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BUNDESTAG/4463: Heute im Bundestag Nr. 328 - 23.06.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 328
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 23. Juni 2014, Redaktionsschluss: 16.25 Uhr

1. Anhörung zu Flüchtlingspolitik
2. Keine Änderung bei Logopäden-Vergütung
3. Lebensversicherungen: Änderungen verlangt
4. Endlager-Kommission berät Arbeitsprogramm
5. Regierung verteidigt PMK-Statistik
6. EU-Staatsanwalt im Blick



1. Anhörung zu Flüchtlingspolitik

Innenausschuss

Berlin: (hib/STO) Fragen der Flüchtlingspolitik werden am Mittwoch, dem 2. Juli 2014, auf einer öffentlichen Sachverständigen-Anhörung des Innenausschusses behandelt. Dazu liegt ein Antrag der Fraktion Die Linke (18/288) vor, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, sich "umfassend auf der EU-Ebene für eine offene, solidarische und humane Flüchtlingspolitik der Europäischen Union" einzusetzen, um das "Massensterben an den EU-Außengrenzen zu beenden". Zu der auf zwei Stunden veranschlagten Veranstaltung, die um 15.00 Uhr im Paul-Löbe-Haus (Raum E 300) beginnt, werden insgesamt sieben Sachverständige erwartet. Interessierte Zuhörer werden gebeten, sich mit Namen und Geburtsdatum beim Ausschuss (innenausschuss@bundestag.de) anzumelden.

In dem Antrag plädiert die Fraktion dafür, sichere Einreisemöglichkeiten für Flüchtlinge zu schaffen, "indem Visa zur Durchführung eines Asylverfahrens erteilt werden". Auch bedürfe es eines gemeinsamen Programms zur Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Personen, die vom UNHCR in anderen Ländern als Flüchtlinge bereits anerkannt wurden, dort jedoch nicht bleiben können. Auch sei es vor dem Hintergrund von Millionen syrischer Flüchtlinge auf EU-Ebene erforderlich, unverzüglich eine gemeinsame Aufnahmeaktion zur Entlastung der überforderten Nachbarstaaten Syriens zu starten und Evakuierungen aus Syrien vorzunehmen.

Ferner fordert die Fraktion in der Vorlage, die EU-Grenzschutzagentur Frontex aufzulösen. Die Rettung von in Seenot geratenen Menschen dürfe nicht durch Straf- und Sanktionsandrohungen verhindert werden; gerettete Schutzsuchende müssten einen sicheren Zugang zu einem fairen Asylverfahren in der EU erhalten. Auch soll nach dem Willen der Abgeordneten unter anderem die sogenannte Dublin-Verordnung geändert werden, "so dass Asylsuchende die Wahl haben, in welchem der Mitgliedsstaaten sie ihr Asylverfahren durchführen wollen, etwa wegen familiärer Bindungen oder besonderer Sprachkenntnisse".

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2. Keine Änderung bei Logopäden-Vergütung

Petitionsausschuss

Berlin: (hib/HAU) Die Bundesregierung sieht derzeit keinen Handlungsbedarf für eine Abkopplung der Honorarentwicklung bei Logopäden von der sogenannten Grundlohnsummenanbindung. Das machte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit, Annette Widmann-Mauz (CDU) am Montag vor dem Petitionsausschuss deutlich. Grundlage der öffentlichen Sitzung war eine Petition, in der auf die niedrige Vergütung von Logopäden hingewiesen wurde. Honorare in Höhe von 24 bis 38 Euro für eine 45-minütige Einzelbehandlung führten zur Selbstausbeutung der Logopäden, sagte die Petentin Christiane Schrick, staatlich examinierte Logopädin mit eigener Praxis in Norderstedt. Viele ihrer Kollegen, so Schrick, stünden finanziell vor dem Aus oder müssten ihre Altersvorsorgen auflösen, um den Praxisbetrieb aufrecht zu erhalten.

