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BUNDESTAG/4715: Heute im Bundestag Nr. 580 - 12.11.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 580
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 12. November 2014, Redaktionsschluss: 18.45 Uhr

1. Deutsche Welle ist unterfinanziert
2. E-Health braucht Datenschutz
3. Situation von Sinti und Roma
4. EU-US-Datenschutz-Abkommen



1. Deutsche Welle ist unterfinanziert

Ausschuss für Kultur und Medien

Berlin: (hib/AW) Trotz der geplanten Erhöhung des Haushaltes der Deutschen Welle (DW) um rund zehn auf rund 280 Millionen Euro im kommenden Jahr, ist der deutsche Auslandssender strukturell weiterhin unterfinanziert. Darauf wiesen Peter Limbourg, Intendant der Deutschen Welle, sowie der Vorsitzende des Verwaltungsrates, Peter Clever, und der Vorsitzende des Rundfunkrates, Karl Jüsten, am Mittwoch vor dem Kulturausschuss mit Nachdruck hin. Die drei DW-Vertreter warben deshalb eindringlich bei den Parlamentariern, die Mittel ab dem Haushalt 2016 dauerhaft zu erhöhen. Wenn dies nicht geschehe, sei zum einen mit einem weiteren Abbau des Personals zu rechnen. Zum anderen müsste der Auslandssender auch sein Programmangebot in den verschiedenen Sprachen reduzieren, kündigten Limbourg und Clever an. Doch gerade die sprachliche Vielfalt der Deutschen Welle sei ihr "wichtigstes Pfund", sagte Jüsten. Der Haushalt für 2015 sei bereits "auf Kante genäht", warnte Clever. Ab 2016 und in den Folgejahren sei die Situation "dramatisch", strukturell fehlten dem Sender rund sechs Millionen Euro jährlich, wenn er die neue Aufgabenplanung für 2014 bis 2017 auch umsetzen wolle. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und die Vertreter der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sagten den DW-Vertretern zu, dass das "Problem erkannt" sei. Für das kommende Jahr hoffe man auf das Ergebnis der Bereinigungssitzun g des Haushaltsausschusses. Für die kommenden Jahre wolle man das Problem aber dauerhaft lösen.

Limbourg, Clever und Jüsten hatten dem Ausschuss zuvor die neue Aufgabenplanung der Deutschen Welle für die Jahre 2014 bis 2017 (18/2536) vorgestellt. Der Auslandssender will sein Programm zukünftig stärker auf Nachrichten ausrichten, diese multimedial und verstärkt in englischer Sprache anbieten. Limbourg möchte die Deutsche Welle auf Platz 3 im Wettbewerb mit Auslandssendern anderer Nationen wie der britischen BBC, dem russischen Sender "Russia Today" oder dem chinesischen Staatsfernsehen CCTV bringen. Vor allem der "Staatspropaganda" Russlands oder Chinas müssten seriöse Informationen entgegengesetzt werden, sagte Limbourg. Die Deutsche Welle sei die "Stimme der Freiheit". Während Vertreter der CDU/CSU und SPD die neue Aufgabenplanung ausdrücklich begrüßten, reagierten Vertreter der Linksfraktion und der Grünen teilweise skeptisch. Sie warnten davor, Programmangebote in regionalen Sprachen in Afrika zu reduzieren oder auf die Verbreitung über Kurzwelle im Radio zu verzichten.

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2. E-Health braucht Datenschutz

Ausschuss Digitale Agenda

Berlin: (hib/HAU) Für die Akzeptanz von E-Health und der Telematik im Gesundheitswesen sind Datenschutz und Datensicherheit unabdingbare Voraussetzungen. In dieser Einschätzung waren sich die zu einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses Digitale Agenda am Mittwoch geladenen Experten einig. Weitgehende Übereinstimmung gab es auch in der Auffassung, dass Deutschland, statt eigene, neue technische Lösungen zu entwickeln, sich an den international erprobten Standards anpassen sollte.

