder Banken nach den aktuellen EU-Vorgaben ist der Bundesregierung offenbar weitgehend gelungen. Jedenfalls bekam der entsprechende Gesetzentwurf zum Abwicklungsmechanismusgesetz (18/5009) bei einigen kritischen Anmerkungen überwiegend gute Noten, als heute Sachverständige bei einer öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss dazu Stellung nahmen.

Der Entwurf sei "durchweg zu begrüßen", befand etwa die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bei der Sitzung unter Vorsitzend von Ingrid Arndt-Brauer (SPD). Die Regelungen würden "mit dazu beitragen, den Bankensektor weiter zu stärken und die Finanzmarktstabilität zu sichern". Und die Deutsche Bundesbank versicherte, dass sie die Zielsetzung des Gesetzentwurfs "unterstützt".

Bei der Umsetzung in deutsches Recht sind das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, das Restrukturierungsfondsgesetz, das Pfandbriefgesetz und das Kreditwesengesetz betroffen. Die sogenannte SRM-Verordnung (Single Resolution Mechanism - SRM) der EU vom 15. Juli 2014 legt einheitliche Vorschriften und ein einheitliches Verfahren für die Abwicklung von Banken und bestimmten Wertpapierfirmen fest. Sie schafft einen einheitlichen Abwicklungsmechanismus, in dem die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) als nationale Abwicklungsbehörde einbezogen ist.

Die frühere BaFin-Chefin Elke König rief den Ausgangspunkt in Erinnerung: "Seit dem Beginn der Finanzkrise 2008 wurde ein langer Weg zurückgelegt, hin zum Aufbau eines robusten Bankabwicklungsregimes mit dem Ziel, das "too-big-to-fail" und steuerfinanzierte Bankenrettung zu verhindern." König hat dabei inzwischen eine Schlüsselrolle übernommen. Sie leitet jetzt auf europäischer Ebene den "einheitlichen Ausschuss zur Abwicklung" (Single Resolution Board - SRB) in Brüssel. Er ist das zentrale Entscheidungsgremium.

Der Ausschuss wird auch für die Verwaltung des einheitlichen Abwicklungsfonds zuständig sein. Bis zum 1. Januar 2024 sollen dazu von Geldinstituten in den 18 Staaten der Euro-Zone 55 Milliarden Euro eingesammelt werden. Dessen Ausstattung werde indes zunächst noch "sehr übersichtlich" sein, merkte König an - deutlich zu wenig, um eine Abwicklung vornehmen zu können. Wobei sie die "äußerste Hoffnung" hege, "den Fonds nie benutzen zu müssen".

Sie verwies darauf, dass "Elemente des Rechtsrahmens, wie zum Beispiel das Insolvenzrecht, große Unterschiede in den Mitgliedsstaaten aufweisen und eine einheitliche europäische Lösung unter Umständen erschweren oder sogar zu Abwicklungshindernissen führen können". Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung maß sie zu, er könne die Diskussion "anregen", wie denn weitere nationale Ansätze unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten ausgestaltet werden können.

Der größte Teil der Erörterungen bezog sich auf die Beteiligung von Gläubigern, wenn ihre Bank in Schieflage gerät ("Bail-in"). Europaweit einheitliche Regelungen gibt es nicht, wie deutlich wurde. Allerdings handelt es sich offenkundig um eine zentrale Frage, wenn es darum geht, dass nicht länger der Steuerzahler die Abwicklung einer Bank finanziert. Die Experten vertraten zum möglichen Vorgehen unterschiedliche Ansichten.

Im Detail wurden bei der Anhörung weitere Einwände laut. So wies der Bundesrechnungshof darauf hin, dass er nicht mehr Maßnahmen prüfen kann, wenn künftig deutsche Kreditinstitute Hilfen aus dem europäischen Abwicklungsfonds benötigten. Auch dem Europäischen Rechnungshof sei es, bis auf die Betrugsbekämpfung, nicht möglich, bei Kreditinstituten vor Ort zu prüfen. Fazit: "Dies stellt eine Verschlechterung der Rechtslage dar."

Die Europäische Zentralbank mahnte: Nationale Gesetze sollten "möglichst nicht in das Ermessen der Aufsichtsbehörden eingreifen, die das Unionsrecht diesen vorbehält, auch wenn dies in der Vergangenheit in das den alleinigen Zuständigkeitsbereich der nationalen Aufsichtsbehörden fiel".

