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FORSCHUNG/1264: Mit Quanten ist zu rechnen (MaxPlanckForschung)


MaxPlanckForschung - Das Wissenschaftsmagazin der Max-Planck-Gesellschaft 4/2015

Mit Quanten ist zu rechnen

von Roland Wengenmayr


Die moderne Quantenphysik wartet mit einigen Verheißungen auf: Quantencomputer und -simulatoren sollen blitzschnell riesige Datenmengen durchforsten, die Entwicklung neuer Medikamente beschleunigen oder die Suche nach Materialien etwa für die Energietechnik erleichtern. Ignacio Cirac, Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching, trägt mit seiner Forschung dazu bei, diese Versprechen einzulösen.

Diese Geschichte beginnt mit einem verspäteten Zug, sodass ein Anruf von unterwegs im Sekretariat Ignacio Ciracs fällig ist. Zum Glück kann der Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching unser Treffen ein wenig verschieben. Wir wollen über sein Forschungsgebiet Quanteninformation sprechen, mit dem einige Verheißungen der Physik für die Technik der Zukunft verbunden sind.

Der Anruf über das Mobilfunknetz ist ein guter Anlass, darüber nachzudenken, wie sehr die Physik bereits die heutige Kommunikationstechnik geprägt hat. Quantenphysik mischt dabei überall mit, von der Halbleiterelektronik bis zum Laser, der über das weltumspannende Glasfasernetz lichtschnelle Verbindungen in die ganze Welt ermöglicht. Wie werden da erst zukünftige Quantentechniken unser Leben verändern? Niemand vermag das heute vorherzusagen. Denn derzeit schaffen Physiker wie Cirac noch ihre Grundlagen.


Wichtige Grundlagen für den Quantencomputer

Die entspannte Atmosphäre in Ciracs Büro lässt den Reisestress schnell vergessen. Der Spanier schätzt den ruhigen, nachdenklichen Ton. Wir sitzen in der warmen Septembersonne, umflutet von Lichtquanten, und begeben uns gedanklich in eine abstrakte Mikrowelt. Dort stößt unsere von relativ großen Objekten geprägte Intuition schnell an Grenzen. Cirac zählt zu den Pionieren eines Fachgebiets, das Ideen wie Quantencomputer, Quantensimulatoren oder Quantenkryptografie (s. MAXPLANCKFORSCHUNG 1/2015, S. 60) in die Welt gesetzt hat. An Technik ist er so interessiert wie an Mathematik und an den grundlegenden Fragen der Quantenphysik. Diese drei Leidenschaften kann er auf dem Gebiet der Quanteninformation ideal vereinen.

Für eine mögliche Technik des Quantencomputers entwickelte Ignacio Cirac gemeinsam mit Peter Zoller in den 1990er-Jahren wichtige Grundlagen. Zoller, Professor für theoretische Physik an der Universität Innsbruck, war ein wissenschaftlicher Mentor des jungen Ignacio Cirac, der zwischen 1996 und 2001 ebenfalls an der Universität Innsbruck forschte. Anschließend wurde Cirac Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik.

Der große Moment in Ciracs Forscherleben kam 1994. Damals arbeitete er als Postdoktorand bei Zoller an der amerikanischen Universität von Colorado in Boulder, am Joint Institute for Laboratory Astrophysics. Zoller und Cirac saßen in einem Vortrag von Artur Ekert. Dieser polnisch-britische Physiker ist heute für ein von ihm entwickeltes Protokoll berühmt, mit dem man quantenkryptografisch verschlüsselte Botschaften abhörsicher übertragen kann. "Er sprach über Quantencomputer und wie toll es wäre, sie bauen zu können - aber niemand wisse, wie", erzählt Cirac.


Ionen waren die besten Kandidaten für Qubits

Das brachte Cirac und Zoller auf die entscheidende Idee. Als Theoretiker befassten sie sich mit einer in Atomuhren bewährten Technik, die sie nun zu einem Grundbaukasten für Quantencomputer umfrisierten. Der Ansatz basiert auf einzelnen Ionen, elektrisch geladenen Atomen. Elektrische und magnetische Felder halten diese in Ionenfallen gefangen.

