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BUNDESTAG/3917: Heute im Bundestag Nr. 317 - 11.06.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 317
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Dienstag, 11. Juni 2013 Redaktionsschluss: 11:00 Uhr

1. Kontroverse über Zweitverwertungsrechte
2. Bundeswehreinsatz vor der Küste des Libanons soll verlängert werden
3. SPD fordert menschenrechtsbasierte Klimapolitik
4. Regierung begrüßte grundsätzlich Vorschlag zur zentraler "Police Information Exchange Plattform"
5. Regierung legt Fünften Versorgungsbericht vor
6. Im Bundestag notiert: Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Antiterrordatei
7. Im Bundestag notiert: Mitglieder und Sympathisanten des DPHW



1. Kontroverse über Zweitverwertungsrechte

Rechtsausschuss (Anhörung)

Berlin: (hib/KOS) Streit über die Einführung eines Zweitverwertungsrechts für Autoren, die wissenschaftliche Erkenntnisse aus öffentlich geförderten Forschungsprojekten in Periodika veröffentlicht haben, hingegen Zustimmung zu dem Plan, die Publikation von Werken mit unbekannten Rechteinhabern zu ermöglichen: Diese Debatten prägten am Montagabend eine Anhörung des Rechtsausschusses über Reformen des Urheberrechts. Dem Hearing unter Vorsitz des CDU-Abgeordneten Patrick Sensburg lagen sechs Dokumente zugrunde: ein Gesetzentwurf der Regierung (17/13423), ein Gesetzentwurf der SPD (17/5053), ein Gesetzentwurf der Linksfraktion (17/4661), ein Antrag der Linken (17/5479) und zwei Anträge der Grünen (17/4695 und 17/7031).

Nach dem Willen der Regierung soll es Verfassern von wissenschaftlichen Texten, die in Periodika erschienen sind, künftig generell gestattet werden, ihre Beiträge nach einer Frist von zwölf Monaten seit der Erstpublikation zu nicht gewerblichen Zwecken erneut zu veröffentlichen. Es handelt sich dabei um Texte, die im Rahmen einer Lehr- und Forschungstätigkeit entstanden sind, die mindestens zu 50 Prozent mit öffentlichen Mitteln gefördert wurden. Die SPD argumentiert, dass der Staat Wissenschaft und Forschung mit Milliardensummen unterstütze. Wenn Verlage die dabei gewonnenen Erkenntnisse publizieren, ließen sie sich in der Regel alle Rechte an den Texten abtreten und würden dann die entsprechenden Lizenzen an Bibliotheken und Universitäten verkaufen - was dazu führe, dass die Bürger für die bereits mit Steuermitteln finanzierten wissenschaftlichen Erkenntnisse ein zweites Mal zahlen müssten.

Gabriele Beger befürwortete die Einführung eines Zweitverwertungsrechts "ohne Wenn und Aber", weil auf diese Weise der Wissenschaftsstandort Deutschland gestärkt werde. Ohne einen besseren öffentlichen Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen droht Deutschland aus Sicht der Direktorin der Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek "im Forschungswettbewerb weiter abgehängt zu werden", wie es in ihrer schriftlichen Stellungnahme heißt. Die Neuregelung solle jedoch nicht nur für außeruniversitäre Forschungstätigkeit gelten.

Eric Steinhauer sagte, eine stärkere öffentliche Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse über Zweitverwertungen werde die interdisziplinäre Zusammenarbeit fördern. Der Bibliotheksdirektor an der Fernuni Hagen ist der Meinung, dass angesichts des Internets die Herstellung wissenschaftlicher Öffentlichkeit kein verlegerisches Monopol mehr sei. Für Ludwig Kronthaler, Generalsekretär der Max-Planck-Gesellschaft, tragen die Gesetzesinitiativen dazu bei, die Wirkung öffentlicher Investitionen in die Forschung zu steigern.

Als Sprecher der wissenschaftlichen Verlage erklärte hingegen G.-Jürgen Hogrefe, man sehe die Einführung eines Zweitverwertungsrechts "sehr, sehr kritisch". Eine Zweitveröffentlichung von Texten trage nicht zur Finanzierung der Erstpublikationen bei, für die von den Verlagen gesorgt werde. Hogrefe warnte, dass Zweitveröffentlichungen "systematisch verwertet werden". Christian Sprang vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels betonte, die Verlage investierten viel Geld in die Erstpublikation wissenschaftlicher Beiträge. Diesem Engagement werde durch kostenlos zugängliche Zweitveröffentlichungen die Basis entzogen.

Im Namen des Deutschen Hochschulverbands (DHV), in dem nach eigenen Angaben 28.000 Wissenschaftler organisiert sind, kritisierte auch Horst-Peter Götting die geplante Reform des Urheberrechts entschieden. Der Professor sieht die Gefahr, "dass eine etablierte Verlagskultur zerstört wird". Es sei zu befürchten, sagte der Sachverständige, dass aus dem Recht auf Zweitveröffentlichung eine Pflicht werden könne. Die Neuregelung sei unvereinbar mit dem Urheberrecht, wonach wissenschaftliche Autoren selbst entscheiden könnten, wann sie was wo wie publizieren wollten. In der schriftlichen DHV-Stellungnahme ist von einer "verfassungswidrigen staatlichen Publikationslenkung" die Rede.

