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ORNITHOLOGIE/116: Archaeopteryx hörte wie ein Emu (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 3/2009

Ornithologie aktuell

Archaeopteryx hörte wie ein Emu


Archaeopteryx lithographica, der älteste bekannte Urvogel, konnte es, was sein Hörvermögen angeht, durchaus mit seinen heute lebenden Nachfahren aufnehmen. Dies ergab eine vergleichende Untersuchung mit Hilfe von Computertomographien des Innenohres von Reptilien und Vögeln. Demzufolge zeichnete sich der Urvogel zwar nicht gerade durch ein "Spitzengehör" unter den Vögeln aus, braucht aber den Vergleich mit anderen Arten dennoch nicht zu scheuen. Der etwa elsterngroße Archaeopteryx hatte ein ähnliches Gehör wie die Emus: Er hörte am besten Frequenzen im Bereich von etwa 2000 Hertz.

Wissenschaftler hatten Computertomographien des Innenohrs von 59 heute noch lebenden Reptilien- und Vogelarten analysiert und daraus ein Modell entwickelt, mit dem sich Rückschlüsse auf das Hörvermögen ziehen lassen. Dieses Modell übertrugen sie dann auf ausgestorbene Arten wie Archaeopteryx. 95 Tierschädel vom Krokodil über Eidechsen und Schildkröten bis hin zu Eulen, Tauben und Emus wurden in einem dreidimensional mit hoher Auflösung arbeitenden Computertomographen untersucht. Aus den Bildern konnte man die Länge des Schneckenganges bestimmen, jenem knöchernen Teil des Innenohrs, der das eigentliche Hörorgan mit den feinen Haarzellen beherbergt, die mechanische Schwingungen in Nervensignale umwandeln. Zwischen der Länge des Schneckenganges im Ohr und dem Frequenzbereich, in dem das Gehör eines Tieres am empfindlichsten ist, besteht ein linearer Zusammenhang. Übertragen auf den mehr als 140 Millionen Jahre alten Archaeopteryx und dessen Hörapparat zeigte sich, dass dieser Frequenzen zwischen 600 und 3400 Hertz hörte, wobei das Maximum des Hörvermögens bei etwa 2000 Hertz lag. Damit hörte Archaeopteryx ähnlich gut wie der Emu, der unter den heutigen Vögeln zu den weniger sensiblen zählt. Ein gutes Menschenohr nimmt immerhin Frequenzen im Bereich von zwanzig bis 20000 Hertz wahr. (wir)

S. Walsh u. a., Proc. Royal Soc. B.
Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1098/rspb.2008.1390, www.nhm.ac.uk


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Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 3/2009
56. Jahrgang, März 2009, S. 84
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. März 2009