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BUNDESTAG/3291: Heute im Bundestag Nr. 296 - 13.06.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 296
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 13. Juni 2012 Redaktionsschluss: 18:00 Uhr

1. Experten äußern sich zurückhaltend über Erfolgsaussichten für UN-Gipfel Rio+20
2. UNO-Sportbeauftragter Lemke: Auch Schwellenländer können Großereignisse ausrichten
3. Opposition fordert geschlossen Verzicht auf Betreuungsgeld
4. Im Bundestag notiert: Kontrolle des bargeldlosen Zahlungsverkehrs bei Glücksspielen im Internet



1. Experten äußern sich zurückhaltend über Erfolgsaussichten für UN-Gipfel Rio+20

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Berlin: (hib/AS) Eine Woche vor Beginn der UN-Konferenz für nachhaltige Entwicklung (Rio+20) haben sich Umweltexperten zurückhaltend über die Erfolgsaussichten der Konferenz geäußert. Bei einem Fachgespräch im Umweltausschuss des Bundestages mit Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) betonten sie aber auch die große Bedeutung des Treffens für eine nachhaltige, weltweite Entwicklung. Olaf Tschimpke vom Rat für Nachhaltige Entwicklung erklärte, dass sich die Vision von 1992 nicht geändert habe, "aber wir sind jetzt in der schwierigen Phase der Umsetzung", erklärte er. Dabei sei gerade die Stärkung der Institutionen eine wichtige Voraussetzung für die Verbesserung einer nachhaltigen Entwicklung. Es müsse klar definiert werden, was man unter dem Schlagwort "green economy" verstehe, denn dabei handele es sich nicht nur um ökologische Voraussetzungen, sondern auch um soziale und ökonomische Fragen, die betrachtet werden müssten. Die Wirtschaft und die Zivilgesellschaft müssten in den Prozess einbezogen werden. Auch die Frage der Energiesicherheit werde in Rio eine Rolle spielen. Mit Bezug auf die Energiewende in Deutschland sagte er: "Wir sind international unter großer Beobachtung."

Auch Alois Vedder, der Leiter Politik der Umweltorganisation WWF, erklärte, dass die "Erwartungen nicht tiefer" sein könnten. Er sehe dennoch einige Felder, von denen in Rio eine bestimmte Dynamik ausgehen könne. So müsste dort geklärt werden, wie Wohlstand und Nachhaltigkeit gemessen werden können. Auch bei den Nachhaltigkeitszielen (sustainable development goals) müsse es eine Eingrenzung von Themen und Zeitplänen geben. Kritik übte er an der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele: "Heere Ziele, die alle teilen, werden von der Tagespolitik verdrängt", kritisierte er. Auch darum gebe es eine Vertrauenskrise der Länder des Südens, die Zweifel hätten, ob die Länder des Nordens ihre Versprechen auch wirklich einlösen würden.

Jürgen Maier vom Forum Umwelt und Entwicklung sieht 20 Jahre nach der ersten Konferenz in Rio aber auch Fortschritte: Vieles aus der Agenda 21, die 1992 in Rio beschlossen worden war, sei heute Realität, sagte er. Die Frage der Transformation sei aber auch eine Machtfrage. "Die Lobby des Weiter-so ist mächtig", gab er zu bedenken. Nach Einschätzung Maiers ist die globale Staatengemeinschaft insgesamt handlungsunfähiger als vor 20 Jahren. Maier kritisierte ebenso wie die Opposition, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht persönlich zum Gipfel nach Rio fahre. Daraufhin entgegnete ihm Bundesumweltminister Altmaier: " Ich glaube nicht, dass das der entscheidende Punkt ist." Die Bundeskanzlerin werde alles tun, damit man bei der Konferenz vorankomme. Auch Bundesentwicklungsminister Niebel zeigte sich optimistisch, "dass der Prozess Dynamik entwickeln kann". Die Ziele der Konferenz dürften aber nicht gegeneinander ausgespielt werden, sagte er. An die beiden Minister gerichtet sagte Maier: "Ich hoffe, Sie haben für Rio eine Überraschung dabei."

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2. UNO-Sportbeauftragter Lemke: Auch Schwellenländer können Großereignisse ausrichten

Sportausschuss

Berlin: (hib/HAU) Die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaften 2010 nach Südafrika war richtig. Diese Einschätzung vertrat Willi Lemke, UN Sonderbeauftragter für Sport, am Mittwochnachmittag vor dem Sportausschuss. "Ein ganzer Kontinent hat dadurch einen enormen Schub erhalten", sagte der langjährige Manager des Fußball-Bundesligisten Werder Bremen, der seit 2008 für die Vereinten Nationen arbeitet. Durch die Weltmeisterschaften im eigenen Land hätten auch die Südafrikaner "neues Selbstbewusstsein gewonnen", gerade weil zuvor große Skepsis geherrscht habe. Für Lemke steht daher fest: "Auch Schwellenländer können solche Großereignissee ausrichten."

