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BUNDESTAG/3805: Heute im Bundestag Nr. 205 - 17.04.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 205
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 17. April 2013 Redaktionsschluss: 11:40 Uhr

1. Geplante Reform des Flensburger Punktesystems findet weitgehende Zustimmung
2. DFG-Präsident Strohschneider im Bildungs- und Forschungsausschuss



1. Geplante Reform des Flensburger Punktesystems findet weitgehende Zustimmung

Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Anhörung)

Berlin: (hib/MIK) Die von der Bundesregierung geplante Reform des Flensburger Punktesystems für Autofahrer findet bei Sachverständigen weitgehende Zustimmung. Dies wurde am Mittwochvormittag deutlich bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, bei der es um den Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/12636) eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze ging, mit dem das Punktesystem einfacher und transparenter gestalten werden soll.

Der Regierungsentwurf sieht vor, dass es künftig im Punktesystem nur noch drei Kategorien geben soll: ein Punkt bei Ordnungswidrigkeiten, die die Verkehrssicherheit beeinträchtigen, zwei Punkte bei Ordnungswidrigkeiten, die die Verkehrssicherheit "besonders" beeinträchtigen sowie bei Straftaten ohne Führerscheinentzug, und drei Punkte bei Straftaten mit Führerscheinentzug.

Die Transparenz soll durch Verzicht auf komplizierte Tilgungsregelungen erreicht werden, heißt es weiter. Stattdessen sollen künftig feste Tilgungsfristen für die jeweiligen Verkehrsverstöße und ein einheitlicher Beginn für die Tilgungsfristen gelten. Somit soll jeder Verstoß für sich verjähren. Die bisherige "Tilgungshemmung", nach der ein neuer Eintrag automatisch die Tilgungsfrist des alten verlängert, soll wegfallen. Außerdem soll es Fahreignungsseminare geben, die das bisherige Aufbauseminar für Punktetäter ablösen sollen. Die Teilnahme soll sechs Punkte verpflichtend sein.

Markus Schäpe vom ADAC begrüßte als Vertreter von mehr als 18,5 Millionen ADAC-Mitgliedern die Punktereform "ausdrücklich". Das bisherige System sei zu kompliziert, sagte er. Es sei konsequent sicherzustellen, dass ausschließlich relevante Delikte erfasst würden. Formalverstöße ohne unmittelbare Auswirkung auf die Verkehrssicherheit sollten weiterhin angemessen geahndet, aber nicht gespeichert werden. Es sei auch richtig, starre Tilgungsfristen zu schaffen. Mit dem Wegfall der Tilgungshemmung durch neu begangene Taten trete eine deutliche Entlastung derjenigen Verkehrsteilnehmer ein, die nur selten auffällig würden und daher nicht Zielgruppe des Punktesystems seien.

Walter Eichendorf vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) sprach sich ebenfalls für die grundsätzliche Ausrichtung auf die für die Verkehrssicherheit relevanten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten aus. Ebenfalls zur Klarheit und Transparenz trage die neue Systematik der Punkteverteilung und Bewertung bei. Dies mache es für die Betroffenen einfacher zu erkennen, welcher Verstoß in welcher Weise bewertet werde. Er sprach sich auch für die Einführung fester Löschungsfristen und für den Wegfall der Tilgungshemmung aus.

"Ein zentraler Punkt in der Debatte um das Reformvorhaben ist die Einrichtung eines neu konzipierten Fahreignungsseminars", heißt es in seiner Stellungnahme. Dies sei aus Sicht der Verkehrssicherheit ein Herzstück der Reform. Die Seminare sollten auffällig gewordene Kraftfahrer zu Verhaltensänderungen bewegen. Bei qualitativ hochwertiger Ausgestaltung gebe es hierfür ein großes Potenzial. Eichendorf betonte, dass dies ein weiterer Baustein zur Verbesserung der Verkehrssicherheit sei, dem zeitnah weitere Maßnahmen wie die Verbesserung der Fahranfängervorbereitung folgen sollten.

Auch der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht München, Dietmar Zwerger, begrüßte den Wegfall der Tilgungshemmung und die Vereinheitlichung der Anlaufzeitpunkte für die Punkte. Dadurch würden die komplizierten Berechnungen in der Praxis wesentlich vereinfacht. Kritisch setzte er sich jedoch unter anderem mit dem Festhalten am "Tattagprinzip" auseinander. Damit bleibe das System für alle Beteiligten nach wie vor kompliziert und intransparent. Er empfahl bei der Neuordnung des Punktesystems, die Rechtskraft einer Zuwiderhandlung im Straßenverkehr als maßgeblichen Zeitpunkt für das Entstehen von Punkten auszuschreiben und ein Punkteabbau durch freiwilligen Besuch eines Fahreignungsseminars vorzusehen.

