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BUNDESTAG/3663: Heute im Bundestag Nr. 063 - 31.01.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 063
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 31. Januar 2013 Redaktionsschluss: 16:10 Uhr

1. "Chaos bei Thüringens Sicherheitsbehörden"
2. Koalition will Zahl der Auszubildenden in der Altenpflege erhöhen
3. SPD-Fraktion für bessere Versorgungssicherheit bei Strom
4. Die Linke fordert mehr Schutz für Teilnehmer an klinischen Prüfungen
5. Vier Fraktionen fordern mehr Schutz für Teilnehmer an klinischen Prüfungen
6. Grünen-Fraktion fragt nach "Auswirkungen der Optionspflicht im Jahr 2013"



1. "Chaos bei Thüringens Sicherheitsbehörden"

2. Untersuchungsausschuss (Rechtsterrorismus)

Berlin: (hib/KOS) Scharfe Kritik an der erfolglosen Suche nach dem Anfang 1998 untergetauchten Jenaer Trio, aus dem später der "Nationalsozialistische Untergrund" (NSU) wurde, übt der Untersuchungsausschuss, der Pannen und Fehlgriffe bei den Ermittlungen zu der dem NSU angelasteten Mordserie durchleuchten soll. Bei der Vernehmung des Zielfahnders Sven Wunderlich vom Thüringer Landeskriminalamt (LKA) kritisierte SPD-Obfrau Eva Högl, dass der Informationsfluss seitens des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) wie innerhalb des LKA völlig unzureichend gewesen sein, man habe Wunderlich und dessen Team "dumm gehalten". Aus Sicht von Unions-Sprecher Clemens Binninger (CDU) kann von einer ernsthaften Zielfahndung "keine Rede sein". FDP-Obmann Hartfrid Wolff ortete in Thüringen ein "erhebliches Chaos" bei der "stümperhaften" Suche nach der Jenaer Zelle. Petra Pau (Linke) zeigte sich "entsetzt", dass die LKA-Zielfahndung aufgrund einer Vorgabe des Geheimdiensts nicht in der rechtsextremen Szene nach der Gruppe geforscht habe. Christian Ströbele (Grüne) monierte, dass die Leitung der Ermittlungen faktisch beim LfV gelegen habe.

"Einer hat gelogen": So kommentierte der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) die sich widersprechenden Angaben Wunderlichs und des ehemaligen LfV-Vizechefs Peter Jörg Nocken zum Informationsaustausch zwischen Geheimdienst und Fahndern. Edathy erinnerte an Nockens Ausführungen Mitte Januar im Ausschuss, wonach das LfV die Polizisten umfassend über seine Erkenntnisse zu Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe unterrichtet habe. "Diese Aussage ist falsch", konterte jetzt Wunderlich. Die Informationen des Geheimdiensts nannte er "gering, dünn und spärlich". Die Herren vom LfV seien "sehr nett und freundlich" gewesen, doch "man hat uns ausgetrickst". Nützliche Hinweise für die Suche nach dem Trio habe man nicht erhalten.

Scharf kritisierte Wunderlich vor allem, dass der Geheimdienst die Zielfahnder nicht über das Bemühen der verschwundenen Zelle unterrichtet habe, sich Waffen zu beschaffen: "Dies hätte für uns tödlich sein können." Die Fahnder seien nämlich davon ausgegangen, dass es sich bei der Gruppe lediglich um junge Leute handele, "die in Garagen Blödsinn gemacht haben". Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe waren untergetaucht, als die Polizei im Januar 1998 in einer Jenaer Garage ihre Bombenbastler-Werkstatt entdeckt hatte.

Wiederholt betonte der Zeuge, er habe von 1998 bis 2001 nichts von einer bei der Garagendurchsuchung gefundenen Liste mit Telephonnummern zahlreicher Rechtsextremisten erfahren. Aus Sicht von Grünen-Obmann Wolfgang Wieland wäre diese Aufstellung ein "Sechser im Lotto für die Zielfahnder" gewesen. Wunderlich sagte, er könne es sich "nicht erklären", warum die LKA-Ermittler ihn darüber nicht in Kenntnis gesetzt hatten. Erstmals habe er dieses Papier in den Medien gesehen, "das war schon interessant". Vor wenigen Tagen habe er bei einer erneuten Durchsicht seiner zwischen 1998 und 2001 angelegten Akten plötzlich doch die Adressenliste aus der Garage entdeckt. Edathy und mehrere Obleute äußerten den Verdacht, diese Akten könnten nachträglich "frisiert" worden sein.