Kronthaler widersprach diesen Argumenten mit dem Hinweis, dass 70 Prozent der Verlage den Autoren schon heute eine Zweitveröffentlichung gestatten würden. Die Verlage leisteten vor allem Widerstand gegen die Reform, "weil sie die Dinge in der Hand behalten wollen".

Anders als das Zweitverwertungsrecht war bei der Anhörung die Ermöglichung einer Publikation "verwaister" Print-, Musik und Filmwerke nicht umstritten. Solche Werke, deren Rechteinhaber auch nach gründlicher Suche nicht ausfindig zu machen sind, sollen laut dem Gesetzentwurf der Regierung künftig vor allem von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, Archiven und Bibliotheken in digitalisierter Form online gestellt werden können, "damit sie nicht dem kulturellen Erbe verloren gehen".

Aus Sicht von Robert Staats von der Verwertungsgesellschaft Wort ist die Gesetzesvorlage "insgesamt gelungen". Er plädierte jedoch dafür, in die Geltendmachung der Vergütungsansprüche von Rechteinhabern, so diese doch noch auftauchen sollten, die Verwertungsgesellschaften einzubeziehen. Katharina de la Durantaye meinte, für verwaiste Filmwerke sei bislang noch keine praktikable Lösung gefunden worden. Die Suchpflichten nach den Urhebern solcher Filme sollten eingeschränkt werden, so die Professorin an der Berliner Humboldt-Uni.

2. Bundeswehreinsatz vor der Küste des Libanons soll verlängert werden

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Bundeswehr soll sich weiterhin am maritimen Teil der internationalen Unifil-Mission (United Nations Interim Force in Lebanon) beteiligen. Das entsprechende Mandat soll um ein Jahr bis Ende Juni 2014 verlängert werden, heißt es in einem Antrag der Bundesregierung (17/13753), der am Freitag erstmals auf der Tagesordnung der Bundestagsplenums steht.

Aufgabe der internationalen Mission sei es, durch die Grenzsicherung Waffenschmuggel zu Land und zur See zu verhindern sowie die libanesischen Streitkräfte beim Aufbau von Fähigkeiten zu unterstützen, die Küste und die territorialen Gewässer selbstständig zu überwachen. Die Zahl der einzusetzenden Bundeswehrsoldaten beträgt laut Antrag 300, die Kosten für die Verlängerung um ein Jahr beziffert die Bundesregierung auf rund 26,8 Millionen Euro.

Seit der letzten Verlängerung des Bundestagsmandats für den Unifil-Einsatz im Jahre 2012 habe sich die Sicherheitslage im gesamten Nahen Osten verschärft, schreibt die Bundesregierung in ihrer Begründung. "Insbesondere die Flüchtlingsproblematik und der syrische Konflikt haben das Potenzial, die gesamte Region inklusive des Libanon weiter zu destabilisieren." So habe das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen mit dem Stand Anfang April des Jahres mehr als 400.000 Flüchtlinge aus Syrien registriert, das seien etwa zehn Prozent der Gesamtbevölkerung des Libanon. Zudem nähmen die Spannungen im Dreiländereck Israel/Syrien/Libanon stetig zu.

In Anbetracht solcher "Destabilisierungspotenziale leistet Unifil als Stabilitätsanker in der Region einen deeskalierenden Beitrag", schreibt die Bundesregierung weiter. Die Mission sorge für die Überwindung innerstaatlicher und zwischenstaatlicher Konflikte und stelle einen von allen Seiten anerkannten Mediator im Nahen Osten dar.

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3. SPD fordert menschenrechtsbasierte Klimapolitik

Menschenrechte und humanitäre Hilfe/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Sozialdemokraten machen sich für einen "menschenrechtsbasierten Ansatz" in der internationalen Klimapolitik stark. Ein solcher Ansatz sei notwendig, "um den Auswirkungen des Klimawandels langfristig entgegentreten zu können und dabei menschenrechtlich kohärent zu handeln", heißt es in einem Antrag der SPD-Fraktion (17/13755), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht.

Die Bundesregierung wird unter anderem aufgefordert, sich dafür einzusetzen, Menschenrechte als feste Referenzgröße insbesondere bei der Aushandlung eines internationalen Klimaabkommens für die Zeit ab 2020 einzuführen. Weiter soll sie sich unter anderem für "Maßnahmen und geeignete Instrumente zum menschenrechtskonformen Umgang mit klimabedingter Flucht und Migration" stark machen sowie auch dafür, Auswirkungen des Klimawandels auf die Menschenrechte zum festen Bestandteil im Rahmen der Universellen Staatenüberprüfung (UPR) des UN-Menschenrechtsrats zu machen.