Die Petentin forderte daher eine Abkopplung der Honorarentwicklung bei Logopäden von der Grundlohnsummensteigerungsrate - der von der Bundesregierung errechneten maximalen Honorarerhöhung - die seit dem Jahr 2000 unterhalb der Inflationsrate liege und einen Reallohnverlust mit sich bringe. Zudem müsse es Ärzten erlaubt werden, "ohne Druck" in angemessener Zahl Therapien zu verordnen, was allerdings aufgrund der Budgetierung immer seltener erfolge, sagte Schrick.

Was die Verordnungen angeht, so sah sich die Gesundheits-Staatssekretärin nicht auskunftsfähig. Diese Zahlen lägen dem Ministerium nicht vor, sagte Widmann-Mauz. Festzustellen sei aber, dass die Ausgaben im Bereich der Logopädie innerhalb der letzten zehn Jahre um 75 Prozent gestiegen seien, "und damit deutlich überdurchschnittlich im Verhältnis zu anderen Leistungsbereichen in der Gesetzlichen Krankenversicherung". Was den von der Petentin erhobenen Vorwurf angeht, die Kassenärztliche Vereinigung (KV) würde die Ärzte lediglich über Einsparungsmaßnahmen, nicht aber über die Möglichkeit der Verordnung von Therapien informieren, sagte die Staatssekretärin zu, dies gegenüber den zuständigen Länderministerien zur Sprache zu bringen.

Mit Blick auf die Grundlohnsummenrate stellte Widmann-Mauz fest, dass es 2014 einen allgemeinen Verbraucherpreisindex von 1,4 Prozent gebe, während die Grundlohnratenbindung bei 2,81 Prozent liege. "Auch das muss man erwähnen", sagte die Staatssekretärin. Sie wies auch auf zwei "maßgebliche Verbesserungen" hin, die der Gesetzgeber seit Einreichung der Petition eingeführt habe. So gebe es inzwischen eine Schiedsstellenregelung, um zum Abschluss sachgerechter Verhandlungen zwischen Kassen und Verbänden zu kommen. Außerdem sei die Vorlagepflicht der Abschlüsse aufgehoben worden, was dazu führe, dass die Vertragspartner auch über die Grundlohnrate hinausgehen könnten. "Das zeigt: Das Ministerium verfolgt die Entwicklungen im Bereich der Logopädie sehr aufmerksam", betonte Widmann-Mauz.

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3. Lebensversicherungen: Änderungen verlangt

Finanzausschuss/Öffentliche Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Mehrere Sachverständige haben die Absicht der Bundesregierung begrüßt, die Steuerfreiheit der Auszahlungen nach einem Verkauf von Lebensversicherungen bei Eintritt des Versicherungsfalls aufzuheben.

So nannte Professor Frank Hechtner (Freie Universität Berlin) am Montag in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses die geplante Regelung sachgerecht. Es handele sich um eine "ökonomisch nicht mehr gerechtfertigte Steuerbegünstigung". Auch der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GdV) bezeichnete die Pläne der Bundesregierung als "nachvollziehbar". Diese und andere Änderungen sind in dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (18/1529) enthalten, der Grundlage der öffentlichen Anhörung war.

Die Bundesregierung begründet die Aufhebung der Steuerfreiheit damit, dass Kapital- und Rentenversicherungen der Absicherung wirtschaftlicher Risiken dienen, die aus der Ungewissheit und Unberechenbarkeit des menschlichen Lebens erwachsen würden. Bisher sei die ausbezahlte Versicherungssumme bei Eintritt des versicherten Risikos (Todesfall) nicht steuerpflichtig. Steuerpflichtig sei die Versicherungsleistung im Erlebnisfall. Durch den Verkauf einer Lebensversicherung verliere die Versicherung jedoch den Zweck der Risikovorsorge bei Eintritt des Versicherungsfalls. "Denn für den Erwerber einer gebrauchten Lebensversicherung ist die Absicherung des versicherten Risikos nicht von Bedeutung", heißt es. Es gebe inzwischen regelrechte Anlagemodelle bei gekauften Lebensversicherungen. "Diese Anlagemodelle zeigen, dass beim entgeltlichen Erwerb gebrauchter Versicherungen die Grundlage für den steuerfreien Bezug der Versicherungssumme entfällt, da für den Erwerber ausschließlich die Renditeerwartungen aus der Kapitalanlage relevant sind."

