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BUNDESTAG/5006: Heute im Bundestag Nr. 207 - 22.04.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 207
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 22. April 2015, Redaktionsschluss: 13.40 Uhr

1. Drei Bieter für Mobilfunkfrequenzen
2. Koalition steht zum Staatsvertrag
3. 34 Staaten haben Klimaziele gemeldet
4. Experten fordern Impfoffensive


1. Drei Bieter für Mobilfunkfrequenzen

Ausschuss für Wirtschaft und Energie

Berlin: (hib/pst) Der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, hatte zum Gespräch mit dem Wirtschaftsausschuss, zu dem ihn der Vorsitzende Peter Ramsauer (CSU) geladen hatte, eine Neuigkeit mitgebracht: Das Ergebnis des Zulassungsverfahrens zur Versteigerung neuer Mobilfunkfrequenzen, das die Netzagentur im Verlauf des Tages auch der Öffentlichkeit bekanntmachen wollte. Demnach werden die Telekom, Vodafone sowie Telefonica/E-plus als Bieter zugelassen. Auf eine Frage aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, ob ein dazu anhängiges Gerichtsverfahren dies noch gefährden könne, verneinte er dies. Die Frequenzversteigerungen würden wie geplant am 27. Mai starten, erklärte Homann.

Generell sagte Homann zum Ausbau der Telekommunikationsnetze, dieser sei nicht so schlecht, wie oft behauptet werde. So könnten sich die deutschen Netze ohne weiteres mit denen der USA messen. Die Arbeit der Regulierungsbehörde sei investitionsfreundlich. Überall, wo es möglich sei, ziehe sich seine Behörde aus der Regulierung zurück. Infolge des fortschreitenden Netzausbaus sei die Zahl der Märkte, die reguliert werden, seit Beginn der Arbeit der Bundesnetzagentur stark zurückgegangen.

Zum Bereich der Postdienste, nach denen insbesondere aus den Fraktionen CDU/CSU und SPD gefragt wurde, sagte Homann, dass sich im Paketwettbewerb viel getan habe. Bei der Briefpost dagegen habe die Deutsche Post immer noch einen Marktanteil um die 90 Prozent. Da es sich um einen schrumpfenden Markt handele, täten sich Wettbewerber schwer. Auf die Frage aus der CDU/CSU-Fraktion, was an Vorwürfen einer Quersubventionierung zwischen Post- und Paketdiensten innerhalb der Deutschen Post dran sei, sagte Homann, die Netzagentur gehe hier jedem Vorwurf nach. Bisher gebe es aber "keinen Nachweis, dass die Post das macht".

Zu Fragen aus der SPD-Fraktion und vor allem aus der Fraktion Die Linke nach der Absicht der Deutschen Post, die Paketzustellung in 49 neue Regionalgesellschaften mit wesentlich schlechteren Tarifbedingungen für die Beschäftigten auszulagern, erklärte Homann sich und die Bundesnetzagentur für nicht zuständig. Es gehe hier um Fragen der Tarifautonomie. Statt Homann antwortete für die Bundesregierung der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Uwe Beckmeyer (SPD). Die Bundesregierung sei sich der Problematik für die Beschäftigten sehr bewusst, sagte Beckmeyer, und er habe darüber auch bereits Gespräche geführt und wolle weitere mit dem Vorstand der Deutschen Post führen. Allerdings handele es sich hier um eine unternehmerische Entscheidung, und mit einem Bundesanteil von 25 Prozent an der Deutsche Post AG sei der Einfluss auch begrenzt.

