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BUNDESTAG/3538: Heute im Bundestag Nr. 543 - 27.11.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 543
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Dienstag, 27. November 2012 Redaktionsschluss: 10:25 Uhr

1. Digitalisierung verändert Arbeitsprozesse
2. Fraktion Die Linke fordert Abschaffung der Residenzpflicht für Asylbewerber
3. Bundesregierung informiert über Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen
4. Deutschland mit 10.000 Euro an Projektkosten von "Clean IT" beteiligt
5. Im Bundestag notiert: Schutz vor geschlechtsspezifischer Verfolgung



1. Digitalisierung verändert Arbeitsprozesse

Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft"

Berlin: (hib/HAU) Die Digitalisierung führt zu einer erheblichen Veränderung von Arbeitsprozessen- und Arbeitsbedingungen. So lautet eine der Feststellungen im dem von der Projektgruppe, "Wirtschaft, Arbeit, Green IT" vorgestellten 266-seitigen Zwischenbericht, den die Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" am Montagnachmittag mit einer Vielzahl von Minderheitsvoten verabschiedet hat. Statt eines festen Arbeitsortes hätten Arbeitnehmer dank Notebooks, Tablets und Smartphones oftmals ein "Überall-Büro", heißt es in dem Bericht. Diese Veränderungen beinhalteten Chancen und Risiken gleichermaßen, sagte Thomas Jarzombek (CDU). Zum einen gebe es die Möglichkeit, Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Andererseits müsse angesichts der technisch möglichen ständigen Erreichbarkeit aber auch "mal Feierabend sein". Lars Klingbeil (SPD) sieht den Staat in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass aus dem Autonomiegewinn nicht neue Ausbeutungsmechanismen entstehen. Der Staat müsse hier Schutzrechte schaffen, forderte er. "Es muss ein Recht auf Nichterreichbarkeit geben."

In Vertretung der erkrankten Projektgruppenleiterin Annette Mühlberg, einer von der Linksfraktion benannten Sachverständigen, ging Halina Wawzyniak (Die Linke) zu Beginn der Diskussion auf die Aufgabestellung der Projektgruppe ein. Neben den Veränderungen in der Arbeitswelt habe man sich mit der Frage beschäftigt, ob der derzeit in der IT-Branche zu beobachtende Gründerboom nachhaltiges Wachstum mit sich bringt und ob Green IT globale ökologische Probleme lösen kann. "Wir haben nicht auf alle Fragen eine Antwort gefunden", sagte Wawzyniak. Andererseits habe es auch oft mehr als nur eine Antwort gegeben. Sie sei daher dankbar, "dass wir auf unabhängige Expertise zurückgreifen durften".

Vor einer "gutachterlichen Spirale" warnte hingegen Thomas Jarzombek. "Wir haben auch eine Verantwortung vor dem Steuerzahler", sagte er. Künftig sollte man mit dem Mittel des Gutachtens "punktuell weiterarbeiten". Was die Frage der Bedingungen für Gründer in Deutschland angeht, so müsse man sich laut Jarzombek fragen, wie in Deutschland mit Gründern umgegangen wird. Professor Karl-Heinz Brandenburg etwa, der Erfinder des MP3-Formats, sei in Deutschland fast unbekannt, während Apple-Gründer Steve Jobs als Ikone verehrt worden sei. "Wir müssen den Menschen Lust auf IT machen", forderte Jarzombek.

Ebenso wie der Unionsabgeordnete sprach sich auch Lars Klingbeil dafür aus, die MINT-Fächer stärker in den Fokus der Bildung zu nehmen. Nur so könne auch eine Begeisterung für Innovationen geweckt werden, sagte der SPD-Abgeordnete. Was die Gründer angehe, so habe die Arbeit in der Projektgruppe auch gezeigt, dass es an Finanzierungsstrukturen fehle. Die Rolle des Staates, so Klingbeil weiter, sei nicht nur bei der erwähnten Sicherung von Arbeitnehmerrechten nötig. "Auch beim Ausbau der Netze nimmt der Staat eine zentrale Rolle ein und wird die Innovation mitverantworten müssen", sagte Klingbeil.

Für seine Fraktion habe das Bekenntnis zur Leistungsfähigkeit der IT-Wirtschaft im Vordergrund gestanden, sagte Sebastian Blumenthal (FDP). In der Finanz- und Wirtschaftskrise sei es eben diese Branche gewesen, die ihre Arbeitsplätze gesichert und ausgebaut habe, während die klassischen Bereichen hätten leiden müssen, sagte er. Was die Arbeitsbedingungen angehe sei inzwischen deutlich geworden, dass "normative Beschäftigungsverhältnisse nicht mehr als Blaupause für alle Beschäftigungsverhältnisse gelten". Es gebe nun neue Chancen für Selbständige, befand Blumenthal, der eine "differenzierte Betrachtung" forderte. Zwar gebe es durchaus Verdrängungseffekte, auf die man achten müsse. "Zu sagen, die Digitalisierung führt zu Prekarisierung und Ausbeutung, ist mir aber zu simpel", betonte er.