In Deutschland werde viel über Probleme, die durch E-Health entstehen könnten, gesprochen, statt über damit verbundene Potenziale, bemängelte Britta Böckmann, Medizininformatikerin an der Fachhochschule Dortmund. Während etwa in Dänemark schon sämtliche Gesundheitsdaten elektronisch erfasst seien und in den USA mit Erkenntnissen aus elektronisch erfassten Daten Patienten behandelt würden, habe in Deutschland der Fehlstart der elektronischen Gesundheitskarte vieles blockiert, sagte Böckmann. "Dadurch wurde die Stimmung für E-Health in eine falsche Richtung gebracht", sagte sie.

Arno Elmer, seit Januar 2012 Hauptgeschäftsführer der Gematik (Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH), kündigte für das dritte Quartal 2015 die Erprobungsphase für die Telematikinfrastruktur an. Sie solle ein hochsicheres, interoperables Netz für alle Beteiligten im Gesundheitswesen bieten. "Es wird keinen zentralen Server sondern eine Vernetzungslösung geben", sagte Elmer. "Die Daten bleiben da, wo sie jetzt schon sind." Aus Sicht des Datenschützers ist die Tatsache, dass die Telematikinfrastruktur ohne zentrale Speicherung in einem geschützten Netz stattfinden solle, sehr zu begrüßen, sagte Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein. "Eine Verbesserung der medizinischen Versorgung durch E-Health ist nur mit einer medizinischen und informationellen Selbstbestimmung möglich", sagte Weichert.

Die Medizininformatikerin Böckmann sprach sich gleichwohl für ein Opt-Out-Modell aus. Dies bedeute, dass Patienten, die ihre Daten nicht auf elektronischem Wege übermittelt haben wollten, dies explizit ablehnen müssten. Auf diesem Wege, so zeigte sich Böckmann zuversichtlich, sei auch der Widerstand der niedergelassenen Ärzte, die einen zeit- und kostenaufwändigen Mehraufwand durch die Gesundheitskarte befürchteten, aufzulösen. "So würde eine Routine bei der Datennutzung geschaffen", sagte sie. Für eine detaillierte Selbstbestimmung sprach sich hingegen Björn Bergh, Direktor des Zentrums für Informations- und Medizintechnik am Universitätsklinikum Heidelberg aus. "Es geht nicht nur um Opt-in oder Opt-out", sagte er. Der Patient selber müsse entscheiden dürfen, welche Daten übermittelt werden dürfen. "Er muss sagen dürfen, das will ich drin haben und das nicht."

Datensicherheit ist auch aus Sicht der Krankenkassen sehr wichtig, sagte Christoph J. Rupprecht von der AOK Rheinland/Hamburg. Der Telematikinfrastruktur bescheinigte er, auf einem guten Weg zu sein. "Andere Verfahren sind nicht sicherer", so Rupprecht, der sich zugleich ein deutlicheres Bekenntnis der Ärzte zur Telematikinfrastruktur wünschte. Die Argumentation der Ärzteschaft gegen die elektronische Krankendatenerfassung, die sich auf das Patientengeheimnis und die informationelle Selbstbestimmung berufen würde, sei vorgeschoben, urteilte Datenschützer Weichert. Die Einwendungen hätten "nichts mit Datenschutz sondern nur mit ökonomischen Interessen zu tun", sagte er.

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3. Situation von Sinti und Roma

Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (öffentliche Anhörung)

Berlin: (hib/SCR) Die "Ethnisierung" der Zuwanderungsdebatte hat laut Herbert Heuss vom Zentralrat der Deutschen Sinti und Roma Auswirkungen auf diese Minderheit in Deutschland gehabt. Bei einer Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe berichtete Heuss, dass zum Beispiel Rechtsextremisten das Thema für sich genutzt hätten. Zudem sei beim Zentralrat eine Zunahme von Zuschriften "unappetitlicher", antiziganistischer Art zu verzeichnen.

Heuss kritisierte, dass in der Debatte vor allem Roma als unerwünschte Zuwanderer problematisiert worden seien. Der Zentralratsvertreter verwies darauf, dass Vorurteilsstrukturen gegenüber Sinti und Roma eine lange Tradition hätten. Bis in die 1970er Jahre hinein sei die Minderheit rein als "soziales Problem" betrachtet worden. Dabei handle es sich bei den Roma etwa um eine "sehr differenzierte und stratifizierte Gruppe". Entsprechend sei eine nationale Strategie für den Umgang mit Roma "nicht der Weisheit letzter Schluss", da sie implizit Roma als "großes Problem" darstelle.

