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ORNITHOLOGIE/185: Saatkrähen - Fabelhaftes Verhalten (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 1/2010

Ornithologie aktuell

Saatkrähen: Fabelhaftes Verhalten


In der Fabel des griechischen Dichters Äsop wurde bereits vor mehr als zweieinhalb Jahrtausenden eine Krähe beschrieben, die so lange Steine in einen Krug wirft, bis sie das eingefüllte Wasser erreichen kann. Was in dem Werk "Die Krähe und der Krug" beschrieben ist, konnten britische Forscher nun erstmals experimentell nachweisen, indem sie vier Saatkrähen zunächst Plastikröhren präsentierten, die mit Wasser in verschiedenen Höhen gefüllt waren und in denen ein Mehlwurm schwamm. Mit dem Schnabel konnten die Vögel die Beute nicht erreichen, weil der Wasserstand zu niedrig war. Dann erhielten sie Steine verschiedener Größe, die sie sofort in das Gefäß warfen, sodass der Wasserspiegel anstieg und sie an die im Wasser schwimmende Beute gelangen konnten. Nach wenigen Versuchen lernten sie zudem, dass sie mit größeren Steinen schneller zum Ziel kommen. Im Kontrollversuch war die Röhre statt mit Wasser mit Sägemehl gefüllt. Die Saatkrähen inspizierten diese zwar, warfen jedoch nach wenigen Fehlversuchen Steine nur noch in den Behälter mit Wasser. In der freien Natur war Werkzeuggebrauch bei Saatkrähen bislang nicht dokumentiert - im Gegensatz zu den in Neukaledonien vorkommenden Geradschnabelkrähen (Corvus moneduloides). Möglicherweise liegt dies daran, dass Saatkrähen als Allesfresser nicht nur in der Kulturlandschaft stets einen reich gedeckten Tisch vorfinden, an dem sie sich meist ohne größeren Aufwand bedienen können. Bislang hat man ein derart offensichtlich zielgerichtetes Anheben des Wasserstandes im Tierreich nur bei Orang-Utans beobachtet. (wir)

C. Bird, Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2009.07.033.


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Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 1/2010
57. Jahrgang, Januar 2010, S. 2-3
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Januar 2010