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BUNDESTAG/3488: Heute im Bundestag Nr. 493 - 05.11.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 493
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 5. November 2012 Redaktionsschluss: 16:00 Uhr

1. Bundesregierung will "Gema-Vermutung" beibehalten
2. "Neue Kunststoffe braucht die Welt"
3. SPD fordert Verbesserungen bei Tiertransporten und in Schlachtbetrieben
4. Bundesregierung: Elektrofischerei verringert negativen Einfluss auf den Meeresboden
5. Grüne fordern Risikobewertung der Auskreuzung herbizidtoleranter Pflanzen
6. Grüne verlangen Auskunft über Änderung der Honigrichtlinie
7. Stellungnahme zu Urteil gegen Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften gefordert
8. Im Bundestag notiert: Vermögensverwaltung der öffentlichen Hand



1. Bundesregierung will "Gema-Vermutung" beibehalten

Petitionsausschuss

Berlin: (hib/HAU) Im Interesse der Durchsetzung von Urheberrechten sollte an der sogenannten Gema-Vermutung festgehalten werden. Zu dieser Einschätzung gelangte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Max Stadler (FDP), während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am Montagnachmittag. Stadler verwies darauf, dass die Gema-Vermutung nicht vom Gesetzgeber geschaffen worden sei, sondern Folge der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sei. Demnach müssen Veranstalter die Vermutung widerlegen, dass die genutzten Werke Gema-pflichtig sind. Das Gericht sei dabei der Grundüberlegung gefolgt, "wie es möglich ist, die Rechte der Urheber geltend zu machen", sagte der Staatssekretär. "Es wäre nicht möglich, wenn die Verwertungsgesellschaft in jedem Einzelfall nachweisen müsste, dass ein Gema-pflichtiges Repertoire gespielt worden ist", befand Stadler. Für den Veranstalter sei es hingegen leichter, den Gegenbeweis zu führen.

Ganz anders beurteilte das Christian Hufgard, Vorsitzender des Vereins Musikpiraten. Er stellte vor dem Ausschuss die öffentliche Petition für eine Abschaffung der Gema-Vermutung, die mehr als 60.000 Unterstützer gefunden hat, vor. "Wer Geld fordert, muss nachweisen können, dass er dazu auch berechtigt ist", sagte Hufgard. Daher solle seinen Vorstellungen nach die Gema anhand von Titellisten prüfen, ob bei ihr gelistete Urheber betroffen sind und Gebühren anfallen. "Bisher müssen die Veranstalter diese aufwendige Aufgabe übernehmen", kritisierte Hufgard. Kritik übte er auch an der Monopolstellung der Gema. Anderen Verwertungsgesellschaften sei es angesichts dessen bislang nicht gelungen, sich ebenfalls am Markt zu platzieren.

Staatssekretär Stadler räumte ein, dass mit der Widerlegung der Gema-Vermutung ein gewisser Aufwand verbunden sei. "Das ist leider unvermeidlich", betonte er. Was die "Monopolstellung" angeht, so machte Stadler deutlich, dass es sich nicht um ein "gesetzgeberisches Monopol" handle. Eine Konkurrenz sei möglich, angesichts des "faktischen Monopols" aber schwierig, so Stadler.

Der Justiz-Staatssekretär ging auch auf die Kritik an dem von der Gema geplanten neuen Tarifsystem ein. Hierzu lagen den Abgeordneten zwei Petitionen vor. Sowohl die Geschäftsführerin vom Verband Mecklenburgischer Ostseebäder, Anett Bierholz, als auch der Musiker Thomas Theophil kritisierten die "exorbitanten und existenzgefährdenden" Erhöhungen. "Das hat zu Wut und Verzweiflung bei Gastronom und Hoteliers geführt", sagte Bierholz. Der Punkmusiker Thomas Theophil nannte die Tariferhöhung inakzeptabel. Veranstalter könnten darauf nur durch höhere Eintrittspreise oder eine Senkung der Auftrittsgagen reagieren. Auch mit Blick auf die Monopolstellung der Gema forderte Theophil daher eine staatliche Alternative als Rechteverwerter.

