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BUNDESTAG/3915: Heute im Bundestag Nr. 315 - 10.06.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 315
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 10. Juni 2013 Redaktionsschluss: 17:15 Uhr

1. Reform des Handelsgesetzes soll kleine Gesellschaften entlasten
2. Sachverständige fordern mehr Rechte und Schutz für Kinder und Jugendliche



1. Reform des Handelsgesetzes soll kleine Gesellschaften entlasten

Rechtsausschuss (Anhörung)

Berlin: (hib/KOS) Einhellig begrüßt haben die Sachverständigen am Montagnachmittag bei einer Anhörung des Rechtsausschusses die Absicht der Koalition, gegen Kleinstkapitalgesellschaften und kleine Kapitalgesellschaften geringere Ordnungsgelder zu verhängen, sofern sie ihre Pflichten bei der Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen verletzen. Michael Gschrei vom Verband für die mittelständische Wirtschaftsprüfung forderte sogar, bei diesen Unternehmen Ordnungsgelder ganz entfallen zu lassen. Mehrere der neun Experten übten Kritik an Details der Neuregelung des Handelsgesetzes und bezweifelten, ob durch die Änderungen tatsächlich wie erhofft Härtefälle gemildert und die betreffenden Gesellschaften spürbar entlastet werden. Dem Hearing unter Leitung von Halina Wawzyniak (Linke), der Vizevorsitzenden des Ausschusses, lag ein Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU/CSU und FDP zugrunde, der inzwischen von der Regierung wortgleich in einem eigenen Gesetzentwurf übernommen wurde.

Zentrales Anliegen der Reform ist die Reduzierung der Mindestordnungsgelder für Kleinst- und kleine Kapitalgesellschaften, sofern sie ihre Rechnungslegungsunterlagen nicht innerhalb vorgeschriebener Fristen offenlegen. Bislang beläuft sich das Mindestordnungsgeld unabhängig von der Unternehmensgröße stets auf 2.500 Euro, die Höchstsumme kann 25.000 Euro betragen. Das Mindestordnungsgeld soll nun für Kleinstkapitalgesellschaften auf 500 Euro und für kleine Kapitalgesellschaften auf 1.000 Euro gesenkt werden.

Zudem kann im Falle einer Fristversäumnis künftig eine zusätzliche sechswöchige Nachfrist gewährt werden, wenn das betreffende Unternehmen glaubhaft darlegt, ohne eigenes Verschulden das vorgeschriebene Datum verpasst zu haben - wenn beispielsweise ein Alleingeschäftsführer schwer erkrankt war oder Dokumente durch Feuer zerstört wurden. Überdies ist geplant, erstmals eine Beschwerdemöglichkeit gegen Urteile des Bonner Landgerichts zu schaffen, das bundesweit als einzige Instanz über Widersprüche gegen die Verhängung von Ordnungsgeldern durch das Bundesamt für Justiz urteilt.

Heinz-Josef Friehe sagte, er sehe dem neuen Gesetz "mit einem gewissen Optimismus" entgegen. Der Präsident des Bundesamts für Justiz begrüßte es besonders, dass künftig Beschwerden gegen Entscheidungen des Bonner Landgericht formuliert werden können, dessen einzelne Kammern zu diesem Thema inzwischen eine "divergierende Rechtsprechung" entwickelt hätten.

Gschrei begründete seine Forderung, bei Kleinst- und Kleinkapitalgesellschaften auf Ordnungsgelder generell zu verzichten, u.a. mit dem Hinweis, dass von offengelegten Jahresabschlüssen 25 Prozent falsch seien, wobei in diesen Fällen keine Sanktionen ergriffen würden. Sei es schlimmer, keine oder falsche Zahlen offenzulegen, fragte der Sachverständige. Er fände es besser, Unternehmen im Bundesanzeiger zu benennen, die keine Daten publizieren.

