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BUNDESTAG/3934: Heute im Bundestag Nr. 334 - 17.06.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 334
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 17. Juni 2013 Redaktionsschluss: 12:40 Uhr

1. Grüne wollen Gruppenverfahren in der Zivilprozessordnung einführen
2. SPD will Videoübertragung von Prozessen ermöglichen
3. Bundesregierung bewertet Urheberrechtsgesetz als verfassungsmäßig
4. Regierung: Unterstützen Erforschung des Umgangs mit NS-Verbrechern nach 1945
5. Regierung: Aktionsfeld der Islamfeindlichkeit hat im Rechtsextremismus an Bedeutung gewonnen
6. Im Bundestag notiert: Unterstützung benachteiligter und arbeitsmarktferner Jugendlicher



1. Grüne wollen Gruppenverfahren in der Zivilprozessordnung einführen

Recht/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/KOS) Die Grünen wollen in der Zivilprozessordnung sogenannte Gruppenverfahren verankern, um auf diese Weise vor Gericht eine größere Zahl von Fällen bündeln zu können, denen jeweils der gleiche Sachverhalt zugrunde liegt. In einem Gesetzentwurf der Fraktion (17/13756) heißt es, im Privatrecht werde noch immer ein aus dem 19. Jahrhundert stammendes Prozessrecht praktiziert, das fast ausschließlich auf der individuellen Rechtsdurchsetzung durch einzelne Bürger beruhe. Für die individuelle Rechtsdurchsetzung habe sich die Zivilprozessordnung bewährt, neue Herausforderungen erforderten jedoch neue Instrumente. Als Beispiele für Bereiche, in denen Gruppenverfahren sinnvoll sein könnten, nennt die Vorlage Lebensmittel und Industrieprodukte, die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser, den Transport mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Versicherungen oder eine Altersversorgung durch Kapitalanlagen. Wenn aufgrund "effektiverer Rechtsdurchsetzungsmöglichkeiten" etwa fehlerhafte Anlagenberatungen, verbraucherschutzwidrige Praktiken oder rechtswidrige Geschäftsbedingungen seltener würden, dann nütze das den Konsumenten und habe auch gesamtwirtschaftlich positive Folgen.

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2. SPD will Videoübertragung von Prozessen ermöglichen

Recht/Antrag

Berlin: (hib/KOS) Die Sozialdemokraten wollen die Videoübertragung von Prozessen aus dem Gerichtssaal in andere Räume erlauben, um bei einem starken Publikums- und Medieninteresse eine größere Öffentlichkeit herzustellen. In einem Antrag (17/13891) fordert die SPD-Fraktion die Bundesregierung auf, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) finde sich nichts über die Zulässigkeit von Videoübertragungen, argumentiert die Fraktion. Der wegen des enormen medialen Interesses beim Münchner NSU-Prozess ausgebrochene Streit um die Platzvergabe habe indes offenbart, dass eine gesetzliche Klarstellung nötig sei.

Der im GVG verankerte Grundsatz der Öffentlichkeit gewähre auch Personen, die nicht an einem Gerichtsverfahren beteiligt seien, die Teilnahme an mündlichen Verhandlungen. Auf diese Weise, schreibt die SPD, solle die Kontrolle des Prozessgeschehens durch die Allgemeinheit gewährleistet werden. Dem Prinzip der Öffentlichkeit setzten die räumlichen Kapazitäten der Gerichte jedoch Grenzen. Der Zutritt erfolge grundsätzlich nach dem "Windhundprinzip", also nach der Reihenfolge des Erscheinens. Im Falle einer drohenden Überfüllung könne ein Gericht auch ein Akkreditierungsverfahren vornehmen. Die Fraktion fordert nun, in "bedeutenden Prozessen" dem gesteigerten Interesse der Allgemeinheit durch die Möglichkeit einer Videoübertragung in einen anderen Raum oder Gerichtssaal Rechnung zu tragen.

Wie die SPD-Fraktion in ihrem Antrag erläutert, verbiete das GVG Ton- und Filmaufnahmen zum Zweck einer öffentlichen Vorführung. Diese Einschränkung sei sinnvoll, da einer Fernseh- oder Rundfunkübertragung "gewichtige Interessen" von Verfahrensbeteiligten entgegenstehen könnten. Auch sollten Gerichtsverfahren "nicht zu Medienereignissen" werden, heißt es in der Vorlage, "weil ansonsten die Gefahr besteht, dass das Verhalten der Prozessbeteiligten beeinflusst, die Wahrheitsfindung erschwert und damit das Recht auf ein faires Verfahren verletzt wird".

Anders verhält es sich aus Sicht der Antragsteller hingegen bei Videoübertragungen in einen anderen Raum. Dabei handele es sich nicht um eine "öffentliche Vorführung", sondern um eine "virtuelle Erweiterung des Gerichtssaals". Mittels einer technischen Übertragung werde "lediglich die Tür des Gerichtssaals geöffnet", um in einem anderen Raum Interessenten die Teilnahme am Prozess zu ermöglichen.