Green IT sei ein "Schlüsselthema in der Wirtschaftspolitik" sagte Tabea Rößner (Bündnis 90/Die Grünen). "Ohne Green IT wird die Energiewende nicht zu stemmen sein", machte sie deutlich. Die teils schwierige Situation für Gründer ist aus ihrer Sicht nicht nur ein Problem der Finanzierung. Vielmehr gehe es hier um die Gründungskultur. In Deutschland werde die Gründung eines Unternehmens anders als in anderen Ländern oft vorrangig als Risiko gesehen, sagte Rößner.

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2. Fraktion Die Linke fordert Abschaffung der Residenzpflicht für Asylbewerber

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Die Linke dringt auf die Abschaffung der sogenannten Residenzpflicht für Asylsuchende und Geduldete. In einem Antrag (17/11589) fordert sie die Bundesregierung auf, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen, um diese Beschränkung der Bewegungsfreiheit aufzuheben. Ferner soll die Regierung nach dem Willen der Fraktion zusammen mit Flüchtlings- und Wohlfahrtsverbänden, Ländern und Kommunen sowie weiteren "fachkundigen" Akteuren ein Konzept für eine "menschenwürdige Aufnahme und Unterbringung von Asylsuchenden" erarbeiten und durch entsprechende Gesetzesänderungen umsetzen.

In der Vorlage verweisen die Abgeordneten zugleich auf "die aktuellen Proteste der Flüchtlinge, die mit vielfältigen und entschlossenen Aktionen eindringlich auf ihre oft unerträglichen Lebensbedingungen in Deutschland aufmerksam machen". Bereits 2010 habe die Fraktion die Abschaffung der Residenzpflicht gefordert. "Die aktuellen Proteste der Betroffenen betonen erneut den dringlichen Handlungsbedarf", schreiben die Antragsteller weiter.

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3. Bundesregierung informiert über Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Das Europäische Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) ist laut Bundesregierung 1988 gegründet worden und übernimmt Aufgaben im Bereich der technischen Normung in Europa. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/11239) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/10944) schreibt, ist ETSI in erster Linie für die Normung im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie innerhalb Europas zuständig. ETSI arbeite darüber hinaus jedoch auch mit anderen Normungsorganisationen aus anderen Ländern zusammen, um eine "globale Harmonisierung der Normen" zu erreichen.

Mit der Entwicklung von Standards, die die technische Umsetzung gesetzlich vorgesehener Maßnahmen zur Überwachung von Telekommunikation betreffen, befasst sich der Antwort zufolge bei ETSI das "Technical Committee Lawful Interception" (TC LI). An deutschen Bundesbehörden nehmen laut Vorlage die Bundesnetzagentur seit 1997 an ETSI TC LI teil sowie seit 2003 das Bundesamt für Verfassungsschutz und seit 2009 das Zollkriminalamt. Darüber hinaus haben nach Kenntnis der Bundesregierung auch Polizei- und Verfassungsschutzämter verschiedener Länder teilgenommen, wie aus der Antwort weiter hervorgeht.

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4. Deutschland mit 10.000 Euro an Projektkosten von "Clean IT" beteiligt

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Deutschland beteiligt sich als Partner des Projekts "Clean IT" laut Bundesregierung mit einem Anteil von einmalig 10.000 Euro an den Projektkosten. Insgesamt stünden dem Projekt 407.134,55 Euro zur Verfügung, wovon 80 Prozent von der Europäischen Union getragen würden, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/11238) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/10945).

Der Anfrage zufolge haben sich fünf Innenministerien von EU-Staaten in der Initiative "Clean IT" zusammengeschlossen, um sich über Möglichkeiten gegen die "illegale Benutzung des Internets" auszutauschen. Beteiligt seien die Niederlande, Deutschland, Großbritannien, Belgien und Spanien. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort ausführt, beschränkt sich "Clean IT" auf gewalttätige oder -befürwortende Formen des Terrorismus und Extremismus.

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5. Im Bundestag notiert: Schutz vor geschlechtsspezifischer Verfolgung

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) In den Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind laut Bundesregierung flächendeckend "Sonderbeauftragte für geschlechtsspezifische Verfolgung" eingesetzt. Aktuell sind es 44 Sonderbeauftragte, wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/11345) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/11109) zum "Schutz vor geschlechtsspezifischer Verfolgung in Deutschland" schreibt.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 543 - 27. November 2012 - 10:25 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. November 2012