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ASTRO/167: Loop-Quantengravitation (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 7/11 - Juli 2011
Zeitschrift für Astronomie

Loop-Quantengravitation
Die Quanten der Schwerkraft

Von Kristina Giesel


Für drei fundamentale Kräfte im Universum - die elektromagnetische, die schwache und die starke Kraft - wissen wir bereits, dass die klassische Physik auf mikroskopisch kleinen Skalen durch die Quantenphysik ersetzt werden muss, um die beobachteten Vorgänge in der Natur angemessen zu beschreiben. Wie sieht es aber bei der vierten fundamentalen Kraft aus, der Gravitation? Muss auch hier die klassische Schwerkraft durch eine Quantengravitation ersetzt werden?


In Kürze
• Beschreibung aller Phänomene der Natur gelingt anhand von vier Wechselwirkungsarten - Kräften - mit großer Präzision. Erst auf winzig kleinen Skalen tun sich Probleme auf.
• An einer konsistenten Beschreibung der fundamentalen Kräfte arbeiten Physiker schon seit Langem. Um diesem Ziel näher zu kommen, sucht die Loop-Quantengravitation nach einer Quantisierung der Raumzeit.
• Als Folge der Loop-Quantengravitation erscheint die Raumzeit nicht mehr als Kontinuum, sondern als schaumartiges Gebilde.


In der modernen theoretischen Physik gibt es zwei fundamentale Theorien. Die ältere ist die von Albert Einstein im Jahr 1915 formulierte allgemeine Relativitätstheorie. Sie beschreibt die Wechselwirkung zwischen der Masse und der vierdimensionalen Raumzeit. Die andere ist die Quantenfeldtheorie, die im Verlauf des 20. Jahrhunderts formuliert wurde. Sie behandelt die Teilchen und die an ihrer Wechselwirkung beteiligten Kraftfelder in einheitlicher Weise, berücksichtigt die spezielle Relativitätstheorie und beschreibt die Wechselwirkungen von Elementarteilchen im subatomaren Bereich bis hin zu sehr kleinen Abständen von etwa 10-19 Metern. Dies ist erheblich kleiner als ein Atom (typischerweise ein zehntel Nanometer, 10-10 Meter) und immer noch erheblich kleiner als ein Atomkern (die Größe eines Protons liegt bei 10-15 Meter). Die mikroskopische Beschreibung dieser drei Grundkräfte der Quantenfeldtheorie fassen die Physiker im so genannten Standardmodell der Teilchenphysik zusammen (siehe Kasten »Die vier Grundkräfte«).


KASTEN 1

Die vier Grundkräfte

In der Natur treten vier Grundkräfte auf: die starke, die schwache, die elektromagnetische Kraft und die Gravitation.
Die starke Kernkraft ist die stärkste aller Wechselwirkungen, ihre Reichweite ist aber sehr kurz. Sie wirkt nur auf Hadronen, also Teilchen, die aus Quarks und ihren Antiteilchen, den Antiquarks, aufgebaut sind. Die bekanntesten Hadronen sind das Proton und das Neutron, aus denen die Atomkerne bestehen.
Die elektromagnetische Kraft spielt in unserem Alltag die größte Rolle, da sie zwischen allen elektrisch geladenen Teilchen wirkt, zum Beispiel den Elektronen. Ihre Stärke nimmt mit dem Quadrat des Abstands ab, ihre Reichweite ist demnach im Prinzip unendlich groß. Aber überall dort, wo es etwa gleich viele positiv und negativ geladene Teilchen gibt, heben sich ihre elektromagnetischen Kräfte gegenseitig auf. Sie sind deshalb großräumig abgeschirmt und wirken hauptsächlich auf molekularer und atomarer Ebene und bestimmen die Materialeigenschaften der Elemente und ihrer Verbindungen.
Die schwache Kraft hat eine noch kleinere Reichweite als die starke und spielt bei Teilchenzerfällen eine wichtige Rolle. Dies sind Prozesse, bei denen ein Teilchen in ein anderes umgewandelt wird, wie es beim radioaktiven Beta-Minus-Zerfall geschieht. Dort zerfällt ein Neutron in ein Proton, ein Elektron und ein Anti-Elektronneutrino. Sie wirkt aber auch auf Leptonen, das sind unteilbare Teilchen, wie zum Beispiel das Elektron oder sein Antiteilchen, das Positron, und kann verschiedene Leptonen ineinander umwandeln.
Die Gravitation ist mit Abstand die schwächste der vier Kräfte. Ihre Stärke nimmt wie im Fall der elektromagnetischen Kraft mit dem Quadrat des Abstands ab, ihre Reichweite ist also unendlich. Sie wirkt auf alle Massen. Und da es keine Massen mit entgegengesetzter »Gravitationsladung« gibt, summieren sich die Gravitationskräfte aller Massen.

starke Kraft
relative Stärke: 1
Reichweite: 10-15 Meter

elektromagnetische Kraft
relative Stärke: 0,01
Reichweite: ∞

schwache Kraft
relative Stärke: 10-15
Reichweite: ≤ 10-15 Meter

Gravitation (Schwerkraft)
10-41
Reichweite: ∞

Die vier bekannten Kräfte oder Wechselwirkungen haben unterschiedliche Stärken und Reichweiten.



Die Quantenfeldtheorie (QFT) ist das mathematische Gerüst des Standardmodells. Mit ihr lässt sich beispielsweise die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten bestimmter Teilchenprozesse berechnen, etwa von Stößen. Des Weiteren trifft sie Vorhersagen über die Existenz vormals unbekannter Teilchen und erklärt auch, wie aus mikroskopischen Partikeln neue Teilchen entstehen können.

Die mikroskopischen Teilchen des Standardmodells werden als Quantenobjekte beschrieben und unterliegen den Gesetzen der Quantenphysik (siehe Kasten). In zahlreichen Experimenten an Teilchenbeschleunigern, wie zum Beispiel dem Large Hadron Collider (LHC) am Europäischen Kernforschungszentrum CERN bei Genf in der Schweiz, wurde das Standardmodell experimentell getestet (siehe Bild). Bislang beobachteten die Physiker eine exzellente Übereinstimmung von Theorie und Experiment (siehe SuW 9/2008, S. 48 und 10/2010, S. 46).


KASTEN 2

Quanten

Als Quant bezeichnen die Physiker eine bestimmte kleinste in der Natur vorkommende Menge einer physikalischen Messgröße, zum Beispiel die minimale Energieportion, die in einem betrachteten System vorkommen kann. So sendet ein angeregtes Atom eine genau festgelegte Energiemenge - ein Lichtquant - in Form eines Photons bestimmter Frequenz mit der Energie E = h v aus, wenn eines seiner Elektronen aus einem höheren Energieniveau E2 auf ein niedrigeres, E1, fällt. Die Energie E des Photons ist dann E = E2 - E1.
Auch die unsere Materie aufbauenden kleinsten Teilchen bezeichnen Physiker als Quanten oder Elementarteilchen, etwa Elektronen, Protonen und Neutrinos. Dies betont den korpuskularen, also den Teilchencharakter. Materieteilchen zeigen dazu einen Wellencharakter, der mit der so genannten De-Broglie-Wellenlänge beschrieben wird (nach Louis-Victor de Broglie, einem französischer Physiker, 1892-1987). Dabei stellt man sich klassische Teilchen als eng lokalisierte Wellenpakete vor.


