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ELEKTROTECHNIK/141: Durchbruch im Umgang mit molekularen Drähten (FZ Jülich)


Forschungszentrum Jülich - 27. Juli 2011

Durchbruch im Umgang mit molekularen Drähten


Jülich 27. Juli - Winziger geht's kaum: Einzelne Moleküle gelten als vielversprechende Kandidaten zur ultimativen Miniaturisierung für nanoelektronische Bauteile. Doch trotz stetiger Fortschritte in der Herstellung von Nanobauteilen und -materialien ließ sich die Leitfähigkeit einzelner Moleküle - als Grundvoraussetzung für die weitere Erforschung und Entwicklung - bisher nur sehr schwer kontrolliert und reproduzierbar messen. Mit einer neu entwickelten Methode haben Wissenschaftler vom Forschungszentrum Jülich jetzt einen Durchbruch im Umgang mit solchen "molekularen Drähten" erreicht. Die Ergebnisse wurden am 25. Juli 2011 in der Fachzeitschrift Physical Review B veröffentlicht (DOI: 10.1103/PhysRevB.84.035435) und von dem Herausgeber, der American Physical Society, als Forschungs-Highlight ausgewählt.

"Molecular wires" sind eine mögliche Grundlage für überlegene Datenspeicher oder leistungsfähigere und gleichzeitig sparsamere Prozessoren der Zukunft. Sie könnten auch die Basis bilden für neuartige Sensoren und die Kopplung von lebenden Zellen mit elektronischen Systemen. Jülicher Forschern ist es zum ersten Mal gelungen, die Enden eines einzelnen, isolierten Moleküls kontrolliert mit zwei Elektroden an jeweils einem Atom zu kontaktieren. So konnten sie die Leitfähigkeit erstmals unter kontrollierten Bedingungen bestimmen.

Stefan Tautz vom Peter Grünberg Institut (PGI) berichtet: "Die vorherigen Messungen waren sehr unzuverlässig, weil niemand genau sagen konnte, wie solch ein einzelnes Molekül genau in Kontakt mit den Elektroden stand. Indem wir die bekannte Technik der Kontaktierung im Rastertunnelmikroskop mit einem Rasterkraftmikroskop kombiniert haben, konnten wir die Aufrichtung eines einzelnen molekularen Drahtes zum ersten Mal direkt verfolgen." Bei dem neuen Messverfahren wird die extrem feine, auf ein einzelnes Atom zulaufende Spitze des Rasterkraftmikroskops in gleichmäßige Schwingungen versetzt. Gleichzeitig stellt diese Spitze eine Elektrode dar, die das zu untersuchende Molekül einspannt und anhebt. Durch den Kontakt mit dem Molekül verändert sich die Schwingungsfrequenz des Mikroskop-Tastkopfs, so dass sich aus dieser Frequenzverschiebung direkt die Stärke der Kopplung und damit die Lage des Moleküls ableiten lässt.

Die Jülicher Wissenschaftler wählten für ihre Tests ein rund ein Nanometer langes, bandartiges Molekül mit der Kurzbezeichnung PTCDA. Dieses Molekül gleicht in seinem Aufbau dem Nanomaterial Graphen, das ebenfalls aus einer Schicht aus miteinander verbundenen Kohlenstoffringen aufgebaut ist. Wegen seiner hohen elektrischen Leitfähigkeit und seiner einzigartigen, elektronischen Struktur gilt Graphen als aussichtsreicher Werkstoff für zukünftige nanoelektronische Komponenten - angefangen von neuartigen Sensoren, Prozessoren und Speichern bis hin zu intelligenten Anzeigen und Fensterscheiben. Für die Entdeckung des "Wundermaterials" im Jahr 2004 bekamen die Wissenschafter Andre Geim und Konstantin Novoselov 2010 den Physiknobelpreis verliehen.


Originalveröffentlichung:
Force-controlled lifting of molecular wires
N. Fournier, C. Wagner, C. Weiss, R. Temirov, F. S. Tautz; Physical Review B
DOI: 10.1103/PhysRevB.84.035435
Direkter Link zum Artikel:
http://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevB.84.035435

Direkter Link zu einer simulierten Animation des Verfahrens:
http://prb.aps.org/supplemental/PRB/v84/i3/e035435

Weitere Informationen:
Forschung am Peter Grünberg Institut:
http://www.fz-juelich.de/sid_E22C7BEB46E908458F84880C5532933F/pgi/DE/Home/home_node.html


Das Forschungszentrum Jülich...
... betreibt interdisziplinäre Spitzenforschung, stellt sich drängenden Fragen der Gegenwart und entwickelt gleichzeitig Schlüsseltechnologien für morgen. Hierbei konzentriert sich die Forschung auf die Bereiche Gesundheit, Energie und Umwelt sowie Informationstechnologie. Einzigartige Expertise und Infrastruktur in der Physik, den Materialwissenschaften, der Nanotechnologie und im Supercomputing prägen die Zusammenarbeit der Forscherinnen und Forscher. Mit rund 4 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehört Jülich, Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, zu den großen Forschungszentren Europas.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 27. Juli 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juli 2011