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MELDUNG/063: Seychellenpalme im Botanischen Garten - Größter Same der Welt aufgegangen (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 166 - Februar/März 2012
Die Berliner Umweltzeitung

Seychellenpalme im Botanischen Garten
Größter Same der Welt im Großen Tropenhaus aufgegangen

von Christoph Vinz


Bei einem Pressegespräch am 19. Januar wurde eine botanische Sensation verkündet: Nach über 80 Jahren ist endlich der empfindliche Same der sogenannten Seychellennuß aufgegangen! Neben dem Honorarkonsul der Republik der Seychellen, Prof. Dr. Nikolaus Fuchs und Rechtsanwalt Robin Maletz, dem es nach langen Bemühungen gelang, im Mai 2010 einen Samen von Lodoicea maldivica, der sagenumwobenen Seychellenpalme, als Geschenk der Republik der Seychellen nach Berlin zu holen, sprachen der Direktor des Botanischen Gartens und Botanischen Museums Berlin-Dahlem (BGBM) und die verantwortliche Gärtnermeisterin.

"Coco de mer", wie die Seychellennuss auch genannt wird, ist der größte und schwerste Same der gesamten Pflanzenwelt, der bis zu stattliche 20 Kilogramm auf die Waage bringen und einen beeindruckenden Umfang von bis zu einem Meter annehmen kann. Dafür benötigt die "Nuss" für ihre Reifung immerhin sechs bis sieben Jahre. Jede Frucht enthält zwei bis drei Samen.

Die Seychellenpalme hat aber noch mehr Alleinstellungsmerkmale: Sie gehört zu den seltensten Arten, bildet die größten Fächerblätter aus (bis zehn Meter lang und vier Meter breit!), kann eine Höhe von 25 bis 30 Metern erreichen und bringt es auf ein Methusalem-Alter von mehreren hundert Jahren. Mit bis zu fünf Zentimeter Durchmesser hat diese einmalige Pflanze auch die größten (weiblichen) Blüten innerhalb der Familie der Palmen.

Die botanische Rarität ist heute nur noch wild auf zwei Inseln der Seychellen zu finden, wo an sechs Standorten geschätzte 8.200 Exemplare in schwer zugänglichen Bergschluchten wachsen. Sie stehen inzwischen unter strengstem Naturschutz.

Die jetzige erfolgreiche Aussaat in Berlin ist die erste seit 1930. Durch kriegsbedingte Schäden erfror die letzte der damaligen Pflanzen, die im Großen Tropenhaus ihren Standort hatte.

Der gärtnerische Erfolg muss besonders hoch eingeschätzt werden: Erst beim dritten Versuch gelang die Keimung dank einer ausgeklügelten ringförmigen Beetbeheizung und ständiger intensiver Betreuung durch die Fachleute des Botanischen Gartens.

Um eine solche besondere Pflanze ranken sich natürlich im Laufe der Geschichte zahlreiche Legenden; die Größe und erotisch anmutende Form des Samens produzierte geradezu Mythen, von denen einige bis in unsere Tage überdauerten.

Schon die frühere griechische Bezeichnung verrät Einiges: L. callipyge wäre treffend mit "schöner weiblicher Hintern" zu übersetzen. Der heutige lateinische Name L. maldivica geht auf eine irrige Annahme zurück, die Samen stammten von den Malediven, wo sie jedoch nur angespült worden waren.

Und der deutsche Kaiser Rudolf II. von Habsburg soll im 17. Jahrhundert. ganze 4.000 Gulden für eine einzige Nuss ausgelobt haben, die er dann doch nicht erhielt. 1768 erkannte man die richtige Herkunft, aber Mythen um die magische Nuss lebten weiter. Aus ihr wurden kostbare Trinkgefäße gearbeitet, und dem Inneren werden bis heute in der traditionellen chinesischen Medizin wundersame Kräfte zugeschrieben.


Natur und Umwelt des Herkunftslandes

Der Inselstaat Republik der Seychellen liegt östlich von Afrika und nördlich von Madagaskar und Mauritius im Indischen Ozean. Insgesamt 115 Inseln bilden die kleine Republik, die Erhaltung und Schutz ihrer natürlichen Ressourcen zu einem Grundanliegen gemacht hat. Diese Meeresoase hat fast fünfzig Prozent ihrer Landfläche als Naturschutzgebiete ausgewiesen und kann mit mehr Schildkröten als menschlichen Bewohnern aufwarten.

Die Seychellen besitzen eine reiche endemische Flora und Fauna. Neben großen Schildkrötenkolonien leben hier der letzte überlebende flugunfähige Vogel des Indiks, die Weißkehlige Ralle; der Seychellen-Wasa-Papagei und Seychellenfrösche, deren kleinste Art auch zu den winzigsten der Welt gezählt wird.


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Quelle:
DER RABE RALF - 22. Jahrgang, Nr. 166 - Februar/März 2012, S. 12
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 230, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. März 2012