Das Standardmodell kommt nun erneut auf den Prüfstand, denn es sind noch eine Reihe offener Fragen zu klären. Die größte Aufmerksamkeit der Forscher gilt der Suche nach dem Higgs-Teilchen. Dieses Teilchen ist Bestandteil des Standardmodells und erklärt, weshalb die Elementarteilchen Masse besitzen (siehe SuW 10/2010, S. 46). Direkt beobachtet wurde das Higgs-Teilchen bislang allerdings noch nicht. Deshalb bemühen sich die Teilchenphysiker mit groß angelegten Experimenten um seinen Nachweis. Das ist eine der Schlüsselaufgaben am Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider. Das Standardmodell der Teilchenphysik umfasst allerdings nur drei der vier fundamentalen Kräfte. Die Gravitation als vierte Kraft ist nicht Teil davon.


Gravitation in Einsteins Relativitätstheorie

Bislang wird die Gravitation äußerst erfolgreich mit der von Albert Einstein vor fast hundert Jahren entwickelten Theorie beschrieben: der allgemeinen Relativitätstheorie. Sie beschreibt Vorgänge auf makroskopischen Skalen, und ihre Gesetze unterliegen der klassischen Physik, nicht aber der Quantenphysik. Mit makroskopischen Skalen meinen die Physiker Abstände, die deutlich größer als Atome sind; sie liegen durchaus auch in kosmologischen Größenordnungen.

Im Gegensatz zu den anderen drei fundamentalen Kräften lässt sich die Gravitation als eine Theorie für die Geometrie der Raumzeit auffassen. Das ist das Besondere an ihr. Denn während die Quantenfeldtheorie das Verhalten der Teilchen und Kräfte auf einem gegebenen Schauplatz beschreibt - im Raum und in der Zeit -, definiert die ART den Schauplatz selbst. Raum und Zeit werden schon in der speziellen Relativitätstheorie (SRT) als ein vierdimensionales Raumzeit-Kontinuum behandelt, bei der die drei Raumdimensionen mit der einen Zeitdimension eine Einheit bilden. Albert Einstein veröffentlichte die SRT im Jahr 1905, zehn Jahre vor seiner umfassenderen allgemeinen Relativitätstheorie (ART).

Die Geometrie dieser Raumzeit ist in der SRT flach. In der ART hingegen kann die Raumzeit auch gekrümmt sein. Die Krümmung einer Raumzeit wird durch jegliche Form von Energie hervorgerufen, also zum Beispiel auch durch Masse. Denn nach Einsteins berühmter Formel entspricht jeder Masse m die Energie E = m c², wobei c für die Lichtgeschwindigkeit steht. Daher ist auch das Photon, zwar mit Ruhemasse null, aber auch der Energie E = h v, eine Gravitationsquelle. Die Physiker bezeichnen alles, was als Quelle für Gravitation dienen kann, als Materie. Wie man sich eine gekrümmte Raumzeit anschaulich vorstellen kann, illustriert die Grafik im Kasten »Gekrümmte Raumzeit« für zwei Raumdimensionen.


KASTEN 3

Gekrümmte Raumzeit

Einsteins allgemeine Relativitätstheorie besagt, dass Materie die Raumzeit krümmt, also ihre Geometrie ändert. Man kann sich das folgendermaßen vorstellen: Eine schwere Kugel liegt auf einer zunächst glatten und flachen Membran, zum Beispiel einem Gummituch. Sie beult an ihrer Position (durch ihr Gewicht) die Membran nach unten aus, wodurch diese eine Krümmung erhält. Bewegt sie sich nun entlang der Membran, so verändert dies deren Krümmung, je nach ihrer Position. Ein Vergleich der Bewegung der Kugel entlang der Membran mit einer Kugel, die sich auf einer nicht verformbaren glatten Fläche (zum Beispiel einer Stahlplatte) bewegt, zeigt, dass die Bewegungen unterschiedlich ausfallen. Offenbar übt auch die Krümmung der Unterlage selbst Einfluss auf die Bewegung der Kugel aus. Diese nichtlineare Wechselwirkung zwischen Geometrie und Materie beschreiben die Einstein-Gleichungen.


Einsteins Theorie erklärt uns, wie die Materie und die Geometrie der Raumzeit miteinander wechselwirken. Einerseits krümmt Materie die Raumzeit, andererseits bewegt sich Materie in einer gekrümmten Raumzeit anders als in einer flachen. Diese Wechselwirkung zwischen Materie und Gravitation ist hochgradig nichtlinear, also weitab von einer einfachen Proportionalität. Das erkennt man an der Gestalt der zentralen Gleichungen der ART, den so genannten Einstein-Gleichungen. Sie bilden einen Satz von zehn gekoppelten nichtlinearen partiellen Differenzialgleichungen, welche die Dynamik der Gravitation und Materie beschreiben.

Genauso wie das Standardmodell wurde auch die Relativitätstheorie in zahlreichen Experimenten hervorragend bestätigt. In unserem Alltagsleben spielen die Effekte der ART normalerweise keine Rolle; doch beispielsweise bei dem mit Hilfe von Satelliten in nahen Erdumlaufbahnen realisierten Global Positioning System (GPS) müssen sowohl Effekte der SRT als auch der ART berücksichtigt werden, damit sich die gewünschte Genauigkeit der Positionsbestimmungen im Meterbereich erzielen lässt.


Grenzen der Vorhersagekraft

Sowohl die Quantenfeldtheorie (QFT) als auch die ART beschreiben auf ihren jeweiligen Längenskalen sehr erfolgreich Vorgänge in der Natur und bilden Säulen der heutigen theoretischen Physik. In gewissen Bereichen beider Theorien treten jedoch Unendlichkeiten auf, in der Fachsprache auch Singularitäten genannt. Sie liegen dann vor, wenn physikalische Größen unendlich große Werte annehmen und deshalb die Theorie ihre Vorhersagekraft verliert. In der QFT ist das beispielsweise der Fall, wenn sich zwei Elementarteilchen beliebig nah kommen, wenn also immer kleinere Abstände betrachtet werden. Die zunächst auftretenden Unendlichkeiten lassen sich allerdings durch eine mathematisch aufwändige Prozedur beseitigen. Dieses Verfahren wird Renormierung genannt.

Durch solche mathematische Methoden verwandeln sich physikalische Größen, wie zum Beispiel die Masse, in variable Größen, die von der Energie abhängig sind. Dies bedeutet, dass sie je nach Energie verschiedene Werte annehmen. Ein weiteres Beispiel für eine derartige energieabhängige Größe sind die Kopplungskonstanten, die streng genommen also gar nicht konstant sind. Kopplungskonstanten stellen ein Maß dafür dar, mit welcher Stärke eine bestimmte Wechselwirkung in der Natur auftritt. Dieses so genannte »Laufen der Kopplungskonstanten« ließ sich auch experimentell beobachten (siehe SuW 10/2010, S. 46). Es lassen sich die Singularitäten im Standardmodell zwar konsistent beseitigen, will man allerdings auch die Gravitation in die Betrachtungen einbeziehen, gelingt dies nicht mehr so einfach.

Die bekanntesten Singularitäten der ART treten im Innern Schwarzer Löcher auf und auch beim Urknall. Für Schwarze Löcher sagt die ART voraus, dass in ihrem Mittelpunkt die Raumkrümmung einen unendlich großen Wert annimmt. Zum Zeitpunkt des Urknalls muss die gesamte Materie des Universums in einem Punkt konzentriert gewesen sein, was ebenfalls eine unendlich hohe Raumkrümmung bedeutet.

