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BUNDESTAG/3613: Heute im Bundestag Nr. 013 - 14.01.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 013
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 14. Januar 2013 Redaktionsschluss: 16:15 Uhr

1. Rechtsgrundlage für Einsatz von "Staatstrojanern" umstritten
2. Gesetzentwurf zur Restschuldbefreiung: Experten orten Nachbesserungsbedarf
3. Linke fordert Auskunft zum Programm zivile Sicherheit
4. Bundesregierung setzt sich für die Verfolgung von Gewaltdelikten gegen Frauen in Konflikten ein



1. Rechtsgrundlage für Einsatz von "Staatstrojanern" umstritten

Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft"

Berlin: (hib/HAU) Koalition und Opposition bewerten die Frage nach einer Rechtsgrundlage für den Einsatz sogenannter Staatstrojaner unterschiedlich. Das wurde während der Sitzung der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" am Montagnachmittag deutlich. Vertreter der Opposition kritisierten die im Zwischenbericht der Projektgruppe "Zugang, Struktur und Sicherheit im Netz" enthaltene Formulierung, dass die Quellen-Telekommunikationsüberwachung durch Paragraf 100a der Strafprozessordnung gedeckt sei. Ohne eine zusätzliche Rechtsgrundlage sei der Einsatz der Staatstrojaner zur Überwachung des Datenverkehrs nicht möglich, urteilte der von der SPD-Fraktion in die Enquete-Kommission berufene Sachverständige Alvar Freude. Die Linksfraktion lehne den Einsatz grundsätzlich ab, da es "unmöglich ist, die dazu vom Bundesverfassungsgericht gemachten Vorgaben zu erfüllen", sagte Petra Sitte (Die Linke).

Das Gegenteil sei der Fall, befand der Unionsabgeordnete Stephan Mayer. In der Mehrzahl der Fälle sei der besagte Paragraf 100a als ausreichend anerkannt worden. Gleichwohl wäre es "wünschenswert", eine eigene Rechtsgrundlage zu schaffen. Der Text der Koalition zu diesem Thema sei "unausgewogen", sagte Tabea Rößner (Bündnis 90/Die Grünen). Er verzichte auf die Kritik am jahrelangen "fragwürdigen Einsatz kommerziell hergestellter Trojaner-Software". Zudem fehle der kritische Hinweis, ob eine verfassungsgemäße Regelung zum Einsatz der Trojaner überhaupt hinzubekommen sei. Aus Sicht von Jimmy Schulz (FDP) ist die Textpassage keineswegs unausgewogen, da auf die unsichere Rechtslage hingewiesen werde. Bei der anschließenden Abstimmung plädierte die Mehrheit der Kommissionsmitglieder für die Beibehaltung des Textes in dem Zwischenbericht. Ein Alternativtext der Oppositionsfraktionen wurde als Sondervotum in den Bericht aufgenommen.

Ebenfalls umstritten waren die Textpassagen zur Sicherheit im Netz und zum Stand des Breitbandausbaus. In Fragen der Sicherheit auf die Selbstvorsorge durch Unternehmen zu setzten sei falsch, urteilte Gerold Reichenbach (SPD). Zu oft habe man schon erleben müssen, "dass Unternehmen Sicherheitslücken nicht gemeldet und auch nicht behoben haben", sagte Reichenbach. Seiner Ansicht nach müssten die Strukturen gestärkt werden, um das Knowhow der Zivilgesellschaft zu nutzen.

Was den Breitbandausbau betrifft, so nannte Jimmy Schulz (FDP) die LTE-Technologie einen wesentlichen Schritt in die richtige Richtung, wenn es darum gehe, unterversorgte Gebiete mit schnellen Internetleitungen zu versorgen. Dem entgegen sprach der Sachverständige Alvar Freude von eine "Brückentechnologie", die den Ausbau mit Glasfaserkabeln nicht ersetzen könne. Die hohen Bandbreiten von LTE, so Freude, seien nur in direkter Nähe zu den Funkmasten erreichbar, kritisierte er. Auch lägen die Pink-Zeiten "deutlich unter dem, was DSL kann". Alternativtexte der Opposition, die bei der Frage der Breitbandversorgung unterschiedlich Sichtweisen vertrat, wurden abgelehnt. Aus Sicht des von der CDU/CSU-Fraktion benannten Sachverständigen Bernhard Rohleder zu Recht, denn: "Der Text zeigt Probleme auf, wo es keine gibt." So sei das Problem der Latenzzeit bei vorherigen Funktechnologien nicht mehr existent. Die LTE-Verbindung sei unterbrechungsfrei. Rohleder sprach sich dafür aus, LTE als vollwertige Technologie anzuerkennen.