Die öffentliche Debatte über die Tarifänderung sei berechtigt, sagte Max Stadler. Sie habe unter anderem dazu geführt, dass am 26. Oktober eine Anhörung aller Betroffenen stattgefunden habe, bei der man sich "in einigen Punkten angenähert hat". Der Staatssekretär verwies darauf, dass die geplante Tarifänderung - entscheidend sollen Größe des Veranstaltungsgeländes und die Dauer der Veranstaltung sein - in 60 Prozent aller Fälle zu einer Verbilligung führen würde. Weiter führte Stadler aus, dass der Staat keinen direkten Einfluss auf die Tarife nehmen könne. "Wir unterstützen aber das derzeit stattfindende Schiedsverfahren zur Angemessenheit der Tarife", betonte er. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass man auf diesem Wege oft ein Ergebnis erzielen konnte, "dass für alle Seiten tragbar ist". Der Forderung nach einer staatlichen Alternative zur Gema erteilte er eine Absage. Konkurrenz zu einem Monopolisten zu schaffen, sei zwar richtig. "Der Staat wäre dabei aber keine Lösung", befand Stadler.

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2. "Neue Kunststoffe braucht die Welt"

Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität"

Berlin: (hib/KOS) Einen verstärkten Einsatz von Biomasse als Rohstoff in der Chemiebranche hat Uwe Lahl gefordert. Zum Auftakt einer von der Enquetekommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" anberaumten Debatte über Nachhaltigkeit in diesem Sektor erklärte der Professor für Abfalltechnik an der TU Darmstadt am Montagnachmittag, auf diese Weise könne die im Sinne von Klima- und Umweltschutz unabdingbare Abkehr von fossilen Kohlenstoffen als Basis der Chemieproduktion beschleunigt werden. Gerd Romanowski vom Verband der Chemischen Industrie (VCI) warnte vor weitreichenden staatlichen Eingriffen in unternehmerische Entscheidungen. Der beim VCI für Wissenschaft, Technik und Umwelt zuständige Geschäftsführer lehnte ordnungsrechtliche Maßnahmen zur Durchsetzung eines nachhaltigen Wirtschaftens allerdings nicht generell ab, "da der Markt nicht alles regelt". Solche Vorschriften müssten jedoch "wirksam, zielgenau und effizient" sein. Romanowski betonte, der Chemiesektor orientiere sich bereits seit langem am Prinzip eines nachhaltigen Wirtschaftens.

Aus Sicht Lahls lassen sich die langfristigen Ziele beim Klimaschutz mit einer Reduktion der Treibhausgase um 80 bis 95 Prozent bis zum Jahr 2050 ohne eine "De-Carbonisierung" der Chemieproduktion, also ohne Abkehr von Kohlenstoffen als Rohstoffbasis, nicht erreichen. Der Wissenschaftler gab sich überzeugt, dass der Wechsel hin zu mehr Biomasse auch die Versorgung dieser Branche mit Ressourcen besser absichern werde. Da jedoch Biomasse ein knappes Gut sei, solle die Nutzung dieser Substanz zur Herstellung von Strom und Wärme eingeschränkt werden, um einen vorrangigen Einsatz in der Chemie zu ermöglichen. Bei der Energieherstellung, so der Darmstädter Professor, gebe es Alternativen zur Biomasse, etwa die Sonnenkraft. Im Übrigen müsse die Biomasse-Gewinnung ihrerseits ebenfalls im Sinne von Klima- und Umweltschutz in höherem Maße als bisher nachhaltig erfolgen.

Unter dem Motto "Neue Kunststoffe braucht die Welt" rief Lahl zur Erzeugung von Chemieprodukten auf, die sich nach einer gewissen Zeit in Substanzen ohne schädliche Auswirkungen auf die Umwelt auflösen. Um dies zu erreichen, könnten auch entsprechende staatliche Vorgaben sinnvoll sein. Aus Sicht des Wissenschaftlers kann der Chemiesektor eine "große Chance für den Klimaschutz" sein, sofern für den Weltmarkt Produkte geliefert werden, die den Klimaschutz voranbringen. Indes müssten auch die Herstellungsprozesse in der Chemiebranche selbst klimaverträglicher werden.

Romanowski unterstrich, dieser Wirtschaftszweig habe in den vergangenen 20 Jahren "erhebliche Fortschritte" bei der Verminderung von Emissionen, bei der Schonung natürlicher Ressourcen sowie beim sparsamen und effizienten Einsatz von Rohstoffen und Energie erzielt. Beispielsweise sei der Energieverbrauch um über 20 Prozent reduziert worden, obwohl in diesem Zeitraum die Produktmenge um fast 60 Prozent gestiegen sei. Das Abfallaufkommen sei um 80 Prozent, die Einleitung von Schwermetallen in Flüsse um 90 Prozent vermindert worden. Gegenwärtig starte die Chemie, so der Referent, als erster Wirtschaftszweig zudem eine branchenweite Nachhaltigkeitsinitiative.