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4. Mehr Qualität in Krankenhäusern

Gesundheit/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/PK) Die rund 2.000 Krankenhäuser in Deutschland sollen künftig mehr Behandlungsqualität und Versorgungssicherheit bieten. Darauf zielt der Entwurf für ein Krankenhausstrukturgesetz (18/5372), das zur Beratung in den Bundestag eingebracht worden ist. Angesichts der demografischen und regionalen Veränderungen sowie des medizinisch-technischen Fortschritts müssten die Rahmenbedingungen für die Kliniken weiterentwickelt werden, heißt es in der Begründung des Gesetzes, das am 1. Januar 2016 in Kraft treten soll.

Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe hatte im Dezember 2014 Eckpunkte für eine Reform der Kliniken vorgelegt. Die Vorschläge würden mit dem Gesetz nun umgesetzt. Demnach setzen sich Bund und Länder für eine Weiterentwicklung der Qualitätsstandards und für eine nachhaltige Sicherung der Betriebskostenfinanzierung der Kliniken ein.

Qualität wird als zentrales Kriterium bei der Krankenhausplanung eingeführt. Auch die Krankenhausvergütung soll sich künftig an Qualitätsaspekten orientieren. So werden Zuschläge gewährt für gute Qualität, Abschläge drohen hingegen bei Qualitätsmängeln. Die Qualitätsberichte der Kliniken sollen für Patienten zugänglicher und verständlicher werden, damit sie sich selbst ein Urteil bilden können über die Leistungsfähigkeit einer Klinik.

Auch die Pflege in der Klinik soll sich verbessern. Aufgelegt wird ein Förderprogramm für Pflegestellen im Volumen von insgesamt bis zu 660 Millionen Euro in den Jahren 2016 bis 2018. Ab 2019 sollen dauerhaft 330 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung stehen. Auf diese Weise werden laut Bundesregierung voraussichtlich 6.350 neue Stellen geschaffen, die nur der "Pflege am Bett" dienen.

Bei der Krankenhausfinanzierung werden die Bedingungen für die Anwendung von Sicherstellungszuschlägen präzisiert. Kliniken, die an der stationären Notfallversorgung teilnehmen, erhalten Zuschläge, wer nicht daran teilnimmt, muss Abschläge hinnehmen. Zudem wird der Investitionsabschlag für Kliniken bei der ambulanten Vergütung von zehn auf fünf Prozent halbiert. Geplant ist überdies eine verbesserte Mengensteuerung.

Um den für die Krankenhausplanung und Investitionen zuständigen Bundesländern mehr Mittel an die Hand zu geben, wird ein Strukturfonds in Höhe von 500 Millionen Euro aufgelegt, gespeist aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. Die Länder sollen einen Beitrag in gleicher Höhe beisteuern, sodass insgesamt eine Milliarde Euro für Umstrukturierungen zur Verfügung stünden. Die Mittel sollen zum Abbau von Überkapazitäten und zur Konzentration von Versorgungsangeboten genutzt werden und kommen den Krankenhäusern zusätzlich zur Investitionsförderung zugute.

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5. Nachrichtendienste und Privatwirtschaft

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) haben seit dem Jahr 2000 keine Privatfirmen, die mit nachrichtendienstlichen Techniken und Methoden Informationsgewinnung betreiben oder betrieben haben, mit Staatsaufträgen beschäftigt. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (18/5141) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/4926) hervor.

Darin erkundigten sich die Abgeordneten unter anderem auch danach, ob vom BFV, BSI oder Bundesnachrichtendienst (BND) beziehungsweise von den verantwortliche Ministerien und dem Kanzleramt Aufträge an staatliche oder private Universitäten, an Institute oder an so genannte Denkfabriken vergeben wurden "mit dem Ziel der Entwicklung oder Verbesserung von Techniken, Methoden und/oder Programmen, mit denen eine geheim- beziehungsweise nachrichtendienstliche Informationsgewinnung - auch in Bezug auf Personendaten - möglich ist". Dies bejaht die Regierung in ihrer Antwort "für den BND".

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6. Beschaffung von Kampfdrohnen

Verteidigung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Die Linke verlangt Auskunft über eine mögliche Beschaffung von bewaffnungsfähigen Drohnen für die Bundeswehr. In einer Kleinen Anfrage (18/5309) will sie unter anderem wissen, welche Stellen im Verteidigungsministerium interne Untersuchungen zur Zulassungsfähigkeit der israelischen Drohne "Heron TP" durchgeführt haben und wie belastbar deren Ergebnisse sind. Zudem will sie erfahren, aus welchen Gründen die amerikanische Drohne "Predator B" in der Version "block 1" laut einem Gutachten der Firma RUAG Holding AG in Deutschland nicht zulassungsfähig ist.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 345 - 1. Juli 2015 - 17.12 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juli 2015

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