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BUNDESTAG/4889: Heute im Bundestag Nr. 090 - 23.02.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 090
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 23. Februar 2015, Redaktionsschluss: 17.40 Uhr

1. Sachverständige loben Einlagensicherung
2. Mehr Bundesmittel für Personennahverkehr
3. Expertenkritik an Frauenquote
4. Fast 11.000 Abschiebungen in 2014
5. Gedenken an Opfer von Flucht und Vertreibung
6. Waffenlieferungen an Peschmerga


1. Sachverständige loben Einlagensicherung

Finanzausschuss/Öffentliche Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Die von der Bundesregierung geplanten Maßnahmen zum besseren Schutz von Anlegern sind von den Sachverständigen größtenteils begrüßt worden. So bezeichneten der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken, der Deutsche Sparkassen- und Giroverband sowie der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands in einer Anhörung des Finanzausschusses am Montag die Umsetzung der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme in nationales Recht als "insgesamt sehr gelungen" und zeigten sich "insgesamt sehr zufrieden". Auch der Verband der Auslandsbanken lobte die Umsetzung in seiner Stellungnahme als "weiteren und letzten noch fehlenden Baustein der europäischen Bankenunion". Vom Centrum für europäische Politik hieß es, die Einlagensicherungsrichtlinie stärke die Glaubwürdigkeit der Einlagensicherungssysteme und "senkt die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme von Steuergeldern".

Grundlage der Anhörung war der von der Regierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/49/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Einlagensicherungssysteme (18/3786), mit dem Anleger besser geschützt werden und im Entschädigungsfall innerhalb von sieben Tagen an ihr Geld kommen sollen. Bisher betrug diese Frist 20 Tage. Der Anlegerschutz wird in einigen Fällen über die Grenze von 100.000 Euro pro Institut ausgeweitet. So sind Gelder für einen Zeitraum von sechs Monaten nach Einzahlung über einen Betrag in Höhe von 100.000 Euro hinaus geschützt, soweit die Einzahlung mit bestimmten Lebensereignissen zusammenhängt. Genannt werden etwa der Verkauf einer Privatimmobilie oder Auszahlungen aus Ansprüchen aus dem Sozialgesetzbuch.

Dies begrüßte Professor Wolfgang Gerke, Präsident des Bayerischen Finanzzentrums, "zur Vermeidung sozialer Härtefälle" ausdrücklich. Auch die Verkürzung der Auszahlungsfristen sei "ein wichtiger Vorgang zur Begrenzung möglicher Panikhandlungen von Sparern im Fall des Zusammenbruchs eines Kreditinstituts". Auch die Verbraucherzentrale Bundesverband begrüßte den jetzt "relativ schnellen Prozess" der Auszahlung der Anlegergelder.

Kritisch äußerte sich Gerke zur exzessiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Es wachse die Wahrscheinlichkeit von Spekulationsblasen, warnte Gerke, der mit einer neuen Finanzkrise rechnet, die seiner Ansicht nach "dramatisch ausfallen" wird. Die Finanzkrise habe gezeigt, dass Einlagensicherungssysteme bei Schieflagen mehrerer Finanzinstitutionen sehr kurzfristig an ihre Belastungsgrenze stoßen könnten. Vom Bundesverband deutscher Banken wurde in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass theoretisch mögliche Probleme etwa bei einem sehr großen Kreditinstitut ein systemisches Risiko seien und weniger die Einlagensicherung, sondern mehr den Bankenrettungs- und Abwicklungsmechanismus beträfen.

Die Deutsche Bundesbank würdigte die von der EU-Kommission angestrebte Harmonisierung der nationalen Einlagensicherungssysteme. Damit werde die Stabilität des Bankensystems in Europa gefördert, und Wettbewerbsverzerrungen würden vermieden.

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2. Mehr Bundesmittel für Personennahverkehr

Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur/Öffentliche Anhörung

Berlin: (hib/FA) 7,4 Milliarden Euro will der Bund in diesem Jahr den Ländern für den Öffentlichen Personennahverkehr ÖPNV bezahlen, eine Steigerung von 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit bleibt er um 250 Millionen Euro hinter dem Vorschlag eines Gutachtens zurück, das er selbst in Auftrag gegeben hatte. Dies wurde heute bei einer Sachverständigen-Anhörung im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur deutlich. Ein vom Bundesrat bestelltes Gutachten ermittelte zwar einen noch höheren Bedarf, nämlich 8,5 Milliarden Euro. Doch das liege eher an unterschiedlicher Methodik. "In der Tendenz sind sich beide Gutachter einig", befand Michael Holzhey von der KCW GmbH. Die Einigung auf ein gemeinsames Gutachten sei gewiss möglich, meinte Andreas Brenck vom IGES Institut GmbH.