Auf die Frage, was die Olympischen Spiele und die Paralympics den Menschen in China gebracht hätten, verwies Lemke auf die Situation der 83 Millionen Menschen mit Behinderung. Vor den Spielen seien diese "in ihren Häusern eingeschlossen" gewesen. Dann habe es einen Durchbruch gegeben. "Es ist schon Erfolg genug, diesen Menschen die Türen zur Gesellschaft geöffnet zu haben", urteilte der UN-Vertreter.

Was die Bewertung von Menschenrechtsaspekten bei der Vergabe von sportlichen Großereignissen angeht, so halte sich sein Büro "in Absprache mit dem Generalsekretär Ban Ki Moon" da raus, sagte Lemke. "Es gibt aber auch bei den großen Sportverbänden keine rote Linie", betonte er auf Nachfrage. Lemke verwies darauf, dass es schwieriger sei, Menschenrechte zu definieren als etwa nachhaltigen Umweltschutz, den die Weltsportorganisationen jetzt schon einfordern würden. Als Beispiel nannte er die USA. Deren Aktivitäten in Guantanamo würden vielfach auch als Verstöße gegen die Menschenrechte bewertet. "Aber glauben Sie ernsthaft dass man in Frage stellt, den USA Weltmeisterschaften oder Olympischen Spiele zu geben?"

Grundsätzlich könne der Sport einen erheblichen Beitrag zu Entwicklung und Frieden in der Welt leisten, sagte der UN Sonderbeauftragte. Dabei setze er einen Schwerpunkt in Afrika. Dort gelte es diejenigen zu fördern, die unter schwierigsten Bedingungen ehrenamtlich für junge Menschen Sport organisieren. Neben der Geschlechtergerechtigkeit sei der Sport für Behinderte ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit. Vor diesem Hintergrund sagte Lemke, er sei erschreckt, wie wenig mediale Aufmerksamkeit der hervorragenden Arbeit des Deutschen Behindertensportverbandes beigemessen werde. Es sei daher ein gutes Zeichen, dass der Bundespräsident beschlossen habe, mit einer kleinen Delegation die Paralympics in London zu besuchen.

Auf die zunehmende Bedeutung des Sports als Medium internationaler Verständigung und Kooperation verwies Christoph Baier, Vorstandsmitglied der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ). Auch seine Organisation nutze den Sport als Zugangsthema zu benachteiligten Gruppen. Das sei umso wichtiger, als dass in den meisten der betroffenen Länder mehr als die Hälfte der Bevölkerung als jugendlich zu verstehen sei und daher ein solcher Zugang benötigt werde.

Detlef Dumont vom Weltrat für Sportwissenschaft und Leibes-/Körpererziehung erläuterte, dass Entwicklungsprojekte im Bereich des Sports auch zu einer Identifizierung von Talenten für den Spitzensport führen könnten. So habe etwa ein Fußballprojekt in Kenia zur Einrichtung einer Profiliga geführt.

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3. Opposition fordert geschlossen Verzicht auf Betreuungsgeld

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Anträge

Berlin: (hib/AW) Die Oppositionsfraktionen SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen sprechen sich einhellig gegen das von den Koalitionsfraktionen geplante Betreuungsgeld ab dem 1. Januar 2013 aus. In ihren jeweiligen Anträgen (17/9572, 17/9582, 17/9929) fordern sie die Bundesregierung auf, die für das Betreuungsgeld vorgesehenen Mehrausgaben von rund 1,2 Milliarden Euro jährlich statt dessen in den bedarfsgerechten Ausbau von qualitativ hochwertigen Betreuungseinrichtungen für Kinder unter drei Jahren zu investieren, um den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem August 2013 zu realisieren. Zudem müsse ein weiterer Krippengipfel von Bund, Ländern und Kommunen einberufen werden, um den Bedarf an Betreuungsplätzen für Kleinkinder zu ermitteln. Nach Ansicht der drei Oppositionsfraktionen kann nur dann für die Eltern bundesweit eine Wahlfreiheit in der Kinderbetreuung und Kindererziehung gegeben, wenn der Bedarf an Betreuungsplätzen gesichert sei.

Der Bundestag wird über die drei Anträge am Freitag zusammen mit dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen (17/9917) zur Einführung des Betreuungsgeldes in erster Lesung beraten.

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4. Im Bundestag notiert: Kontrolle des bargeldlosen Zahlungsverkehrs bei Glücksspielen im Internet

Gesundheit/Antwort

Berlin: (hib/MPI) Die Bundesregierung erwägt Maßnahmen zur besseren Kontrolle des bargeldlosen Zahlungsverkehrs bei Glücksspielen im Internet. Geprüft werde eine gesetzliche Erweiterung des Pflichten- und Adressantenkreises des Geldwäschegesetzes auf Anbieter, Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen im Internet, schreibt die Regierung in ihrer Antwort (17/9706) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/9492).

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 296 - 13. Juni 2012 - 18:00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juni 2012