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ORNITHOLOGIE/272: Vögel, die auf Städte fliegen (MaxPlanckForschung)


MaxPlanckForschung - 4.2012
Das Wissenschaftsmagazin der Max-Planck-Gesellschaft

Vögel, die auf Städte fliegen

von Stefanie Reinberger



Viele Tierarten haben Städte als Lebensraum für sich entdeckt. Die Lebensbedingungen dort sind jedoch anders als in natürlicher Umgebung. Henrik Brumm, Jesko Partecke und Bart Kempenaers vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen und Radolfzell erforschen die Folgen des Stadtlebens für unsere heimischen Singvögel. Dabei haben sie erstaunliche Verhaltensänderungen entdeckt.


Es liegt malerisch, das Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen: eingebettet zwischen Wiesen, Weiden und Wald, am Ufer des Eßsees - dem Weiher, in dem Konrad Lorenz einst mit seinen jungen Graugänsen schwamm. Die gedämpfte Atmosphäre des trüben Novembermorgens verstärkt die Idylle noch. "Natur pur" könnte denken, wer sich aus dem Trubel der Münchner Innenstadt auf den Weg hier raus gemacht hat. Doch halt: Sind da nicht Verkehrsgeräusche der nahe gelegen Landstraße?

"Ja, klar", sagt Henrik Brumm, Leiter der Forschungsgruppe Kommunikation und Sozialverhalten. "Und neben den Geräuschen der Autos bekommen wir hier manchmal auch den Lärm des unweit gelegenen Flugplatzes in Oberpfaffenhofen mit." Verstädterung ist nicht nur ein Problem der Ballungsgebiete selbst. "Gerade Lärm strahlt weit in die ländlichen Regionen hinein." Brumm erzählt von einer Expedition ins Amazonasgebiet: "Selbst inmitten des Regenwalds, fernab jeglicher Zivilisation, habe ich Flugzeuge am Himmel über uns gehört."

Verstädterung ist ein großes Thema unserer Zeit - für die Vereinten Nationen nach dem Klimawandel das dringlichste überhaupt. Derzeit lebt etwa die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten, mit steigender Tendenz: Prognosen besagen, dass bis zum Jahr 2030 rund fünf Milliarden Menschen in Stadtgebieten siedeln werden. Megacitys entstehen und dehnen sich aus. Das zieht massive Umweltschäden nach sich, Müll etwa oder Luftverschmutzung.

"Auch Lärm ist ein großes Problem", sagt Brumm und verweist auf eine ganze Reihe von Studien, die belegen, dass Krach krank macht. "Und natürlich nimmt er auch Einfluss auf Wildtiere, egal ob sie nun in Städten leben oder in ländlichen Regionen." Der Max-Planck-Forscher interessiert sich genau dafür. Dabei nimmt er insbesondere die Kommunikation von Vögeln unter die Lupe: ob und wie diese durch Lärm beeinträchtigt wird und welche Konsequenzen das für die Tiere hat.

Zu seinem Forschungsfeld kam Brumm bereits während seiner Promotion an der Freien Universität Berlin.

Er untersuchte damals den Gesang der Nachtigall, einer Vogelart, die auch in Städten weit verbreitet ist. Allein in Berlin leben rund 1500 Brutpaare, überall dort, wo sich buschiger Bewuchs findet, den sie zum Nisten bevorzugen. Henrik Brumm stellte fest: Nachtigallen singen in einer lärmintensiven Umgebung lauter. Das geht sogar so weit, dass sie am Wochenende leiser trällern als an Werktagen, wenn der Berufsverkehr dröhnt.

Auch wir Menschen heben in lauter Umgebung die Stimme. Man spricht vom Lombard-Effekt, benannt nach dem französischen Ohrenarzt Étienne Lombard, der dieses Phänomen erstmals beschrieb. Bei Vögeln war dieser Zusammenhang allerdings neu. "Das war eine Überraschung, weil man damals davon ausging, dass Vögel immer mit maximaler Lautstärke singen", sagt Brumm. Dass dies nicht der Fall ist, bewies er mit einem einfachen Experiment. Er hielt Nachtigallen in Volieren und beschallte sie mit weißem Rauschen - einer Art Hintergrundgeräusch, das sämtliche hörbaren Frequenzen umfasst und daher nicht als definierter Ton wahrgenommen wird. Und tatsächlich legten sich die Vögel auch unter Laborbedingungen beim Singen mehr ins Zeug, wenn in ihrer Umgebung Krach herrschte.