Unverständnis wurde von Seiten der Grünen (Stephan Kühn) und der Linksfraktion (Sabine Leidig) darüber bekundet, dass der Bund nicht mit der eigentlich vorgegebenen Revision des Regionalisierungsgesetzes aufwarte, sondern nur mit einer "Zwischenlösung". Der neue Parlamentarische Staatssekretär Klaus Barthel (SPD) begründete dies damit, das Thema solle in den "Gesamtzusammenhang" mit der anstehenden Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen eingebunden werden.

Dieser Zusammenhang erschloss sich Thomas Geyer, dem Präsidenten der Bundesarbeitsgemeinschaft der Aufgabenträger des SPNV, nicht. Wie er, so hielt auch Wilhelm Eschweiler, Vizepräsident der Bundesnetzagentur, grundlegende strukturelle Änderungen für sinnvoll. Allerdings sei die Materie sehr kompliziert, so dass sich ein Schnellschuss verbiete.

Dirk Fischer und Oliver Wittke (beide CDU) sprachen speziell die Frage möglicher Zweckentfremdung durch die Länder an. Gutachter Holzhey stellte die Gegenfrage: "Wer hat noch so viel im Etat, dass er zweckentfremden kann?" Hilmar von Lojewski von der Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbände versicherte, die Regionalisierungsmittel würden "überwiegend" zweckgerecht eingesetzt. Nachdrücklich befürwortete er, dass es bei der Zweckbindung der Mittel bleiben müsse.

Alle Gutachter unterstrichen die Notwendigkeit einer langen Laufzeit der gesetzlichen Vorgaben. Die betroffenen Unternehmen brauchten "langfristige und ganz konkrete Sicherheit", sagte Professor Knut Ringat vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Schon die noch andauernde Unsicherheit über die Höhe der Mittel in diesem Jahr habe in seinem Verkehrsverbund Rhein/Main zu einer "prekären Situation" geführt. Geyer berichtete aus seinem Verkehrsverbund in Rheinland-Pfalz, dass die Finanzierung bisher nur bis einschließlich Oktober gesichert sei.

Auf Gutachter-Warnungen vor einer Unterfinanzierung des ÖPNV mit der Folge, dass Leistungen abbestellt werden müssten, reagierte Sebastian Hartmann (SPD) mit der Versicherung, seine Fraktion wolle das "Erfolgsmodell" der Regionalisierung fortsetzen. "Auskömmlich" müssten die Mittel sein.

Doch was die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf vorschlägt, stieß bei den Sachverständigen auf Kritik. Statt des vorgesehenen Aufschlags von 1,5 Prozent in diesem Jahr müsse es "zumindest" zu einer höheren Dynamisierung kommen (kommunale Spitzenverbände). Und der VDV: "Finanzielle Ausstattung und Anforderungen durch die Gesellschaft an den Umfang der Verkehre müssen wieder in ein, auch finanzielles, Gleichgewicht gebracht werden." Die Bundesarbeitsgemeinschaft SPNV hält den Gesetzentwurf für "nicht geeignet, die akuten Finanzierungsprobleme im SPNV zu lösen".

Drei Drucksachen bildeten den Hintergrund der Anhörung. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/3785), in dem sich der Bund generell dazu bekennt, dass "eine verlässliche finanzielle Unterstützung der Länder" für ihre ÖPNV-Aufgaben "weiterhin erforderlich" sei.

Der Bundesrat (18/3563) verweist auf einen "nachgewiesenen Bedarf" in Höhe von 8,5 Milliarden Euro und sieht in seinem Gesetzentwurf eine entsprechende Anpassung des Betrags vor. Es seien inzwischen "erhebliche Defizite bei der Finanzierung eines zukunftsgerichteten öffentlichen Personennahverkehrs" entstanden. Die jährliche Dynamisierung müsse zwei Prozent betragen - "aufgrund der Preissteigerungen bei Personal und Energie". Zudem soll dem Bund das Risiko übertragen werden, sollten die Stations- und Trassenpreise diese Dynamisierungsquote übersteigen.