Für Anja Hänel vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) werden mit der Reform klarere und transparentere Strukturen geschaffen. Sie kritisierte jedoch, dass diese Ziele nicht konsequent in allen Punkten des vorliegenden Entwurfes umgesetzt würden. So fehle eine klare Botschaft. Regelverstöße, die die Verkehrssicherheit gefährdeten, seien keine Kavaliersdelikte. Zwar schaffe die Konzentration des Fahreignungsregisters auf Delikte, die die Verkehrssicherheit gefährdeten, mehr Klarheit. Sie führe jedoch bei Ordnungswidrigkeiten, die zukünftig aus dem Register herausfallen würden, wie das verbotene Fahren in Umweltzonen, zu einer Verschlechterung. Reine Geldstrafen könnten hier zu einer systematischen Missachtung des Gesetzes führen und ähnlich wie "Knöllchen" bei den Falschparkern als laufende Kosten einkalkuliert werden.

Für Peter Dauer von der Behörde für Inneres und Sport, Freie und Hansestadt Hamburg, ist die geplante Reform "nicht überzeugend". Positiv sei zwar unter anderem der Wegfall der Tilgungshemmung und die Vereinheitlichung des Beginns der Tilgungsfristen, negativ sei jedoch die neue Punktebewertung mit ein bis drei Punkten, die Einschränkung von Verfolgungsbehörden und Gerichten bei der Ahndung der Verstöße von Personen, die wiederholt Straftaten und Ordnungswidrigkeiten begannen hätten, und die Löschung sämtlicher Punkte bei Neuerteilung von befristeten Fahrerlaubnis. Er kritisiert auch, dass durch die geplante Reform auf die Länder ein Mehraufwand zukommen werde, der allerdings nicht quantifizierbar sei.

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2. DFG-Präsident Strohschneider im Bildungs- und Forschungsausschuss

Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Berlin: (hib/ROL) "Nach der erheblichen Aufstockung der Mittel im Wissenschafts- und Forschungsbereich in den letzten Jahren, muss es nun darum gehen, die Leistungsfähigkeit des Wissenschaftssystems noch weiter zu erhöhen", sagte Peter Strohschneider, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft am Mittwochvormittag im Berliner Paul-Löbe-Haus, wo er zusammen mit der Generalsekretärin der DFG, Dorothee Dzwonnek, auf Einladung des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung gekommen war. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft ist die Selbstverwaltungsorganisation der Wissenschaft in Deutschland. Ihre Mitglieder sind forschungsintensive Hochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, wissenschaftliche Verbände sowie die Akademien der Wissenschaften. Die Kernaufgabe der DFG besteht in der Auswahl der besten Forschungsvorhaben von Wissenschaftlern und ihrer Finanzierung.

Strohschneider plädierte dafür, die Grundmittelversorgung nicht weiter zu vernachlässigen. Drittmittel dürften immer nur eine Ergänzung zu einer soliden Grundfinanzierung sein, auf die sich die Forschung stützen können sollte. Würde sich die Grundversorgung künftig nicht verbessern, hätte das auch Auswirkungen für die DFG. Denn die DFG würde dann in Wahrheit nicht mehr über Zusatzmittel sondern über die Frage entscheiden "forsche ich, oder forsche ich nicht", so Strohschneider. Die Praxis, Grundmittel knapp zu halten, führe zudem immer öfter dazu, dass Forschungsvorhaben teurer veranschlagt würden, als sie eigentlich vom Forschungsinteresse her sein müssten. Da bestimme das Motto "big is beautiful" den Antrag. Strohschneider forderte: "Die Finanzierung von Grundmitteln und Drittmitteln muss wieder in ein ausbalanciertes Verhältnis gebracht werden."

Zudem betonte Strohschneider, dass die Universitäten für das Wissenschaftssystem "konstitutiv", also bestimmend seien. Nur die Universitäten würden den breiten Rahmen abdecken, den so ein System bräuchte. Dazu gehöre neben dem weiten Angebot an Fächern die Nachwuchsförderung wie auch die Spitzenforschung. Zudem sprach sich Strohschneider auch für die Änderung des Grundgesetzartikels 91 b aus. Doch sagte der Präsident auch, dass dies nicht die einzige Möglichkeit sei, das Kooperationsverbot von Bund und Ländern in Wissenschaft und Forschung zu umgehen.

Strohschneider plädierte zudem dafür, auch künftig die Teilung von Forschung und Förderorganisationen bei zu behalten, damit die einzelnen Organisationen nicht in ein Konkurrenzverhältnis zueinander kämen. Ferner setzte er sich dafür ein, die Exzellenzinitiative, die 2017 nach der derzeitigen Planung ausläuft, weiter zu führen und die wettbewerblichen Elemente darin zu erhalten. Die Exzellenzinitiative ist ein Förderprogramm an Universitäten und Hochschulen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 205 - 17. April 2013 - 11:40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. April 2013