Zum Erstaunen der Abgeordneten erläuterte Wunderlich, das LfV habe den LKA-Fahndern zu verstehen gegeben, sie sollten im rechtsextremen Milieu "nicht für Unruhe sorgen". Er bestätigte eine Vermutung Edathys, bei solchen Personen "hatte der Verfassungsschutz den ersten Schuss und erst dann haben sich die Fahnder eingeschaltet". Der Zeuge räumte ein, auch von zwei Beamten des Bundeskriminalamts (BKA) nichts gewusst zu haben, die nach dem Abtauchen des Trios das LKA in Erfurt unterstützten. Binninger kritisierte, dass Wunderlich seinerzeit die von ihm für glaubwürdig erachtete Aussage des Vaters von Mundlos, Zschäpe sei eine "Quelle" des LfV, nicht gründlich überprüft habe. Der Geheimdienst hatte eine solche Tätigkeit Zschäpes bestritten. "Für eine Fahrt in die Schweiz bekam ich keine Genehmigung": So begründete der Zeuge, warum nach einem im April 1998 abgehörten Telephonat aus der Schweiz, bei dem es um das Jenaer Trio ging, BKA-Beamte und nicht er selbst im Nachbarland recherchierten.

Wunderlich berichtete von einem Gespräch Mitte des vergangenen Jahrzehnts am Rande eines Festes mit dem ehemaligen LKA-Chef Egon Luthard. Dabei habe Luthard gesagt, man hätte die Untergetauchten wohl aufspüren können, "wenn alle an einem Strang gezogen hätten" - vielleicht hätten sie aber auch nicht gefunden werden sollen.

Luthard und zwei weitere Zeugen sind für den Nachmittag und Abend in den Ausschuss geladen.

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2. Koalition will Zahl der Auszubildenden in der Altenpflege erhöhen

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/AW) Die Koalitionsfraktionen wollen dem Fachkräftemangel in der Altenpflege mit einer Qualifizierungsoffensive entgegentreten. Der gemeinsame Gesetzentwurf der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion (17/12179) sieht unter anderem vor, dass im Fall von entsprechenden Vorkenntnissen die Ausbildungszeit für Altenpfleger um ein Drittel verkürzt wird. Zudem soll für drei Jahre die Finanzierung von nicht verkürzbaren Weiterbildungen zum Beruf des Altenpflegers in voller Höhe bei gleichzeitigem Bezug von Arbeitslosengeld oder von Leistungen zur Grundsicherung durch die Bundesagentur für Arbeit ermöglicht werden.

Mit dem Gesetz soll die von Bund, Ländern und Verbänden im Dezember 2012 beschlossene "Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege" umgesetzt werden. Ziel der Offensive ist es, in den kommenden drei Jahren die Zahl von Auszubildenden in der Altenpflege stufenweise um jährlich zehn Prozent zu steigern und bis zu 4.000 Pflegehelfer für eine Weiterbildung zur Altenpflegekraft zu gewinnen.

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3. SPD-Fraktion für bessere Versorgungssicherheit bei Strom

Wirtschaft und Technologie/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Änderungen an der Anreizregulierungsverordnung verlangt die SPD-Fraktion in einem Antrag (17/12214). Damit soll die Strom-Versorgungssicherheit in Deutschland gestärkt werden. Wie die Abgeordneten schreiben, erhalten Netzbetreiber mit guter Versorgungsqualität einen Zuschlag auf die Erlösobergrenze. Da bei der Qualitätsmessung nur Stromunterbrechungen über drei Minuten verlangt werden, verlangt die SPD-Fraktion auch eine Erhebung kürzerer Unterbrechungszeiten. Außerdem soll nicht nur die Nieder- und Mittelspannungsebene erfasst werden, sondern auch die Hoch- und Höchstspannungsebene.

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4. Die Linke fordert mehr Schutz für Teilnehmer an klinischen Prüfungen

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/TVW) Die Fraktion Die Linke fordert die Bundesregierung auf, sich bei den EU-Verhandlungen über einen Verordnungsvorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates zu klinischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG für eine Reihe von Änderungen einzusetzen. In ihrem Antrag (17/12184 (neu)) verweist die Fraktion darauf, dass die EU-Kommission den entsprechenden Vorschlag am 17. Juli 2012 vorgelegt habe. Mit dem geplanten EU-weit geltenden Rechtsrahmen solle eine "Harmonisierung der Anforderungen an klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln erreicht werden", schreiben die Linken. Im Unterschied zu einigen anderen Mitgliedstaaten sei die Richtlinie 2001/20/EG in Deutschland bereits im Jahre 2004 in nationales Recht umgesetzt worden. Die entsprechenden Regelungen hätten sich insgesamt bewährt.