In seiner Stellungnahme lehnt der Bundesrat den Gesetzentwurf der Bundesregierung ab (18/3993). Er erfülle nicht den Anspruch der Bahnreform von 1993, wonach die Lasten der Regionalisierung den Ländern durch den Bund "voll ausgeglichen" werden müssten. In ihrer Gegenäußerung macht die Bundesregierung "gravierende finanz- und haushaltspolitische Bedenken" gegen den Gesetzentwurf des Bundesrates geltend.

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3. Expertenkritik an Frauenquote

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Öffentliche Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Experten sehen Nachbesserungsbedarf bei dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Schaffung einer Frauenquote bei Führungspositionen (18/3784). Das wurde während einer gemeinsamen öffentlichen Anhörung des Familienausschusses und des Rechtsauschusses am Montagnachmittag deutlich, bei der auch über einen Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/1878) beraten wurde. Das Vorhaben von Bundesregierung und Grünen-Fraktion, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, wurde bei dem Hearing von allen Sachverständigen begrüßt.

Aus Sicht der ehemaligen Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig, Marion Eckertz-Höfer, bringt der Regierungsentwurf, der unter anderem vorsieht, ab 2016 schrittweise eine Frauenquote von 30 Prozent für die Aufsichtsräte börsennotierter und mitbestimmungspflichtiger Unternehmen einzuführen, jedoch "keine nennenswerten Verbesserungen". Vielmehr seien erhebliche Akzeptanzprobleme zu erwarten ebenso wie die Zunahme von Bürokratie und Verwaltungsaufwand. Deutliche Kritik an der Vorlage kam auch von Kristin Rose-Möhring, Vorsitzende des Interministeriellen Arbeitskreises der Gleichstellungsbeauftragten der obersten Bundesbehörden. Insbesondere die neutrale Geschlechteransprache, auch als Männerquote bezeichnet, sei falsch. Strukturelle Benachteiligungen gebe es im Grunde nur bei Frauen, sagte Rose-Möhring. Werde an dem Entwurf nicht Grundlegendes verändert, sei es besser auf das Gesetz zu verzichten. "Dann verschlechtert sich die Situation zumindest nicht", sagte sie.

Optimistischer zeigte sich Monika Schulz-Strelow vom Verein "Frauen in die Aufsichtsräte". Auch sie hätte sich mehr gewünscht, so Schulz-Strelow. "Mehr lassen die Meinungsäußerungen derzeit aber nicht zu", räumte sie ein. Die Regelung habe dennoch Symbolcharakter. Schulz-Strelow machte zugleich deutlich, dass die Gegenargumentation, es fänden sich nicht ausreichend qualifizierte Frauen für den Aufsichtsratsposten nicht zutreffend sei. Insofern sei die Sanktionsregelung, wonach der Platz im Aufsichtsrat unbesetzt bleiben müsse, sollte die Quote nicht erreicht werden, angemessen. Sigrid Nikutta, Vorstandsvorsitzende der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), machte deutlich, dass es oft "subtile Benachteiligungen" gebe. So sei es in der Tat schwierig, eine Frau zu finden, wenn als Anforderungsprofil ein Bauingenieursstudium mit 20-jähriger Berufserfahrung gefordert würde. Dies sei aber auch nicht nötig, befand Nikutta und verwies darauf, dass "ich als Psychologin die BVG leiten kann". Als Beleg für das erfolgreiche Wirken des frauengeführten BVG-Vorstandes führte sie zudem an, dass "die Berliner Verkehrsbetriebe unter weiblicher Führung erstmals schwarze Zahlen erwirtschaftet haben".

Mehrere Juristen unter den Sachverständigen äußerten Kritik an der im Regierungsentwurf enthaltenen Männerquote. Diese sei verfassungswidrig, urteilte sowohl Martin Heidebach von der Ludwig-Maximilians-Universität München als auch Torsten von Roetteken, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Frankfurt am Main. "Männer werden nicht benachteiligt, daher muss der Passus gestrichen werden", forderte Heidebach, der die "starre" Quote von 30 Prozent als "verfassungsrechtlich und europarechtlich riskant", bezeichnete. Dennoch sei sie seiner Ansicht nach gerechtfertigt. Roetteken attestierte der Paritätsvorgabe im Gesetz "planwirtschaftliche Züge". Folge dieses Ansatzes könne künftig auch eine Quotierung nach Alter, Herkunft oder Religion sein, warnte er. Kein Problem mit der Männerquote hatte hingegen Professor Joachim Wieland von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer. Der Gesetzgeber dürfe sehr wohl vorbeugende Regelungen erlassen, befand er.