Der VCI-Geschäftsführer forderte ein innovationsfreundliches Umfeld, um den Trend zu mehr Nachhaltigkeit zu fördern. Dazu gehörten etwa ein leistungsfähiges Bildungssystem und eine international wettbewerbsfähige Forschungslandschaft. Gesetzliche Regeln sollten die Markteinführung neuer Produkte erleichtern und nicht behindern. Angesichts der zeitaufwendigen und teuren Entwicklung von effizienten Herstellungsmethoden und innovativen Produkten benötigten die Unternehmen "Planungs- und Rechtssicherheit". Romanowski lehnte staatliche Vorgaben mit dem Ziel einer Steuerung der Innovationsprozesse im Chemiesektor ab. Grundsätzlich biete der "Ordnungsrahmen der sozialen Marktwirtschaft" die beste Orientierung für ein nachhaltiges Wirtschaften. Jedoch hätten auch gesetzliche Vorschriften, die seit den achtziger Jahren entstanden und seither verfeinert worden seien, die Nachhaltigkeit vorangebracht, etwa bei der Emissionsminderung oder bei der Arbeits- und Chemikaliensicherheit. Solche Regeln müssten aber in der betrieblichen Praxis umsetzbar sein.

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3. SPD fordert Verbesserungen bei Tiertransporten und in Schlachtbetrieben

Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/EIS) Die SPD-Fraktion fordert in einem Antrag (17/11148) die Bundesregierung auf, die Tierschutztransportverordnung zu ändern. Die Sozialdemokraten wollen die maximale Dauer der Tiertransporte im Inland, mit Ausnahme von Fischtransporten, auf vier Stunden begrenzen, den Einsatz elektrischer Treibhilfen verbieten und rutschfeste Laderampen mit einer Steigung von maximal 15 Grad festschreiben. Des Weiteren soll die Regierung auf EU-Ebene darauf hinwirken, dass grenzüberschreitende Tiertransporte, mit Ausnahme von Fischtransporten, europaweit auf acht Stunden begrenzt werden. Zudem wird gefordert, dass die Arbeitsbedingungen in Schlachtbetrieben verbessert werden. Das soll unter anderem durch die Einführung von Mindestlöhnen und durch die kostenlose Bereitstellung notwendiger Ausrüstung durch den Arbeitgeber erreicht werden.

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4. Bundesregierung: Elektrofischerei verringert negativen Einfluss auf den Meeresboden

Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/EIS) Die Elektrofischerei verringert nach Ansicht der Bundesregierung im Vergleich zur traditionellen Grundschleppnetzfischerei den negativen Einfluss auf den Meeresboden und seine Lebensgemeinschaften. Das geht aus einer Antwort (17/10882) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (17/10690) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. Theoretisch sei durch die Pulsfischerei möglich, bestimmte Tiere gezielt aufzuscheuchen. Dadurch könne ungewollter Beifang verringert werden. Doch die Umsetzung erfolgt "nach bisherigem Erkenntnisstand erst in sehr begrenztem Umfang".

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5. Grüne fordern Risikobewertung der Auskreuzung herbizidtoleranter Pflanzen

Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/EIS) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen interessiert sich in einer Kleinen Anfrage (17/11115) für eine Risikobewertung durch die Bundesregierung hinsichtlich der möglichen Auskreuzung gentechnisch veränderter, herbizidtoleranter Pflanzen mit konventionell gezüchteten Kulturpflanzen.

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6. Grüne verlangen Auskunft über Änderung der Honigrichtlinie

Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/EIS) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen möchte in einer Kleinen Anfrage (17/11116) von der Bundesregierung wissen, wie sie den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Änderung der Vorschriften über Honig vom 21. September 2012 beurteilt. Ziel der Änderung der Honigrichtlinie ist laut Grünen, dass Pollen nicht als Zutat im Honig betrachtet werden. Das habe zur Folge, dass Honige mit Pollen von gentechnisch veränderten Organismen nicht mehr gekennzeichnet werden müssen.

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7. Stellungnahme zu Urteil gegen Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften gefordert

Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/EIS) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen möchte in einer Kleinen Anfrage (17/11112) wissen, welche Schlussfolgerungen die Bundesregierung aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 26. Juni 2012 zur "Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften" zieht. Der EGMR hatte festgestellt, dass die Zwangsmitgliedschaft für Grundeigentümer von land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbaren Grundflächen, die die Jagd ablehnen, eine unverhältnismäßige Belastung ist.

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8. Im Bundestag notiert: Vermögensverwaltung der öffentlichen Hand

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Nach der Vermögensverwaltung der öffentlichen Hand erkundigt sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (17/11113). Die Bundesregierung soll unter anderem darlegen, wie hoch die Vermögen des Bundes und der einzelnen Sozialversicherungen zum 30. Juni 2012 waren und wie diese Vermögen angelegt sind.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 493 - 5. November 2012 - 16:00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2012