Später stellten andere Forschergruppen fest: Manche Vogelarten singen in der Stadt auch höher als auf dem Land, Kohlmeisen etwa. Oder Amseln, wie Brumm - mittlerweile längst am Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen - in einer Studie zeigte.


Hohe Töne gegen Strassenlärm?

"Wir haben uns gefragt, warum Vögel nicht nur lauter, sondern auch höher singen", berichtet Brumm. Eine denkbare Erklärung ist, dass sich ein höherer Gesang besser vom tieffrequenten Straßenlärm abhebt. Ist er vielleicht über weitere Strecken zu hören? Und könnte das den Nachteil der Stadtvögel ausgleichen, dass sie lärmbedingt nur über halb so weite Distanzen kommunizieren können wie ihre Artgenossen auf dem Land? Die Forscher aus Brumms Team entwickelten ein mathematisches Modell, um diese möglichen Zusammenhänge zu überprüfen. Das Ergebnis war negativ: Zwar gelingt es durch höheren Gesang tatsächlich, Straßenlärm etwas zu kompensieren, der Effekt ist allerdings gering. "Bei Amseln klappt das gar nicht, da sie viel tiefer singen als etwa Kohlmeisen", so Brumm.

Das höhere Trällern der Tiere könnte ein reiner Nebeneffekt der gesteigerten Lautstärke sein. Auch das kennt man vom Menschen: Wer schreit, hebt die Stimme in eine höhere Tonlage. Möglicherweise variieren Stadtamseln also ihren Gesang zugunsten der Lautstärke: mehr höhere Passagen, um lauter zu werden. Diese Hypothese prüft Henrik Brumm derzeit in Zusammenarbeit mit seinem Kollegen Jesko Partecke, der am Standort Radolfzell des Max-Planck-Instituts für Ornithologie forscht. Die beiden Wissenschaftler setzen dazu Amseln in schalldichte Boxen, in denen sie nicht durch Umgebungsgeräusche beeinflusst werden, und studieren deren Gesang. Demnach scheinen die Vögel höhere Töne tatsächlich lauter zu produzieren.


Kohlmeisen lernen im Labor zu zwitschern

Möglich ist aber auch, dass Vögel aus der Stadt Schwierigkeiten haben, die Melodien ihrer Eltern korrekt zu lernen, weil sie diese aufgrund des Lärms schlechter hören. Brumm untersucht das mit seinem Team derzeit im Labor an Kohlmeisen, die im Institut per Hand aufgezogen wurden und dort unter verschiedenen akustischen Bedingungen das Zwitschern lernen. Dabei hat sich gezeigt, dass die Vögel tiefe Gesangspassagen auch bei Lärm lernen. Lernschwierigkeiten der Jungtiere scheinen also nicht das Problem zu sein.

"Bisher können wir zwar solche Phänomene beobachten, aber wir wissen noch nicht, welche Auswirkung das auf die Tiere hat, auf ihre Lebenserwartung, ihr Brutverhalten oder ihren Paarungserfolg", sagt Brumm. Seine Mitarbeiterin Sue Anne Zollinger etwa hat jüngst untersucht, ob der lautere Gesang mehr Energie erfordert. Der Effekt war minimal. "Zwar brauchten die Vögel tatsächlich etwas mehr Energie, der Unterschied war jedoch kaum messbar, sodass er die Tiere sehr wahrscheinlich nicht beeinträchtigt", sagt Brumm.

Verhaltensänderungen in unterschiedlichen Lebensräumen - in diesem Fall Stadt und Land - müssen aber auch nicht zwangsläufig negativ sein und den Tieren schaden. "Dieselbe Vogelart in der Stadt und auf dem Land zu beobachten bietet die spannende Gelegenheit, Evolution in Echtzeit zu verfolgen", erklärt Jesko Partecke. Denn die notwendigen Voraussetzungen für erfolgreiches Stadtleben setzen sich in den Städten immer mehr durch.

