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MELDUNG/165: Biodiversitätsforschung ganz oben - Fragen an die Blätter in den Baumkronen (idw)


Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg - 05.07.2012

Biodiversitätsforschung ganz oben: Fragen an die Blätter in den Baumkronen



Spektakuläre Aktion im Dienst der Forschung: Ein Team von rund 20 professionellen Baumkletterern wird zwei Wochen lang im Nationalpark Hainich in Thüringen insgesamt 308 Bäume besteigen. Vom 9. bis zum 20. Juli 2012 holen die Kletterer auf den dortigen Versuchsflächen Blätter aus den Baumkronen. Dahinter verbirgt sich das Projekt "FunDivEUROPE - Functional Significance of Forest Biodiversity in Europe". Es handelt sich um ein Europäisches Verbundprojekt, an dem die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) gemeinsam mit 23 Partnern aus 17 Ländern beteiligt ist.

Koordinator des Verbundprojekts, dessen Laufzeit noch bis zum 30. September 2014 reicht, ist die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die Effekte von Biodiversität auf die Funktionen und Dienste europäischer Waldtypen zu beziffern. "Konkret geht es darum, wie Artenvielfalt genutzt werden kann, um solche Leistungen wie Holzproduktion, Kohlenstoffspeicherung und Sicherung der Wasserqualität zu fördern", sagt der hallesche Botaniker und Projektleiter Prof. Dr. Helge Bruelheide.

Des Weiteren wollen die Wissenschaftler beurteilen, ob und wie sich dieser Einfluss der Biodiversität unter den Bedingungen des Klimawandels ändert. Dafür werden Monokulturen im Vergleich mit artenreichen Beständen betrachtet. Im Rahmen von FunDivEUROPE wurden in sechs Ländern Europas Versuchsflächen in Wäldern eingerichtet. Der Nationalpark Hainich wurde ausgewählt, weil es dort die an Baumarten reichsten Wälder in Deutschland gibt. "Hier hat die Martin-Luther-Universität seit 2011 insgesamt 38 Versuchsflächen angelegt, die vom internationalen FunDivEUROPE-Team in Hinblick auf zahlreiche Ökosystemfunktionen untersucht werden", beschreibt Bruelheide die Arbeit.

Der Nationalpark Hainich ist als größtes zusammenhängendes Laubwaldgebiet Deutschlands berühmt für seine naturnahen Buchenwälder und den Baumkronenpfad als Besucherattraktion. Für die Fragestellungen dieses Projekts müssen Baumkletterer für die Forscher hinauf in die Baumkronen, in Bereiche, in denen Biodiversität und Ökosystem-Prozesse bislang sehr wenig untersucht sind, obwohl dort der größte Anteil der Produktion dieses Ökosystems durch Photosynthese stattfindet.

Mithilfe dieser Blätter gewinnen die Forschergruppen wichtige Daten für ihre Untersuchungsfragen. Konkret sollen bestimmt werden: die Photosyntheseleistung des entsprechenden Baumes, der Stickstoffgehalt in den Blättern, die Effektivität der Wassernutzung durch den Baum sowie der Befall der Blätter durch Schadinsekten und Pathogene. Eine weitere Forschungsfrage: Hat es Einfluss auf diese Daten, wenn dieser Baum ausschließlich in Nachbarschaft zu Individuen der eigenen Art wächst oder in Mischung mit zwei, drei oder mehreren Arten?

"Viele Antworten darauf liegen in einer Handvoll Blätter, die es zu erreichen gilt", sagt Bruelheide. Die Entnahme der Blätter muss in einem zeitlich recht engen Zeitraum von zwei Wochen erfolgen. Nur so kann sichergestellt werden, dass alle Blätter etwa das gleiche Alter haben und eine vergleichbare Witterung erfahren haben.

Neben den zu erwartenden Resultaten für die Grundlagen-Forschung sollen die Ergebnisse aus FunDivEUROPE Waldbesitzern und Forstverbänden helfen, ihre Managementstrategien an die potentiellen Vorteile artenreicherer Wälder anzupassen.

Außer Mitarbeitern der Universitäten Halle-Wittenberg und Freiburg werden folgende Forscher vor Ort sein:
Damien Bonal und Charlotte Grossiord aus Nancy, Nationales Institut für Agrarwissenschaften (INRA), Frankreich
Virginie Guyot aus Bordeaux, INRA, Frankreich
Diem Nguyen aus Uppsala, Schwedische Universität für Agrarwissenschaften
Vera Holland, Goethe-Universität Frankfurt

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution167

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Dipl.-Journ. Carsten Heckmann, 05.07.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2012