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ENTWICKLUNG/1345: Neue Implantate - Biomaterial soll geschädigtes Gewebe ersetzen (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 12/2017

Implantate
Biomaterial ersetzt geschädigtes Gewebe


EU fördert ein Kieler Projekt zur Entwicklung neuer Implantate. Ziel: Aus der Grundlagenforschung zur Marktreife gelangen.

Wenn bei einem Herzinfarkt Zellen nicht mehr genügend Sauerstoff erhalten, kann Muskelgewebe geschädigt werden oder sogar absterben. Ein Forschungsteam der Kieler Christian-Albrechts-Universität (CAU) hat ein Material entwickelt, das geschädigtes Gewebe erneuern und zu einer schnelleren Behandlung beitragen soll. Dabei macht es sich zunutze, dass Zellen auf Reize ihrer Umgebung reagieren. In seinem Aufbau und seiner Konsistenz ähnelt das neue Material der natürlichen Umgebung von Zellen. Dadurch können Wissenschaftler das Verhalten von Zellen beeinflussen und sie so etwa zum Wachsen anregen. In einem Projekt will ein Forschungsteam um Professor Christine Selhuber-Unkel das Material zur Marktreife bringen. Gefördert wird es vom Europäischen Forschungsrat mit rund 150.000 Euro.

Wie sich Zellen des menschlichen Körpers verhalten, hängt auch von ihrer Umgebung ab. Über Rezeptoren an ihrer Oberfläche erkennen sie äußere mechanische Reize wie die Berührung anderer Zellen oder Oberflächen. Diese Informationen wandeln Zellen in biologische Prozesse um und beginnen, sich zu teilen, zu differenzieren oder zu wandern. Selhuber-Unkel und ihr Team am Institut für Materialwissenschaft haben ein Material entwickelt, mit dem sich dieser zelluläre Mechanismus imitieren lässt. Mit seiner Hilfe lässt sich das Verhalten von Zellen gezielt beeinflussen. Dieses Material könnte als Implantat in der regenerativen Medizin oder zur Lagerung von Zellen für die Stammzelltherapie genutzt werden. Mit der EU-Förderung will Selhuber-Unkel das Material jetzt weiterentwickeln und zur Marktreife bringen. Am Ende des Projektes soll ein biokompatibler Prototyp stehen, der sich kostengünstig für verschiedene Anwendungen produzieren lässt.

Das Besondere an dem neuen Material sind die verbundenen Hohlkanäle in seinem Inneren: Nur wenige Mikrometer breit durchziehen sie das weiche Hydrogel wie ein System feiner Gänge. Dieser Aufbau ähnelt dem Gerüst aus Proteinen, das Zellen im menschlichen Körper umgibt. Zellen, die in den Kanälen des Hydrogels platziert werden, reagieren über ihre Oberfläche auf das sie umgebende Material. Dessen Wirksamkeit wird verstärkt durch seine Dreidimensionalität. Denn in den feinen Kanälen sind die Zellen rundherum von dem Hydrogel umgeben. Auf diese Weise kommt es mit etwa 80 Prozent der Zelloberfläche in Kontakt, während es in flacher Form nur 50 Prozent berühren würde. "Mehr Kontakt bedeutet mehr Kontrolle", fasst Selhuber-Unkel ein grundlegendes Prinzip des Projektes "Channelmat" ZUSAMMEN. (PM/RED)


Info

150.000 Euro erhält das CAU-Forscherteam aus Mitteln des Europäischen Forschungsrates. Ziel ist es, die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung schneller zur Marktreife zu bringen.


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 12/2017 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2017/201712/h17124a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
70. Jahrgang, Dezember 2017, Seite 27
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der Kassenärztlichen Vereinigung
Schleswig-Holstein
Redaktion: Dirk Schnack (Ltg.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Januar 2018

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