Beim Ausbau der Stromnetze, dem anderen großen Regulierungsbereich der Bundesnetzagentur, drängte Homann zur Eile. Das relativ kleine Projekt der "Thüringer Strombrücke" nach Bayern sei 2009 beschlossen worden und immer noch nicht fertiggestellt. 2022 aber werde das letzte Atomkraftwerk vom Netz gehen. Während Atomkraft bisher vor allem im Süden Deutschlands erzeugt wird, gehe im Norden der Ausbau der Windkraft schneller als erwartet voran. Durch die jüngste EEG-Novelle werde der Ausbau der Windkraft onshore, also an Land, sich sogar beschleunigen. Dies mache den Trassenausbau noch notwendiger. Homann befürwortete deshalb einen intensiven Dialog mit den Bürgern in den von Trassenplänen berührten Regionen. Seine Behörde tue hier, was sie mit ihren begrenzten personellen Möglichkeiten könne, sagte Homann und begrüßte die Absicht des Wirtschaftsministeriums, in wenigen Monaten eine Informations-Offensive zu starten.

Da bei der Erdverkabelung die Akzeptanz durch die Bürger in der Regel höher ist als bei Freileitungen, fragten Abgeordnete mehrerer Fraktionen nach den Möglichkeiten, diese stärker einzusetzen. Homann begrüßte, dass die veränderte Rechtslage inzwischen eine stärkere Berücksichtigung der Erdverkabelung ermögliche. Er verwies aber darauf, dass diese deutlich teurer sei. Allgemeine Aussagen zu den Mehrkosten könne man jedoch nicht machen, da diese sehr abhängig von der Bodenbeschaffenheit und anderen örtlichen Gegebenheiten seien. Auf jeden Fall komme die Erdverkabelung immer nur für begrenzte Abschnitte einer Stromtrasse in Frage. Aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wurde Homann auf Bürgerkritik an der Absicht von Stromnetzbetreibern angesprochen, teilweise zwei oder drei Trassen parallel zu bauen. Homann sagte dazu, technisch sei es auch möglich, mehrere Hochspannungsleitungen auf einer Trasse zu verlegen. Aber "wenn dann ein Mast umknickt, wird es düster in Deutschland". Deshalb könne es sinnvoll sein, zwei Trassen parallel zu bauen. Drei parallele Trassen aber würden derzeit nirgends genehmigt.

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2. Koalition steht zum Staatsvertrag

Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur

Berlin: (hib/MIK) Die Bundesregierung muss keine Verhandlungen über den Ausstieg aus dem Staatsvertrag mit dem Königreich Dänemark über den Bau einer festen Fehmarnbelt-Querung aufnehmen. Einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/3917), in dem diese Verhandlungen gefordert wurden, lehnte der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur am Mittwochvormittag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD gegen das Votum der Opposition von Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen ab.

Die Grünen fordern in ihrem Antrag unter anderem von der Bundesregierung, die Kostenkalkulation für dieses Projekt zu aktualisieren und sämtliche Daten, die dieser Kalkulation und den Verkehrsprognosen zugrunde liegen, nach dem Prinzip der Open Data im Internet veröffentlichen. Anschließend soll ein ergebnisoffener Dialog mit allen Interessierten geführt und die norddeutschen Bundesländer unterstützt werden, ein gemeinsames Verkehrskonzept zu verfolgen, das sich an ökonomischen Realitäten und tatsächlichen verkehrspolitischen Bedarfen orientiert.

"Die bisher vorliegenden Verkehrsprognosen rechtfertigen den Bau einer festen Querung, von der heute ausgegangen werden muss, dass sie insgesamt mehr als neun Milliarden Euro kosten wird und ihrer deutschen Hinterlandanbindung, die vom Bundesrechnungshof ohne Einbeziehung zahlreicher weiterer Kosten bereits im Jahr 2008 mit mehr als 1,7 Milliarden Euro veranschlagt werden, tatsächlich jedoch unter Einbeziehung aller weiterer, bisher nicht berücksichtigter Kosten tatsächlich heute bei rund 2,5 bis drei Milliarden Euro liegen dürfte, in keinster Weise", heißt es in dem Antrag. Die Voraussetzungen, unter denen der Staatsvertrag zwischen den Vertragspartnern abgeschlossen wurde, hätten sich hinsichtlich verschiedener Aspekte in der Vergangenheit mehrfach deutlich verändert. Dies betreffe vor allem ökonomische Rahmenbedingungen. Dieser Argumentation schloss sich die Linksfraktion an.