Was den Umstieg auf das Internetprotokoll in der Version Sechs (IPv6) angeht, so teilt die Opposition die positive Sichtweise der Koalition nicht vollständig. Im Textvorschlag von Union und FDP wird darauf verwiesen, dass durch die Neuerung "Verkehrsmittel, Haushaltsgeräte, Stromzähler und Maschinen intelligent werden und über das Internet eigenständig Informationen austauschen, Aktionen auslösen und sich wechselseitig steuern können". Aus Sicht der Opposition ist IPv6 schlicht eine "technische Notwendigkeit zur Überwindung des Engpasses bei IPv4-Adressen". Entwickler von Soft- und Hardware würden davon profitieren, dass der Aufwand für die Implementation von Kommunikation zwischen beliebigen Geräten sinke. Häufig diskutierte Beispiele wie Heimautomation und Heizungssteuerung seien aber auch heute möglich, erfordern jedoch einen etwas höheren Aufwand bei der Implementierung der Kommunikationsprotokolle, heißt es im Alternativtext der Opposition, der ebenfalls als Sondervotum in den Bericht einging.

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2. Gesetzentwurf zur Restschuldbefreiung: Experten orten Nachbesserungsbedarf

Rechtsausschuss (Anhörung)

Berlin: (hib/VER) Neun Sachverständige haben Montagmittag vor dem Rechtsausschuss mehrheitlich Nachbesserungen an einer Regierungsinitiative zur Privatinsolvenz gefordert. Diese will mit ihrem Gesetzentwurf "zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte" (17/11268) ein Anreizsystem schaffen. Schuldnern solle erstmals ermöglicht werden, ein solches Verfahren vorzeitig nach drei oder fünf Jahren zu beenden, "wenn sie innerhalb der genannten Zeiträume eine Mindestbefriedungsquote erfüllen oder zumindest die Kosten des Verfahrens tragen", heißt es in der Vorlage. Der Gesetzentwurf führe damit ein Anreizsystem ein, "von dem sowohl Schuldner als auch Gläubiger profitieren können". Darüber hinaus enthalte er Vorschläge für verschiedene Maßnahmen zur Stärkung der Gläubigerrechte, schreibt die Regierung weiter.

Guido Stephan aus Rheinheim, Mitglied des Vorstands des Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung und Richter am Amtsgericht, vertrat die Ansicht, dass die Regierungsinitiative weder das Verfahren an sich verkürze, noch die Gläubigerrechte stärke. Stattdessen schwäche es "ohne Not das außergerichtliche und gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren", verabschiede sich vom Prinzip der Gläubigergleichbehandlung und erschwere die Erlangung der Restschuldbefreiung ohne Nutzen für die Gläubiger.

Ein Kritikpunkt in der Anhörung war unter anderem die erforderliche Quote zur Erlangung der Restschuldbefreiung nach drei Jahren. Im Regierungsentwurf heißt es dazu, dass der Schuldner diese nur erlangen könne, wenn er mindestens 25 Prozent der Insolvenzforderungen beglichen hat. Kann er zumindest die Kosten des Verfahrens begleichen, ist eine Restschuldbefreiung dem Entwurf zufolge immerhin nach fünf Jahren möglich. Die Verkürzung des Verfahrens begrüßten unter anderem Christoph Niering vom Verband Insolvenzverwalter Deutschlands e.V., aus Berlin und Claus Richter von der Arbeitsgemeinschaft der Verbände (AG SBV), ebenfalls aus Berlin. Allerdings sprach sich Richter dafür aus, die Restschuldbefreiung für alle Schuldner zu verkürzen und zwar auf eine Dauer von vier Jahren.

Die 25-Prozent-Quote wurde bereits im Vorfeld der Anhörung als "praktisch nicht erreichbar" kritisiert, erklärte Hans-Ulrich Heyer, Richter am Amtsgericht Oldenburg. Er sagte, dass an seinem Gericht 2012 "nahezu 97 Prozent der Verbraucherinsolvenzen nur mit Hilfe der Verfahrenskostenstundung eröffnet werden konnten, weil die Schuldner nicht einmal die Verfahrenskosten aufbringen konnten." Heyers Meinung nach sei eine wesentliche Beeinträchtigung der Gläubigerbelange nicht zu erwarten.

