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BUNDESTAG/3163: Heute im Bundestag Nr. 168 - 28.03.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 168
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 28. März 2012 Redaktionsschluss: 17:00 Uhr



1. SPD-Antrag zum Thema Homosexualität im Sport abgelehnt
2. Maßnahmen gegen Korruption im Gesundheitswesen bleiben umstritten
3. Koalition will den Schutz geistigen Eigentums in den digitalen Welt verbessern
4. Piraten erzielten 2010 Überschuss von gut 650.000 Euro - NPD erneut mit Defizit

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1. SPD-Antrag zum Thema Homosexualität im Sport abgelehnt

Sportausschuss

Berlin: (hib/HAU) Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen lehnte der Sportausschuss während seiner Sitzung am Mittwochnachmittag einen Antrag der SPD-Fraktion zum Thema Homosexualität im Sport (17/7955) ab. In der Vorlage machen sich die Sozialdemokraten für die "Förderung eines offenen Umgangs mit Homosexualität im Sport" stark. Obwohl der Sport für Werte wie Fairness, Toleranz und gegenseitigen Respekt stehe, gebe es "gerade auch im Nationalsport Fußball Ausgrenzungen und verbale Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung". Gefordert wird daher unter anderem, die Mittel für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) im Haushalt 2012 zu erhöhen. Außerdem soll die Fortbildung von Trainern sowie die Entwicklung von Ausbildungskonzepten zur Sensibilisierung für das Thema Homosexualität gefördert werden. Zudem soll dem Antrag zufolge ein dezentrales Netz von Beratungsstellen der Sportverbände geschaffen werden, "an die sich von Diskriminierungen betroffene homosexuelle Sportler und Sportlerinnen wenden können".

Vor dem Ausschuss betonte die SPD-Vertreterin, dass Homosexualität im Sport noch immer ein Tabuthema sei. Zwar würden Funktionäre wie der ehemalige Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB), Theo Zwanziger, Sportler ermutigen, sich zu ihrer sexuellen Orientierung zu bekennen. Aussagen wie die des Kapitäns der deutschen Fußball-Nationalmannschaft Philipp Lahm, der homosexuellen Fußballern von einem Outing abgeraten habe, zeigten jedoch, "wie homophob der Sport sich selbst wahrnimmt". Der vorliegende Antrag, so die SPD-Vertreterin, sei zwar schon im April des vergangenen Jahres als Ergebnis einer Anhörung des Sportausschusses entwickelt worden. Dennoch sei die Vorlage "noch immer aktuell".

Es sei begrüßenswert, dass die SPD-Fraktion dieses "Tabuthema" aufgegriffen hat, hieß es von der Linksfraktion. Die Weiterführung der Debatte sei wichtig. Zudem unterstütze man die aufgeführten Forderungen. Ein "kleiner Mangel" sei es laut dem Vertreter der Linksfraktion, dass transsexuelle Sportler nicht mit einbegriffen seien. Ebenso wie die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmte die Linksfraktion im Anschluss dem Antrag zu.

Die Unionsfraktion teile viele der in dem Antrag enthaltenen Feststellungen, tue sich jedoch mit den Forderungen schwer, sagte der Unions-Vertreter. So sei man der Auffassung, dass Etaterhöhungen in den Haushaltsberatungen einzubringen seien und nicht in einem Antrag vor dem Sportausschuss. Auch sei es nicht zielführend, Antirassismusarbeit und Fanprojekte gegen Gewalt in den Stadien in einen Sachzusammenhang zu Homosexualität zu bringen. Zudem sehe man die "Verallgemeinerungen" kritisch. Es gebe viele Sportarten, bei denen das Thema "keine belastende Rolle spielt". Aus Sicht der Union wäre der Thematik besser gedient gewesen, wenn man versucht hätte, eine fraktionsübergreifende Initiative auf den Weg zu bringen.

Ähnlicher Auffassung war auch die FDP-Fraktion. Auch wenn das Grundanliegen unterstützt werde und einige Problembeschreibungen richtig seien, habe man Kritik am Forderungsteil. So mache eine generelle Erhöhung der ADS-Mittel keinen Sinn, da noch nicht einmal die in 2011 bereitgestellten Mittel abgerufen worden seien. Im Übrigen habe man im organisierten Sport "starke Partner", die in dem Thema aktiv seien und die finanziellen Mittel hätten, um dies umzusetzen. Der FDP-Vertreter verwies zudem darauf, dass "auf Initiative der FDP" die Magnus Hirschfeld Stiftung gegründet worden sei, bei der beispielsweise Forschungsvorhaben zur Homophobie im Sport eingereicht werden könnten.