Offenbar ist die Existenz von Singularitäten in der ART unvermeidlich; das besagen zumindest mathematische Sätze - die so genannten Singularitätentheoreme. Sie wurden von den englischen Theoretikern Roger Penrose und Stephen Hawking bewiesen.

Lassen sich Singularitäten als Zeichen für die Grenzen der Vorhersagbarkeit einer Theorie deuten? Eine mögliche Ursache für ihr Auftreten könnte sein, dass sowohl die ART als auch die QFT auf Skalen angewendet werden, auf denen sie ihre Gültigkeit verlieren. Eine Konsequenz dessen wäre dann, dass eine noch fundamentalere Theorie existieren müsste. Diese wäre in der Lage - so zumindest die Hoffnung - Physik auch unter solch extremen Bedingungen zu beschreiben, wie sie zum Beispiel im Urknall vorherrschten. Ferner sollte ein derartiges Konzept als Grenzfälle die bereits vorhandenen Theorien, also die ART und die QFT, enthalten, da diese auf gewissen Skalen bereits eine gute Beschreibung der Natur liefern. Aus diesem Grund nennt man eine solch fundamentalere Theorie auch Quantengravitationstheorie.


Erwartungen an die neue Theorie

Was erwartet man von einer derartigen Theorie? Da eine Quantengravitationstheorie die ART und die QFT als Grenzfälle enthalten soll, müssen auch deren Prinzipien Teil des übergeordneten Konzepts sein. Eines der Grundprinzipien der ART besagt, dass die Geometrie der Raumzeit selbst nichts Statisches ist, sondern sich im Wechselspiel mit der Energiedichte der Materie dynamisch ändert. Theorien, die eine dynamische Raumzeit erlauben, bezeichnen die Physiker als hintergrundunabhängig. Im Gegensatz dazu gehen hintergrundabhängige Theorien davon aus, dass es eine unveränderliche und starre Raumzeit gibt, die als eine Art Hintergrundplattform dient (siehe folgende Tabelle).

ASTRO/167: Loop-Quatengravitation (Sterne und Weltraum)

In hintergrundabhängigen Theorien sind die physikalischen Gesetze für die Materie bezüglich einer festen Raumzeit - des Hintergrunds - formuliert, und sämtliche Rückwirkungen der Materie auf die Raumzeit, welche die ART eigentlich beschreibt und einbezieht, bleiben unberücksichtigt. Die Quantenfeldtheorie ist solch ein Konzept, da sie die Wechselwirkungen zwischen den Quantenteilchen auf einer starren, flachen Raumzeit beschreibt.

Die beiden Ansätze könnten also kaum gegensätzlicher sein, und dies ist sicher auch der Grund, warum es bis heute noch nicht gelungen ist, eine allen Ansprüchen genügende Quantengravitationstheorie zu formulieren.


Loop-Quantengravitation

Ein Kandidat für eine Quantengravitationstheorie ist die Loop-Quantengravitation (LQG). Ihr Ansatz besteht darin, die Prinzipien der ART und der QFT konsistent zu verknüpfen und dabei eine hintergrundunabhängige Quantisierung der Gravitation zu ermöglichen. Was heißt das? Ziel ist es, eine quantenphysikalische Version der bekannten Einstein-Gleichungen zu erhalten, die dann die dynamischen Abläufe der Quantengravitationstheorie beschreiben. Dieser Ansatz führt zu einer »Quantengeometrie«. Dabei verabschiedet man sich von der Vorstellung, dass die Geometrie ein rein klassisches, kontinuierliches Konstrukt ist und behandelt auch sie fundamental als Quantengröße.

So wie in der ART die klassische Geometrie und die klassische Materie miteinander in Wechselwirkung treten, basiert die Loop-Quantengravitation auf einer Wechselwirkung von Quantenmaterie und Quantengeometrie. Beide Ingredienzien der Einstein-Gleichungen werden also als Quantenobjekte betrachtet. Dies ist ein sehr natürlicher Ansatz für eine erweiterte Theorie, da die Natur uns gelehrt hat, dass Materie fundamental gequantelt ist (siehe Kasten »Quantisierung«). In unserem Alltag lassen sich die Quanteneigenschaften von Materie meist vernachlässigen, weil die Alltagswelt auf weitaus größeren Längenskalen abläuft, als auf jenen mikroskopischen Längenskalen, auf denen Quanteneffekte dominieren. Deshalb können wir Materie als klassisches Objekt betrachten. Streng genommen ist das jedoch nur eine Näherung.

Da eine Quantengravitationstheorie Physik auf extrem kleinen Längenskalen beschreibt, werden die Quanteneigenschaften der Materie dominierend. Außerdem ergibt sich daraus nicht notwendigerweise, dass sich die Geometrie der Raumzeit immer noch als klassisches Objekt betrachten lässt.


KASTEN 4

Quantisierung

Was genau bedeutet eigentlich Quantisierung in der Physik? Im Allgemeinen bezeichnet dies den Übergang von einer klassischen Theorie zu einer Quantentheorie. Die physikalisch beschriebenen Größen können dann nicht mehr jeden beliebigen Wert annehmen.
Neben dem mathematisch sehr unterschiedlichen Rahmen für klassische Physik und Quantenphysik gibt es aber auch wesentliche Unterschiede in den physikalischen Fragen, die im Kontext einer klassischen oder einer quantenmechanischen Theorie gestellt werden können. So lassen sich die Position und der Impuls eines Teilchens in der klassischen Physik beliebig genau bestimmen. In der Quantenphysik hingegen ist dies nicht mehr möglich (siehe SuW 10/2010, S. 48).
Die Quantenphysik lehrt uns dreierlei:
• Es lassen sich generell nur noch Wahrscheinlichkeiten angeben, mit denen der Impuls oder die Position des Teilchens einen bestimmten Wert annehmen.
• Ferner lassen sich auf Grund der heisenbergschen Unschärferelation Position und Impuls nicht mehr gleichzeitig beliebig genau bestimmen.
• Eine weitere typische Eigenschaft von Quantentheorien ist, dass physikalische Größen, die in der klassischen Theorie beliebige Werte annehmen können, in der Quantentheorie nur noch mit ganz bestimmten, diskreten Werten vorkommen. Sie treten also in quantisierter Form auf.

Ein prominentes Beispiel hierfür ist die Energie von Elektronen in Atomen und Molekülen. Gemäß der klassischen Physik strahlen beschleunigte elektrische Ladungen kontinuierlich Energie in Form der so genannten Bremsstrahlung ab. Demzufolge müsste ein Elektron, das in der Atomhülle um den Atomkern kreist, allmählich seine Energie verlieren. Es würde daher immer stärker vom Atomkern angezogen werden und dadurch irgendwann unweigerlich in den Kern stürzen. Somit wären rein im Rahmen der klassischen Physik Atome und Moleküle nicht stabil, was allerdings unseren täglichen Beobachtungen widerspricht.
Betrachtet man Atome in der Quantenphysik, so ist es dem Elektron nicht mehr erlaubt, jede beliebige Energiemenge abzustrahlen. Es sind nur ganz bestimmte diskrete Energiebeträge erlaubt, die mit den Übergängen von Energieniveaus in den Atomhüllen im Einklang stehen. Welche Energieniveaus ein Atom oder Molekül genau besitzt, lässt sich im Rahmen der Quantentheorie ausrechnen. Für ein Elektron, das in den Kern stürzt, wären zudem Ort und Impuls gleichzeitig genau bestimmt, was nach der heisenbergschen Unschärferelation ausgeschlossen ist. Es zeigt sich also, dass erst die Quantentheorie eine Erklärung dafür liefert, warum die Atome und die Moleküle stabil sind.

