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ORNITHOLOGIE/234: Geheimnisvolle Kampfläufer - Zug und Fortpflanzungsstrategien (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 5/2011

Zug und Fortpflanzungsstrategien: Geheimnisvolle Kampfläufer

Von Natalia Karlionova


Kampfläufer weisen nicht nur spektakuläre Unterschiede im Aussehen der Geschlechter auf. Auch die Überwinterungsgebiete, Zugzeiten und Zugwege variieren bei Männchen und Weibchen. Die Pripyat-Niederung in Weißrussland zählt zusammen mit Flächen im niederländischen Friesland und auf der Halbinsel Krim zu den drei großen Rastgebieten für ziehende Kampfläufer in Europa, wo seit mehreren Jahren Kampfläufer gefangen und beringt werden. Im Rahmen der Untersuchungen zum Zugverhalten dieser Watvogelart entdeckten Forscher neben den bisher bekannten Fortpflanzungsstrategien der Kampfläufermännchen noch eine dritte, deren Geheimnisse noch nicht geklärt sind.


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Kampfläufer brüten von Skandinavien bis Ostsibirien, meist nördlich des 60. Breitengrades, in (sub-)arktischer Tundra, feuchten Wiesen, Überschwemmungsflächen und Sümpfen. Die südlichsten Vorkommen lagen einst in Ungarn, Polen, der Ukraine und Russland. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verließen Kampfläufer jedoch große Teile ihres Verbreitungsgebietes in Westeuropa. Der Hauptbestand findet sich heute in Skandinavien und der eurasischen Tundra, in der etwa 95 % der Gesamtpopulation leben. Die europäische Brutpopulation wird mit 200000 bis 500000 angegeben. Dies entspricht einem Überwinterungsbestand von 500000 bis 1,3 Millionen Kampfläufern, wenn man berücksichtigt, dass 22,7 % der Vögel im Winter in ihrem ersten Lebensjahr sind und der Bestand zu 40 bis 50 Prozent aus Männchen besteht. Der eurasische Anteil liegt bei 2,3 bis 2,8 Millionen Kampfläufern. Die wichtigsten Winterquartiere liegen in Afrika und Indien, mit einigen Randgebieten in Westeuropa im Südwesten der Niederlande (1980er Jahre: 2100, 1990er Jahre: 3150 und 2000 bis 2008: 900 überwinternde Kampfläufer), im Mittelmeerbecken (wahrscheinlich über 6000), an den Küsten Arabiens und gelegentlich in den Feuchtgebieten Ostindiens. Während des Winters leben Kampfläufer sehr gesellig in offenen Feuchtgebieten mit Süß- oder Brackwasser, darunter Überschwemmungsflächen, Reisfelder, Gewässerufer, Flusstäler und Flachwasserzonen. Selbst kleine, nur zeitweise bestehende Tümpel locken Kampfläufer an.



Zugrouten und Rastgebiete

Während des Zuges nutzen Kampfläufer vorwiegend Binnenland-Feuchtgebiete, einschließlich extensiver landwirtschaftlicher Flächen mit hohem Grundwasserstand. Körperliche Anpassungen an Langstreckenflüge bezüglich der Fettreserven und des Fettstoffwechsels machen weite Wanderungen zwischen den tropischen Winterquartieren und den arktischen Brutgebieten möglich. In den Überwinterungsgebieten mischen sich Kampfläufer unterschiedlicher Herkunft. So finden sich beispielsweise im Sahel Vögel aus Europa und Sibirien ein, aus Gebieten zwischen 10. bis 160. Grad östlicher Länge. Die Kampfläufer aus dem Sahel trennen sich auf dem Zug: Vögel, die in Sibirien brüten, fliegen über Osteuropa, während die Zugroute über Westeuropa hauptsächlich nach Fennoskandien, die arktischen Brutgebiete im europäischen Teil Russlands und nach Westsibirien führt.

Bisher sind drei große Rastgebiete bekannt, in denen zwischen März und Mai über 10000 Kampfläufer vorkommen. In Westeuropa werden landwirtschaftliche Flächen der Provinz Fryslân in den Niederlanden genutzt, in Osteuropa finden sich Vögel in den Überschwemmungsflächen des Pripyat in Weißrussland und weiter östlich in landwirtschaftlichen Flächen auf der ukrainischen Halbinsel Krim.