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2. Maßnahmen gegen Korruption im Gesundheitswesen bleiben umstritten

Ausschuss für Gesundheit (Anhörung)

Berlin: (hib/SKE) Welche Maßnahmen der Korruption im Gesundheitswesen am besten entgegenwirken und welchen Umfang die Korruption überhaupt hat, bleibt umstritten. Während einer öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss am Mittwochnachmittag blieben die Forderungen der SPD nach einer Änderung des Strafgesetzbuches und andere Aspekte umstritten.

Die Sozialdemokraten hatten in ihrem Antrag (Antrag 17/3685) unter anderem vorgeschlagen, das Strafgesetzbuch dahingehend zu ändern, dass Korruptionshandlungen niedergelassener Vertragsärzte Straftatbestände darstellen. Außerdem müssten systematische Falschabrechnungen von Krankenhäusern mit spürbaren Sanktionen geahndet werden.

Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum, sagte, die Zahl der tatsächlich bewiesenen Betrugsfälle von Krankenhäusern seien gering. "In der öffentlichen Diskussion wird vom Betrug der Krankenhäuser geredet, aber die wenigsten Fälle werden strafrechtlich geahndet." Etwa zehn Prozent der Abrechnungen mit gesetzlichen Krankenkassen seien "Prüffälle". Davon werde in der Hälfte der Fälle tatsächlich etwas beanstandet. "Von diesen fünf Prozent betreffen 70 Prozent die Frage, ob der Patient wirklich ins Krankenhaus sollte." Die von der Staatsanwaltschaft verfolgten Fälle seien weniger zahlreich.

Monika Kücking vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen widersprach Baums Darstellung. Zwar würden in der Tat zwölf Prozent der Krankenhausabrechnungen geprüft, die Zahl der herausgefundenen Falschabrechnungen liege deutlich über dem von Baum genannten Wert.

Dina Michels, Leiterin der Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen bei der Krankenkasse KKH-Allianz, nannte als einen möglichen Fall der Korruption niedergelassener Ärzte ein Beispiel: "Ein Arzt verschreibt einem Patienten eine Bandage und wirkt auf den Patienten ein, dass der zu einem bestimmten Sanitätsladen geht und sich die Bandage dort kauft." Da der Arzt in diesem Beispiel ein niedergelassener Vertragsarzt sei und mit dem Sanitätsladen zusammenarbeite, verdiene er an dem Geschäft mit, könne bisher aber nicht wegen Korruption belangt werden. Der Grund: Der freiberufliche Arzt sei weder Amtsträger noch Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes. "Das ist bei uns tägliche Praxis." Sie warte zur Zeit auf eine noch ausstehende Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu solchen Fällen von Korruption, um dadurch eventuell Klarheit zu haben.

Auch Kriminalhauptkommissar Jörg Engelhard sah Probleme bei der strafrechtlichen Verfolgung niedergelassener Ärzte. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs wird seiner Ansicht nach aber nicht die erhoffte Rechtssicherheit bringen. "Unsere Ärzte sind nicht korrupter als andere Berufsgruppen", sagte Engelhard. Allerdings seien sie es auch nicht weniger. Ein wie von der SPD geforderter Straftatbestand gegen Korruption würde zwar die Korruption nicht beenden, allerdings eine deutlich sichtbare Grenze vorgeben.

Der Deutsche Pflegerat begrüßte grundsätzlich den Antrag. Seine Vertreterin Alexandra Zimmermann betonte aber: "Ganz klar zu sagen ist, dass Pflege nichts zu verbergen hat." Ein Hintergrund für überhöhte Abrechnungen könne bei der Pflege der niedrige Lohn sein. Als Beispiel nannte sie die häusliche Krankenpflege in Thüringen. Hier könne die Pflegekraft für eine Dekubitusbehandlung 4,67 Euro abrechnen.