Physikalische Größen können nur noch ganz bestimmte, diskrete Werte annehmen.

Im Allgemeinen ist der Übergang von einer klassischen zu einer Quantentheorie alles andere als eindeutig, manchmal bestehen im Prinzip unendlich viele verschiedene Möglichkeiten. Um die Anzahl der Möglichkeiten drastisch einzuschränken, verknüpfen die Physiker eine Quantisierung mit zusätzlichen sinnvollen physikalischen Annahmen, die dann eine bestimmte Form der Quantisierung selektieren. Im Zusammenhang mit der Loop-Quantengravitation zeigten jüngere Forschungsarbeiten, dass es gerade die zusätzliche Annahme der Hintergrundunabhängigkeit ist, die den Schritt der Quantisierung eindeutig vorgibt.
Zu dieser Erkenntnis verhalfen die Arbeit von Hanno Sahlmann, derzeit am Asia Pacific Center for Theoretical Physics in Südkorea, sowie ein Theorem, dass die vier Physiker Jerzy Lewandowski, Andrzej Okolow (beide an der Universität Warschau, Polen), Hanno Sahlmann und Thomas Thiemann von der Universität Erlangen-Nürnberg aufgestellt haben. Es heißt nach den Anfangsbuchstaben ihrer Nachnamen LOST-Theorem. Weitere Forschungsarbeiten des Mathematikers Christian Fleischhack an der Universität Paderborn kommen zum selben Resultat.


Quantengeometrie

Aber was genau versteht man unter einer Quantengeometrie? In der ART wird die Raumzeit als ein Kontinuum angesehen. Das heißt, die Parameter, mit denen wir Raum und Zeit verbinden, können jeden beliebigen Wert annehmen. Dabei sind solche Raumzeiten interessant, deren Geometrie Lösungen der klassischen Einstein-Gleichungen bilden. Die Quantisierung ersetzt in der LQG hingegen die kon tinuierliche Raumzeit durch eine diskrete Struktur.

Die Anfänge der Loop-Quantengravitation (LQG) gehen auf den indischstämmigen US-amerikanischen Physiker Abhay Ashtekar zurück, der Ende der 1990er Jahre die heute nach ihm benannten Ashtekar-Variablen in den Formelapparat einführte. Mit Hilfe dieser Variablen gelang es, die allgemeine Relativitätstheorie so umzuformulieren, dass sie in der gleichen mathematischen Sprache vorliegt wie diejenige der anderen klassischen Theorien, die im Rahmen der Quantenfeldtheorie quantisiert werden. Daraus erwuchs der Vorteil, bereits existierende Quantisierungstechniken nun auch auf die ART an wenden zu können.

Bei der Quantisierung der starken Wechselwirkung spielt eine ähnliche Variable eine wichtige Rolle, der so genannte Wilson-Loop, benannt nach dem US-amerikanischen Nobelpreisträger Kenneth Wilson, einem der Pioniere der Quantenfeldtheorie. Die Formulierung der Theorie in diesen Loop-Variablen vereinfacht das spätere Eliminieren überflüssiger Freiheitsgrade. Die Verwendung dieser Variablen begründet den Namen Loop-Quantengravitation. Ein wesentlicher Unterschied der LQG gegenüber der Quantenfeldtheorie besteht darin, dass sie eine hintergrundunabhängige Quantisierung ermöglicht und damit nicht auf eine starre, feste, als klassisch betrachtete Raumzeit beschränkt ist.


Quanten-Raumzeit

In der LQG manifestiert sich die diskrete Struktur der Raumzeit folgendermaßen: Der kontinuierliche Raum wird durch ein sehr feines Netzwerk von eindimensionalen Kanten ersetzt. Auf großen Skalen, auf denen Quantengravitationseffekte vernachlässigbar sind, erscheint dieses feine Netzwerk immer noch als Kontinuum. Zoomt man jedoch zu Längenskalen nahe der so genannten Planck-Skala bei 10-35 Metern (siehe Kasten unten und SuW 3/2007, S. 92), so zeigt sich, dass der zunächst kontinuierlich erscheinende Raum in Wirklichkeit aus einem Netzwerk ganz feiner, polymerartiger Gebilde, den Kanten, aufgebaut ist.


KASTEN 5

Planck-Skala

Die Grenzen der Gültigkeit des Standardmodells der Teilchenphysik und der allgemeinen Relativitätstheorie in den kleinsten Dimensionen lassen sich bestimmen durch die Kombination der Compton-Wellenlänge λm = h/(m c), das ist die wellenmechanische Ausdehnung eines Teilchens der Masse m, mit dem Gravitationsradius hG = G m/c², dem Bereich, aus dem eine Masse m keine Information entlässt.
Will man den Ort des Teilchens genauer festlegen, als sein Gravitationsradius und die Compton-Wellenlänge angeben, so muss wegen der heisenbergschen Unschärferelation derart viel Energie aufgewendet werden, dass diese die Energiemenge zur Erzeugung eines neuen Teilchens der gleichen Masse übersteigt. Daraus ergibt sich die Gültigkeitsgrenze der bekannten Physik. Unterhalb einer kleinsten Distanz lp = (h G/c²)1/2 ≈ 10-35 Meter, der so genannten Planck-Länge, versagen alle Modelle. Mit der Planck-Länge sind weitere physikalische Größen verknüpft, beispielsweise die Planck-Masse mp = (h c/G)1/2 ≈ 2 · 10-8 Kilogramm und die Planck-Zeit tp = lp/c ≈ 5 · 10-44 Sekunden, die zum Durchschreiten der Planck-Länge mit Lichtgeschwindigkeit erforderliche Zeitspanne.


Die Grafik im Kasten unten (im Schattenblick ohne Abbildung) stellt ein solches Netzwerk beispielhaft dar. Die Kanten treffen in Knotenpunkten, den Vertizes, aufeinander. Jeder dieser Kanten wird eine so genannte Spin-Quantenzahl zugeordnet, welche die Eigenschaften der Quantengeometrie kodiert und die in der Grafik durch unterschiedliche Farben der Kanten symbolisiert sind. Die Spin-Quantenzahlen sind beliebige positive Vielfache der Zahl ½. Daher spricht man auch von Spin-Netzwerken, deren Relevanz für die LQG zuerst von Carlo Rovelli aus Italien und Lee Smolin aus den USA erkannt wurde. Abhay Ashtekar aus den USA, der britische Theoretiker Chris Isham und Jerzy Lewandowski aus Polen schufen dann das mathematische Grundgerüst für die LQG.