Der Kampfläufer ist eine Watvogelart mit stark ausgeprägtem Sexualdimorphismus, wobei Männchen und Weibchen fast das gesamte Jahr über voneinander getrennt leben. Im Winter kommen die meisten Weibchen im Osten und Süden Afrikas vor, während viele Männchen in Europa und Westafrika bleiben. Die balzenden Männchen, bei denen zwei Farbvarianten vorkommen, sind etwa doppelt so groß wie die Weibchen und ziehen früher heim, um sich rechtzeitig günstige Plätze in den Balzarenen zu sichern. Sie beteiligen sich nicht an Brut und Jungenaufzucht und verlassen die Sommerlebensräume vor den Weibchen. Es wird angenommen, dass die weiblichen Kampfläufer die östlichen Routen auf dem Weg nach Norden bevorzugen sowie andere Rastflächen aufsuchen als die Männchen. Die Trennung der Geschlechter in den Überwinterungs- und Rastgebieten lässt vermuten, dass die Weibchen eine andere Strategie als die Männchen verfolgen und dass die Männchen andere Ansprüche an den Lebensraum stellen. Während der Rast tanken die größeren Männchen nicht nur ihre Energien auf, sie entwickeln auch ihr Schmuckfederkleid und Gesichtsmasken mit farbigen Warzen. Um zur gleichen Zeit Energie aufladen, mausern und ein Prachtkleid ausbilden zu können, benötigen die Männchen Lebensräume von sehr hoher Qualität.



Zugdynamik

Die ersten Männchen kommen im Süden Weißrusslands in der ersten Märzhälfte lange vor den Weibchen an, von denen die ersten Ende März eintreffen. Die Hauptzugzeit der Männchen liegt in der zweiten Pentade im April, die der Weibchen zwei Pentaden später. Die Dynamik des Frühjahrszuges zeichnet sich durch ein Hoch Ende April/Anfang Mai aus, wenn in unterschiedlichen Jahren zwischen 51 und 64 % der Kampfläufer auf dem Durchzug beobachtet werden können. Im Jahr 2010 wurden in der Nacht vom 24. April etwa 30000 Individuen im Pripyat-Gebiet gezählt!

In den Frühjahren 2001 bis 2010 stiegen die im Pripyat-Rastgebiet erfassten Kampfläuferzahlen von einem mittleren Wert von 2500 Vögeln (2001 bis 2006) auf einen mittleren Wert von 14500 in den Jahren 2007 bis 2010. Die Ansammlungen im Mai waren stabil, in den Jahren 2007 bis 2010 fanden sich hier jedoch wesentlich mehr Kampfläufer ein als in früheren Jahren. Im niederländischen Friesland fielen in denselben Jahren die Maximalzahlen rastender Kampfläufer um durchschnittlich 8 % pro Jahr, wobei die Zahlen während der Hochzeit zwischen dem 16. und 30. April stark abnahmen.

Dieses Ergebnis könnte ein Anzeichen dafür sein, dass Brutvögel aus ihren westlichen Brutgebieten abgewandert sind und ihre Zugrouten verschoben haben. Eine andere Erklärung wäre, dass die Qualität des Rastgebiets in Friesland als Hauptrastgebiet in Westeuropa schlechter geworden ist und die Brutvögel deshalb weitergezogen sind. Kampfläufer, die Zugrouten weiter östlich benutzen, brüten auch weiter östlich. Der Zuwachs von etwa 10000 Kampfläufern im Pripyat-Rastgebiet seit 2007 könnte eine Umverteilung anzeigen, indem Kampfläufer aus dem Sahel anstatt über die westliche Zugroute nun über den Ostweg ziehen und daher im April im Priyat-Gebiet eintreffen. Es könnte aber auch sein, dass hierdurch eine zeitliche Veränderung im Zuggeschehen in Kombination mit raschem Bestandsanstieg aufgrund verbesserter, dichteabhängiger Überlebensraten in den Überwinterungsflächen widergespiegelt wird, da die westeuropäische Population nun kleiner ist.