Die Koalition betonte, dass sie weiterhin zu dem Projekt stehen würden. Es sei sinnvoll. Sie wiesen darauf hin, dass das entsprechende Baugesetz in der kommenden Woche vom dänischen Parlament verabschiedet werden solle.

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3. 34 Staaten haben Klimaziele gemeldet

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

Berlin: (hib/JOH) Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) zufolge haben bisher 34 Staaten bei den Vereinten Nationen (UN) ihre Klimaziele bis zum Jahr 2030 eingereicht, neben der 28 Mitgliedstaaten zählenden Europäischen Union unter anderem die USA, Russland, Mexiko und Gabun. Die EU habe damit fristgemäß ihren Beitrag zum UN-Klimagipfel Ende des Jahres in Paris gemeldet, betonte die Ministerin am Mittwochmorgen im Umweltausschuss.

In Paris will die Staatengemeinschaft ein internationales Klimaschutzabkommen verschieden, das dem 2020 auslaufenden Kyoto-Abkommen folgen soll. Hendricks wies darauf hin, dass von den G7-Staaten Japan und Kanada bislang keine Ziele vorgelegt hätten. Die Bundesregierung werde sich daher dafür einsetzen, dass beide Länder dies spätestens bis zum G7-Gipfel, der Anfang Juni auf Schloss Elmau (Bayern) stattfinden soll, tun. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe bereits gemacht, dass sie den Gipfel für starke Klimasignale nutzen wolle.

Deutschland, betonte Hendricks, habe bereits im Dezember 2014 ein Nationales Klimaschutzprogramm beschlossen, um durch zusätzliche Maßnahmen sicherzustellen, dass das nationale Treibhausgasminderungsziel von 40 Prozent auch tatsächlich erreicht werden kann. Ohne diese Maßnahmen wäre nur eine Minderung von 32 bis 25 Prozent realistisch gewesen. Die EU habe ihre Klimaziele bis 2030 im Oktober 2014 beschlossen und sich ebenfalls auf ein 40-Prozent-Minderungsziel verständigt.

Die Ministerin stellte klar, dass Deutschland aufgrund seines Bevölkerungsreichtums und der Stärke seiner Industrie eine zentrale Rolle bei der Erreichung dieses Ziels in Europa zukomme. Jedoch sei auch die Reform des ins Stocken geratenen EU-Emissionshandels von großer Bedeutung. Hendricks wertete es als wichtigen Teilerfolg, dass Kernelemente einer Reform bereits verabschiedet worden seien. So sollen überschüssige Zertifikate in Höhe von zwei Milliarden Tonnen aus dem Markt genommen und in eine "Marktstabilitätsreserve" (MSR) überführt werden. Anders als von der Bundesregierung und dem Europäischen Parlament vorgeschlagen, werde der reformierte EU-Emissionshandel jedoch wohl nicht bereits im Dezember 2018 oder früher starten können, sondern erst 2021 mit Beginn der nächsten Handelsperiode. Grund sei eine Sperrminorität im EU-Rat, vertreten durch Länder wie Polen oder die Tschechische Republik.

Die Bedeutung der Reform des Emissionshandels betonten unisono auch die Abgeordneten. Die Unionsfraktion zeigte sich jedoch enttäuscht darüber, dass sich Deutschland im Rat in der Frage des Einführungszeitpunktes nicht stärker habe durchsetzen können. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kritisierte, die Bundesregierung habe das Europäische Parlament allein gelassen und nicht klar genug widersprochen, obwohl sie doch eine Mehrheitsposition vertrete.

Die Linksfraktion zeigte Unverständnis darüber, warum die Emissionszertifikate dauerhaft in die Reserve genommen werden sollen, statt diese gleich ganz stillzulegen. Außerdem kritisierte sie, dass der Bundeshaushalt jährlich rund 350 Millionen Euro an Zuschüssen für stromintensive Unternehmen bereitstelle.