Diese Änderung bei verkauften Lebensversicherungen wurde von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft als Schließung einer Besteuerungslücke ausdrücklich begrüßt. Auch Hechtner nannte in seiner Stellungnahme die Befreiung von der Besteuerung "systemwidrig". Änderungen an dem Entwurf verlangte Jürgen Brandt, der Präsident des Finanzgerichtstages. Er wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass Angehörige sich veranlasst sehen könnten, eine Versicherung zu übernehmen, um die Risikovorsorge des Versicherten aufrecht zu erhalten. Diese Fälle sollten nicht von der Steuerpflicht erfasst werden. Ähnlich argumentierte die Versicherungswirtschaft und verwies auf Fälle der vorweggenommenen Erbfolge sowie Scheidungsfolgenregelungen, die von der Neuregelung negativ betroffen sein könnten. Darauf wiesen auch die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft hin.

Die von den Koalitionsfraktionen per Änderungsantrag noch geplante Reduzierung der Mehrwertsteuer für Hörbücher von 19 auf sieben Prozent missfiel der Deutschen Steuergewerkschaft, die sich für einen einheitliche Umsatzsteuersatz aussprach und sich strikt dagegen wandte, neue Sachverhalte in den ermäßigten Steuersatz hineinzunehmen. Es gebe Abgrenzungsprobleme zum Beispiel bei Downloads. Diese Abgrenzungsprobleme sah auch die Bundessteuerberaterkammer. Angesichts unterschiedlicher Regelungen in den EU-Ländern drohten zudem Wettbewerbsverzerrungen. Für Hechtner war "nicht erkennbar, welche positiven ökonomischen Maßnahmen sich aus einer solchen Maßnahme ergeben sollen".

Unterschiedliche Auffassungen gab es zu einer Neureglung, die die Finanzämter verpflichtet, den Steuerberaterkammern in bestimmten Fällen Informationen über Bußgeldverfahren wegen unbefugter Hilfeleistung in Steuersachen zu geben. Während die Steuerberaterkammer ihr "berechtigtes Interesse" an diesen Informationen darlegte, warnte der Verband der Bilanzbuchhalter und Controller vor einer "Instrumentalisierung der Finanzbehörden für wettbewerbsrechtliche Belange".

Mehrere Sachverständige befassten sich auch mit der Steuerschuld bei Bauleistungen, die in bestimmten Fällen auf den Leistungsempfänger übergeht (Reverse-Charge-Verfahren). Ein Urteil des Bundesfinanzhofes hatte für Verunsicherung in der Bauwirtschaft gesorgt, so dass der Gesetzgeber jetzt Klarheit schaffen will. Der Zentralverband des deutschen Handwerks sah "Handlungsbedarf so zeitnah wie möglich".

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4. Endlager-Kommission berät Arbeitsprogramm

Endlager-Kommission (Öffentliche Sitzung)

Berlin: (hib/JOH) Die Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe, kurz Endlager-Kommission genannt, kommt am 30. Juni um 11 Uhr zu seiner zweiten Sitzung zusammen. Das Gremium tagt öffentlich im Paul-Löbe-Haus in Sitzungssaal E 700.

Auf der Tagesordnung stehen unter anderem die Beratung und Beschlussfassung über die Geschäftsordnung der Kommission und über das Arbeitsprogramm für dieses Jahr. Außerdem gibt es ab zirka 14 Uhr eine Diskussion zum Thema "Gemeinsames Leitbild für die sichere Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe nach dem Beschluss zum Ausstieg aus der Atomenergie". Zur Einführung dieses Themas wird Kanzleramtsminister Peter Altmaier sprechen.