Partecke forscht an Amseln. Dabei waren sie für ihn als jungen Wissenschaftler geradezu banal, wie er lachend verrät. Er war schon auf dem Sprung nach Afrika, um dort für seine Doktorarbeit Schwarzkehlchen zu untersuchen. Doch dann kündigte sich Nachwuchs an, und Afrika schien nicht mehr der geeignete Aufenthaltsort für den werdenden Vater. "Mein Doktorvater bot mir ein Thema mit Amseln im Bereich Urban Ecology an", erinnert sich der Ornithologe. Das hat sich als wahrer Glücksgriff erwiesen, denn das Themenfeld war damals noch neu und kaum erforscht. "Amseln sind dafür die idealen Studienobjekte: Sie besiedeln schon seit langer Zeit Städte und kommen dort und auf dem Land gleichermaßen vor. Man kann also gut vergleichen."


Stadtamseln sind anders

Es gibt eine Reihe von Verhaltensunterschieden zwischen Stadt- und Landamseln, der Gesang ist nur einer von vielen. So ziehen Stadtamseln im Winter seltener in den Süden als ihre auf dem Land lebenden Artgenossen. Sie brüten etwa drei Wochen früher und manchmal sogar häufiger im Jahr. Und sie leben enger mit Artgenossen zusammen, als es Amseln auf dem Land tun würden.

Manchmal scheint es sogar ein Vorteil für die Tiere zu sein, in der Stadt zu leben: So stellte Partecke im Jahr 2008 fest, dass Stadtamseln seltener unter Parasiten leiden. Zudem sind Stadtvögel stressresistenter. Sind die Tiere ungünstigen Situationen ausgesetzt, reagieren sie ähnlich wie Menschen mit einer akuten Stressantwort und schütten Stresshormone aus, sogenannte Glukokortikoide. Das dient dazu, auf eine gefährliche Situation schnell zu reagieren. Bleiben der Stresspegel und damit auch das Niveau der Stresshormone jedoch über einen längeren Zeitraum hoch - man spricht dann von chronischem Stress -, kann dies Fortpflanzung, Immunabwehr und Gehirnfunktion beeinflussen.

Jesko Partecke wollte nun wissen, ob Stadt- und Landamseln im Umgang mit Stresssituationen unterschiedliche Voraussetzungen mit sich bringen. Dazu sammelten er und seine Mitarbeiter in München und Umgebung Nestlinge und zogen sie von Hand gemeinsam auf. Alle jungen Vögel hatten also dieselben Startbedingungen - zumindest, was ihre Umgebung betrifft. Dann setzten sie die Tiere akutem Stress aus und nahmen Blutproben. Tatsächlich blieben die jungen Stadtamseln deutlich cooler als ihre Artgenossen vom Land und reagierten weniger auf Stresssituationen. In stressfreier Umgebung war der Hormonpegel dagegen in beiden Vogelgruppen ähnlich.


Unter der Laterne

Mit einer anderen Art von Umweltveränderung in Städten beschäftigt sich Bart Kempenaers, Direktor der Abteilung Verhaltensökologie und evolutionäre Genetik in Seewiesen: dem allgegenwärtigen Kunstlicht auf Straßen und Plätzen. Er hat festgestellt, dass männliche Blaumeisen sich erfolgreicher paaren, wenn sie in der Nähe von Straßenlaternen leben. "Dass wir darauf gekommen sind, war eigentlich Zufall", verrät der aus Belgien stammende Verhaltensforscher (MaxPlanckForschung 1/2004, Seite 64 ff.). Er untersuchte vor ein paar Jahren in einer großen Feldstudie das Brutverhalten von Blaumeisen.

"Die Tiere zeigen dabei eine große Variationsbreite: Sie leben zum Teil monogam, zum Teil mit mehreren Partnern, wieder andere haben zwar einen festen Partner, sie gehen aber darüber hinaus auch noch fremd", erzählt Bart Kempenaers. In der Studie ging es unter anderem auch darum, durch Vaterschaftstests aus DNA-Proben herauszufinden, welche Männchen erfolgreich fremdgehen und die meisten Nachkommen zeugen. Das überraschende Resultat: Am erfolgreichsten waren Tiere in der Nähe von Straßenlaternen.

