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ASTRO/100: Suche nach Dunkler Materie im ehemaligen Eislager einer Dresdner Brauerei (TU Dresden)


Dresdner UniversitätsJournal Nr. 13 vom 21. Juli 2009

Auf der Suche nach dem größeren Ganzen
TU-Wissenschaftler fangen die Dunkle Materie im ehemaligen Eislager der Felsenkeller-Brauerei Dresden ein

Von Andrea Fink


In unserem Universum gibt es nicht nur die »normale« Materie - welche wir sehen -, sondern auch eine für das menschliche Auge unsichtbare Dunkle Materie, die jederzeit und überall in Milliarden Teilchen um uns und um alles herumschwirrt. Von dieser Masse weiß man zwar seit einiger Zeit, dass sie existiert, eindeutig nachweisen und bestimmen konnte man sie bisher aber noch nicht. Weltweit wird deshalb eifrig geforscht, um das Rätsel der Dunklen Materie zu lösen. Auch Wissenschaftler der Technischen Universität Dresden wie der Kernphysiker Professor Kai Zuber sind auf der Suche nach dieser mysteriösen Masse und haben im Untertagelabor auf dem Gelände der ehemaligen Felsenkeller-Brauerei im Plauenschen Grund die optimalen Bedingungen für ihre Forschung gefunden.

Hinter einer 45 Meter dicken Felswand verbirgt sich in einer Höhle, in der einst das Eis der Felsenkeller-Brauerei gelagert wurde, das ungewöhnlichste Labor der TU. Hier, wo keinerlei kosmische Strahlung wirkt, soll die Dunkle Materie erkenntlich gemacht werden.

Diese viel größere, unsichtbare Materie macht zusammen mit der Dunklen Energie unglaubliche 95 Prozent unseres Universums aus. Für uns sichtbar sind also gerade einmal um die fünf Prozent - das sind alle Planeten und Sterne, aber auch die schwarzen Löcher gehören dazu - von dem, was eigentlich da ist.

Aber nur selten stoßen die Teilchen der dunklen Materie mit anderen Atomkernen zusammen und hinterlassen Spuren. Diese Zusammenstöße sind messbar. Dazu bedarf es allerdings extrem sauberer und empfindlicher Messgeräte, die so gut wie keine Radioaktivität besitzen.

Das Labor im Felsenkeller ist für solche Untersuchungen optimal, denn es schützt die verwendeten Materialien vor der kosmischen Strahlung, die einen wesentlichen Störfaktor darstellt. Dadurch weisen die Geräte, mit denen die Wissenschaftler arbeiten, nur etwa einen einzigen Zerfall eines Atomkerns in einer ganzen Stunde auf. In jedem menschlichen Körper finden dagegen pro Sekunde zirka 4000 radioaktive Zerfälle von Atomkernen statt.

Auch mit den optimierten Bedingungen unter Tage ist die Suche nach der dunklen Materie eine Sisyphusarbeit, vergleichbar mit der Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen, so Professor Kai Zuber. »Jedoch gelingt es uns, diesen Heuhaufen durch die Arbeit im Felsenkeller-Labor unter niedrigster Radioaktivität wesentlich zu verkleinern.«

Seit 1982 gibt es das Niederniveaumesslabor Felsenkeller, das durch den Verein für Kernverfahrenstechnik und Analytik Rossendorf e.V. (VKTA) betrieben wird. Ein Kooperationsvertrag zwischen dem VKTA, der Technischen Universität Dresden und dem Forschungszentrum Dresden-Rossendorf ermöglicht nun die gemeinsame Nutzung des Labors. Besonders im Bereich der Kernastrophysik soll zukünftig zusammen geforscht werden. Der VKTA betreibt im Felsenkellerlabor seit Jahren Stahlbauschutz- und Analytikforschung. Dazu gehört auch der Schutz der Verbraucher vor Radioaktivität im weitesten Sinne. So wird hier zum Beispiel Mineralwasser getestet und festgestellt, ob es für die Zubereitung von Babynahrung geeignet ist.

»Der Felsenkeller ist ein Prunkstück und das tiefste Labor seiner Art in Deutschland«, schwärmt Zuber. In Zukunft wollen Wissenschaftler und Studenten der TU Dresden hier ein wenig mehr Licht in das Dunkel des Universums bringen.


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Quelle:
Dresdner UniversitätsJournal, 20. Jg., Nr. 13 vom 21.07.2009, S. 8
Herausgeber: Der Rektor der Technischen Universität Dresden
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juli 2009