KASTEN 6

Spin-Netzwerk

Die Loop-Quantengravitation (LQG) beschreibt den Raum nicht als kontinuierliches Gebilde, sondern durch ein Spin-Netzwerk verschiedener Kanten, die in Knotenpunkten, so genannten Vertizes, aufeinandertreffen. Jeder Kante wird eine Spin-Quantenzahl zugeordnet, das sind positive Vielfache der Zahl ½. In der Grafik symbolisieren unterschiedliche Farben verschiedene Spin-Quantenzahlen. Die LQG beschreibt bestimmte Eigenschaften der Quantengeometrie durch die Struktur der Spin-Netzwerke und ihre Spin-Quantenzahlen. Auch wenn der Raum auf makroskopischen Längenskalen als Kontinuum erscheint, würde man nach der LQG bei mikroskopischen Skalen nahe der Planck-Länge von lp = 10-35 Meter diese polymerartige Struktur des Raums vorfinden. Die Spin-Netzwerke der LQG ersetzen die klassische Raumzeit der allgemeinen Relativitätstheorie.
(Abbildung der Originalpublikation im Schattenblick nicht veröffentlicht)


Die Physiker betrachten nun nicht die Kanten selbst, sondern damit verknüpfte »duale Flächen«. Beispielsweise entsteht für ein Netzwerk, bei dem immer vier Kanten in einem Vertex (Knotenpunkt) aufeinander treffen, ein Tetraeder, also ein geschlossener Körper, der sich aus vier Dreiecksflächen zusammensetzt (siehe Kasten unten).


KASTEN 7

Duale Flächen der Kanten

Die Loop-Quantengravitation ordnet allen Kanten der Raumzeit, die in einem Knotenpunkt aufeinandertreffen, eine so genannte duale Fläche zu. Diese dualen Flächen werden von den Kanten des Spin-Netzwerks senkrecht durchstoßen. Die einzelnen dualen Flächen der Kanten sollen dann wieder eine geschlossene Oberfläche bilden. Welches geometrische Objekt diese Oberfläche beschreibt, hängt von der Anzahl der Kanten ab, die im Knotenpunkt aufeinandertreffen. Die Grafik oben zeigt einen Knotenpunkt, in dem sich sechs Kanten (grün) treffen. Die sechs dualen quadratischen Flächen bilden die Oberfläche eines Würfels.
Die Grafik unten (in der Printausgabe) zeigt hingegen einen Knotenpunkt mit nur vier Kanten. Hier bilden die vier dualen Dreiecksflächen die Oberfläche eines Tetraeders. Für solche duale Flächen gilt, dass die Summe aus den Dimensionen der eindimensionalen Kanten (DK = 1) und der zweidimensionalen Flächen (DF = 2) gerade drei ergibt, was der Raumdimension (3) entspricht: DK + DF = 3. So ist zum Beispiel ein Punkt (mit der Dimension null, Dp = 0) dual zu einem dreidimensionalen Objekt (3 - Dp = 3).
(Abbildungen der Originalpublikation im Schattenblick nicht veröffentlicht)


Die Spin-Quantenzahlen an den Kanten stehen in Zusammenhang mit dem Flächeninhalt der Dreiecke. Die Grafik links unten stellt verschiedene Spin-Quantenzahlen durch unterschiedliche Farben dar. Eine Quantengeometrie gibt es im Gegensatz zur kontinuierlichen klassischen Geometrie nur dort, wo die Kanten durch von null verschiedene Spin-Quantenzahlen angeregt sind. Ist einer Kante hingegen die Spin-Quantenzahl null zugeordnet, dann gibt es diese Kante gar nicht.

Wäre ein Beobachter in der Lage, den Raum mit einer Planck-Lupe zu betrachten, so sähe er laut der Loop-Quantengra vitation eine wie in der Computergrafik auf S. 38 oben dargestellte Struktur der Quantengeometrie. Die Grafik zeigt eine Momentaufnahme des Quantenraums. Die Entwicklung des Quantenraums mit der Zeit, also die Dynamik, beschreiben die Quanten-Einstein-Gleichungen. Das ist ein Quanten-Analogon zu den klassischen Einstein-Gleichungen, die der Physiker Thomas Thiemann von der Universität Erlangen-Nürnberg erstmals konsistent formuliert hat.

Eine zeitliche Änderung des Raums modifiziert die Spin-Quantenzahlen oder dazu äquivalent die Flächeninhalte - in der Computergrafik ändern sich also mit der Zeit die Farben. Zudem können sowohl neue Dreiecke entstehen als auch bereits bestehende vernichtet werden. Wir können uns die Quantenraumzeit also als eine Art Spin-Schaum vorstellen, in dem mit fortschreitender Zeit an verschiedenen Stellen Dreiecke entstehen und verschwinden und der seine Farbe unentwegt ändert.

Eine Formulierung der Quantendynamik in Form von Spin-Schaum-Modellen, die im Gegensatz zu den Quanten-Einstein-Gleichungen keine Aufsplittung des Raumzeit-Kontinuums in Raum und Zeit erfordern, ist ein weiterer Zweig der LoopQuantengravitation, in dem derzeit intensiv geforscht wird.

Bevor wir in einem späteren Abschnitt die Eigenschaften der Quanten-Einstein-Gleichungen näher betrachten, untersuchen wir zunächst geometrische Objekte wie Länge, Fläche und Volumen, die im Rahmen der LQG als Quantenobjekte auftreten.


Quanteneigenschaften von Länge, Fläche und Volumen

Was bedeutet es, wenn Volumen, Fläche und Länge kein klassisches Verhalten mehr aufweisen, sondern vielmehr Quantenobjekte sind? Betrachten wir dazu eine ein Quadratmeter große Fläche. Wir un terteilen nun die Gesamtfläche in immer kleinere Teilflächen. Im Rahmen der klassischen Physik können diese Teilflächen jeden beliebig kleinen Flächeninhalt besitzen. In der LQG hingegen ist das nicht mehr erlaubt. Vielmehr nehmen die Flächeninhalte der Teilflächen immer nur bestimmte diskrete Werte an, die Vielfache vom Quadrat der Planck-Länge (lp2 = 10-70 Quadratmeter) sind. Dies bedeutet, dass die Fläche nicht mehr als kontinuierlich betrachtet werden kann, sondern aus kleinsten Flächeneinheiten aufgebaut ist, den »Flächenquanten«.

Das ist eine typische Eigenschaft von Quantensystemen. Die quantenmechanische Behandlung von Atomen hat uns beispielsweise gelehrt, dass die Elektronen in der Hülle der Atome immer nur ganz bestimme Energien besitzen können. Nicht jeder mögliche Energiewert ist also erlaubt, was die bei Atomen beobachteten diskreten Spektren elektromagnetischer Strahlung erklärt, zum Beispiel die Emissionslinien einer Neonröhre.

Im Fall einer Quantengravitationstheorie, die etwas über die Quanteneigenschaften der Geometrie aussagt, sind quantisierte Flächen offenbar etwas, was man naiv erwartet hätte. Gleiches gilt auch für das Volumen und die Länge, die beide ebenfalls nur diskrete Werte annehmen, die mit dem Planck-Volumen (lp3 = 10-105 Kubikmeter) beziehungsweise der Planck-Länge (lp = 10-35 Meter) verknüpft sind. Die ungeheuren Dimensionen von der Längenskala der Gravitation und der elektromagnetischen Strahlung im Universum bis zur Planck-Länge im subatomaren Bereich demonstriert die Grafik auf S. 38 unten.