Seit dem Jahr 2008 wurden fünf in Westeuropa beringte Kampfläufer im Pripyat-Gebiet wiedergefangen. Solche Wiederfänge sind aus früheren Jahren nicht bekannt. Drei der Vögel waren in Friesland beringt worden (5. April 2003, 6. April 2006, 24. April 2006), zwei wurden in Schweden beringt (31. August 2003, 17. Mai 2007).



Kampfläufer in der Turau-Niederung

Der Frühjahrszug der Kampfläufer wurde in den Überschwemmungsflächen des Pripyat in der Nähe der Stadt Turau untersucht. Hier liegt ein wichtiger Rastplatz für Zugvögel; zur Hauptzugzeit konnten in diesem Gebiet 10000 bis 30000 rastende Kampfläufer beobachtet werden. Charakteristisch für die Flächen sind hohe Schwankungen des Wasserstandes in unterschiedlichen Jahren und zu unterschiedlichen Zeiten. Dennoch stehen jedes Jahr zur Zeit des Frühjahrshochwassers dieselben Inseln für ziehende und brütende Watvögel zur Verfügung. Die Inseln werden später im Jahr als Viehweide genutzt.

Seit dem Jahr 2001 wurden auf einer kleinen Insel mit einer Größe von etwa 2 km2 in den Überschwemmungswiesen täglich Kampfläufer gefangen, hauptsächlich in Fangreusen und gelegentlich auch mit Japannetzen. Jeder Vogel wurde mit einem Metallring beringt, gewogen, das Alter sowie das Geschlecht festgestellt. Fliegende und Nahrung suchende Vögel wurden entlang einer festgelegten Route gezählt und aufsummiert. Da es sich um Rastflächen handelt, sind hier während des Tages jedoch weniger als 10 % der Gesamtzahl an Kampfläufern auf Nahrungssuche. In allen Jahren außer 2001 (nur sieben Zählungen) wurde zweimal wöchentlich gezählt, häufig auch öfter (18 bis 75 Zählungen zwischen März und Mai). Da die Rastdauer länger als zehn Tage betrug, konnte immer auch die Hauptzugzeit ermittelt werden.

Bei der Bestimmung des Alters der gefangenen Vögel wurden das Vorhandensein oder Nicht-Vorhandensein von Jugendgefiedermerkmalen sowie andere Kriterien wie Farbe der Beine und Umfang der Federabnutzung zur Hilfe genommen. Dabei wurden zwei Altersklassen unterschieden: Vögel im 2. Jahr (also geschlüpft im Vorjahr) und Altvögel (drei oder mehr Jahre alt). Maße wie Gesamtlänge des Kopfes, Schnabellänge, Länge des Tarsus und Flügellänge gingen in die Untersuchungen ein. Die Geschlechtsbestimmung der Individuen wurde anhand des Brutkleides durchgeführt. Im Jahr 2004 wurden von insgesamt 127 adulten Männchen und 105 adulten Weibchen aus der Flügelvene Blutproben genommen und zur Analyse aufbewahrt. Das Geschlecht von Vögeln mit Weibchengefieder und einer Flügellänge zwischen 170 und 180 mm wurde an der Universität Groningen molekular bestimmt.

Während ihres Aufenthaltes im mittleren Pripyat-Tal legen die Kampfläufer Energiereserven an. Das Körpergewicht steigt in zwei Phasen während des Frühjahres, in der ersten etwas langsamer und in der zweiten Phase schneller. Erwachsene Männchen steigerten ihr Gewicht in der ersten Phase um durchschnittlich 1,1 g pro Tag, in der zweiten um 2,4 g täglich. Junge Männchen legten zunächst 0,39 g und später 1,7 g pro Tag zu. Erwachsene Weibchen nahmen durchschnittlich um 0,56 g in der frühen Phase und in der späten 1,22 g pro Tag zu. Bei jungen Weibchen konnte keine signifikante Gewichtszunahme festgestellt werden. Zu allen Jahreszeiten hing die Rate der Gewichtszunahme vom Wasserstand ab. Optimale Bedingungen herrschten zur Zeit des mittleren Hochwassers, zu der die Nahrungsgründe flächenmäßig am größten waren. Männchen und Weibchen unterschieden sich deutlich in der mittleren Gewichtszunahme innerhalb eines Frühjahres sowie in unterschiedlichen Jahren, was sich wahrscheinlich auf Unterschiede in der Nahrungszusammensetzung und Suchtechnik zwischen den Geschlechtern zurückführen lässt. Die größeren Männchen mit längeren Beinen können ihre Nahrung in tieferem Wasser suchen als die Weibchen. Gemäß geschätzten Flugstrecken konnten beide Geschlechter zumindest die westlichsten Brutgebiete in Sibirien im Nonstop-Flug erreichen. Das Pripyat-Tal ist höchstwahrscheinlich der letzte große Halt vor dem langen Flug in die Brutgebiete.



