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BUNDESTAG/3446: Heute im Bundestag Nr. 451 - 17.10.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 451
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 17. Oktober 2012 Redaktionsschluss: 15:40 Uhr

1. Aufmerksame Gesundheitsdienstleister werden vor Sanktionen geschützt
2. Unterschiedliche Bilanz über Contergan-Entschädigungen
3. Letzte Beratung des Rekordhaushalts für Bildung und Forschung



1. Aufmerksame Gesundheitsdienstleister werden vor Sanktionen geschützt

Ausschuss für Gesundheit

Berlin: (hib/TVW) Der Gesundheitsausschuss hat sich am Mittwochvormittag mit Änderungsanträgen zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Thema Patientenrechte (17/10488) befasst. Für Diskussionen im Ausschuss sorgte vor allem eine Änderung, nach der Meldungen von Gesundheitsdienstleistern über Behandlungsfehler nicht zu Nachteilen für die Meldenden führen dürfen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Krankenhäuser und vertragsärztliche Praxen künftig verstärkt Maßnahmen zur Verbesserung der Patientensicherheit durchführen und Fehlervermeidungssysteme einführen sollen. Nach Ansicht der Koalition darf die Bereitschaft von Beschäftigten im Gesundheitswesen, Risiken und Fehler zu benennen, nicht durch die Furcht vor arbeitsrechtlichen Sanktionen oder gar vor strafrechtlicher Verfolgung beeinträchtigt werden. Die neue Vorschrift soll allerdings nicht gelten, wenn die Verwendung der Daten zur Verfolgung einer Straftat erforderlich ist, die im Höchstmaß mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist und besonders schwer wiegt.

Aus Sicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen definiert die Bestimmung nicht genau genug, was unter einer "schwerwiegenden Straftat" zu verstehen ist. Auch die SPD-Fraktion sieht dies so und fordert daher, die Vorschrift zu konkretisieren. "Es kommt bei Operationen leicht zu Fällen von Körperverletzung", gibt die SPD zu bedenken. Der Beschäftigte könne daher rasch in die Situation geraten, bei einer Fehlermeldung doch einer Sanktion ausgesetzt zu sein. Die FDP-Fraktion argumentiert hingegen, dass es hier um die Abwägung von zwei Rechtsgütern gegangen sei. Es gebe Fälle, in denen das "Interesse an der Strafverfolgung höher zu bewerten sei" als der Schutz eines Beschäftigten vor Sanktionen.

Ein weiterer Änderungsantrag der Koalition regelt, dass bei nicht ausreichender Haftpflichtversicherung eines Arztes das Ruhen der Approbation angeordnet werden kann. Im Interesse möglicher Geschädigter sei es angemessen, das Fehlen einer solchen Versicherung mit Sanktionen zu belegen. Dies könne bis hin zu einem vorübergehenden Berufsverbot gehen, legte die Koalition dar.

Die Fraktion Die Linke unterstützt die Grundintention des Änderungsantrages. Es stelle sich aber die Frage, ob die Regelung hinreichend bestimmt sei. Nach Wahrnehmung der Linken wird in der Praxis ein Ruhen der Approbation "nur selten angeordnet". Die SPD-Fraktion stellte fest, dass die geltende Rechtslage in Bezug auf den möglichen Entzug der Approbation bei fehlender Haftpflicht nicht geändert werde. "Es bleibt letztlich bei dem bisher geltenden Verfahren", kritisierte die SPD. Neu sei nur, dass dies nun gesetzlich geregelt sei.

Die Fraktion der CDU/CSU wies darauf hin, dass die Koalition den "verfassungsrechtlich möglichen Rahmen" ausgeschöpft habe. Der Bundesgesetzgeber sei vor allem an die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern gebunden. Für die Approbation von Ärzten seien nun einmal die Länder zuständig, machte die Union deutlich. Immerhin werde diesen nun eine gesetzliche Grundlage gegeben, bei fehlender Haftpflichtversicherung das Ruhen der Approbation anzuordnen.

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2. Unterschiedliche Bilanz über Contergan-Entschädigungen

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Berlin: (hib/AW) Die Bundesregierung zieht eine insgesamt positive Bilanz aus dem Zweiten Änderungsgesetz des Conterganstiftungsgesetzes, das Ende Juni 2009 in Kraft getreten ist. Der Parlamentarische Staatssekretär im Familienministerium, Hermann Kues (CDU), informierte den Familienausschuss am Mittwoch über die Umsetzung des Gesetzes und eines fraktionsübergreifenden Antrags von CDU/CSU, SPD und FDP vom Dezember 2008 (16/11223). Nach Angaben von Kues sind nach Abschaffung der bis dahin geltenden Ausschlussfrist zur Geltendmachung von Leistungen im Jahr 2009 insgesamt 565 neue Anträge eingereicht worden. 65 von ihnen seien bisher bewilligt worden, 126 Antragsverfahren seien noch nicht abgeschlossen. In neun Fällen sei ausschließlich eine einmalige Kapitalentschädigung bewilligt worden, in 56 Fällen eine Kapitalentschädigung und die Zahlung einer monatlichen Conterganrente. Zudem sei seit der Gesetzesänderung die monatliche Conterganrente dreimal angehoben worden. Nach Angaben des Staatssekretärs stieg die Mindestrente von 248 auf 255 Euro und die Höchstrente von 1.090 auf 1.152 Euro.