Die Abgeordneten würdigen das Ziel des Verordnungsvorschlags, auf eine weitere Vereinheitlichung der klinischen Prüfungen in der EU hinzuwirken. "Jedoch weist der Verordnungsvorschlag erhebliche Mängel auf, die in dem weiteren europäischen Gesetzgebungsverfahren behoben werden müssen", schreiben die Abgeordneten. Daher wird die Bundesregierung aufgefordert, sich bei den EU-Verhandlungen dafür einzusetzen, dass das in Deutschland bestehende und grundrechtlich gebotene Schutzniveau für Prüfungsteilnehmer - insbesondere auch für Minderjährige sowie für nicht einwilligungsfähige erwachsene Patienten - in den Verordnungsvorschlag aufgenommen wird. "Zumindest muss den Mitgliedstaaten in der Verordnung die Möglichkeit eingeräumt werden, strengere Schutzregelungen in den nationalen Gesetzen vorzusehen", schreiben die Abgeordneten. Zudem müssten unabhängige, interdisziplinär besetzte Ethikkommissionen weiterhin in das Genehmigungsverfahren einbezogen werden.

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5. Vier Fraktionen fordern mehr Schutz für Teilnehmer an klinischen Prüfungen

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/TVW) Die Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen fordern die Bundesregierung auf, sich bei den EU-Verhandlungen über einen Verordnungsvorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates zu klinischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG für eine Reihe von Änderungen einzusetzen. In ihrem gemeinsamen Antrag (17/12183) verweisen die Fraktionen darauf, dass die EU-Kommission den entsprechenden Vorschlag am 17. Juli 2012 vorgelegt habe. Mit dem geplanten EU-weit geltenden Rechtsrahmen solle eine "Harmonisierung der Anforderungen an klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln erreicht werden", schreiben die vier Fraktionen. Im Unterschied zu einigen anderen Mitgliedstaaten sei die Richtlinie 2001/20/EG in Deutschland bereits im Jahre 2004 in nationales Recht umgesetzt worden. Die entsprechenden Regelungen hätten sich insgesamt bewährt.

Die Abgeordneten würdigen das Ziel des Verordnungsvorschlags, auf eine weitere Vereinheitlichung der klinischen Prüfungen in der EU hinzuwirken. "Jedoch weist der Verordnungsvorschlag erhebliche Mängel auf, die in dem weiteren europäischen Gesetzgebungsverfahren behoben werden müssen", schreiben die Abgeordneten. Daher wird die Bundesregierung aufgefordert, sich bei den EU-Verhandlungen dafür einzusetzen, dass das in Deutschland bestehende und grundrechtlich gebotene Schutzniveau für Prüfungsteilnehmer - insbesondere auch für Minderjährige sowie für nicht einwilligungsfähige erwachsene Patienten - in den Verordnungsvorschlag aufgenommen wird. "Zumindest muss den Mitgliedstaaten in der Verordnung die Möglichkeit eingeräumt werden, strengere Schutzregelungen in den nationalen Gesetzen vorzusehen", schreiben die Abgeordneten. Zudem müssten unabhängige, interdisziplinär besetzte Ethikkommissionen weiterhin in das Genehmigungsverfahren einbezogen werden.

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6. Grünen-Fraktion fragt nach "Auswirkungen der Optionspflicht im Jahr 2013"

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Die "Auswirkungen der Optionspflicht im Jahr 2013" thematisiert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (17/12167). Wie die Abgeordneten darin schreiben, wurde durch die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 1999 in Deutschland geborenen Kindern nichtdeutscher Eltern ermöglicht, eine doppelte Staatsangehörigkeit zu besitzen. Nach der sogenannten Optionspflicht müssten sie sich allerdings nach Erreichen der Volljährigkeit und spätestens bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres grundsätzlich für eine ihrer beiden Staatsangehörigkeiten entscheiden.

Mit Beginn des Jahres 2013 "werden nun die ersten optionspflichtigen jungen Menschen 23 Jahre alt und müssen bis zu ihrem Geburtstag nachweisen, dass sie aus ihrer ausländischen Staatangehörigkeit entlassen wurden, um die deutsche Staatsangehörigkeit behalten zu können", heißt es in der Vorlage weiter. Wissen will die Fraktion mit Blick auf die "3.316 optionspflichtigen deutschen Staatsangehörigen, die in diesem Jahr das 23. Lebensjahr vollenden", wie viele bislang erklärt haben, ihre deutsche beziehungsweise die ausländische Staatsangehörigkeit behalten zu wollen. Auch erkundigt sie sich unter anderem danach, wie viele bislang gar keine Erklärung abgegeben haben.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 063 - 31. Januar 2013 - 16:10 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Februar 2013