Universität Innsbruck - 21.03.2016
Quantenverschränkung leichter messbar
Physiker haben eine neue Methode entwickelt, mit der relativ einfach ermittelt werden kann, ob Teilchen miteinander verschränkt sind. Die nun in der Fachzeitschrift Nature Physics präsentierte Methode ist vor allem für den Nachweis von Quantenverschränkung in großen Teilchensystemen interessant und könnte helfen, Messverfahren präziser zu machen und Materie besser zu verstehen.
Verschränkung ist ein quantenphysikalisches Phänomen, das nicht nur Albert
Einsteins Phantasie anregte - er sprach von einer möglichen "spukhaften
Fernwirkung" -, sondern für die Entwicklung von Quantentechnologien eine
entscheidende Ressource darstellt. Viele im Labor erforschte
Quantenanwendungen beruhen auf dieser Eigenschaft, durch die ein System
aus mehreren Teilchen nicht mehr als Kombination unabhängiger
Teilchenzustände, sondern nur als gemeinsamer Zustand beschrieben werden
kann. Quantenverschränkung ist allerdings nicht einfach nachzuweisen - vor
allem, wenn viele Teilchen involviert sind. "Kleine Teilchenensemble
können heute im Labor sehr genau kontrolliert werden, und damit lässt sich
auch die Verschränkung relativ einfach bestimmen", sagt der Innsbrucker
Quantenphysiker Philipp Hauke. "Sind viele Teilchen miteinander
verschränkt, wird eine solche Messung extrem aufwändig bis unmöglich, weil
der Aufwand mit der Zahl der Teilchen exponentiell ansteigt." Philipp
Hauke und Peter Zoller vom Institut für Theoretische Physik der
Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und
Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der
Wissenschaften haben nun gemeinsam mit Markus Heyl von der Technischen
Universität München und Luca Tagliacozzo vom Institute of Photonic
Sciences (ICFO) in Barcelona einen neuen Weg gefunden, wie gewisse Aspekte
der Vielteilchenverschränkung bestimmt werden können - und dies unabhängig
von der Größe des Systems und mittels Standardmessmethoden.
"Bei komplexeren Systemen mussten bisher sehr, sehr viele Messungen durchgeführt werden, um ein Maß für die Verschränkung zwischen vielen Teilchen zu erhalten", sagt Philipp Hauke. "Unsere Methode umgeht dieses Problem und kann selbst für die Bestimmung von Verschränkung in makroskopischen Objekte angewendet werden, für die es bisher kaum Möglichkeiten gab." Die Wissenschaftler können dazu im Labor bereits etablierte Messverfahren verwenden. Dies haben die Theoretiker in der nun in der in der Fachzeitschrift Nature Physics veröffentlichten Arbeit an mehreren Beispielen explizit gezeigt. So kann die Verschränkung von vielen, in einem optischen Gitter gefangenen Teilchen mittels Laserspektroskopie gemessen werden. Bei Festkörpern kann dafür die ebenfalls seit langem etablierte Messung der Neutronenstreuung eingesetzt werden. Aus den Messdaten lässt sich nach der Innsbrucker Methode die Quanten-Fisher-Information ermitteln, die als verlässlicher Indikator für die Verschränkung von Vielteilchensystemen gilt. Sie ergibt sich aus der Empfindlichkeit eines dynamischen Systems, die durch den Vergleich einzelner Messungen bestimmt werden kann. "Wenn ich zum Beispiel eine Probe durch ein zeitlich veränderliches Magnetfeld bewege, kann ich aus den Messdaten ermitteln, wie empfindlich diese Probe auf das Magnetfeld reagiert und erhalte über unsere Methode dann ein Maß für die interne Verschränkung", erklärt Philipp Hauke.
Quantenmetrologie, also auf quantenmechanischen Eigenschaften basierende Messmethoden, sind ein wichtiges Anwendungsgebiet dieser Methode. Denn nun lassen sich die Quanteneigenschaften makroskopischer Messsonden einfacher charakterisieren. Aber auch für Quantensimulationen, mit der Quanteneigenschaften in physikalischen Systemen nachgebildet werden, ist Verschränkung eine zentrale Ressource. Auch hier eröffnet das Innsbrucker Verfahren neue Perspektiven. Und in der Festkörperphysik könnte es dazu dienen, die Rolle quantenmechanischer Verschränkung bei komplexen Phasenübergängen zu untersuchen.
Finanziell unterstützt wurden diese Forschungen unter anderem vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und dem Europäischen Forschungsrat ERC.
Publikation:
Measuring multipartite entanglement via dynamic susceptibilities.
Philipp Hauke, Markus Heyl, Luca Tagliacozzo, Peter Zoller.
Advanced Online Publication.
Nature Physics, am 21.3.2016
DOI: 10.1038/nphys3700
Weitere Informationen unter:
http://www.uibk.ac.at/th-physik/qo/
- Quantum Optics Theory Group, Universität Innsbruck
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution345
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Innsbruck, Dr. Christian Flatz, 21.03.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 24. März 2016
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