"Möglicherweise hängt das damit zusammen, dass sie durch das künstliche Licht morgens früher zu zwitschern beginnen und dadurch die Aufmerksamkeit der Weibchen auf sich ziehen", erklärt Kempenaers. Der frühe Vogel fängt also die Frau. Tatsächlich beginnen männliche Blaumeisen dank des künstlichen Lichts etwa fünfzehn bis zwanzig Minuten früher zu singen. Bei Amseln ist der Effekt sogar noch größer. Außerdem beginnen Vogelweibchen unter Kunstlicht einige Tage früher mit dem Eierlegen. Licht wirkt sich also nicht nur auf den Tagesablauf aus, sondern auch auf saisonale Abläufe wie den Beginn der Fortpflanzung.

Welche Auswirkung die Lichtverschmutzung sonst auf die Tiere hat, ob sie etwa ihren Stoffwechsel oder die Lebenserwartung beeinträchtigt, ist noch völlig unklar. "Als ich vor zwei Jahren begann, mich mit dem Thema Lichtverschmutzung zu beschäftigen, war ich überrascht, wie wenig man darüber weiß", sagt Bart Kempenaers. Er ist allerdings überzeugt, dass der veränderte Tag-Nacht-Rhythmus nicht zwangsläufig negative Konsequenzen nach sich zieht.


Schlaflos in Alaska

In Alaska untersucht der Max-Planck-Forscher etwa Vogelarten, die während der Sommermonate unter andauernder Helligkeit leben. Manche lassen sich davon weniger beeindrucken und leben einfach ihren Rhythmus weiter, scheinen sich also an anderen Zeitgebern zu orientieren. Und andere, etwa der Graubruststrandläufer, finden tagelang überhaupt keine Ruhe mehr - und paaren sich ausgerechnet in diesen Phasen höchst erfolgreich.

"Das kann man natürlich nicht auf unsere Blaumeisen übertragen, da sich die Tiere in Alaska über einen langen Zeitraum an diese extremen Lichtbedingungen angepasst haben", betont Kempenaers. Aber es zeigt, wie wenig wir über den Lebensrhythmus unserer heimischen Vogelarten wissen. Kempenaers will dem Thema künftig in einer großen Studie gemeinsam mit niederländischen Kollegen nachgehen. Dazu beobachten die Forscher Vögel in einem Waldgebiet, in dem nach dem Zufallsprinzip verschiedene künstliche Lichtquellen installiert wurden.

Auch Jesko Partecke interessiert sich für den Einfluss des Kunstlichts auf Vögel, weshalb er und seine Mitarbeiter Amseln mit Sendern und Lichtsensoren ausstatteten. So können sie nicht nur den Aufenthaltsort und die Aktivität der Tiere erfassen, sondern auch, wie viel Licht sie tatsächlich ausgesetzt sind und zu welchen Zeiten. "Damit sind wir erstmals in der Lage, die direkte Auswirkung der Lichtverschmutzung zu messen", sagt Partecke. Derzeit werten die Forscher aus seinem Team die Daten des Experiments aus. Bald können sie also hoffentlich mehr darüber sagen, welche Rolle das Kunstlicht spielt.

Aber sind die Verhaltensunterschiede zwischen Stadt- und Landtieren tatsächlich bereits Folgen einer Mikroevolution, also einer direkten Anpassung an eine neue Umgebung und den herrschenden Selektionsdruck? Jesko Partecke hat da noch eine andere Idee: "Ich glaube, es ist ähnlich wie bei uns Menschen: Manche Individuen würden in der Hektik der Stadt krank werden und ziehen deshalb das ruhige Landleben vor, während andere genau die Hektik brauchen." Demnach gibt es also auch bei Vögeln unterschiedliche Charaktertypen, die unterschiedliche Voraussetzungen mit sich bringen. Und so zieht es vielleicht manche in die Großstadt, während andere Landeier bleiben.