Das Besondere an der Quantenfläche ist, dass im Rahmen der LQG ein kleinster Flächeninhalt existiert, der nicht unterschritten werden kann. Er liegt bei etwa lp2 = 10-70 Quadratmeter, dem Quadrat der Planck-Länge. Im Fall der ein Quadratmeter großen Fläche besteht diese demnach aus etwa 1070 kleinsten Quantenflächen. Ob das Quantenvolumen oder die Quantenlänge ebenfalls einen minimalen Wert haben, ist derzeit noch eine offene Frage. Der Grund hierfür ist darin zu suchen, dass die mathematisch-physikalischen Ausdrücke für das Quantenvolumen und die Quantenlänge weitaus komplizierter sind als diejenigen für die Quantenfläche. Von besonderem Interesse ist dabei das Quantenvolumen, da es wesentlich in die Formulierung der Dynamik eingeht, welche die Quanten-Einstein-Gleichungen beschreiben. Ihre Struktur ist ähnlich kompliziert wie die der klassischen Einstein-Gleichungen in der allgemeinen Relativitätstheorie, was das Auffinden von Lösungen der Quanten-Einstein-Gleichungen leider erheblich erschwert.


KASTEN 8

In zehn Schritten vom Universum in den Mikrokosmos

1026 Meter / 1010 Lj
Unser Universum durchlief zu Beginn eine extrem heiße Phase. Als es durchsichtig wurde, entkamen Photonen aus der größten zugänglichen Distanz, mehr als 10 Milliarden Lichtjahren (Lj).

1021 Meter / 100.000 Lj
Fünf Größenordnungen kleiner als das Universum sind die Galaxien, Herberge fast aller Sterne. Ihre typische Größe liegt bei rund 100.000 Lichtjahren, das sind etwa 1021 Meter.

1016 Meter / 1 Lichtjahr
In den äußersten Gefilden unseres Sonnensystems im rund 50.000-Fachen des Abstands der Erde zur Sonne befinden sich die Kometenkerne der Oortschen Wolke.

107 Meter
Mit ihrem Äquatordurchmesser von 12.378 Kilometer ist die Erde um rund neun Größenordnungen kleiner als das Sonnensystem. Für uns Menschen ist sie jedoch immer noch riesengroß.

1 Meter
Die Größe der Menschen unterscheidet sich um sieben Größenordnungen von derjenigen unseres Planeten. Das Matterhorn im Hintergrund ist nur ein Pickel auf seiner Oberfläche.

10-5 Meter
Eine menschliche Eizelle ist mit bloßem Auge gerade noch zu sehen. Ihr Durchmesser beträgt etwas mehr als 0,1 Millimeter, der des Spermiumkopfs rund drei Mikrometer.

10-10 Meter
Je nach Anregung besitzt ein Elektron im Atom unterschiedliche Aufenthaltswahrscheinlichkeiten. Hier ist die Wellenfunktion des 3dz2-Orbitals eines Einzelelektrons dargestellt.

10-15 Meter
Im Zentrum der Atome sitzen die Atomkerne aus Protonen und Neutronen. Sie sind um ebenso viele Größenordnungen kleiner wie die Galaxien im Vergleich zum Universum.

10-19 Meter
Bei den höchsten Energien, die Teilchenbeschleuniger derzeit aufbringen können, zeigen sich die Wechselwirkungsteilchen der schwachen Kraft, die W-Bosonen. Sie koppeln mit ihrer schwachen Ladung an das Vakuum und erhalten so ihre Masse.

10-35 Meter
Die Loop-Quantengravitation beschreibt die Raumzeit nicht mehr als Kontinuum, sondern gequantelt. Dies tritt allerdings erst bei der Planck-Skala im Bereich von 10-35 Metern zu Tage.

(Abbildungen der Originalpublikation im Schattenblick nicht veröffentlicht)


Loop-Quantenkosmologie

In der klassischen ART lässt sich durch die Annahme, dass die Geometrie der Raumzeit eine gewisse Symmetrie besitzt, eine Menge über bestimmte Lösungen der Einstein-Gleichungen lernen. Für kosmologische Raumzeiten, also für das Universum im Ganzen, lässt sich zum Beispiel annehmen, dass für einen Beobachter der Raum immer gleich aussieht, egal, an welchem Raumpunkt er sich befindet. Das ist das »kosmologische Prinzip«. Die damit verknüpfte, als homogen (unabhängig vom Ort) und isotrop (unabhängig von der Richtung) bezeichnete Symmetrie schränkt die mögliche Form der Raumzeit-Geometrie schon erheblich ein. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Symmetriereduktion. Dadurch vereinfachen sich die Einstein-Gleichungen, und das explizite Lösen der Gleichungen ist möglich. In der LQG scheint die Situation etwas komplizierter.

Eine Symmetriereduktion in der klassischen ART und eine anschließende Quantisierung der reduzierten Theorie muss allerdings nicht notwendigerweise die gleiche Quantentheorie ergeben wie die umgekehrte Reihenfolge, bei der zu erst quantisiert und dann versucht wird, die Symmetriereduktion in der vollen Quantentheorie vorzunehmen. Letzteres ist wesentlich komplizierter und bislang auch noch nicht zufrieden stellend gelungen. Nichtsdestotrotz stellt der symmetriereduzierte kosmologische Sektor der LQG, der auch als Loop-Quantenkosmologie (loop quantum cosmology, LQC) bezeichnet wird, einen interessanten Bereich dar. Der deutsche Physiker Martin Bojowald, der an der Pennsylvania State University in den USA forscht, entwickelte wesentliche Teile der LQC, um typische Eigenschaften der LQG in einfachen Modellen zu erforschen. Hierbei werden die vereinfachten Einstein-Gleichungen quantisiert, was auf ebenfalls wesentlich einfachere Quanten-Einstein-Gleichungen führt, die sich wiederum explizit lösen lassen.

Eine bemerkenswerte Eigenschaft der LQC ist, dass die in der ART auftretende Urknallsingularität nicht mehr vorhanden ist. Dazu betrachten die Physiker mit der LQC ein Universum mit einem sehr einfachen Materiegehalt, das in unserer heutigen Zeit mit den klassischen Einstein-Gleichungen übereinstimmt. Folgen sie nun dessen Entwicklung rückwärts in der Zeit, so führt dies nicht zum Urknall, sondern durch Quanteneffekte der Geometrie entsteht eine zusätzliche abstoßende Kraft, die das Universum, bevor es in eine Singularität läuft, abprallen und wieder expandieren lässt. Dieser »Quantenrückstoß« tritt bei einer kritischen Materiedichte von etwa ρkrit ≈ 0,41 ρp ≈ 2 · 1096 Kilogramm pro Kubikmeter auf, wobei ρp ≈ 5,1 · 1096 Kilogramm pro Kubikmeter die Planck-Dichte bezeichnet. Sie ist eine aus der Planck-Länge und der Planck-Masse abgeleitete Größe: ρp = mp/lp3 (siehe Kasten »Planck-Skala«).

Nach dem Quantenrückstoß beschreiben die Quanten-Einstein-Gleichungen ein Universum, das expandiert, sich bis auf kleine Quantenfluktuationen nahezu klassisch verhält und damit in Einklang mit den Einstein-Gleichungen ist. Somit sorgt die Quantisierung der kosmologischen Gleichungen in den LQC-Modellen tatsächlich für eine Theorie ohne Singularitäten. Daher ermöglicht sie auch Aussagen über die extremen Bedingungen nahe des Urknallzeitpunkts, die Einsteins ART verborgen bleiben. Jetzt bleibt noch die wichtige und spannende Frage zu klären: Lösen sich Singularitäten auch in der kompletten LQG auf?


