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BERICHT/052: Rundgang am Winterhimmel (SuW)


Sterne und Weltraum 1/10 - Januar 2010
Zeitschrift für Astronomie

Rundgang am Winterhimmel

Von Klaus-Peter Schröder


Der prächtige Winterhimmel belohnt denjenigen, der der klirrenden Kälte trotzt, mit einer Parade prächtiger offener Sternhaufen und einigem mehr. Viele Objekte des Winterhimmels sind schon mit einem Feldstecher oder kleinen Teleskop schön anzusehen. Ziehen Sie sich also recht warm an, und folgen Sie uns bei diesem winterlichen Rundgang.


Beginnen wir unsere Beobachtungsnacht mit zwei echten Knüllern für den Feldstecher: Etwas westlich des Zenits steht jetzt, zwischen den Sternbildern der Kassiopeia und des Perseus gelegen, der bekannte Doppelsternhaufen h und χ. Jeder der beiden Haufen erreicht die scheinbare Größe des Vollmonds und ist etwa 4 mag hell. Dieses einmalige Sternhaufenpaar ist daher selbst unter einem hellen Himmel prächtig anzusehen. Bereits ein kleiner Refraktor mit einer Vergrößerung von etwa 25-fach offenbart die ganze Sternenfülle.

Am abendlichen Winterhimmel kulminieren auch die bekannten Plejaden, schön hoch über dem Südhorizont stehend. Ihre hellsten Sterne können Sie schon mit dem bloßen Auge erkennen, und bereits ein einfacher Feldstecher zeigt viele mehr. Um auch die zarten Schleier der Plejadennebel sichten zu können, benötigen Sie allerdings einen wirklich dunklen Himmel, mindestens einen Großfeldstecher, und zudem eine sehr saubere Optik.


Viel los im Fuhrmann, Stier und Orion

Als nächstes bietet sich uns die Dreierkette der offenen Sternhaufen im Fuhrmann an: M 38, M 36 und M 37 (von West nach Ost). Mit scheinbaren Größen von 12 bis 24 Bogenminuten und ähnlicher Gesamthelligkeit um 6 mag, liegt ihr Reiz im unterschiedlichen Erscheinungsbild im Fernrohr: Während für die reichen beziehungsweise sehr reichen Haufen M 38 und M 37 schon ein Teleskop zum Auflösen der zahllosen Einzelsterne benötigt wird, wird der lockere Sternhaufen M 36 durch eine Handvoll heller Sterne dominiert. Sie sind bereits im Feldstecher recht deutlich zu sehen. Ein Schwenk von knapp zehn Grad nach Südsüdost zum größeren (knapp ein halbes Grad) und helleren (5,1 mag) M 35 in den Zwillingen rundet diesen schönen Sternhaufenvergleich ab. Ein größeres Teleskop zeigt auch den fernen, und daher schwachen optischen Begleiter von M 35, NGC 2158 (8,6 mag, fünf Bogenminuten), als nebliges Fleckchen (siehe Bild oben).

Nach so vielen offenen Sternhaufen haben wir uns jetzt aber etwas Abwechslung verdient. Natürlich kommt da der prächtige Orionnebel gerade recht! In einer dunklen Nacht zeigt schon ein Feldstecher, dass sich die weit nach Süden ausgreifenden Arme fast wieder treffen und diese Nebelregion wie eine Blase umklammern (siehe Feldstecherkasten rechts). Ein Teleskop enthüllt bizarre Strukturen in jeder Vergrößerung, bis hin zum eckigen, hellen Zentralgebiet um das Sterntrapez. Hier kommt auch der Stadtbeobachter zu seinem visuellen Genuss, denn die kontrastreiche Kernregion des Orionnebels verträgt sowohl eine höhere Vergrößerung als auch einige Himmelsaufhellung.


Zum Einhorn und darunter

Bis Mitternacht durchlaufen auch die unscheinbaren Sternbilder Monoceros und Puppis (Einhorn und Achterdeck des Schiffs, rund 20 Grad nördlich beziehungsweise östlich von Sirius) ihre Kulmination. Hier verläuft die südliche Wintermilchstraße mit weiteren eindrucksvollen Objekten für den Feldstecher oder ein kleines Teleskop: Etwa zwei Grad östlich von ε Mocerotis finden wir den etwa zwölf Bogenminuten großen offenen Sternhaufen NGC 2237, der von sechs hellen Sternen zwischen 6 und 8 mag dominiert wird.

Schwenken wir nun nach Süden zum gleißend hellen Sirius, dessen Umgebung von offenen Sternhaufen nur so wimmelt: Nur vier Grad südlich, und daher leicht zu übersehen, steht der wirklich prächtige offene Sternhaufen M 41 (38 Bogenminuten groß, 4,5 mag hell). Auf der Verbindungslinie Sirius-Prokyon liegt M 50 (15 Bogenminuten, 5,9 mag), und knapp 14 Grad östlich von Sirius finden Sie das auffällig ungleiche Haufenpaar von M 46 (27 Bogenminuten, 6,1 mag) und M 47 (30 Bogenminuten, 4,4 mag). Während es eines Teleskops bedarf, den »Sternenmatsch« von M 46 aufzulösen, besteht M 47 aus einigen sehr hellen Sternen, die sich bereits in einem Feldstecher in einzelne Lichtpunkte trennen lassen.


