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MELDUNG/002: Bilanz zum "Tag der Menschen mit Behinderung" (Stadt Magdeburg)


Pressemitteilung von Freitag, 27. November 2009

Bilanz zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen

Behindertenbeauftragter Pischner: "Fortschritte für die Barrierefreiheit - aber auch Fragezeichen."


Magdeburg. Der 3. Dezember wird weltweit als Internationaler Tag der Menschen mit Behinderungen begangen. Dies geht auf eine Initiative der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1992 zurück. Für den Magdeburger Behindertenbeauftragten Hans-Peter Pischner ist dies stets Anlass, einen Blick auf die Lage der Betroffenen in der Landeshauptstadt zu werfen und die aktuelle Entwicklung aus ihrer Sicht zu analysieren.

In Magdeburg leben derzeit rund 24.000 Menschen mit Behinderungen, von denen ca. 17.200 über einen Schwerbehindertenausweis verfügen. Rund 1.000 sind außergewöhnlich gehbehindert (Merkzeichen "aG" im Ausweis), weitere 9.000 sind mehr oder weniger stark in ihrer Mobilität eingeschränkt (Merkzeichen "G").

Etwa 200 Magdeburger sind gehörlos, 370 blind, jedoch weit mehr schwerhörig bzw. sehbehindert. Mit einer geistigen oder psychischen Behinderung leben mindestens 1.500 Betroffene. Pflegebedürftig sind mehr als 5.500 zumeist alte Menschen, von denen 2.500 in rund 30 stationären Pflegeeinrichtungen leben.

Mehr als die Hälfte aller behinderten Menschen (60 %) sind bereits im Rentenalter. Die meisten leben aber nicht in Einrichtungen, sondern in ihrer eigenen Wohnung. Sie sind auf die Hilfe und Unterstützung ihrer Angehörigen, von Pflegediensten oder sozialen Projekten angewiesen und benötigen eine möglichst barrierefreie häusliche und außerhäusliche Umgebung.

"Die soziale Lage der Betroffenen ist differenziert", so der Behindertenbeauftragte. "Überproportional viele Betroffene verfügen jedoch nur über geringe Einkünfte aus Kleinrenten, Grundsicherung nach dem SGB II oder XII und sind dadurch in ihren Teilhabemöglichkeiten eingeschränkt."

Fortschritte beim barrierefreien Bauen

Unbestreitbar sind aus Sicht des Behindertenbeauftragten die Fortschritte, die 2009 in unserer Stadt erreicht wurden, soweit es kommunale Gebäude und Einrichtungen betrifft. Dabei konnte auf den recht guten Standard aufgebaut werden, der in den Vorjahren erreicht wurde.

Beispiele sind die barrierefreie Erschließung der Städtischen Volkshochschule, die 2009 einen behindertengerechten Aufzug und entsprechende sanitäre Einrichtungen erhielt. Weitere Schulgebäude wurden mit privaten Partnern barrierefrei saniert, so die IGS Regine Hildebrandt und das Werner-von-Siemens-Gymnasium. Weitere Objekte sind derzeit in Bau und in der Planung. Auch sie sollen ohne Barrieren gestaltet werden.

Der Magdeburger Zoo bekam ein neues Eingangsgebäude, das zumindest im für die Öffentlichkeit bestimmten Erdgeschoss barrierefrei ist. Allerdings lässt die Barrierefreiheit weiterer Objekte der Zoo-Entwicklung aus sicht des Behindertenbeauftragten zu wünschen übrig, etwa die Amazonien-Anlage mit schwer zu überwindenden Türen und einem schmalen mit Rindenmulch belegten Gang. Viele behinderte und ältere potentielle Zoobesucher beklagen zudem den Wegfall des nördlichen Zooeingangs und eine fehlende barrierefreie Haltestelle am Zoo.

Durch das Konjunkturpaket II ist die Stadt in der Lage, weitere bedeutende kommunale Objekte in Angriff zu nehmen, deren barrierefreie Zugänglichkeit verbessert werden soll. Dies betrifft u.a. das Kunstmuseum im Kloster Unser Lieben Frauen, dessen Eingangsbereich seit diesem Jahr barrierefrei ist, die Gruson-Gewächshäuser und die Schwimmhalle in der Großen Diesdorfer Straße, für deren ursprünglich nicht vorgesehene barrierefreie Umgestaltung sich viele Stadträte persönlich eingesetzt hatten.

Hier sieht der Behindertenbeauftragte die Stadt auf einem guten Weg. Allerdings gibt es auch Projekte, wo viel Geld investiert wird, ohne die Barrierefreiheit zu verbessern, so im Falle der Grundschule Klosterwuhne. Dort soll u.a. die Zooschule einziehen, die damit für viele Behinderte zunächst unerreichbar bleiben wird.