AUF DEN PUNKT GEBRACHT
  • Vögel passen sich an die unterschiedlichen Lebensbedingungen von Stadt und Land an. Dabei lässt sich Evolution in Echtzeit verfolgen.
  • Die Lärm- und Lichtverhältnisse in Städten beeinflussen Verhalten und Physiologie der Tiere. So etwa singen Nachtigallen und Amseln in Städten lauter und höher als auf dem Land; Straßenlaternen wiederum beeinflussen den Fortpflanzungserfolg von Blaumeisen.

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Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Manche Vogelarten sind erstaunlich erfinderisch, wenn sie sich an die Stadt als Lebensraum anpassen müssen: Hier hat eine Wacholderdrossel ihr Nest in eine Ampelanlage gebaut.

- Mathias Ritschard nimmt Vogelgesang in lärmbelasteten Gebieten auf.

- Sue Anne Zollinger spielt Jungvögeln in einem schallisolierten Labor Verkehrslärm vor und beobachtet dann ihre Gesangsentwicklung.

- Ana Martins, Henrik Brumm und Sue Anne Zollinger (von links) bereiten im Labor akustische Messungen vor.

- Die Forscher um Henrik Brumm untersuchen in Freilandstudien und Experimenten in Akustiklabors, wie Vögel ihren Gesang an die Umwelt anpassen.

- Schnabel auf: In der Stadt singen Amselmännchen lauter, um den Verkehrslärm zu übertönen. Warum sie auch höher singen, ist noch unbekannt. Die zahnartigen Auswüchse im Gaumen (Gaumenpapillen) bestehen aus Horn und dienen dazu, Beutetiere zu packen und in den Schlund zu befördern.

- Stadtamseln können besser mit Stress umgehen als Amseln vom Land. Für diese Untersuchungen hat Jesko Partecke Nestlinge von Stadt- und Waldamseln von Hand aufgezogen und ihre Hormonwerte in Stresssituationen gemessen.

- Mithilfe neuester Radiotelemetrie-Technik können die Wissenschaftler einen Vogel orten und sein Aktivitätsmuster kontinuierlich aufzeichnen. Kleine Datenspeicher, die mit Lichtsensoren ausgestattet sind, quantifizieren zudem die Lichtstärke, der das Tier in der Nacht ausgesetzt ist.

- Davide Dominoni ortet Stadtamseln in München.

- Gesang vor Sonnenaufgang: In der Nähe von Straßenlampen (hellblaue Kreise) beginnen manche Vogelarten früher zu singen als ohne künstliche Beleuchtung (dunkelblau). Der Unterschied ist bei den Arten ausgeprägter, die von Natur aus früh singen, etwa Amsel und Rotkehlchen. Beim Buchfink dagegen hat künstliches Licht keinerlei Einfluss auf den Start des Gesangs. Für die Untersuchung wurden Vögel in einem Waldgebiet in der Nähe von Wien mit unterschiedlicher Beleuchtung 19 Tage lang beobachtet.

- Ein Industriegebiet nahe Geel in Belgien. Bei Nacht ziehende Vogelarten werden häufig von solchen hell erleuchteten Flächen angezogen und verlieren dadurch ihre Orientierung. Viele Tiere sterben durch Kollisionen mit den Lichtquellen. Andere Auswirkungen auf die Vögel sind noch kaum untersucht und könnten beispielsweise von der Lichtfarbe abhängen.

- Mitternachtssonne: Niels Rattenborg, Mihai Valcu und Bart Kempenaers (von links) erforschen das Verhalten von Graubruststrandläufern bei Barrow in Alaska. Wenn sich diese Vogelart fortpflanzt, herrscht Tageslicht rund um die Uhr. Die Tiere haben sich an die besonderen Lichtverhältnisse in der arktischen Tundra angepasst: Die aktivsten Männchen kommen in dieser Zeit mit sehr wenig Schlaf aus und zeugen die meisten Nachkommen.


Anmerkung der Schattenblick-Redaktion:
Dieser Text kann als PDF-Datei mit Abbildungen heruntergeladen werden unter:
http://www.mpg.de/6861617/W004_Umwelt-Klima_072-079.pdf

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Quelle:
MaxPlanckForschung - Das Wissenschaftmagazin
der Max-Planck-Gesellschaft, 4.2012, S. 72-79
Hrsg.: Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Februar 2013