Gordana Herold von der Romane Romnja Initiative, einem Roma-Frauen-Netzwerk, verwies ebenfalls auf die Vielfältigkeit der Roma auch in Hinblick auf den rechtlichen Status. Dies wirke sich auch auf Zugangschancen zu Arbeit und Bildung aus. So seien Roma, die schon lange in Deutschland leben, anders gestellt, als Flüchtlinge oder Asylbewerber. Herold forderte insbesondere, die Situation der Roma-Frauen stärker zu berücksichtigen. Sie unterlägen aufgrund von Geschlecht und Minderheitszugehörigkeit einer mehrfachen Diskriminierung. Eine informelle Studie der Initiative habe gezeigt, dass Roma-Frauen in politischen Gremien in Deutschland gar nicht präsent seien, in anderen gesellschaftlichen Institutionen sähe die Lage auch nicht besser aus. Es sei daher - auch europaweit - nötig, die Förderung von Roma-Frauen als Ziel zu verankern.

Uda Bastian vom Deutschen Städtetag betonte, dass die Diskussion um sogenannte Armutszuwanderung, die der Städtetag angestoßen hatte, im medialen Diskurs auf Roma aus Bulgarien und Rumänien verkürzt worden sei. Dabei lägen keine Daten darüber vor, inwiefern es sich bei diesen Zuwanderern tatsächlich um Roma handle. In Deutschland wird die ethnische Zugehörigkeit nicht erfasst. Der Städtetag unterstütze die Freizügigkeit in Europa. Allerdings stelle die sogenannte Armutszuwanderung die Kommunen vor Probleme, die dann auch zu Akzeptanzproblemen der Bevölkerung führten. Bastian lobte, dass auf politischer Ebene inzwischen viel passiert sei. Es sei aber abzuwarten, "ob das ausreicht". Bastian zeigte sich zudem erfreut über das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshof zu Einschränkungen des HartzIV-Bezugs von EU-Bürgern.

Auch Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung betonte, dass Aussagen über Roma aus Bulgarien und Rumänien mangels Daten nicht möglich seien. Er warnte zudem davor, Expertenaussagen, etwa aus dem Bereich der sozialen Arbeit, zu verallgemeinern. Aus gesamtstaatlicher Perspektive seien Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien in Bezug auf Indikatoren wie Teilhabe am Arbeitsmarkt ähnlich gut integriert wie Zuwanderer aus anderen neuen Mitgliedsstaaten und aus Südeuropa. Es zeigten sich aber deutliche regionale Unterschiede. Insbesondere in einigen Kommunen in Nordrhein-Westfalen oder auch Berlin sei die Beschäftigungsquote von Bulgaren und Rumänen sehr gering, die Arbeitslosenquote hoch.

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4. EU-US-Datenschutz-Abkommen

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Um die Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der EU und den USA "über den Schutz personenbezogener Daten bei deren Übermittlung und Verarbeitung zum Zwecke der Verhütung, Untersuchung, Aufdeckung und Verfolgung von Straftaten, einschließlich terroristischer Handlungen, im Rahmen der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen" geht es in der Antwort der Bundesregierung (18/3019) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/2925). Wie die Regierung darin ausführt, sind die Verhandlungen über dieses "EU-US-Datenschutzabkommen" noch nicht abgeschlossen. Sie gehe jedoch davon aus, dass zwischen der EU und den USA bereits geschlossene Übereinkommen zur polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit, die datenschutzrechtliche Bezüge aufweisen, vom Anwendungsbereich des EU-US-Datenschutzabkommens erfasst sein werden. Dies führe allerdings aus ihrer Sicht "nicht zur inhaltlichen Verdrängung bestehender Übereinkommen beziehungsweise bestehender datenschützender Regelungen, sondern lediglich dazu, dass die bestehenden Übereinkommen - soweit Lücken bestehen - ergänzt werden".

Wie die Regierung in ihrer Antwort weiter schreibt, ist der Anwendungsbereich des EU-US-Datenschutzabkommens auf die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen begrenzt. Die nachrichtendienstliche Zusammenarbeit mit den USA werde daher aus ihrer Sicht nicht erfasst.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 580 - 12. November 2014 - 18.45 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. November 2014