Der Mehrwert der Menschenrechte in der Klimadiskussion liegt aus Sicht der Sozialdemokraten "insbesondere auf der fest verankerten Pflicht, international zu kooperieren, auf dem Fokus auf verwundbare Bevölkerungsgruppen sowie auf der Bereitstellung von Standards und Mechanismen, um den Klimawandel mit seinen Folgen auf vertraglich vereinbarter Grundlage politisch und rechtlich zu bewerten".

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4. Regierung begrüßte grundsätzlich Vorschlag zur zentraler "Police Information Exchange Plattform"

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die Bundesregierung hat nach eigenen Angaben einen Vorschlag Spaniens aus dem Jahr 2010 grundsätzlich begrüßt, eine zentrale "Police Information Exchange Platform" einzurichten. Diese "sollte einen zentralen Zugang zu Informationen und Online-Angeboten der Strafverfolgungsbehörden bieten", schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/13441) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/13196). Ausgeschlossen worden seien aus Sicht der Bundesregierung "jedoch von Beginn an Funktionalitäten, die auf die Erweiterung des Nutzerkreises oder die Verknüpfung bestehender Datenbanken abzielen".

Der Vorschlag Spaniens sei in Punkt 4 "Informationsaustauschplattform für Strafverfolgungsbehörden (IXP)" der Aktionsliste der "Information Management Strategy (IMS)" aufgegangen, heißt es in der Antwort weiter. Die Federführung für diese Initiative sei Europol übertragen worden. Wie die Regierung weiter ausführt, stellte Europol einen Vorschlag zur Diskussion, der vorsieht, IXP in drei Phasen umzusetzen. In der ersten Phase sollen danach allgemeine Informationen wie Rechtsakte, Kontaktstellen oder Handbücher zur Verfügung gestellt werden. Personenbezogenen Daten und Informationen über Verdächtige und Straftaten würden nicht ausgetauscht.

Für die Umsetzung der ersten Phase veranschlagt Europol den Angaben zufolge 18 bis 24 Monate. Die vorgelegten Vorschläge sind laut Bundesregierung bisher nicht konkret ausgearbeitet. Grundlegende Aspekte wie Finanzierung, rechtliche Grundlagen, die Verwaltung und der Betrieb von IXP seien bisher nicht thematisiert worden.

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5. Regierung legt Fünften Versorgungsbericht vor

Inneres/Unterrichtung

Berlin: (hib/STO) Über die Versorgungsleistungen und -ausgaben des Bundes von 1999 bis 2010 sowie die Vorausberechnung der Versorgungsausgaben von 2011 bis 2050 informiert der als Unterrichtung (17/13590) vorgelegte "Fünfte Versorgungsbericht der Bundesregierung". Er verdeutlicht den Angaben zufolge "die nachhaltige Finanzierung der Beamtenversorgung des Bundes durch eine stabile Entwicklung des Anteils der Versorgungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt und an den Steuereinnahmen des Bundes". Die Nachhaltigkeit spiegele sich wider in den stabilen Versorgungsausgaben des Bundes "als Ergebnis von umfangreichen Reformen in der Beamten- und Soldatenversorgung sowie den langjährigen konsequenten Stelleneinsparungen beim Bund". Dadurch seien ein deutlicher Rückgang der Zahl der Versorgungsempfänger bis 2050, ein Rückgang vorzeitiger Pensionierungen der Neupensionäre, ein Anstieg des Ruhestandseintrittsalters sowie eine Absenkung des Versorgungsniveaus zu verzeichnen.

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6. Im Bundestag notiert: Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Antiterrordatei

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen möchte von der Bundesregierung wissen, welche Konsequenzen diese aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Antiterrordatei vom 24. April 2013 (1 BvR 1215/07) zieht. In einer Kleinen Anfrage (17/13703) verweist die Fraktion darauf, dass das Bundesverfassungsgericht das Antiterrordateigesetz (ATDG) "für teilweise verfassungswidrig erklärt und weitreichende gesetzgeberische Reformen gefordert" habe. Das Urteil, das sich mit dem verfassungsrechtlichen Gebot auch der informationellen Trennung von Nachrichtendiensten und Polizei auseinandersetze, habe über das ATDG weit hinaus gehende Konsequenzen und lege "die Überprüfung der Übermittlungsvorschriften der Sicherheitsgesetze insgesamt nahe", schreiben die Abgeordneten.

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7. Im Bundestag notiert: Mitglieder und Sympathisanten des DPHW

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Nach Erkenntnissen über das "Deutsche Polizei Hilfswerk" (DPHW) erkundigt sich die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (17/13684). Wie die Abgeordneten darin schreiben, ermittelt die Staatsanwaltschaft Dresden gegen Mitglieder des DPHW seit Januar 2013 wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Wissen will die Fraktion unter anderem, wie viele Mitglieder und Sympathisanten des DPHW es nach Kenntnis der Bundesregierung bundesweit gibt und inwiefern der Bundesregierung "Mitgliedschaften von Mitgliedern und Sympathisanten des DPHW in rechtsextremen Parteien und Organisationen" bekannt sind.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 317 - 11. Juni 2013 - 11:00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juni 2013