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HINTERGRUND/197: Die TU Big Band feiert sich und erinnert an ihre Gründung vor 45 Jahren (TU Dresden)


Dresdner UniversitätsJournal Nr. 19 vom 26. November 2013

Wiedersehen mit Freu(n)den
Die TU Big Band feiert sich und erinnert an ihre Gründung als TU Blasorchester vor 45 Jahren

Von Michael Ernst



Die Gründungsmitglieder sind allesamt waschechte 68er. Ihr historischer Hintergrund mag von Fall zu Fall ein anderer gewesen sein als der von aufmüpfigen Revolutionsbarden, ihre Vision von einer besseren Welt sowieso - aber im Jahr 1968 traten sie miteinander an, um Notenköpfe in Mosaiksteinchen zu formen und so klangvolle Bilder zu basteln, die allen Beteiligten Spaß machen sollten, ohne den Verwaltern der Diktatur die Laune zu verderben. Die klingende Quadratur des vorgefertigten Kreises gelang überraschend vielgestaltig.

Mit Posaunen und Trompeten für eine bessere Welt aufspielen, wer wäre da nicht gerne dabei? An der TU war das mit der Gründung des einstigen Blasorchesters möglich, das seit 1990 als TU Big Band e.V. geführt wird. Mit dem Namen hat sich auch das Repertoire gewandelt, kaum aber die Spielfreude, mit der Studenten aller Fachrichtungen und Semester sich selbst und das Publikum immer wieder begeistern. Wer Fertigkeiten und Interesse mitbringt, kann sich auch heute bei einer der Mittwochsproben im Tusculum einfinden.

Lag in den Anfangsjahren der musikalische Schwerpunkt bekenntnishaft mehr bei Marschmusik mit gelegentlichen Ausflügen zu Polka und staatstragenden Hymnen, so ist das Spektrum heute auf die breite Unterhaltung orientiert. Wobei im Rückblick (aber eben nur da!) einstige Titel wie "Moskau im Mai" oder "Marsch der Klassenbrüder" ja auch ihren Unterhaltungswert haben. Ob man die heute aber noch hören mag?

Beizeiten sorgte das Engagement einzelner Mitglieder und Leiter der Kapelle freilich für eine Ausweitung der Literatur, mischten sich tanzbare Titel in die Aufmarschklänge - quasi als Gegenleistung zur großzügigen Förderung durch die staatliche Jugendorganisation FDJ gehörte das Blasorchester bei jedem 1. Mai mit dazu und wurde auf Reisen in die Sowjetunion sowie in andere "Bruderländer" geschickt -, waren peu à peu Dixieland-Standards, Ragtime und irgendwann sogar die Beatles zu hören. Mangels Noten wurde sowas hübsch selbst arrangiert. Unter anderem dank Hans Hombsch, der hauptberuflich als Posaunist an der Staatskapelle tätig war, dürfte das Studentenorchester schon in jüngeren Jahren recht flott geklungen haben. Mit den künstlerischen Leitern Heinz Krause (bis 1979) und Helmut Vietze wurden mal ein Staatspreis für künstlerisches Volksschaffen, mal Rundfunkaufnahmen zum 15-jährigen Bestehen geerntet.

Wie bei den anderen TUD-Ensembles auch (Universitätsorchester, Universitätschor etc.), war der gesellschaftliche Wandel für das als Volkskunstkollektiv beim Zentralen Studentenklub (ZSK) angesiedelte Blasorchester ein Wendepunkt. Musik jedoch hatte und hat eine derart verbindende Kraft, dass der Bestand der Big Band von nichts in Frage zu stellen war. Zumal nun ganz ohne Vorgaben und Reglementierungen musiziert werden durfte. Fortan standen Jazz und Swing bis hin zu Funk und Salsa im Vordergrund, wurde mit Duke Ellington, Glenn Miller und Frank Sinatra aufgespielt, dass der Sound nur so blitzte.

Unter Leuten wie Heinz Holek, der einst zu den legendären Dresdner Tanzsinfonikern gehörte, und Martin Konitzer konnte sich die nun vom Studentenwerk unterstützte und mit Vereinsbeiträgen finanzierte TU Big Band neu finden und bis heute behaupten. Seit 2005 wird die Band von Bertram Liskowsky geführt, der sich am Pult auch auf Kollegen wie Martin Röll, Carsten Hauptmann und aktuell auf den Trompeter Sebastian Haas stützen kann. Mit dem geweiteten Repertoire führen die Reisen heute quer durchs Land sowie auch mal zu einer Partnerstadt wie Rotterdam, beinhalten Konzerte ebenso wie Workshops und lautstarke Probenwochenenden, in denen das personell recht häufig wechselnde Orchester sein Profil schärfen und die Qualität pflegen kann. Da schon immer sowohl Blech- als auch Holzbläser und Schlagzeuger zur Band zählen, können Bälle und Tanzabende ebenso bestritten werden wie reine Konzertprogramme im Namen des Jazz. Bei Lust und Laune reicht dieser Ansatz aber bis hin zu südamerikanischem Flair. Insgesamt seien aktuell rund drei Stunden Musik abrufbar, für ein Laienensemble enorm.

Überzeugen kann man sich von den Leistungen der TU Big Band, deren Verein derzeit etwa sechzig Mitglieder angehören, Ende November beim Jubiläumskonzert zum 45-jährigen Bestehen. Im Festsaal 136 im Hörsaalgebäude am Weberplatz spielt die Unikapelle auf und lässt auch wieder ehemalige Mitglieder und Dirigenten mit von der Partie sein. Bereits vor fünf Jahren ging dort die Post ab, als die ersten vier Jahrzehnte würdig gefeiert wurden. Nach dem öffentlichen Konzert gibt es eine Party nebst Jam-Session nur für die einstigen und heutigen Mitglieder.

Von nun an wächst mit jedem weiteren Auftritt die mutmaßliche Vorfreude aufs halbe Jahrhundert. Man mag vielleicht nicht daran denken wollen, wie sich dann die Alt-68er ihre Wunden lecken - aber auf klangstarke Konzerte dieser ewig jungen Big Band darf man sich freuen.

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Quelle:
Dresdner UniversitätsJournal, 24. Jg., Nr. 19 vom 26.11.2013, S. 12
Herausgeber: Der Rektor der Technischen Universität Dresden
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Dezember 2013