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3. Koalition will den Schutz geistigen Eigentums in den digitalen Welt verbessern

Wirtschaft und Technologie/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die Wachstumspotenziale der digitalen Wirtschaft sollen weiter ausgeschöpft und der Innovationsstandort Deutschland damit gestärkt werden. Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP fordern in einem gemeinsamen Antrag (17/9159), der am Freitag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages steht, die Breitbandstrategie für Hochgeschwindigkeitsnetze weiterzuentwickeln sowie den Auf- und Ausbau intelligenter Netze in den Bereichen Energie, Gesundheit, Verkehr, Bildung und Verwaltung durch digitale Technologien voranzutreiben. Die Bundesregierung soll sich für die Datensicherheit in intelligenten Infrastrukturen und Netzen einsetzen. Außerdem sollen die Regelungen zum Datenschutz und zum Urheberrecht an die Bedingungen des Internets und der Digitalisierung fortlaufend angepasst werden: "Die hohen datenschutzrechtlichen Standards in Deutschland sollen dabei als Maßstab dienen."

Zum Netzausbau heißt es in dem Antrag der Koalitionsfraktionen, die Breitbandstrategie solle auf das Ziel fokussiert werden, bis 2014 bereits für 75 Prozent der Haushalte Bandbreiten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde zur Verfügung zu haben. Der rasche Ausbau der Netze könne am besten über einen technologie- und wettbewerbsoffenen Ansatz realisiert werden. Dazu sollen unter anderem Kabel- und Glasfasernetze sowie Funktechniken gehören. Zu den Betreibern der schnelleren Netze schreiben die Fraktionen: "Wo kurz- bis mittelfristig keine Aktivitäten des Marktes zu erwarten sind, gilt es im Rahmen der bestehenden rechtlichen, insbesondere der verfassungsrechtlichen Vorgaben die Rahmenbedingungen für kommunale Breitbandprojekte zu überprüfen."

Deutschland brauche auch im Bereich der digitalen Medien offene und wachstumsfördernde Rahmenbedingungen, schreiben die beiden Fraktionen und stellen fest: "Unter Wahrung des Datenschutzes müssen Maßnahmen getroffen werden, um Urheberrechtsverletzungen im Internet besser und wirksamer zu bekämpfen. Rechtsverletzungen dürfen auch in der digitalen Welt nicht akzeptiert werden, wobei nicht allein auf Repression gesetzt werden kann." Vielmehr solle gemeinsam mit Rechteinhabern und Diensteanbietern an Lösungen gearbeitet werden, "die den rechtsstaatlichen und wirksamen Schutz geistigen Eigentums verbessern und dessen Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen".

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4. Piraten erzielten 2010 Überschuss von gut 650.000 Euro - NPD erneut mit Defizit

Bundestagsnachrichten/Unterrichtung

Berlin: (hib/STO) Die Piratenpartei hat im Jahr 2010 einen Überschuss von mehr als 650.000 Euro erzielt. Dies geht aus den als Unterrichtung (17/8551) durch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) vorgelegten Rechenschaftsberichten der nicht im Bundestag vertretenen, aber ebenfalls anspruchsberechtigten Parteien hervor. Danach beliefen sich die Einnahmen der Piratenpartei 2010 auf mehr als 1,2 Millionen Euro - darunter staatliche Mittel in Höhe von gut 585.000 Euro - und die Ausgaben auf gut 570.000 Euro. Im Vorjahr hatte die Partei einen Überschuss von gut 145.000 Euro verbucht.

Die NPD verzeichnete der Vorlage zufolge 2010 ein Defizit von mehr als 410.000 Euro, nachdem sie im Vorjahr ein Defizit von fast 1,9 Millionen Euro gemacht hatte. 2010 standen bei ihr laut Rechenschaftsbericht Einnahmen in Höhe von gut 3,0 Millionen Euro - davon knapp 1,2 Millionen Euro an staatlichen Mitteln - mehr als 3,4 Millionen Euro an Ausgaben gegenüber.

Insgesamt umfasst die Unterrichtung die Rechenschaftsberichte von 14 Parteien für 2010. Die Rechenschaftsberichte der im Bundestag vertretenen Parteien liegen bereits als Unterrichtung (17/8550) vor. Sie hatten im Jahr 2010 insgesamt gut 127,1 Millionen Euro an staatlichen Mitteln erhalten. Nach den Vorschriften des Parteiengesetzes werden die Rechenschaftsberichte der Parteien als Bundestagsdrucksache verteilt.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 168 - 28. März 2012 - 17:00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. März 2012