Die Fallentechnik war Anfang der 1990er-Jahre schon so weit fortgeschritten, dass man die darin gefangenen Ionen extrem gut kontrollieren konnte. Das machte sie zu den besten verfügbaren Kandidaten für Quantenbits, kurz Qubits. Qubits sind die Gegenstücke zu den Bits der herkömmlichen Computertechnik. Cirac und Zoller zeigten in ihrer 1995 publizierten Arbeit: Mit einer raffinierten Steuerung der Falle und mit präzise dosierten Laserpulsen, die auf die Ionen gestrahlt werden, kann man die Teilchen als Qubits adressieren und quantenlogische Operationen ausführen.

Nur drei Monate später demonstrierte ein Team von David Wineland am ebenfalls in Boulder angesiedelten National Institute of Standards and Technology mit einem Experiment, dass der theoretische Vorschlag von Cirac und Zoller grundsätzlich funktioniert.

Aber wozu sollen Quantencomputer überhaupt gut sein? Sie versprechen, einige Aufgaben lösen zu können, an deren Komplexität heutige Supercomputer scheitern. "Es sind komplizierte Probleme, die jeweils das Lösen einer Vielzahl von Gleichungen erfordern", erklärt Cirac: "Zum Beispiel das Design neuer medizinischer Wirkstoffe, neuer Materialien - und vielleicht sogar Gleichungen, die in Anwendungen wie Wettervorhersagen stecken." Auf all diesen Gebieten werden leistungsfähige Computer zur Modellierung eingesetzt. Eine exakte Lösung der Gleichungen können sie allerdings nicht liefern, weil ihre Rechenkraft an Grenzen stößt. Folglich müssen sie mit stark vereinfachten Näherungsverfahren arbeiten, also mit oftmals unbefriedigenden Kompromissen. Quantencomputer dagegen können theoretisch einige dieser Probleme durch "Quantenparallelität" - sozusagen massiv quantengedoptes Parallelrechnen - in einer akzeptablen Zeit lösen.

"Quantencomputer sind Spezialisten", betont Cirac. Die Computer auf unseren Schreibtischen werden sie folglich nicht verdrängen. "Im Prinzip können sie dieselben Aufgaben wie klassische Computer lösen", erklärt der Max-Planck-Direktor, "aber sie benutzen andere Naturgesetze als herkömmliche Rechner."


Computer nutzen Elektronenwolken

Tatsächlich ähneln sich die Grundkonzepte heutiger Rechner und Quantencomputer auf den ersten Blick. Die etablierte Computertechnik nutzt Bits, also Nullen und Einsen, überwiegend in Form von Elektronenwolken, zunehmend auch in Form von Photonen, also Lichtquanten. Sie führt logische Operationen mit Gattern durch und speichert die Zwischenergebnisse in Registern. In einem Quantencomputer sollen Quantenbits, Quantengatter und Quantenregister ähnlich werkeln.

Der grundlegende Unterschied zeigt sich, wenn man sich ein Qubit genauer anschaut. Qubits sind immer einzelne Elektronen, Photonen oder Atome. Sie sind also viel kleiner als digitale Bits. Mit dieser ultimativen Miniaturisierung taucht man automatisch in eine seltsame Mikrowelt ein. "Hier herrscht die Logik der Quantenmechanik", erklärt Cirac lächelnd, "und deren Gesetze sind ein wenig ungewöhnlich." Damit können Quantencomputer Leistungen erbringen, zu denen klassische Computer nicht fähig sind.

Ein Qubit besitzt zwei Quantenzustände, die der Null und der Eins eines klassischen Bits entsprechen. Als Quantenteilchen kann es sich darüber hinaus in einer Überlagerung dieser beiden Zustände befinden, und das ist der entscheidende Unterschied. Physiker sprechen dabei auch vom Schrödinger-Katzen-Zustand - in Erinnerung an ein Gedankenexperiment Erwin Schrödingers. Darin löst ein radioaktives Atom, das zufällig zerfallen kann, einen Vergiftungsmechanismus aus, der eine arme Katze in einer Kiste umbringt. Solange der Kistendeckel geschlossen ist, hat man jedoch keine Information, ob das Atom zerfallen ist oder nicht, ob die Katze also tot ist oder lebt. Aus quantenmechanischer Sicht sind beide Katzenzustände in der Kiste überlagert.

