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MELDUNG/267: Verbände fordern - Alle Menschen mit Behinderung sollen wählen dürfen (Lebenshilfe)


Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V.
Pressemitteilung: 25.09.2012

Verbände fordern: Alle Menschen mit Behinderung sollen wählen dürfen

Ausschluss verstößt gegen das Völkerrecht



Berlin. Ein Jahr vor der Bundestagswahl im September 2013 fordern die fünf Fachverbände für Menschen mit Behinderung* den Deutschen Bundestag auf, bei der anstehenden Reform des Bundeswahlgesetzes den diskriminierenden Wahlrechtsausschluss von Menschen mit Behinderung nach Paragraf 13 Nr. 2 des Bundeswahlgesetzes ersatzlos zu streichen. Nach dieser Bestimmung ist von der Teilnahme an Wahlen ausgeschlossen, für wen "zur Besorgung aller Angelegenheiten" ein rechtlicher Betreuer bestellt worden ist. Das gerichtliche Verfahren zur Bestellung eines Betreuers steht jedoch in keinerlei Zusammenhang mit der Ausübung des Wahlrechts, der Ausschluss tritt dennoch automatisch nach dem generalisierenden Anknüpfungsmerkmal der umfassenden Betreuerbestellung ein. Diese pauschale Ausgrenzung sei nach den völkerrechtlichen Verpflichtungen, die Deutschland mit der Ratifikation der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) eingegangen ist, nicht mehr vereinbar, so die Fachverbände.

Nach Artikel 29 der BRK muss das Recht behinderter Menschen gewährleistet sein, zu wählen und gewählt zu werden und damit gleichberechtigt am politischen Leben teilzunehmen. In jüngster Zeit haben der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wie auch der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen klargestellt, dass ein an generalisierende Kriterien geknüpfter Wahlrechtsausschluss von Menschen mit Behinderungen gegen das Völkerrecht verstößt.

Europäische Nachbarstaaten wie Österreich verzichten bereits gänzlich auf solche Ausschlussklauseln, ohne dass Gefahren für den demokratischen Rechtsstaat erkennbar geworden sind. Deutschland dürfe sich dieser Entwicklung nicht länger verschließen, appellieren die Verbände.

Das Parlament berät in dieser Woche in erster Lesung den Gesetzentwurf zur Änderung der Regelung sogenannter "Überhangmandate", die am 25. Juli vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden war. Die Behindertenverbände fordern in einem gemeinsamen Positionspapier, die Streichung des diskriminierenden Wahlrechtsausschlusses in die Beratung des Gesetzentwurfs im federführenden Innenausschuss des Deutschen Bundestages mit aufzunehmen.


* Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V.
Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V.
Verband für anthroposophische Heilpädagogik, Sozialtherapie und soziale Arbeit e.V.
Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V.
Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V.


Die Lebenshilfe in Zahlen

Seit 1958 hat sich die Lebenshilfe in Deutschland mit rund 135.000 Mitgliedern in 523 örtlichen Vereinigungen zur größten Selbsthilfeorganisation für geistig behinderte Menschen und ihre Angehörigen entwickelt. Die Lebenshilfe ist Träger oder Mitträger von mehr als 3200 Einrichtungen und Diensten.

Dazu zählen: 227 Frühförderstellen, 329 Kindergärten und Kinderkrippen (für Kinder von 0 bis 3 Jahre), 118 Schulen und Tagesförderstätten, 491 Werkstätten (auch mit integrativen Arbeitsangeboten), 163 Fortbildungs- und Beratungsstellen, 301 Sport-, Spiel- und Freizeitprojekte, 854 Wohnstätten und Wohngruppen, 221 Familienentlastende Dienste (Entlastung der Familien durch die Betreuung behinderter Angehöriger mit gleichzeitiger Förderung). Dort werden rund 170.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene betreut und gefördert. Etwa 60.000 hauptamtliche und 15.000 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Lebenshilfe sind mit diesen Aufgaben betraut.

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Quelle:
Pressemitteilung: 25.09.2012
Herausgeber: Bundesvereinigung Lebenshilfe
für Menschen mit geistiger Behinderung e.V.
Leipziger Platz 15, 10117 Berlin
Peer Brocke, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: 030 / 20 64 11 -140, Fax: 030 / 20 64 11 -240
E-Mail: presse@lebenshilfe.de
Internet: www.lebenshilfe.de; www.lebenshilfe-aktiv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. September 2012