Nur die Kälte setzt ein Ende!

Dem ambitionierten Teleskopbeobachter bietet sich noch eine reiche Auswahl unzähliger weiterer interessanter Objekte. Sie sehen sich diese am besten mit etwas höheren Vergrößerungen von etwa 50- bis 150-fach an. Wir wollen hier nur den kleinen Planetarischen Nebel M 76 in der Westspitze des Perseus, die Galaxie in Kantenstellung (englisch: edge-on) NGC 891 im östlichen Zipfel der Andromeda, den Supernova-Überrest M 1 (Krebsnebel) am Ostrand des Stiers, den Reflexionsnebel M 78 im Orion (siehe Bild oben), und den kleinen, mit -24,5 Grad Deklination sehr weit südlich stehenden Kugelsternhaufen M 79 im Hasen nennen. Die Beobachtungsliste des Winterhimmels ließe sich noch beliebig fortsetzen - nur die Kälte setzt der Beobachtung irgendwann ein Ende! Beenden wir unseren Rundgang aber nicht, ohne nicht wenigstens mit dem Feldstecher noch einen Blick auf die bereits im Südosten hoch stehende Praesepe geworfen zu haben.


Der Orionnebel

Der Orionnebel M 42 und M 43 erscheint dem bloßen Auge als Sternchen im Schwert des Orion. Aber schon der kleinste Feldstecher offenbart den Nebel im Umfeld des Sterns Θ Orionis. Mit einer Helligkeit von 4 mag ist M 42 zusammen mit seinem nördlichen Anhängsel M 43, der hellste galaktische Nebel am nördlichen Sternenhimmel. Die unter einem dunklen Himmel visuell erfassbare Ausdehnung erreicht 45 x 30 Bogenminuten. Aus dem hellen, rund fünf Bogenminuten großen Zentrum entspringt zu jeder Seite ein nebliger Arm. Zusammen bilden sie einen nach Süden geöffneten großen Bogen. Er sieht aus, als ob er den oberen Bereich einer nebligen Blase bildet.

Bereits ein fest aufgestellter 10 x 50-Feldstecher löst den zentralen Mehrfachstern Θ Ori in mehrere Komponenten auf - das »Trapez« ist ein im Zentrum des Orionnebels geborener, sehr junger Sternhaufen, von dem uns viele Mitglieder noch in den Dunkelwolken des Nebels verborgen bleiben.

Klaus-Peter Schröder


WIS - "Wissenschaft in die Schulen"

Damit Schüler aktiv mit den Inhalten dieses Beitrags arbeiten können, stehen auf unserer Internetseite www.wissenschaft-schulen.de didaktische Materialien zur freien Verfügung. Darin wird die Lage und Größe unseres Sonnensystems im Vergleich zur Milchstraße gezeigt. Unser Projekt »Wissenschaft in die Schulen!« führen wir in Zusammenarbeit mit der Landesakademie für Lehrerfortbildung in Bad Wildbad und dem Haus der Astronomie in Heidelberg durch.


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Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Der offene Sternhaufen M 35 Sternbild Zwillinge erstreckt sich über rund ein halbes Grad am Himmel. Rechts unten ist der offene Haufen NGC8 zu sehen. Peter Wienerroither lichtete diese beiden Sternansammlungen mit seinem Vier-Zoll-Refraktor von Takahashi und einer CCD-Kamera vom Typ Starlight SXV-H9 ab.

- Bernd Hubl richtete seinen Vier-Zoll-Refraktor von Televue auf den Reflexionsnebel M 78 im Sternbild Orion. In dieser Himmelsregion bilden sich zahlreiche neue Sterne, deren Licht die Gas- und Staubwolken in dieser Region beleuchtet.

- Der wohl bekannteste Gas- und Staubnebel am nördlichen Sternhimmel ist der große Orionnebel. Bernd Hubl nutzte für diese Aufnahme ein Sechs-Zoll-Newton-Teleskop.


© 2010 Klaus-Peter Schröder, Spektrum der Wissenschaft
Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg


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Quelle:
Sterne und Weltraum 1/10 - Januar 2010, Seite 62 - 63
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Dr. Jakob Staude
Redaktion Sterne und Weltraum:
Max-Planck-Institut für Astronomie
Königstuhl 17, 69117 Heidelberg
Telefon: 06221/52 80, Fax: 06221/52 82 46
Verlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
Slevogtstraße 3-5, 69126 Heidelberg
Tel.: 06221/912 66 00, Fax: 06221/912 67 51
Internet: www.astronomie-heute.de

Sterne und Weltraum erscheint monatlich (12 Hefte pro Jahr).
Das Einzelheft kostet 7,90 Euro, das Abonnement 85,20 Euro pro Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Februar 2010