In einer gemeinsam vorgelegten Stellungnahme begrüßten Annika Böhm vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag, Robert Kiesel von der IHK der Region Stuttgart und Roland Kleemann, Präsident der Steuerberaterkammer Berlin, die geplanten Neuerungen als "Schritt in richtige Richtung". Wegen komplizierter Detailregelungen sei indes absehbar, dass die Entlastungen zahlreiche Klein- und Kleinstunternehmen nicht erreichen würden, darunter "viele unglückliche Fälle" (Kiesel). Aus Sicht Böhms ist nicht präzise geklärt, wie mit Fristversäumnissen bei der Offenlegungspflicht umgegangen werde, wenn Unterlagen etwa durch Feuer oder durch eine Flut vernichtet würden.

In einer schriftlichen Stellungnahme sprach sich Christoph Teichmann für die Herabsetzung der Mindestordnungsgelder mit dem Argument aus, bislang würden kleine Gesellschaften "überproportional belastet". Bei der Verhängung von Sanktionen würden große und kleine Unternehmen gleich behandelt, so der Professor von der Uni Würzburg, was "faktisch eine Ungleichbehandlung bedeutet", da solche Maßnahmen kleine Gesellschaften härter träfen als große.

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2. Sachverständige fordern mehr Rechte und Schutz für Kinder und Jugendliche

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Anhörung)

Berlin: (hib/AW) Die Rechte und der Schutz von Kindern und Jugendlichen soll ausgeweitet werden. Dies war der einhellige Tenor einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses zu den Ergebnissen des 14. Kinder- und Jugendberichts (17/12200) am Montag. Zudem müssten Kinder bereits sehr früh an die Möglichkeiten der modernen Medienwelt herangeführt, aber auch auf die Risiken vorbereitet werden.

Für die explizite Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz plädierte der Rechtswissenschaftler Reinhard Wiesner. Gemäß der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen sollte die Entwicklung und Förderung von Kindern Verfassungsrang erhalten. Er stellte jedoch klar, dass es nicht darum gehe, die im Grundgesetz verbrieften Rechte und Pflichten von Eltern zu beschneiden. Der Staat solle nicht an die Stelle der Eltern treten, sondern diese dabei unterstützen, ihre Aufgaben wahr nehmen zu können. Wiesner sprach sich auch für die Einsetzung von kommunalen Ombudsstellen in der Kinder- und Jugendhilfe aus. Ebenso plädierte er für die Einsetzung einer Ombudsperson auf Bundesebene nach dem Vorbild des Wehrbeauftragten oder Patientenbeauftragten. An solche Stellen könnten sich Kinder, Jugendliche und deren Eltern in Not- und Konfliktsituationen wenden. In diesem Sinne äußerten sich auch Holger Hofmann, Geschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, und Wolfgang Trede vom Amt für Jugend und Bildung in Böblingen.

Christian Lüders vom Deutschen Jugendinstitut und Thomas Rathgeb vom medienpädagogischen Forschungsverband Südwest verwiesen auf die extrem große Bedeutung der digitalen Medien für Kinder und Jugendliche. Der Umgang mit diesen Medien gehöre inzwischen ganz selbstverständlich zu den Entwicklungsaufgaben, die Kinder bewältigen müssten. Wer diese Medien nicht nutze, werde gesellschaftlich sehr schnell "abgehängt". Dies würde sehr schnell zu einer Verschärfung sozialer Ungleichheiten führen. Lüders und Rathgeb forderten deshalb, das pädagogische Fachpersonal in der Kinder- und Jugendarbeit sowie an den Schulen für Chancen und Risiken der modernen Welt zu sensibilisieren und entsprechend zu schulen. Bernd Schlüter von der Katholischen Hochschule für Sozialwesen in Berlin warnte davor, dass Kinder und Jugendliche über die neuen Medien oftmals einem verstärkten Konsumdruck und einer Markenorientierung ausgesetzt seien. Dies führe zu neuen Abhängigkeiten. Der Staat müsse deshalb auch über schärfere Schutzmechanismen auf der Gesetzesebene im Jugendschutz nachdenken.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 315 - 10. Juni 2013 - 17:15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juni 2013