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3. Linke fordert Auskunft zum Programm zivile Sicherheit

Bildung und Forschung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/ROL) 2007 hat die Bundesregierung ein Forschungsprogramm für zivile Sicherheit aufgelegt. Dieses habe zwei Stoßrichtungen aufgewiesen, schreibt die Linke in ihrer Kleinen Anfrage "Bilanz und Neuauflage des Programms Forschung für zivile Sicherheit" (17/11987). Die Bundesregierung habe zum Einen auf die drohenden Gefahren durch Terrorismus und organisierte Kriminalität hingewiesen. Als zweiter Komplex sei der Bevölkerungsschutz bei Naturkatastrophen sowie "Großschadensfälle" etwa durch Massenpanik ins Feld geführt worden. Laut der Linken würden diese zwei unterschiedlichen Felder im Englischen als "Security" und "Safety" voneinander unterschieden.

Die Fraktion Die Linke hatte nach eigenem Bekunden das Programm vor allem deswegen kritisiert, da es nach ihrer Auffassung die Stärkung der Marktposition der deutschen Sicherheitswirtschaft zu einem seiner Hauptziele macht. "Es besteht die Gefahr, dass (sicherheits-)wirtschaftliche Perspektiven über den gesellschaftlichen Dialog gestellt werden und es auf diesem Wege auch zur Versicherheitlichung politischer Problemlösungsstrategien kommt", schreibt die Linke.

Die Linke fragt nun die Bundesregierung, wann die angekündigte Evaluation des in diesem Jahr auslaufenden Programms für zivile Sicherheit vorgelegt wird und welchen Fragestellungen sich die Evaluation widmet und wer diese durchführt. Zudem interessiert die Fraktion, welche Gremien sich mit der Sicherheitsforschung befassen, und in welchen die Ergebnisse der Evaluation zur Kenntnis genommen und diskutiert werden. Die Linke fragt, welchen prozentualen Anteil an den Ausgaben für das Forschungsprogramm für zivile Sicherheit die gesellschaftswissenschaftliche Forschung und Begleitung einnimmt. Ferner will die Fraktion in ihrem 29-Punkte-Fragekatalog unter anderem wissen, was mit dem von der Bundesregierung genannten Wandel gesellschaftlicher Sicherheitskulturen, dem Wandel des Freiheitsbegriffs und der Veränderung der staatlichen Vorsorgeaufgaben gemeint ist. Auch interessiert die Fraktion, auf welchen Debatten, beauftragten Studien oder vorhandenen wissenschaftlichen Ergebnissen diese Vorstellungen und Analysen beruhen. Zentral ist dabei auch die Frage, wie die Bundesregierung sicherstellen will, dass die im Rahmen des Programms für zivile Sicherheitsforschung erbrachten Forschungsergebnisse nicht anschließend wehrtechnisch oder militärisch verwertet werden.

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4. Bundesregierung setzt sich für die Verfolgung von Gewaltdelikten gegen Frauen in Konflikten ein

Auswärtiges/Unterrichtung

Berlin: (hib/BOB) Die Bundesregierung setzt sich für die Verfolgung von Gewaltdelikten gegen Frauen in Konflikten sowie einen angemessen ausgestatteten Zeugenschutz ein. Sie befürwortet ferner eine psychologisch begleitete Vorbereitung von Zeugen auf den Prozess. Das geht aus einer Unterrichtung (17/11943) zum Aktionsplan zur Umsetzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen für den Zeitraum 2013 bis 2016 hervor. Darin seien erstmals Konfliktparteien dazu aufgerufen worden, die Rechte von Frauen zu schützen und Frauen gleichberechtigt in Friedensverhandlungen, Konfliktschlichtung und den Wiederaufbau mit einzubeziehen. Weiter heißt es, wirksame Gewaltprävention sei ohne die Förderung der rechtlichen und sozialen Gleichberechtigung nicht denkbar. Dabei seien Maßnahmen zur wirtschaftlichen Stärkung von Frauen notwendiger Bestandteil jeglicher Ermächtigung von Frauen. Der Abbau häufig anzutreffender, Frauen und Mädchen diskriminierender Gesetzeslagen, insbesondere, im Erb-, Land- und Eigentumsrecht, sei wichtiger Bestandteil der Bemühungen der Bundesregierung um die rechtliche und soziale Gleichstellung der Geschlechter.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 013 - 14. Januar 2013 - 16:15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Januar 2013