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MELDUNG/310: Uralter Kontinent unter der Tropeninsel Mauritius (GFZ)


Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ - 30.01.2017

Uralter Kontinent unter der Tropeninsel Mauritius


Angefangen hatte es vor einigen Jahren mit Sandkörnchen, aufgelesen an einem Strand von Mauritius: Die Lava-Partikel enthielten den Halbedelstein Zirkon, der auf ein weit höheres Alter hinwies als bisher für die Insel im Indischen Ozean angenommen worden war. Jetzt zeigen neue Analysen, dass unter dem jungen vulkanischen Gestein von Mauritius wohl tatsächlich die Reste eines alten Kontinents begraben liegen, der Indien vor rund 90 Millionen Jahren mit Madagaskar verband. Forscher um den Norweger Trond H. Torsvik hatten bereits 2013 vorgeschlagen, die versunkene Landmasse "Mauritia" zu nennen.


Foto: © Susan F. Webb, Univ. oft he Witwatersrand

Offen liegendes Vulkangestein (Trachyt) auf Mauritius. Proben des Trachyt enthielten Zirkone, die auf ein weit höheres Alter hinwiesen als das vulkanische Gestein
Foto: © Susan F. Webb, Univ. oft he Witwatersrand

Wieder waren es Zirkone, die die Forscher auf die Spur Mauritias führten. Dieses Mal aber wurden die Gesteinsproben nicht am Strand gesammelt, sondern aus einem offenen liegenden Fels aus vulkanischem Trachyt von der Insel Mauritius geschlagen. Die Proben wurden nach Potsdam gebracht und im SIMS-Labor des Deutschen GeoForschungsZentrums analysiert. SIMS steht für Sekundär-Ionen-Massenspektrometer. Dort wurden die Zirkone extrahiert und auf ihr Alter hin untersucht. Die Ergebnisse erscheinen jetzt im Fachjournal "Nature Communications". Die Studie wurde durchgeführt von Lewis D. Ashwal von der "University of the Witwatersrand" in Südafrika, Michael Wiederbeck vom GFZ und wiederum Trond H. Torsvik, der derzeit am GFZ als Gast forscht.

Zwischen Indien und Madagaskar liegen die Urlaubsparadiese der Seychellen und Mauritius. Die Seychellen mit ihrem granitischen Kern gelten geologisch als uralter Splitter von Indien und Madagaskar, wohingegen Mauritius eine junge vulkanische Insel ist, die über einem "Hotspot" im Erdmantel entstand. Wenn die dünne ozeanische Erdkruste sich über den Hotspot schiebt, erhitzt dieser von unten wie ein Schweißbrenner das Gestein und schmilzt es auf: ein Vulkan entsteht. Die Kruste schiebt sich weiter, der Vulkan erkaltet, daneben entsteht ein neuer. So bildeten sich Mauritius und Réunion.

Der Vulkanismus auf Mauritius begann vor etwa neun Millionen Jahren. Doch am Strand fanden sich in Lavakörnchen Zirkone, die bis zu 1,9 Milliarden Jahre alt waren. 2013 veröffentlichte ein internationales Team von Forscherinnen und Forschern unter der Leitung von Torsvik eine Arbeit in "Nature Geosciences", wonach die Zirkone auf uralte kontinentale Kruste hinwiesen, die unter der jungen Lava begraben liegt: Mauritia.

Die neue Studie in Nature Communications trägt dazu, unser Verständnis von Mauritia deutlich zu erweitern. Zugleich widerlegt sie Hypothesen, wonach die Zirkone angeweht oder angeschwemmt worden sein könnten. Vielmehr überdeckt die Vulkaninsel Mauritius Überbleibsel eines Kontinents, der drei Milliarden Jahre in die Erdgeschichte zurückreicht. Als vor ungefähr 90 Millionen Jahren der damalige Großkontinent Gondwana zerbrach, entstanden Afrika, Antarktika, Australien und Indien. Der neuen Studie zufolge war es nicht einfach nur eine Abspaltung der Landmassen, sondern vielmehr gab es eine komplexe Zersplitterung, bei der unterschiedlich große Teilstücke der kontinentalen Kruste in die sich neu bildende ozeanische Kruste des entstehenden Indischen Ozeans eingegliedert wurden. "Unsere Studie zeigt, dass die vermeintlich homogene ozeanische Kruste längst nicht so einheitlich ist wie angenommen", erläutert Michael Wiedenbeck vom GFZ, der die Analysen vornahm. "Vielmehr verbergen sich unter dem Meeresboden immer wieder Bruchstücke von alten Kontinenten. Wir müssen sie nur entdecken."


Ashwal, L., Wiedenbeck, M., Torsvik, T., 2107. Archaen zircons in Miocene oceanic hotspot rocks establish ancient continental crust beneath Mauritius, Nature Communications, DOI: 10.1038/NCOMMS14086

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Quelle:
Pressemitteilung vom 30. Januar 2017
Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum
Ralf Nestler, Dipl.-Geol. - Öffentlichkeitsarbeit
Telegrafenberg, 14473 Potsdam / Germany
Telefon: +49 (0)331-288 1040, Fax +49 (0)331-288 1044
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Internet: www.gfz-potsdam.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Februar 2017

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