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FORSCHUNG/360: Fusionsprotein dirigiert Aufbau der Photosynthese-Plattform (idw)


Johannes Gutenberg-Universität Mainz - 08.05.2015

Fusionsprotein dirigiert Aufbau der Photosynthese-Plattform

Kooperationsprojekt deckt Rolle eines Proteins bei Bildung und Erhalt des inneren Membransystems in Blaualgen und Chloroplasten auf


Chloroplasten sind die Kraftwerke in grünen Pflanzen. In inneren Membranen läuft hier die Photosynthese ab, einer der wichtigsten biologischen Prozesse auf der Erde, bei dem Lichtenergie in chemische Energie und Sauerstoff umgewandelt wird. Obwohl ihre bedeutende Funktion schon lange bekannt ist, war bislang nicht klar, wie es zum Aufbau des innenliegenden, spezifischen Membransystems kommt. In einem Kooperationsprojekt haben Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) nun einen ersten Ansatzpunkt gefunden, wie diese Membranen gebildet werden. Demnach spielt das Protein IM30 eine entscheidende Rolle, indem es eine Fusion interner Membranen anstößt. An den Untersuchungen über die Bedeutung von IM30 waren Biologen, Chemiker, Biochemiker und Biophysiker der JGU und des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung maßgeblich beteiligt. Die Ergebnisse wurden soeben in der Zeitschrift Nature Communications veröffentlicht.


Abbildung: © Dirk Schneider

Ein IM30-Ring bindet an interne Membranen. Im Hintergrund ist der Ausschnitt einer elektronenmikroskopischen Aufnahme einer Blaualge zu sehen. Im Vordergrund ist ein 3-D-Modell des IM30-Rings gezeigt. Die Größenverhältnisse sind nicht maßstabsgetreu.
Abbildung: © Dirk Schneider


Chloroplasten sind Organellen, die in allen höheren Pflanzen und in Grünalgen vorkommen. Im ihrem Innern befindet sich ein Membransystem, die Thylakoidmembranen, in dem Schlüsselprozesse der Photosynthese ablaufen. "Ein detailliertes Verständnis der Photosynthese und der damit verbundenen molekularen Prozesse ist entscheidend, um unser Leben auf der Erde zu verstehen", sagt Univ.-Prof. Dr. Dirk Schneider vom Institut für Pharmazie und Biochemie der JGU, der die Forschungsarbeit koordiniert hat. "Aber trotz ihrer großen Bedeutung wissen wir fast nichts darüber, wie dieses spezielle Membransystem gebildet und aufrechterhalten wird." Bislang wurde in photosynthetischen Zellen noch kein einziges Fusionsprotein identifiziert, obwohl klar war, dass diese Klasse von Proteinen an der Bildung der Thylakoidmembran beteiligt sein muss.

Vor diesem Hintergrund hat die Mainzer Forschergruppe das Protein IM30 aus einer Blaualge, die als "frei lebender Chloroplast" beschrieben werden kann, isoliert und untersucht. IM30 - "IM" steht für "interne Membran" und "30" bezeichnet die atomare Masse von 30 Kilodalton - wurde Mitte der 1990er-Jahre erstmals beschrieben und es wurde gezeigt, dass es an interne Membranen bindet. Die kombinierte Expertise der Arbeitsgruppen um Univ.-Prof. Dr. Dirk Schneider, Univ.-Prof. Dr. Jürgen Markl vom Institut für Zoologie der JGU und Prof. Dr. Tobias Weidner vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung hat nun gezeigt, dass IM30 in einer Ringstruktur spezifisch an Phospholipide der Membranen andockt. "Diese Bindung verändert die Membranstruktur und führt unter bestimmten Bedingungen zur Membranfusion", erklärt Schneider. Entfernt man IM30, kommt es hingegen zu einem signifikanten Rückgang von Thylakoidmembranen und letztendlich zu einem Verlust der Lebensfähigkeit der Zellen. Das Fusionsprotein IM30 stellt somit einen Ausgangspunkt für die weitere Erforschung des neuartigen Fusionsmechanismus in den grünen Zellbestandteilen von Pflanzen und von Blaualgen dar.

Die interdisziplinäre Forschungsarbeit wurde maßgeblich von Doktoranden des Max Planck Graduate Center (MPGC) ausgeführt. Das MPGC wurde im Juni 2009 gegründet, um gemeinsame Projekte und Promotionen zwischen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und den beiden in Mainz ansässigen Max-Planck-Instituten für Polymerforschung und für Chemie zu fördern.

Veröffentlichung:
Raoul Hennig et al.
IM30 triggers membrane fusion in cyanobacteria and chloroplasts
Nature Communications, 8. Mai 2015
DOI: 10.1038/ncomms8018
http://www.nature.com/ncomms/2015/150508/ncomms8018/full/ncomms8018.html


Weitere Informationen unter:
http://www.uni-mainz.de/presse/65253.php
- Pressemitteilung

http://www.bio.chemie.uni-mainz.de/46.php
- Univ.-Prof. Dr. Dirk Schneider

http://www.bio.uni-mainz.de/zoo/312_DEU_HTML.php
- Univ.-Prof. Dr. Jürgen Markl

http://www.mpip-mainz.mpg.de/89016/Dr_Tobias_Weidner
- Prof. Dr. Tobias Weidner

http://www.nature.com/ncomms/index.html
- Nature Communications

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution218

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Petra Giegerich, 08.05.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Mai 2015

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