Schwarze Löcher in der Loop-Quantengravitation

Weitere klassische Lösungen der EinsteinGleichungen, die eine Singularität aufweisen, sind Schwarze Löcher (siehe SuW 5/2010, S. 40). Der Name rührt da her, dass ihre Gravitation so stark ist, dass selbst Licht ihnen ab einer gewissen Nähe nicht mehr entkommen kann. Die Astrophysiker sprechen in diesem Zusammenhang vom Ereignishorizont. Er ist eine kugelförmige Fläche um ein Schwarzes Loch. Der Radius dieser Kugelschale hängt bei der einfachsten Form Schwarzer Löcher nur von deren Masse ab. Nach dem deutschen Physiker Karl Schwarzschild (1873-1916), der diese Lösung der Einstein-Gleichungen im Jahr 1915 fand, heißt er Schwarzschildradius.

Teilchen, die von außen kommend den Ereignishorizont passieren, werden nach der allgemeinen Relativitätstheorie unweigerlich nach endlicher Zeit auf die Singularität im Innern des Schwarzen Lochs treffen. Ein Entkommen aus dem Schwarzen Loch ist nach dem Überqueren des Ereignishorizonts unmöglich.

Es gibt ähnlich wie in der Loop-Quantenkosmologie Modelle Schwarzer Löcher, die im Rahmen einer symmetriereduzierten Loop-Quantengravitation die Aufhebung der Singularität beinhalten. Hier entsteht durch quantengeometrische Effekte ein negativer Druck, der das Auftreten der Singularität verhindert.

Darüber hinaus ist es eine interessante Fragestellung, die Entropie eines Schwarzen Lochs im Rahmen der LQG zu untersuchen. Erste Ansätze hierzu entwickelte der Theoretiker Kirill Krasnov, derzeit an der Universität Nottingham in England. Die Entropie ist eine thermodynamische Zustandsgröße und stellt ein Maß für die Anzahl mikroskopischer Quantenzustände eines gegebenen makroskopischen Systems dar. Je höher die Entropie, umso mehr Zustände kann das System annehmen - desto größer ist also seine Unordnung.

Andersherum entspricht eine geringe Entropie einem sehr geordneten Zustand. Für makroskopische Schwarze Löcher gibt es eine von Jacob D. Bekenstein an der Universität Jerusalem und Stephen W. Hawking an der Universität Cambridge aufgestellte Vermutung, nach der die Entropie eines Schwarzen Lochs und die Oberfläche seines Ereignishorizonts zusammenhängen. Diese Relation lässt sich im Rahmen der Loop-Quantengravitation für gewisse Arten Schwarzer Löcher ableiten. Hierbei spielen erneut die Quantenflächen eine wichtige Rolle. Bei einem gegebenen Wert für die Oberfläche des Ereignishorizonts eines Schwarzen Lochs lässt sich mit Hilfe der Loop-Quantengravitaion ausrechnen, wie viele mikroskopische Quantenzustände mit dieser Oberfläche verbunden sind. Auf diese Weise lassen sich Rückschlüsse auf die Entropie des Schwarzen Lochs ziehen. Die Entropie erfährt so eine quantenphysikalische Deutung innerhalb der Quantengravitation.

Neben den symmetriereduzierten Modellen und der Entropie existieren aber auch bestimmte Eigenschaften, welche die volle LQG besitzen muss, um neben der mathematischen Korrektheit auch physikalische Relevanz zu besitzen.


Einbettung in die Loop-Quantengravitation

Wie sind Einsteins allgemeine Relativitätstheorie und die gewöhnliche Quantenfeldtheorie in die Loop-Quantengravitation eingebettet? Jede Variante für eine Quantengravitationstheorie muss in Teilbereichen der Theorie, so genannten Sektoren, sowohl die klassische ART als auch die gewöhnliche QFT als Grenzfälle enthalten (siehe die Grafik). Der Sektor in der LQG, in dem sich die ART wiederfinden lässt, sollte sich dadurch auszeichnen, dass sowohl die Quantenfluktuationen der Geometrie als auch die der Materie vernachlässigbar sind. Dies entspricht dem linken Pfeil in der Grafik.

Die gewöhnlichen Quantenfeldtheorien hingegen beschreiben die Dynamik von Quantenmaterie auf einer festen klassischen Raumzeit. Sie sollten also in der LQG in einem Sektor zu finden sein, in dem die Quantengeometrie ein nahezu klassisches Verhalten aufweist und sich die Rückwirkung der Quantenmaterie auf die Geometrie vernachlässigen lässt. Die Materie selbst wird aber noch als Quantenobjekt betrachtet. Dies entspricht dem rechten Pfeil in der Grafik. Man bezeichnet beide Grenzfälle als semiklassischen (halbklassischen) oder niederenergetischen Grenzwert. Denn in beiden Fällen sind die Quanteneigenschaften der Geometrie vernachlässigbar. Das tritt erwartungsgemäß erst bei Energien auf, die weit unterhalb der Energieskala liegen, bei der quantengravitative Effekte dominieren.


Folgen für die Loop-Quantengravitation

Was man in der LQG also gerne hätte, sind Quantenzustände, deren dynamisches Verhalten bis auf minimale Quantenfluktuationen die klassischen Einstein-Gleichungen reproduziert. Zustände in der Quantentheorie können sich ganz anders verhalten, als es sich nach der dazugehörigen klassischen Theorie erwarten ließe. Der »Zustand« eines Quantensystems beschreibt die Wahrscheinlichkeiten all seiner beobachtbaren Messgrößen.

In der klassischen Theorie folgen sowohl die Geometrie als auch die Materie im Verlauf der Zeit einer bestimmten Bahnkurve, einer so genannten Trajektorie. Ein sich entwickelnder beliebiger Quantenzustand wird im Allgemeinen nicht der klassischen Trajektorie folgen, sondern ein abweichendes dynamisches Verhalten besitzen. Es sind gerade die semiklassischen Zustände, welche die Eigenschaft besitzen, bis auf kleine Quantenfluktuationen der klassischen Trajektorie zu folgen.

Diese Zustände sind ein Gemisch aus vielen einzelnen Quantenzuständen und spielen in mehreren Bereichen der Physik eine Rolle, zum Beispiel in der Quantenoptik oder in der Festkörperphysik. Das Besondere an ihnen ist, dass sie einen Übergang von der Quantentheorie zurück zur klassischen Theorie ermöglichen. Sie erlauben also zu testen, ob eine Quantentheorie konsistent mit der dazugehörigen klassischen Theorie ist. Das ist insbesondere für die Quantengravitationstheorie wichtig, da sich in diesem Fall das Auftreten direkter Quanteneffekte erst bei extrem hohen Energien erwarten lässt.

Ob es möglich ist, solche semiklassischen Zustände in einer vorgegebenen Quantentheorie zu konstruieren und damit den Übergang zur klassischen Theorie zu vollziehen, hängt hauptsächlich von der Form der dynamischen Gleichungen ab. Je komplizierter deren Struktur ausfällt, desto schwieriger ist es zumeist, angemessene semiklassische Zustände zu finden.

Schon für die gewöhnliche Quantenfeldtheorie ist dies eine schwierige Aufgabe, für die Loop-Quantengravitation hingegen sieht die Quantendynamik noch komplizierter aus, und die Konstruktion semiklassischer Zustände stellt eine große mathematisch-physikalische Herausforderung dar.