Das Qubit besitzt also unendlich viele Zwischenzustände - im Gegensatz zu den zweien der digitalen Bits. Dies gilt allerdings nur, solange man seinen Zustand nicht im klassischen Sinn misst, also Schrödingers Kiste öffnet. Sobald dies geschieht, springt das Qubit in einen der zwei Grundzustände hinein, die Null oder Eins repräsentieren. Jetzt weiß man, ob die Katze noch lebt oder nicht. Wer den quanteninformationstechnischen Mehrwert von Qubits nutzen will, muss die Katze in der Kiste folglich erst mal in Ruhe lassen.

Die Überlagerung der beiden Zustände innerhalb eines Qubits ist aber erst der Anfang. Beim Fußball macht auch ein Lewandowski allein noch kein Tor, dazu braucht es eine eingespielte Mannschaft. Entscheidend für die Rechenmacht künftiger Quantencomputer ist, dass man mehrere Qubits wiederum in einem gemeinsamen Quantenzustand präparieren kann - sozusagen in einer Überlagerung der Überlagerung. Dieser komplexe Kollektivzustand heißt Verschränkung und sorgt für einige der exzentrischen Eigenschaften der Quantenmechanik.

Im Quantencomputer muss die Verschränkung als quantenmechanisches Rechenwerk funktionieren. Die Arbeitsweise kann man sich vereinfacht wie folgt vorstellen: Man schreibt die Aufgabe in einen Satz Qubits hinein, dann lässt man das verschränkte Quantensystem ungestört vor sich hin arbeiten. Die enorm rechenmächtige Quantenparallelität der Verschränkung beinhaltet im Prinzip alle Lösungsvarianten der Aufgabe und spielt sie durch. So können schon relativ wenige Qubits eine Rechenkraft entwickeln, die alle herkömmlichen Computer schlägt.

Nach einer bestimmten Zeit hält man das Quantenrechenwerk an und liest das Ergebnis aus. Hat man diese Zeitspanne und die Programmierung geschickt gewählt, so erhält man die Lösung der Aufgabe.


Ein weiteres Konzept: Atome im optischen Gitter

Heute werden verschiedene Konzepte für die Architektur von Quantencomputern erforscht, die im Detail unterschiedlich funktionieren. Doch das hier beschriebene Bild vermittelt ein grundlegendes Gefühl für die prinzipielle Arbeitsweise von Quantencomputern.

Cirac und Zoller veröffentlichten 1998 ein zweites einflussreiches Konzept, das Physiker heute neben den Ionen in Fallen in vielen Varianten erproben. In diesem Entwurf wird eine Wolke aus elektrisch neutralen Atomen auf wenige millionstel Grad über dem absoluten Temperaturnullpunkt abgekühlt. Dann legt man ein dreidimensionales Gitter aus Laserstrahlen durch diese Wolke. Die einzelnen Atome zieht es in dessen Kreuzungspunkte hinein, so wie Eier in die Vertiefungen eines Eierkartons rutschen. So sortiert, lassen sie sich als Qubits manipulieren.

Das optische Gitter hat gegenüber der Ionentechnologie den Vorteil, dass es viele Tausende, sogar Hunderttausende Qubits zugleich steuern kann. Allerdings sind diese bislang nicht so gut kontrollierbar wie gefangene Ionen. Die Ionentechnik sperrte sich umgekehrt lange gegen eine größere Zahl von Qubits, weil diese sich gegenseitig elektrisch abstoßen. Inzwischen überwinden aber beide Techniken zunehmend ihre Schwächen und nähern sich einander an.

Trotz der vielversprechenden Ansätze ist der Weg zu echten Quantencomputern noch weit, ungeachtet der Versprechungen erster kommerzieller Anbieter und der Millioneninvestitionen auch von Firmen wie Microsoft, IBM und Intel in deren Entwicklung. "Ich bin überzeugt davon, dass sie gebaut werden", sagt Cirac, "aber es wird vielleicht noch zehn, zwanzig oder sogar fünfzig Jahre brauchen."

Anders ist die Lage bei Quantensimulatoren - spezialisierten, abgespeckten Varianten des Quantencomputers. Die Abteilung von Immanuel Bloch, mit dem Cirac als Direktorenkollege in Garching eng zusammenarbeitet, betreibt bereits erste Quantensimulationen mit optischen Gittern. Der Quantensimulator geht zurück auf eine Idee, welche der amerikanische Physiknobelpreisträger Richard Feynman zu Anfang der 1980er-Jahre präsentierte. Ihn - und nicht nur ihn - störte ein grundlegendes Problem, das die Physik bis heute hat: Sie kann zwar die genauen Gleichungen für das Verhalten komplexer Systeme aus vielen Quantenteilchen aufstellen, diese aber nicht exakt lösen. "Schon an einem System von nur hundert Elektronen scheitern wir völlig", sagt Ignacio Cirac.