Die Fraktion betont, dass nicht nur Strafverfahren nach dem Muster des NSU-Prozesses von großem medialen Interesse seien. Gleiches gelte etwa auch für Schadensersatzklagen von Kleinanlegern gegen Banken vor dem Hintergrund der Finanzkrise oder für Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, beispielsweise zum Thema Euro-Rettung.

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3. Bundesregierung bewertet Urheberrechtsgesetz als verfassungsmäßig

Recht/Antwort

Berlin: (hib/KOS) Nach Auffassung der Bundesregierung ist Paragraph 32 des Urheberrechtsgesetzes, der einen Anspruch auf eine "angemessene Vergütung" für Kreativschaffende postuliert, verfassungsgemäß. Mit diesen Worten kommentiert die Regierung in einer Antwort (17/13678) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (17/13498) die in Karlsruhe von einem Verlag eingereichte Klage gegen diesen Paragraphen, der aus Sicht des Unternehmens einen unzulässigen Eingriff in die Grundrechte von Verwertern und deren Vertragsfreiheit darstellt. Laut Regierung haben Verwerterverbände und Vertreter von Urhebern bislang nur für Autoren belletristischer Werke, für hauptberufliche freie Journalisten bei Tageszeitungen und für Fotografen Vergütungsregeln vereinbart. In der Antwort wird die geringe Zahl solcher Verträge darauf zurückgeführt, dass sich die Verhandlungen "angesichts der vielfach gegensätzlichen Interessen von Kreativen und Verwertern oft schwierig und zeitaufwendig" gestalteten. Zudem existierten nicht in allen Branchen kreativen Schaffens Vereinigungen, die zu solchen Verhandlungen in der Lage seien.

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4. Regierung: Unterstützen Erforschung des Umgangs mit NS-Verbrechern nach 1945

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die Bundesregierung unterstützt nach eigenen Angaben die wissenschaftliche Erforschung des Umgangs staatlicher Stellen mit NS-Verbrechern und NS-Belasteten in der Zeit nach 1945 "in vielfältiger Weise, unter anderem durch die Finanzierung von unabhängigen Forschungsprojekten". Dazu zählten auch die Projekte zur Erforschung der Geschichte der Nachrichtendienste des Bundes, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/13563) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/12884). Überdies habe sie mit der Novellierung der Verschlusssachen-Anweisung (VSA) im Jahr 2010 vorgeschrieben, "dass im Rahmen eines festgelegten Zeitplans die Altakten des Bundes daraufhin geprüft werden, ob der Verschlussgrad von VS-Dokumenten auch heute noch geboten ist". Damit bezwecke sie, "VS-Unterlagen des Bundes, die älter als 30 Jahre sind, schneller, als es in der Vergangenheit üblich war, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen".

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5. Regierung: Aktionsfeld der Islamfeindlichkeit hat im Rechtsextremismus an Bedeutung gewonnen

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Das Aktionsfeld der Islamfeindlichkeit als eine "neuartige Form der Fremdenfeindlichkeit" hat nach Angaben der Bundesregierung im Rechtsextremismus in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Wie die Regierung in ihrer Antwort (17/13686) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/13573) ausführt, konnten seit Ende 2011 auf einschlägigen Internetseiten islamkritische beziehungsweise islam- und muslimfeindliche Reaktionen in Form von Leserkommentaren festgestellt werden. Dies sei gesteigert nach bestimmten Ereignissen - wie etwa den Ausschreitungen am Rande von Demonstrationen in Solingen und Bonn im Mai 2012 oder dem versuchten Bombenanschlag auf den Bonner Hauptbahnhof im Dezember 2012 - aufgetreten.

Ihrer Ansicht nach stelle dies jedoch "keine grundsätzlich neue Qualität einer muslim- oder islamfeindlichen Einstellung dar", schreibt die Regierung in der Antwort weiter. Ob sich dabei ein neues, eigenständiges Phänomen extremistischer Ausprägung herausbildet, unterliege der ständigen Prüfung durch die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern.

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6. Im Bundestag notiert: Unterstützung benachteiligter und arbeitsmarktferner Jugendlicher

Arbeit und Soziales/Antwort

Berlin: (hib/CHE) Die Bundesregierung plant, in der nächsten Förderperiode 2014 bis 2020 junge Menschen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) zu fördern, um ihnen einen Berufseinstieg zu ermöglichen. Das schreibt sie in ihrer Antwort (17/13694) auf eine Kleine Anfrage (17/13585) der SPD-Fraktion. Nach derzeitigem Stand der Planungen zum künftigen ESF-Programm des Bundes in diesem Zeitraum sollen Jugendliche und junge Erwachsene insbesondere in den Programmen "Kofinanzierung der Berufsbegleitung", "JUGEND STÄRKEN Plus" und "Integration statt Ausgrenzung" gefördert werden. Ziel dieser Programme sei eine gezielte Unterstützung benachteiligter und arbeitsmarktferner Jugendlicher und junger Erwachsener mit und ohne Migrationshintergrund, schreibt die Regierung.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 334 - 17. Juni 2013 - 12:40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juni 2013