Die Sanktion des "leeren Stuhls" bewertete Professor Kay Windthorst von der Stiftung Familienunternehmen als "sehr drastisch". Insbesondere vor dem Hintergrund, dass im Gremienentsendungsgesetz ein Verstoß gegen die Quote nur zu Berichtspflichten führt, "während bei Unternehmen, wo der Bund nicht beteiligt ist, dies zur Nichtigkeit der Vorstandsentscheidung führen soll".

Umstritten war auch die Frage, ob die 30-Prozent-Quote für die Gruppe der Arbeitnehmervertreter und der Anteilseigner im Vorstand einzeln oder getrennt gelten soll. Elke Harnack vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) verwies darauf, dass die Arbeitnehmerseite in aller Regel kein Problem habe, die Quote zu erfüllen. Auf der "Kapitalseite" gebe es hingegen erheblichen Nachholbedarf. Angesichts dessen lehne der DGB die im Regierungsentwurf als Regelfall vorgesehene Gesamtbetrachtung beider Gruppen bei der Berechnung der Quote ab. Barbara Mayer vom Deutschen Anwaltsverein begrüßte es hingegen, dass - anders als noch im Referentenentwurf - eine Gesamtbetrachtung vorgesehen sei. Da ein Widerspruch dagegen von beiden Seiten möglich sei und auch eine zeitweise Unterbesetzung zugelassen werde, sei keine Seite schlechter gestellt, als es ohne Gesamtbetrachtung der Fall wäre, argumentierte Mayer.

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4. Fast 11.000 Abschiebungen in 2014

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Im vergangenen Jahr ist es zu insgesamt 10.884 Abschiebungen von Ausländern aus Deutschland gekommen. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (18/4025) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/3896) hervor. Danach wurden 8.557 der Abschiebungen auf dem Luftweg vollzogen, davon 3.062 in EU- beziehungsweise Schengen-Staaten. Ausnahmslos in EU- beziehungsweise Schengen-Staaten erfolgten den Angaben zufolge 2.301 Abschiebungen auf den Landweg und 26 auf dem Seeweg.

Wie aus der Vorlage weiter hervorgeht, kam es im Jahr 2014 zu 4.772 Überstellungen in andere EU- beziehungsweise Schengen-Staaten im Rahmen der Dublin-Verordnung. Zurückgewiesen wurden den Angaben zufolge auf dem Luftweg 3.609 Menschen und drei auf dem Seeweg. Zu so genannten Zurückschiebungen kam es im Jahr 2014 laut Antwort auf dem Landweg in 2.764 Fällen, auf dem Luftweg in 196 Fällen und auf dem Seeweg in sieben Fällen.

Insgesamt 141 Abschiebungen auf dem Luftweg scheiterten laut Regierung im vergangenen Jahr aufgrund von Widerstandshandlungen und 63 aus medizinischen Gründen. 74 Abschiebungen auf dem Luftweg scheiterten der Vorlage zufolge an der Weigerung der Fluggesellschaft beziehungsweise des Piloten, die betreffende Person zu transportieren. Acht Abschiebungen scheiterten an der Weigerung der Zielstaaten, Abzuschiebende aufzunehmen, wie die Regierung weiter schreibt.

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5. Gedenken an Opfer von Flucht und Vertreibung

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) An dem von der Bundesregierung eingeführten "Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung", der in diesem Jahr erstmals begangen wird, findet die zentrale Veranstaltung am 20. Juni im Schlüterhof des Deutschen Historischen Museums in Berlin statt. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (18/4011) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/3876) hervor.

Danach plant die Bundesregierung, an dem Gedenktag jährlich eine Gedenkstunde mit Reden und einer musikalischen Umrahmung durchzuführen. Die würdige Begehung des Gedenktages solle Gelegenheit bieten, die Themen Flucht und Vertreibung im gesellschaftlichen Bewusstsein zu stärken und historisches und aktuelles Geschehen zu vergegenwärtigen.