Die SPD-Fraktion forderte überdies, den G7-Gipfel zu nutzen, um die Staaten, die ihre Klimaziele noch nicht gemeldet hätten, zu einer deutlichen Aussage zu bewegen. Die Grünen nannten es ein "Paradoxon", dass Deutschland die Erneuerbaren Energien ausbaue, die CO2-Emissionen hierzulande jedoch aufgrund der hohen Emissionen fossiler Kraftwerke stiegen.

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4. Experten fordern Impfoffensive

Ausschuss für Gesundheit

Berlin: (hib/PK) Gesundheitsexperten fordern eine Impfoffensive in Deutschland, lehnen verpflichtende Regelungen aber eher ab. Vor allem unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen seien die bestehenden Impflücken groß, sagten bei einem Expertengespräch am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestages die geladenen Sachverständigen übereinstimmend. Sie plädierten dafür, jeden Kontakt zum Gesundheitssystem zu nutzen, um den Impfstatus abzufragen und notwendige Schutzimpfungen nachzuholen.

Auch viele kleine Kinder werden den Angaben zufolge zu spät geimpft. Das eigentliche Problem seien aber Jugendliche und junge Erwachsene, die nur noch selten auf ihren Impfstatus angesprochen würden, zumal sie auch nicht oft zum Arzt gingen. Dies müsse systematisch verbessert werden, etwa über Abfragen in Schulen, in Lehrberufen oder später im Beruf über Betriebsärzte. Die Umsetzung der Impfempfehlungen scheitere bisweilen auch an bürokratischen Vorgaben, hieß es.

Die Experten sprachen sich dafür aus, auch neue Wege zu erkunden, um den Impfstatus in der Bevölkerung systematisch zu verbessern. Denkbar wäre in dem Zusammenhang, die Apotheken in die Impfaufklärung einzubeziehen, lautete ein Vorschlag. Zudem komme den Hausärzten und Betriebsärzten eine wichtige Rolle zu.

Die Fachleute erinnerten an frühere Reihenimpfungen in Schulen, die sehr effektiv gewesen seien. Heute finde nach den Schuleingangsuntersuchungen oft nichts mehr statt, und viele junge Erwachsene hätten überhaupt keine Vorstellungen von ihrem Impfstatus. Solange die Kinder an Schulen seien, könnten sie relativ leicht erreicht werden. Bewährt hätten sich auch schriftliche Hinweise lokaler Gesundheitsbehörden an die Bevölkerung, den Impfstatus zu überprüfen.

Eine Impfpflicht, wie sie derzeit angesichts des Masern-Ausbruchs in Berlin diskutiert wird, lehnten mehrere der geladenen Experten ab. Dies wäre allenfalls als letztes Mittel denkbar. Zuvor sollten andere Möglichkeiten genutzt werden, um in einer konzertierten Aktion den Impfstatus der Bevölkerung zu verbessern.

Im Präventionsgesetz (18/4282) der Bundesregierung, das derzeit im Bundestag behandelt wird, ist eine verpflichtende ärztliche Impfberatung vorgesehen für Eltern, die ihre Kinder in eine Kita geben wollen. Ein Sachverständiger gab zu bedenken, dass Beratungen durch impfkritische Ärzte, die auf impfskeptische Eltern treffen, umgangen werden könnten und wenig brächten. Dabei träten gefährliche Nebenwirkungen von Impfungen nur im Promillebereich auf. Oft würden fällige Impfungen aber einfach nur vergessen. Insofern seien regelmäßige Abfragen sinnvoll. Dies gelte auch für Pflegepersonal, wo der Impfstatus oft ebenfalls völlig unzureichend sei.

Als Sachverständige eingeladen waren Vertreter der Bundesärztekammer (BÄK), des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), des Berliner Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo), des Robert-Koch-Instituts (RKI) und der Ständigen Impfkommission (STIKO).

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 207 - 22. April 2015 - 13.40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2015

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