Deutlich verbessert hat sich die Bereitschaft von Wohnungsanbietern wie der Wobau und einiger Genossenschaften, aber auch privater Vermieter, verstärkt auf barrierefreien Wohnraum zu orientieren, wie jüngste Beispiele aus Reform zeigen. Damit wird dem wachsenden Anteil älterer und behinderter Magdeburger und Magdeburgerinnen Rechnung getragen. Allerdings bleibt auch auf diesem Gebiet noch viel zu tun, um noch mehr senioren- und behindertengerechte Wohnungen anbieten zu können.

Wenn dieser Trend zur Barrierefreiheit auch im Umfeld der Universität stärker berücksichtigt würde, könnten auch mehr Studenten mit Behinderungen in Magdeburg studieren und wohnen. Doch der soeben sanierte "Campus-Tower" verfügt zwar über vier barrierefreie Appartements, der erforderliche Hublift fehlt aber noch, nachdem die früher vorhandene Rampe abgerissen wurde. Das Studentenwerk rekonstruierte ein Wohnheim mit über 100 Wohnungen und schuf dabei nur eine einzige barrierefrei zugängliche Einheit.

Verbesserungen im öffentlichen Verkehr und der menschliche Faktor Während für barrierefreie Haltestellen am Zoo und an der Endstelle Sudenburg im Kroatenweg anscheinend auf lange Sicht kein Geld zur Verfügung stehen wird, konnten die MVB durch die Rekonstruktion ihrer Gleise und Haltestellen in der Leipziger Straße die barrierefreie Zugänglichkeit des Universitätsklinikums und vieler Einrichtungen im Umfeld des Fermersleber Wegs wesentlich verbessern. Mit der Weiterführung dieses Projektes werden weitere barrierefreie Haltestellen dazu kommen. Der Behindertenbeauftragte geht davon aus, dass auch die Haltestelle in der Pfeifferstraße, wo in den Pfeifferschen Stiftungen zahlreiche ältere und behinderte Menschen leben und arbeiten, demnächst barrierefrei umgebaut werden kann.

Die MVB haben auf Drängen des Behindertenbeauftragten und der AG Menschen mit Behinderungen alle Niederflur-Straßenbahnen mit faltbaren Klapprampen für Rollstuhlfahrer ausgestattet, die von den Betroffenen wohl stärker angenommen würden, wenn das Fahrpersonal etwas mehr Bereitschaft entwickeln würde, dabei zu helfen. Die MVB haben immerhin zugesagt, Anforderungstaster für Rollstuhlfahrer, die diese Rampen benötigen, innen und außen an den Fahrzeugen anzubringen.

Dringenden Handlungsbedarf sieht Peter Pischner für eine Verbesserung der Barrierefreiheit im Magdeburger Hauptbahnhof. Diese muss im Zusammenhang mit dem Brücken- und Tunnelprojekt der Eisenbahnüberführung endlich umgesetzt werden. Dies bedeutet, alle bisher nicht barrierefrei zugänglichen Bahnsteige mit Aufzügen auszustatten, zusätzlich möglichst auch mit Rolltreppen. Wichtig wäre eine taktile Markierung der Treppenhandläufe zu den Bahnsteigen für Blinde und Sehbehinderte, was vom Behindertenbeauftragten bisher vergeblich gefordert wurde.

Wenn bei dieser Gelegenheit auch die vielfältigen Barrieren angegangen werden könnten, die der Willy-Brandt-Platz vor dem Hauptbahnhof für behinderte Menschen bereit hält, könnte auch dieses andauernde Ärgernis beseitigt werden. Dies betrifft die behindertenunfreundliche Pflasterung, die Möblierung, die unklare Gliederung für Fußgänger und die Vermischung der Verkehre.

ARGE soll behinderte Kunden besser betreuen

Ein wichtiger Teilerfolg für die Interessen behinderter Menschen ist es, dass die Jobcenter ARGE GmbH künftig ihre behinderten Kunden - das sind ca. 1.600 - professioneller betreuen wird. Dazu werden 10 besonders geschulte persönliche Ansprechpartner benannt, die diesen Personenkreis unter Beachtung seiner spezifischen Bedürfnisse betreuen und vermitteln sollen. Dafür hatten sich insbesondere der Paritätische Wohlfahrtsverband, die AG Menschen mit Behinderungen und mehrere Stadtratsfraktionen eingesetzt.

"Man sieht deutlich", resümiert Pischner, "dass es vorangeht, dass aber noch viel zu tun bleibt, um Barrieren abzubauen und Menschen mit Behinderungen reale Teilhabechancen in unserer Stadt zu eröffnen." Ohne das ehrenamtliche Engagement vieler Betroffener, etwa in der kommunalen AG Menschen mit Behinderungen, und ohne den erklärten Willen und die Bereitschaft vieler Kommunalpolitiker wären die erwähnten Fortschritte so nicht möglich gewesen, so Pischner.

Nähere Informationen:
Landeshauptstadt Magdeburg
Behindertenbeauftragter Hans-Peter Pischner
Tel. 0391/5402342
E-Mail: behindrt@magdeburg.de


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Quelle:
Pressemitteilung von Freitag, 27. November 2009
Kontaktdaten:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. November 2009