Ein Weibchen, das ein Männchen ist

Für Verhaltens-, Populations- und Evolutionsbiologen stellen Kampfläufermännchen mit ihren verschiedenen, genetisch bedingten Ausbildungen des Paarungsverhaltens eine besondere Herausforderung dar. Bis vor Kurzem waren zwei Typen von Männchen in Kampfläuferbeständen bekannt: dunkel gefärbte, territoriale Männchen, die sogenannte "clustered mating courts" gegen andere "Bewohner" verteidigen (85 %), sowie heller gefärbte Männchen, die kein Revier verteidigen (15 %). Die letzteren, sogenannten Satellitenmännchen werden jedoch von den dominierenden Männchen in der Balzarena rekrutiert, wo die beiden Formen dann eine zeitlich begrenzte, lockere Verbindung eingehen. Beide Typen können sich mit Weibchen paaren, die die Balzarena besuchen, wobei die Doppelbesetzung zu einem relativ höheren Fortpflanzungserfolg der beteiligten Individuen zu führen scheint. Diese These beruht bisher jedoch nur auf Beobachtungen im Feld und bedarf experimenteller Bestätigung. Während der gesamten Lebensdauer wechseln die Männchen weder ihren Gefiedertyp noch ihr Verhalten.

Erst kürzlich machten Wissenschaftler eine sensationelle Entdeckung, die sogenannte "Faeder". Hierbei handelt es sich um einen rätselhaften Erscheinungstyp unter den Männchen, der dieselben charakteristischen Merkmale in Federkleid und Körperbau wie ein Weibchen trägt. Diese kleineren, nicht balzenden Kampfläufermännchen weisen ein weibchenähnliches Brutkleid auf und wurden erstmals in der niederländischen Rastpopulation bestimmt, wo sie den Namen "Faeder" erhielten (aus dem Angelsächsischen für "Vater"). Nach der Mauser tragen Faeders ein Federkleid mit gestreiften Federn wie Männchen vor der Balz, Faeders wachsen danach jedoch keine Schmuckfedern wie ihren männlichen Artgenossen. Es wird angenommen, dass so das Originalbrutkleid der Männchen ausgesehen haben könnte, bevor sich die verschiedenen Typen ausbildeten. Faeders weisen eine andere Körperhaltung auf als Weibchen und können nur daran optisch von ihnen unterschieden werden. Ihr Lebensraum sowie der Jahresrhythmus folgen dem der Weibchen. Ein deutliches Merkmal zur Erkennung von Faeders ist jedoch die Flügellänge, die zwischen der von balzenden Männchen und der von Weibchen liegt.

In den zehn Jahren Laufzeit dieser Studie wurden 6157 Kampfläufer beringt (3651 Männchen im Prachtkleid, 2468 Weibchen und 38 Faeders). Abhängig von der Jahreszeit gab es starke Unterschiede im Geschlechterverhältnis. Im März waren alle gefangenen Vögel Männchen, erst zu Beginn des Mai veränderte sich das Geschlechterverhältnis und lag bei 1:1. Faeders wurden nach dem 3. April gefangen, wenn auch die ersten Weibchen eintrafen. Ein Vergleich zwischen erwachsenen Tieren und Vögeln im zweiten Kalenderjahr (Faeders ausgenommen) ergab keine bedeutenden Unterschiede bei den biometrischen Daten, außer in der Flügelspanne.