Interessierte Besucher werden gebeten, sich bis zum 26. Juni mit Namen, Vornamen und Geburtsdatum bei der Geschäftsstelle der Kommission anzumelden (E-Mail: kommission.endlagerung@bundestag.de, Tel: 030 227 32978). Ein gültiger Personalausweis ist mitzubringen.

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5. Regierung verteidigt PMK-Statistik

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die Bundesregierung verwahrt sich gegen den Vorwurf, die Erfassung und Darstellung politisch motivierter Kriminalität sei "mehr ein Mittel der Politik - als ein Abbild der tatsächlichen Gefährdungslage". Die Erfassung diesbezüglicher Straftaten im Kriminalpolizeilichen Meldedienst (KPMD-PMK) erfolge objektiv nach verwirklichten Straftatbeständen, schreibt die Regierung in ihrer Antwort (18/1724) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/1520). Darin hatte die Fraktion geschrieben, dass aus ihrer Sicht die Ende April von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) für das Jahr 2013 vorgestellte Statistik zur politisch motivierten Kriminalität (PMK) "mehr ein Mittel der Politik" sei als ein Abbild der tatsächlich von politisch motivierten Tätern ausgehenden Gefährdungslage.

Die Bundesregierung argumentiert in ihrer Antwort, dass die Fragesteller hierbei implizierten, auch gewaltfreie Protestformen würden von den Polizeibehörden pauschal als Straftaten gewertet. Dies treffe nicht zu. Nicht jede sogenannte Sitzblockade werde als politisch motivierte Straftat bewertet. Es seien nur die Ereignisse als PMK-Straftat zu melden, bei deren Begehung der Tatbestand der Nötigung oder ein strafbarer Verstoß gegen das Versammlungsgesetz verwirklicht wird und zusätzlich eine politische Motivation vorliegt. "Die Möglichkeit, Demonstrationen durchzuführen und für eine politisch Grundhaltung zu werben, gehört zu den zu schützenden Grundwerten unserer Demokratie", heißt es in der Antwort weiter. Dieses Recht habe jedoch dort seine Grenzen, wo Strafgesetze verletzt werden.

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6. EU-Staatsanwalt im Blick

Recht und Verbraucherschutz/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/KOS) In einer Kleinen Anfrage (18/1625) setzt sich die Linke kritisch mit den weitreichenden Kompetenzen, dem organisatorischen Aufbau, den rechtsstaatlichen Standards und der parlamentarischen Kontrolle der geplanten EU-Staatsanwaltschaft auseinander. Die Regierung soll unter anderem Auskunft über die Abstimmung der Zuständigkeiten zwischen der EU-Ermittlungsbehörde und den nationalen Staatsanwälten sowie über die Rechte von Beschuldigten bei einer grenzüberschreitenden Strafverfolgung geben.

Die Linke will von der Regierung zudem wissen, ob ein EU-Staatsanwalt überhaupt erforderlich ist und ob die EU-Länder über zu wenige Kapazitäten bei der Strafverfolgung verfügen. Ebenso will die Fraktion erfahren, welche Befugnisse der EU-Staatsanwalt nach ihrer Auffassung erhalten soll und wie sie dessen Weisungsrecht gegenüber nationalen Instanzen beurteilt. Geklärt werden muss aus Sicht der Fraktion auch, ob die EU-Behörde operative Ermittlungen vor Ort in den einzelnen Ländern selbst leiten dürfe oder ob dafür nationale Staatsanwälte zuständig sein sollen. Wissen will die Oppositionsfraktion zudem, ob eine Ausdehnung der Kompetenzen der EU-Behörde auf grenzüberschreitende Kriminalität rechtlich möglich ist.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 328 - 23. Juni 2014 - 16.25 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juni 2014