Vertreter der Conterganstiftung und der Betroffenenverbände bestätigten den Abgeordneten des Ausschusses zwar, dass die Gesetzesänderung zu Verbesserungen für die Geschädigten geführt habe. Gleichzeitig mahnten sie jedoch Verbesserungen bei der Novellierung des Gesetzes an. Udo Herterich, stellvertretendes Mitglied im Stiftungsrat der Conterganstiftung und Sprecher der Internationalen Contergan und Thalidomid Allianz, verwies auf die hohe Sterblichkeitsrate bei Contergangeschädigten. "Lassen Sie uns in Würde und Selbstbestimmung leben", appellierte er an den Ausschuss. Die Bedarfe der Menschen mit einer Schädigung würden mit ansteigendem Alter schließlich größer werden. Margit Hudelmaier, Mitglied im Stiftungsrat und Vorsitzende des Bundesverbandes Contergangeschädigter, beklagte die immer noch mangelhaften Beratungsangebote für Geschädigte. Sie forderte zudem den Gesetzgeber auf, die Handlungsempfehlungen des Instituts für Gerontologie an der Universität Heidelberg in bei einer Gesetzesnovelle zu beachten. Das Institut war gemäß des fraktionsübergreifenden Antrags aus dem Jahr 2008 mit einem Forschungsprojekt mit der Ermittlung des tatsächlichen Bedarfs von Geschädigten beauftragt worden. Die Vorsitzende des Familienausschusses, Sibylle Laurischk (FDP), kündigte an, dass der Ausschuss den Abschlussbericht der Heidelberger Untersuchung, der bis zum Ende des Jahres vorliegen soll, in einer öffentlichen Anhörung ausführlich thematisieren werde.

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3. Letzte Beratung des Rekordhaushalts für Bildung und Forschung

Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Berlin: (hib/ROL) In der abschließenden Haushaltsberatung zum Etat des Bundesministeriums für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung waren sich alle Fraktionen weitgehend einig: Der Mittelzuwachs um 811 Millionen Euro auf nunmehr 13,7 Milliarden Euro sei anerkennenswert. Die FDP sprach von einem "Megahaushalt". Allerdings bezweifelten die Grünen die Nachhaltigkeit des Haushaltes und die Linke sagte, man müsse sich immer fragen, in welche Richtung die Mittel fließen.

An der starken Zunahme der Mittel für die Exzellenzinitiative und den Hochschulpakt sehe man, dass der Politik vor allem die Jugend am Herzen liege, hieß es aus der CDU/CSU-Fraktion. Zusammen mit der FDP brachten die Unionsfraktionen drei Änderungsanträge ein, denen auch die SPD zustimmte. Danach möchten die Fraktionen die Maßnahmen zur Verbesserung der Berufsorientierung um weitere 10 Millionen Euro aufstocken. Auch sollen die überbetrieblichen Berufsbildungsstätten besser gestellt werden. Ferner sollen der Studenten- und Wissenschaftleraustauch sowie die internationalen Hochschul- und Wissenschaftskooperationen stärker gefördert werden. Dieser Punkt dient zur endgültigen Finanzierung der Förderinitiative "Alexander von Humboldt-Professur", der mit fünf Millionen Euro der höchst dotierte Preis für Forschung in Deutschland ist.

Die SPD will mittelfristig 20 Milliarden Euro mehr in den Haushalt investieren. Damit soll unter anderem der internationale Austausch gefördert, aber auch Aufstiegsstipendien und die Berufsorientierung sowie die Bologna-Reformen unterstützt werden. Das Bafög müsse angepasst werden, forderten die Sozialdemokraten.

Die Linke kritisierte, dass weiterhin die Hochschulen, die Schulen und die Kindertagesstätten unterfinanziert seien. Zudem plädierte die Linke für die Einführung eines "Sonderprogramms zur Bekämpfung der Ausbildungslosigkeit" von jungen Menschen. In der Altersgruppe zwischen 20 bis 29 Jahren haben in Deutschland trotz guter Konjunkturlage 1,5 Milliarden Menschen keine Ausbildung. Die Linke will dafür im Haushalt 1,5 Milliarden Euro einsetzen.

Die Grünen wehrten sich gegen den Argumentation der FDP. Die hatte auf den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) verwiesen, der sich laut Presseberichten nicht in die Schulpolitik des Landes hinein reden lassen will. Somit, so hatte die FDP argumentiert, sei eine weitgehende Grundgesetzänderung des Artikel 91 b und damit die Veränderung der Zuständigkeiten im Verhältnis von Bund und Ländern in der Bildungspolitik gar nicht durchführbar. Die Grünen sagten, dass Kretschmann innerhalb der Grünen eine absolute Einzelmeinung vertreten würde. "Verstecken Sie sich nicht hinter Kretschmann", hieß es aus den Reihen der Grünen in Richtung FDP.

Darüber hinaus reichten die Grünen vielfältige Änderungsanträge ein, die von der Stärkung des Lernens im Lebenslauf bis zur Stärkung der Forschung der transdiziplinären sozial-ökologischen Forschung reichen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 451 - 17. Oktober 2012 - 15:40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Oktober 2012