Ein erster Fortschritt gelang bereits vor rund zehn Jahren mit der Konstruktion so genannter kohärenter Zustände für die LQG. Dabei handelt es sich um eine bestimmte Klasse von semiklassischen Zuständen, die noch weitere spezifische Eigenschaften besitzen und auch in der Quantenmechanik verwendet werden. Diese Zustände ermöglichen eine angemessene semiklassische Beschreibung gewisser kinematischer Größen, beispielsweise der geometrischen Quantengrößen Volumen, Fläche und Länge. Es zeigt sich, dass das Quantenvolumen bezüglich dieser Zustände bis auf minimale Quantenfluktuationen dem klassischen Volumen entspricht. Gleiches gilt für Quantenfläche und -länge.

Lange Zeit war es nicht möglich, auch die Quanten-Einstein-Gleichungen mit diesen Zuständen auf ihre semiklassische Konsistenz zu überprüfen. Das erreichten die Physiker erst in den letzten Jahren durch eine Weiterentwicklung der bestehenden semiklassischen Techniken. Die Analyse ist allerdings noch auf sehr kleine Zeitskalen beschränkt, da die kohärenten Zustände unter derzeit existierenden Beschreibungen allesamt nach einer gewissen Zeit zerfließen. Sie verlieren also ihre semiklassischen Eigenschaften und folgen nicht mehr der klassischen Trajektorie. Für entsprechend kleine Zeitintervalle ließ sich zeigen, dass es in der LQG dennoch Zustände gibt, die der gemäß der klassischen ART erwarteten Trajektorie folgen. In der Loop-Quantenkosmologie tritt dieses Problem nicht auf, da die entsprechend symmetriereduzierten Quanten-Einstein-Gleichungen wesentlich einfacher aufgebaut sind und daher die kohärenten Zustände auch auf längeren Zeitintervallen dynamisch stabil bleiben.

Um nun zu analysieren, was auf größeren Zeitskalen in der voll ausformulierten Loop-Quantengravitation passiert, müssen zunächst die bereits existierenden semiklassischen Zustände verallgemeinert und besser an die Quantendynamik der LQG angepasst werden. Dieser Schritt ist auch wichtig, um die Frage zu klären, wie die gewöhnliche Quantenfeldtheorie im semiklassischen Grenzwert der LQG auftritt.

Hier benötigt man semiklassische Zustände, die auf derjenigen Zeitskala stabil bleiben, die für Streuprozesse der Quantenteilchen des Standardmodells bedeutsam sind.


Der Weg zu neuen Erkenntnissen

An einem besseren Verständnis der Dynamik der LQG in Form der Quanten-Einstein-Gleichungen oder im Rahmen so genannter Spin-Schaum-Modelle wird derzeit intensiv geforscht. Die Theoretiker versprechen sich davon weitere Erkenntnisse, inwiefern die LQG konsistent mit den bereits bestehenden Theorien ist, die sich bewährt haben. Solchen Konsistenzprüfungen muss sich jeder Versuch einer Quantengravitationstheorie stellen, nicht nur die LQG. Besteht die neue Theorievariante diese Tests, so lässt sich mit ihr physikalisches »Neuland« erforschen und analysieren, in welchen Bereichen Effekte der Quantengeometrie unser bisheriges Verständnis der Physik verändern.

Bislang hat die Loop-Quantengravitation schon viel versprechende Resultate geliefert: Es gelingt im Rahmen der symmetriereduzierten Modelle, die Singularitäten beim Urknall und im Innern Schwarzer Löcher zu beseitigen. Außerdem erlaubt sie eine quantentheoretische Erklärung der Entropie Schwarzer Löcher. Die Theoretiker arbeiten in den nächsten Jahren weiterhin intensiv daran, die Gravitation im Rahmen der Quantenphysik zu verstehen und damit die bekannte Physik auf neues Terrain zu erweitern.


Kristina Giesel forscht und lehrt an der Louisiana State University in Baton Rouge, USA. Seit ihrer Doktorarbeit arbeitet sie auf dem Gebiet der Loop-Quantengravitation mit dem Forschungsschwerpunkt des semiklassischen Sektors der Theorie. Sie hat inzwischen einen Ruf an die Friedrich-Alexander-Universität-Erlangen-Nürnberg angenommen.


Literaturhinweis

Bojowald, M.: Der Ur-Sprung des Alls. In: Spektrum der Wissenschaft 5/2009, S. 26-32

Smolin, L.: Three Roads to Quantum Gravity. Science Masters 2008

Thiemann, T., Pössel, M.: Ein Kosmos ohne Anfang. In: Spektrum der Wissenschaft 6/2007, S. 32-41

Sahlmann, H.: Loop Quantum Gravity, A Short Review. arXiv:1001.4188 [gr-qc]

Giesel, K: On the Consistency of Loop Quantum Gravity with General Relativity. Dissertation, Universität Potsdam, 2007


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Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. S. 30-31:
Die physikalische Beschreibung der vier Grundkräfte der Natur umfasst die fernsten Galaxien in zehn Milliarden Lichtjahren Distanz ebenso wie die winzigsten Strukturen, aus denen die Quanten-Raumzeit gemäß der Loop-Quantengravitation auf Längenskalen nahe der so genannten Planck-Skala bei 10-35 Metern besteht. Während die Gravitation und der Elektromagnetismus in ihrer Reichweite unbegrenzt sind, beschränkt sich die Wirkung der starken und der schwachen Kernkraft auf atomare Dimensionen.

Abb. S. 32:
Der Large Hadron Collider (LHC) ist ein gigantischer Teilchenbeschleuniger. Die Beschleunigungsstrecke besteht aus zwei evakuierten Stahlröhren von je fünf Zentimeter Durchmesser, die unterirdisch in einem fast 27 Kilometer langen, kreisförmigen Tunnel bei Genf in der Schweiz stecken. Supraleitende Magnete in rund ein Meter großen Röhren (hier blau lackiert) halten die geladenen Teilchen in der Spur und bringen zwei in gegensätzlichen Richtungen rasende Teilchenströme an vier Messstellen zur Kollision.

Abb. S. 38:
Die Computergrafik zeigt eine Momentaufnahme des Quantenraums, die Quanten-Raumzeit. Sie ist im Rahmen der Loop-Quantengravitation auf Längenskalen nahe der Planck-Skala von lp = 10-35 Metern zu erwarten. Die dargestellten Tetraeder entsprechen den dualen Flächen eines Spin-Netzwerks, bei dem jeweils vier Kanten in einem Knotenpunkt aufeinandertreffen. Die Farben der einzelnen Dreiecke in den Tetraedern symbolisieren unterschiedliche Werte für den Flächeninhalt der Dreiecke, der wiederum besagt, wie viele Quantenflächen es zu einem gegebenen Zeitpunkt gibt. Die Quantenflächen hängen mit den Spin-Quantenzahlen der entsprechenden Kanten zusammen.

Abb. S. 40 oben:
Die beiden Grenzfälle der Loop-Quantengravitation bilden die allgemeine Relativitätstheorie und die gewöhnliche Quantenfeldtheorie. Die ART beschreibt, wie Masse und Raumzeit miteinander in Beziehung stehen. Dabei ist die Geometrie der Raumzeit aus Sicht der LQG klassisch aufgebaut, also nicht gequantelt. Die Quantenfeldtheorie hingegen behandelt die Raumzeit als feste, vorgegebene Struktur. Daher ist auch sie aus Sicht der LQG nur eine Näherung.


© 2011 Kristina Giesel, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg


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Quelle:
Sterne und Weltraum 7/11 - Juli 2011, Seite 30 - 41
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Dr. Jakob Staude
Redaktion Sterne und Weltraum:
Max-Planck-Institut für Astronomie
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. September 2011