Wie die Regierung in ihrer Antwort ausführt, waren Mitte des vergangenen Jahres nach Angaben der Vereinten Nationen weltweit 56,7 Millionen Menschen auf der Flucht; viele als Flüchtlinge im Ausland, der größere Teil als Vertriebene im eigenen Land. Flucht und Vertreibung seien aber auch Teil der europäischen Geschichte im 20. Jahrhundert. "Millionen Menschen mussten im Kontext des von Deutschland ausgegangenen Zweiten Weltkrieges ihre Heimat verlassen. Die Vertreibung der europäischen Juden fand ihr grauenvolles Ende in den Vernichtungslagern. Auch Millionen Deutsche mussten schließlich aufgrund von Flucht, Vertreibung, Zwangsumsiedlung und Deportation ihre angestammte Heimat verlassen", schreibt die Regierung. Die historische Aufarbeitung dieser Ereignisse sowie die Erinnerung und das Gedenken an die Opfer würden von ihr nachhaltig unterstützt.

Vor diesem Hintergrund habe sie im August 2014 beschlossen, dass ab dem Jahre 2015 jährlich am 20. Juni der Opfer von Flucht und Vertreibung gedacht werden soll, heißt es in der Vorlage weiter. Mit dem Datum 20. Juni knüpfe die Bundesregierung an den Weltflüchtlingstag der Vereinten Nationen an und erweitere das Flüchtlingsgedenken um das Schicksal der Vertriebenen. Durch den "Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung" solle auch deutlich gemacht werden, "dass der Wille und die Kraft zu Versöhnung und Neuanfang, zu gemeinsamem Aufbau und Zusammenhalt in der Gesellschaft das Fundament bilden, auf dem unser Land heute Menschen aus 190 Nationen eine Heimat bietet".

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6. Waffenlieferungen an Peschmerga

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Die Bundesregierung beabsichtigt, "anknüpfend an die bisher geleistete Unterstützung und synchronisiert mit der mandatierten Ausbildungsunterstützung", weitere Waffen und Ausrüstung an die Regierung der Region Kurdistan-Irak für den Kampf gegen den "Islamischen Staat" zu liefern. Wie es in einer Antwort (18/4028) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/3828) weiter heißt, werde eine erste Lieferung "nicht letalen Materials (das heißt keine Waffen und Munition)" noch für Februar 2015 angestrebt. Weitere Lieferungen, einschließlich Waffen und Munition, seien beabsichtigt, die Termine für diese Lieferungen derzeit allerdings noch nicht festgelegt. Im Rahmen eines Besuchs im Nordirak hätten kurdische Vertreter unter anderem um die Lieferung von 1.100 Panzerabwehrwaffen, 900 Mörser, 200 Maschinenkanonen, 1.700 Handwaffen sowie 10.000 Handgranaten gebeten.

Zu den bisherigen deutschen Waffenlieferungen schreibt die Bundesregierung: "Die kurdische Regionalregierung hat sich verpflichtet, die gelieferten Güter nur im Einklang mit dem Völkerrecht und insbesondere dem humanitären Völkerrecht einzusetzen." Ferner habe sie erklärt, dass die von der Bundesregierung bereitgestellten Güter nur im Kampf gegen ISIS und zur Verteidigung der Zivilbevölkerung genutzt werden.

Insgesamt seien bisher rund "80 Angehörige der Sicherheitskräfte der Region Kurdistan" in Erbil eingewiesen worden, in Deutschland habe bislang eine Ausbildung für insgesamt 56 Peschmerga stattgefunden. "Der Einsatz des eingewiesenen/ausgebildeten Personals erfolgt anschließend nach Kenntnis der Bundesregierung in einem der in acht Sektoren aufgeteilten Frontabschnitte nach Maßgabe der Führung der Sicherheitskräfte der Region Kurdistan-Irak", heißt es in der Antwort weiter.

Die geplante zukünftige Ausbildungsunterstützung sei in einen multinationalen Gesamtansatz eingebettet, der gemeinsam mit den verantwortlichen Stellen der Sicherheitskräfte der Regierung der Region Kurdistan-Irak sowie der irakischen Sicherheitskräfte konzipiert und umgesetzt werden solle. Die Gesamtverantwortung für die Ausbildungsunterstützung verbleibe bei den kurdischen Behörden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 090 - 23. Februar 2015 - 17.40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Februar 2015

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