Im Gegensatz dazu gab es keine Überschneidung der Flügellänge von Weibchen und Männchen im Brutkleid. Die Flügellänge der Faeders überschnitt sich nicht mit der balzender Männchen und Weibchen. Andere Maße der Faeders überschnitten sich mehr mit denen von Weibchen (z. B. Tarsus) oder lagen in der Mitte des Überschneidungsbereiches zwischen normalen (balzenden) Männchen und Weibchen (Kopf- und Schnabellänge). Unter den Vögeln, deren Geschlecht molekular (DNA) bestimmt wurde, betrug die größte Flügellänge bei Weibchen 170 mm, die kürzeste bei Männchen 183 mm. Für drei weibchenfarbene Kampfläufer ergab die DNA Analyse, dass es sich tatsächlich um männliche Vögel handelte. Ein Vogel mit Weibchengefieder und einer Flügellänge von 178 mm wurde zur genauen Bestimmung seziert. Der Vogel besaß normal große Testikel, die mit denen von in den Niederlanden gefangenen Faeders vergleichbar waren. Dementsprechend wurden alle weibchenfarbenen Vögel mit einer Flügellänge zwischen 172 mm und 179 mm als Faeder eingestuft. Dieses Kriterium stimmte mit den Daten aus den Niederlanden überein. Dort betrug der kürzeste Flügel eines molekular als Faeder bestimmten Vogels 171 mm. Die größte Flügellänge von Weibchen lag dagegen bei 165 mm.



Strategie der Faeders

Diese den Weibchen ähnlich sehenden Männchen sind von geheimnisvollem Wesen. Möglicherweise repräsentieren diese Faeders eine dritte Strategie der Männchen (neben den dominanten Männchen und Satellitenmännchen), die vielleicht sogar Brutpflegeaufgaben einschließen könnte. Diese Variante unter den Kampfläufermännchen ist mit weniger als 1 % sehr selten. Es könnte sein, dass diese Männchen in früheren Studien versehentlich als Weibchen erfasst wurden, hierdurch ließe sich auch die gelegentliche Erwähnung von Überschneidungen der Flügellängen bei Männchen und Weibchen erklären. Abgesehen von molekularbiologischen Untersuchungen scheint das Messen der Flügellänge die beste Methode zur Unterscheidung der Faeders von Weibchen zu sein. Die in der vorliegenden Studie erfassten Grenzwerte zwischen Faeders und Weibchen ähneln denen aus den Niederlanden, wobei in der niederländischen Untersuchung die Spanne zwischen der Flügellänge des größten Weibchens und des kleinsten Faeders 6 mm betrug, während diese Spanne bei den weißrussischen Proben nur bei 2 mm lag. Die Anzahl der in den Niederlanden gefangenen Faeders ist sehr klein (bisher 22 Individuen), zur Untermauerung dieses Kriteriums sind mehr Daten nötig. Die Häufigkeit von Faeders unter den im Frühjahr durch Weißrussland ziehenden Kampfläufern weist jährliche Unterschiede auf (zwischen 0,2 und 0,9 %, im Mittel 0,65 %). Die Häufigkeit in den Niederlanden lag in den Jahren 2001 bis 2005 bei 0,7 bis 1,3 % (im Mittel 1,04 %; 47 Faeders unter 3888 Kampfläufern).

Es wird angenommen, dass Faeders eine von vier Paarungsstrategien verfolgen: 1. Nachahmung von Weibchen, 2. Funktion durch altes Erbe, wobei auch Brutpflege eingeschlossen sein könnte, 3. Kooperation eines scheinbaren Satellitenmännchens und 4. heimliches Erschleichen von Paarungsmöglichkeiten.

Damit die Imitation von Weibchen wirksam ist, müssen Faeders sich so unauffällig und weibchenähnlich wie möglich verhalten und dürfen nicht für normale Männchen gehalten werden. Welche Strategie genau Faeders verfolgen, ist noch unklar; verschiedene entwicklungsgeschichtliche Szenarien werden derzeit diskutiert.


Dr. Natalia Karlionova arbeitet als Biologin am Institut für Zoologie der weißrussischen Akademie der Wissenschaften und beschäftigt sie sich mit der Erforschung der Zugmuster bei Watvögeln.

Eine ausführliche Literaturliste befindet sich unter
www.falke-journal.de


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Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 5/2011
58. Jahrgang, Mai 2011, S. 172-179
mit freundlicher Genehmigung des AULA-Verlags
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juni 2011