Ein Quantensystem wird mit einem anderen modelliert

Feynman schloss radikal: Das Verhalten eines Quantensystems lässt sich nur effizient modellieren, wenn man dazu ein anderes Quantensystem nimmt. Elektronen zum Beispiel bestimmen die Eigenschaften von Materie. Doch darin sind sie nicht gut zugänglich, daher ist ihr Verhalten schwer erforschbar. Ein Quantensimulator könnte es dagegen mit Qubits simulieren, die direkt steuerbar sind. Schon mit einigen Dutzend Qubits könnte ein Quantensimulator so die Eigenschaften vieler Materialgrundbausteine sehr genau nachbilden. Daher versprechen Quantensimulatoren, die Entwicklung neuer Materialien zu revolutionieren. Zum Beispiel könnten sie helfen, das Rätsel der Hochtemperatur-Supraleitung zu knacken und bessere Supraleiter zu entwickeln.

Quantensimulatoren und Quantencomputer sind die Hardware, ihre Software sind Quantenalgorithmen. 1994, als Cirac und Zoller auf die Idee der Quantencomputer-Bausteine kamen, hatte der US-amerikanische Mathematiker Peter Shor gerade einen solchen Algorithmus entwickelt. Damit könnten Quantencomputer wesentlich schneller Zahlen faktorisieren als heutige Computer. Faktorisieren ist die Umkehrung des Multiplizierens. Es geht also um das Teilen, allerdings so, dass dabei Primzahlen herauskommen. Die 15 etwa wird also in 3 und 5 zerlegt. Dieses Beispiel ist natürlich banal. "Aber stellen Sie sich das bei einer Zahl mit 200 Stellen vor", sagt der Physiker: "Daran würden alle heutigen Supercomputer zusammengenommen scheitern."

Was nach akademischem Denksport aussieht, hat eine sehr aktuelle praktische Bedeutung. Die meisten heute gebräuchlichen Verschlüsselungsverfahren für Nachrichten vertrauen nämlich darauf, dass Mitlauscher die dafür genutzten Zahlencodes eben nicht auf diese Weise knacken können, jedenfalls nicht in einer praktikablen Zeitspanne. Funktionierende Quantencomputer könnten also diese Verschlüsselungsverfahren aushebeln. Aus gutem Grund sind Geheimdienste außerordentlich interessiert an Quanteninformationstechnologien.


Beschleunigte Suche in unsortierten Datenbanken

Doch es gibt auch andere technische Anwendungen, die heute denkbar sind. Der sogenannte Grover-Algorithmus zum Beispiel würde das Suchen in unsortierten Datenbanken massiv beschleunigen. IT-Experten sehen darin angesichts der immensen und noch weiter anwachsenden Datenmengen, die heute bei vielen Computeranwendungen verarbeitet werden, einen großen Fortschritt.

Ciracs Team ist vor allem daran interessiert, mit Methoden der Quanteninformation die Physik auf anderen Gebieten voranzubringen. Neben der Physik kondensierter Materie, also der Materialforschung innerhalb der Physik, ist das vor allem die Hochenergiephysik, die an den großen Beschleunigeranlagen betrieben wird. Auch dort gilt es, komplexe Quanteneffekte mit sehr vielen beteiligten Teilchen nachzuvollziehen, um ein tieferes Verständnis über den Ursprung der Materie und der Kräfte zu gewinnen.

Auf all diesen Gebieten könnte eine neue mathematische Methode aus der Quanteninformation helfen, die Tensor-Netzwerke genannt wird. Auf sie setzt Cirac. Eines seiner Teams hat gerade einen neuen Quantenalgorithmus auf dieser Basis entwickelt. Die Doktoranden András Molnár aus Ungarn und Yimin Ge aus Österreich ringen damit, ihn anschaulich zu erklären. "Stellen Sie sich eine Kette aus hundert Kugeln vor, die entweder rot oder blau sein können", erklärt Ge. Allerdings sind in der Kette alle diese Kugelfarben überlagert. "Wie das aussieht, könnte man nicht mal auf einem Computermonitor darstellen", sagt der Mathematiker.


