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ASTRO/306: Zweites Gravitationswellensignal beobachtet (Uni HH)


Pressedienst der Universität Hamburg, 15. Juni 2016

Signal aus der Vergangenheit des Universums: Zweites Gravitationswellensignal beobachtet


Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der LIGO-Virgo-Collaboration (LVC) haben vor kurzem ein weiteres Gravitationswellensignal beobachtet, das nach der Kollision zweier Schwarzer Löcher entstanden ist. Das berichten sie am heutigen Mittwoch, dem 15. Juni 2016, auf der Konferenz der American Astronomical Society (AAS) in San Diego sowie in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Physical Review Letters". Die Universität Hamburg ist mit der Arbeitsgruppe von Prof. Roman Schnabel vom Institut für Laserphysik und Zentrum für Optische Quantentechnologien an dem Forschungsvorhaben beteiligt.


Bild: © LIGO

Simulation der Kollision von zwei Schwarzen Löchern
Bild: © LIGO

Die Forscherinnen und Forscher hatten im September 2015 erstmals die geheimnisvollen Wellen im All mithilfe der beiden vier Kilometer großen Detektoren des "Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory" (LIGO) in Livingston und Hanford in den USA beobachten können. Die jetzt entdeckten Gravitationswellen entstanden bei der Kollision zweier Schwarzer Löcher, die vor rund 1,4 Milliarden Jahren stattfand. So lange hat die Gravitationswelle gebraucht, um zur Erde zu gelangen. Die Schwarzen Löcher, die sich zuvor lange umkreist hatten, bevor sie schließlich ineinander stürzten, hatten eine Masse von 8 bzw. 14 Sonnenmassen und bildeten ein neues Schwarzes Loch mit 21 Sonnenmassen. Eine Sonnenmasse entspricht 1,99 Quadrilliarden Tonnen oder 332.946 Erdmassen. In Schwarzen Löchern wirkt eine derart starke Schwerkraft (Gravitation), dass nicht einmal Lichtstrahlen entweichen können.

Albert Einstein hatte die Existenz von Gravitationswellen 1916 auf Basis seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt, nach der die Gravitation keine Kraft (wie etwa noch bei Newton) ist, sondern eine Eigenschaft von Raum und Zeit: Gravitationswellen sind Verzerrungen in der Struktur der Raumzeit und breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit aus. Sie geben Auskunft über ihre Entstehung und das Wesen der Gravitation. Ihre direkte Beobachtung ermöglicht deshalb eine neue Sicht auf das Universum, denn bisher basierten die Erkenntnisse über das Weltall auf Messungen von elektromagnetischen Wellen wie z. B. Licht oder Gammastrahlung.

Die Universität Hamburg ist mit der Arbeitsgruppe von Prof. Roman Schnabel seit Frühjahr 2015 Mitglied im Team des deutsch-britischen Gravitationswellendetektors GEO600 sowie in der LIGO Scientific Collaboration (LSC). Der Physiker ist seit 2013 Vorsitzender der LSC-Arbeitsgruppe "Quantenrauschen" und arbeitet an der Universität Hamburg mit seinem Team an der Verbesserung der Messempfindlichkeit von Gravitationswellendetektoren. Prof. Schnabel entwickelte während seiner Tätigkeit an der Leibniz Universität Hannover die weltweit erste Quelle für Licht mit einem sogenannten "gequetschtem Quantenrauschen", mit deren Hilfe die Präzision bei Messungen deutlich gesteigert werden kann.

Der Präsident der Universität Hamburg, Prof. Dr. Dieter Lenzen: "Wir freuen uns sehr, dass mit Professor Roman Schnabel ein Wissenschaftler unserer Universität mit seinem Team an diesen bahnbrechenden Entdeckungen beteiligt ist. Professor Schnabel trägt mit seiner Forschung dazu bei, dass die Wissenschaft künftig astrophysikalische Informationen noch besser auswerten kann und wir eine neue Dimension bei der Untersuchung des Universums erreichen werden."

Die LIGO Scientific Collaboration (LSC) ist eine Gruppe von mehr als 1000 Forschenden von Universitäten in den USA und in 14 weiteren Ländern. Die Virgo Collaboration besteht aus mehr als 250 Physikerinnen und Physikern sowie Ingenieurinnen und Ingenieuren aus 19 verschiedenen europäischen Forschungsgruppen. Mehr als 90 Universitäten und Forschungseinrichtungen in der LSC entwickeln Detektortechnologien und analysieren die Daten. Das Detektornetzwerk der LSC umfasst die LIGO-Interferometer und den GEO600-Detektor.

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Quelle:
Pressedienst vom 15. Juni 2016
Universität Hamburg
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juni 2016

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