Algorithmus für ein System aus vielen Teilchen

Tensor-Netzwerke können jedoch das Verhalten der Kugelkette präzise beschreiben. Natürlich ist deren Farbüberlagerung ein anschauliches Bild für die überlagerten Zustände von hundert Qubits. Mit ihrem Algorithmus können die Garchinger Forscher nun berechnen, wie sich ein solch komplexes System im Lauf der Zeit entwickelt, wenn die Kugeln ihre Farben wechseln dürfen. Durch Regeln können sie ihren Algorithmus an das typische Verhalten echter Quantensysteme aus vielen Teilchen - etwa eines Halbleiterkristalls - anpassen.

So minimieren physikalische Systeme gern ihre Energiekosten, deshalb gefriert Wasser bei sinkender Temperatur zu Eis. "Bei unseren Kugeln können wir dafür zum Beispiel die Regel einführen, dass es zehn virtuelle Euro kostet, wenn zwei benachbarte Kugeln am Schluss verschiedene Farben haben", sagt Ge. Mit dieser Regel und der Vorgabe der Sparsamkeit wird die Kugelkette im Lauf der Zeit einen gleichfarbigen Zustand ansteuern, ähnlich wie viele Quantensysteme bei tiefen Temperaturen in einen kollektiven Quantenzustand übergehen.

Das Ergebnis ist in diesem einfachen Beispiel zwar intuitiv leicht vorherzusagen, doch der Weg dahin ist in einem mathematischen Modell schwer zu beschreiben. Auf ähnliche Weise können die Garchinger Wissenschaftler ihr System auch auf ein physikalisches Verhalten trainieren, dessen Ausgang sich nicht so leicht vorwegnehmen lässt. So könnten sie etwa noch unbekannte Eigenschaften neuer Materialien simulieren.

Niemand vermag heute zu sagen, welchen Einfluss diese Grundlagenforschung auf unsere Kultur haben wird. Der Blick auf die zentrale Rolle physikalischer Entdeckungen in der heutigen Informations- und Kommunikationstechnik legt aber nahe, dass dieser Einfluss durchaus bedeutend werden könnte.


Auf den Punkt gebracht

• Quantencomputer könnten Aufgaben, die selbst die Superrechner von heute überfordern, in praxistauglicher Rechenzeit bewältigen, da sie mithilfe der quantenphysikalischen Verschränkung von Qubits massiv quantenparallel rechnen können.

• Quantensimulatoren, einfachere Versionen eines universellen Quantencomputers, könnten schon in näherer Zukunft komplexe physikalische Probleme lösen und bei der Entwicklung neuer Materialien helfen.

• Der Max-Planck-Wissenschaftler Ignacio Cirac hat gemeinsam mit Peter Zoller von der Universität Innsbruck zwei Konzepte vorgeschlagen, wie Quantencomputer und -simulatoren praktisch konstruiert werden können: mit Ionen in elektromagnetischen Fallen oder mit Atomen, die in Gittern aus Laserstrahlen gefangen werden.


Glossar

Qubit: Ein Quantenbit oder kurz Qubit besitzt wie ein klassisches Bit zwei Zustände, die für die Null und die Eins stehen; anders als ein Bit kann es aber auch alle Überlagerungszustände dazwischen einnehmen.

Tensor-Netzwerk: Eine mathematische Methode, um den Zustand eines Quantensystems aus vielen Teilchen zu beschreiben. Tensoren, also mathematische Funktionen, dienen dabei als Bausteine, welche zusammengesetzt eine Beschreibung für den gesuchten Zustand ergeben.

Verschränkung: Wenn zwei oder mehr Quantenteilchen wie etwa Atome miteinander verschränkt sind, befinden sie sich vor einer Messung bezüglich einer Eigenschaft in einem Überlagerungszustand. Mit der Messung an einem Teilchen wird diese Eigenschaft dann nicht nur an dem gemessenen, sondern unmittelbar auch an den mit ihm verschränkten Partikeln festgelegt.


Der Artikel mit Abbildungen kann als PDF-Datei heruntergeladen werden unter:
https://www.mpg.de/9906868/W003_Physik_Astronomie_054-061.pdf

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Quelle:
MaxPlanckForschung - Das Wissenschaftmagazin der Max-Planck-Gesellschaft
Ausgabe 4/2015, Seite 54-61
Herausgeber: Wissenschafts- und Unternehmenskommunikation der
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.
Redaktionsanschrift: Hofgartenstraße 8, 80539 München
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Mai 2016

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